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Jutta Assel | Georg Jäger

Vexierbilder und Scharaden
zu Neujahr 2015

Optimiert für Firefox, Chrome
Eingestellt: Dezember 2014
Stand: April 2015

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Zu Neujahr 2015 gibt Ihnen das Goethezeitportal Bild- und Worträtsel auf. Bei den Vexierbildern gilt es, in ihren verschiedenen Gestaltungsformen wie "Wendekopf", "Anthropomorphe Landschaft" oder "Kippbild", die hier vorgestellt werden, versteckte Köpfe, Menschen oder Tierfiguren etc. zu entdecken und Doppeldeutiges aufzuspüren. Vexierbilder gab es schon in der Antike, und man kann sie bis heute z.B. auf tätowierter Haut finden. Unsere Auswahl aus einer kleinen Sammlung entstand vor 1900 und gehört zum Bereich der populären Graphik. Von den Worträtseln stellen wir die Scharade vor. So nennt man "diejenige Abart des Rätsels, die den Sinn eines Wortes aus dessen einzelnen Silben, deren jede eine für sich bestehende Bedeutung hat, erraten lässt." Dabei ergeben sich oftmals überraschende Beziehungen, so z.B. führen die Worte "Wey" (Raubvogel) und "Nacht" zum Lösungswort "Weihnacht". Mit je 24 Bild- und Worträtseln des 19. Jahrhunderts führt das Goethezeitportal in diesen Bereich unterhaltender Spiele ein. Ein Exkurs behandelt Goethes Scharade an Minchen Herzlieb - Zeugnis der leidenschaftlichen Zuneigung zum 18jährigen Ziehkind im Hause des Jenaer Verlegers Frommann. Goethes Scharade in Form eines Sonetts entstand 1807 zur Zeit der sog. "Sonettenwut", zusammen mit weiteren an Minchen gerichteten Sonetten von Gästen des Frommannschen Hauses. 

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Gliederung

1. Vexierbild und Scharade. Definition, Geschichte
2. Vexierbilder und Scharaden im Wechsel
(Auflösung der Scharaden am Ende des Kapitels)
3. Goethes Charade an Minchen Herzlieb
4. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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1. Vexierbild und Scharade
Definition, Geschichte

Vexierbild

In der faszinierenden Sammlung von versteckten Bilderwelten „entlang den Klippen des Augenscheins“ (1) des Filmemachers Werner Nekes befinden sich auch Vexierbilder unterschiedlichster Entstehungszeiten und Formen wie z.B. Anamorphosen, Lamellenbilder, Klecksographien, Mikrographien, Anthropomorphe Landschaften, Kippfiguren, Wendeköpfe. Die drei letzteren sind u.a. auch in unserer kleinen Sammlung von Vexierbildern vertreten, die um 1900 fast alle in Wien (2) erschienen sind. Eine Auswahl verschiedener Unterkategorien bzw. Mischformen möchten wir hier zeigen und einige davon exemplarisch vorstellen.

Vexierbilder [lat.: vexare = plagen] Bilder mit mehrdeutigen Darstellungen, die derart gestaltet sind, dass darin teilweise versteckte Informationen sich erst bei einer sich ändernden, intensiven Betrachtung zu erkennen geben. Hierzu gehören auch die Kippbilder, Such- oder Rätselbilder.
.....Die Darstellung ist nicht sogleich zu erkennen, weil die Umrisse und die Binnenzeichnung mit anderen, auf dem Bild deutlich sichtbaren Darstellungen zusammenfallen. Das Wesen der Vexierbilder besteht also darin, dass sie zwei- oder mehrdeutig sind. Letztlich ist es aber nicht schwierig, in der Darstellung entweder das eine oder das andere Motiv zu sehen, nahezu unmöglich hingegen, alle Bedeutungen gleichzeitig in der Darstellung zu erkennen. Nur durch das 'Umschalten' von einer Deutung auf die andere wird dem Betrachter bewusst, dass es möglich ist, verschiedene Sujets in die gleichen Umrisse hineinzuprojizieren.
(3)

Diese Definition aus dem Glossar des Katalogs der Sammlung Nekes zählt neben zwei informativen Aufsätzen von Barbara Krafft (4) sowie einigen Publikationen zu Sonderformen des Vexierbildes (5) und Einträgen in Wikipedia (6) zu dem spärlichen Material zum Thema (7).

Vexierbilder sind Suchbilder, deren versteckte oder ineinander verborgene Köpfe, Figuren, Objekte, Formationen es zu entdecken gilt. Was der Betrachter nicht auf den ersten Blick erkennt, muss er mit Hilfe seiner Fantasie und Kenntnisse – bzw. mittels den adäquaten Drehbewegungen des Bildes oder dem Umspringen seiner Augen – suchen, entwirren, enträtseln, kombinieren; (8) er muss die Bildinformationen, die in einer Darstellung verdeckt sind, selbst durch zum Teil langes und gründliches Schauen enthüllen, muss Doppeldeutigkeiten erkennen. Manchmal helfen ihm die der Darstellung beigefügten Verse, Kommentare, Fragen (vgl. unsere Vexierbilder Nr. 11-12, 22), doch bei alten und älteren Vexierbildern, besonders bei (politisch-satirischen) Porträts findet man ohne Kenntnis des historischen Kontextes häufig keine Lösung (vgl. Nr. 13). Obwohl spielerische Freizeitbeschäftigung, schult der Umgang mit Vexierbildern Wahrnehmung, Kombinationsgabe sowie kunstgeschichtliches und historisches Wissen.

Vexierbilder:
Wendekopf, Anthropomorphe Landschaft und Kippbilder

Die älteste bekannte Unterkategorie des Vexierbildes sind der sog. Wendekopf seit der Antike und die Anthropomorphe Landschaft seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts; Kippfiguren lassen sich erst später nachweisen.

Wendeköpfe

Wendeköpfe finden sich z.B. schon auf einer kleinen hellenistischen Bronzelampe als janusköpfige plastische Zier oder auf römischen Mosaiken; beide lassen beim Wechsel des Betrachterblickes bzw. –standpunktes um 180 Grad jeweils in demselben Kopf zwei verschiedene Gesichter erkennen (die Augenpaare teilt jeder). (9) Diese Darstellungen von Doppelköpfen – es gibt auch andere Gegenmotivpaare – zählen zu den Umkehr- oder Drehbildern. Es sind oft raffinierte Verschränkungsgebilde, bei denen das jeweils Verborgene im anderen steckt (z.B. zwei Köpfe, Kopf und Figur, oder zwei Tiere in einem), und dennoch beide stets offenliegen, wodurch dem Zeichner, selten Maler, große Geschicklichkeit abverlangt wird (10). Die Wiederaufnahme der Wendekopf-Darstellung erfolgte in Wellen. In Renaissance und Manierismus hatten sie einen Höhepunkt, denn im Streit der beiden Religionsparteien nach der Reformation bot sich das Doppelkopf-Drehbild in seiner Möglichkeit der Gegensatz-Paarbildung als perfektes Medium für die Bildpropaganda an. Es erschienen gleichzeitig die Spott-, Antipapst- und Antikleriker-Medaillen, die fast immer recto und verso Köpfe zeigen und nach leichter Drehung das Schmähbild erkennen lassen (Papst / Teufel, Kardinal / Narr; häufig auch Tierköpfe wie Fuchs, Wolf, Esel, Wildschwein etc.). Auch die Gegenseite bediente sich dieser Spottform.

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WendekopfWendekopf
WendekopfWendekopf

Wendeköpfe
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Wendeköpfe aus dem Klebeband Nr. 18 der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek Arolsen. Entnommen der Kategorie "Reversible Figure" in Wikimedia Commons. - GNU-Lizenz für freie Dokumentation.

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Ferner gebrauchte man Wendeköpfe in derselben Funktion zur Kritik an weltlichen Herrschern, auch auf Titelholzschnitten, Flugschriften oder Buchillustrationen. Verse und Kommentare begleiten diese Bilder häufig (11).

Auch vom 17. bis ins 19. Jahrhundert wurden in „rebellischen Zeiten“ Wendeköpfe für politische Karikaturen zur Geißelung von Missständen und missliebigen Personen polemisch / zeitkritisch eingesetzt. (12) Besonders französische Künstler des 19. Jahrhunderts bedienten sich dieser Karikaturform in originallithographischen Blättern und Serien, um verhasste Politiker, Beamte etc. durch antithetische Gegenbilder zu entlarven (z.B. Honoré Daumier).

Es existieren jedoch auch Scherz-Wendeköpfe, die zur spaßigen Unterhaltung dien(t)en und teilweise Figuren, Tiere, Köpfe wechselweise verstecken (vgl. unsere Vexierbilder Nr. 3-6), manchmal ergänzt durch Textelemente, und selbst in Bilderbüchern (13) und in der Werbung kommen sie bis ins 20. Jahrhundert vor.

Die späten Wendebilder unterscheiden sich von den fast immer auf neutralem Hintergrund isoliert stehenden Köpfen dadurch, dass die Suchfiguren in eine oft bildmäßig ausgeführte Komposition eingefügt sind. Die Figuren können durch Schattierung etc. perfekt in die (Landschafts-)Komposition integriert sein (vgl. Nr. 7) oder bei Strichzeichnungen - ähnlich wie bei Kippfiguren - in den weißen Zwischenräumen des z.B. Bäume oder Landschaftsformationen bezeichnenden Liniengerüsts versteckt sein (vgl. Nr. 9-13), darunter sog. Silhouettenbilder. (14)

Anthropomorphe Landschaft

Anthropomorphe Landschaftsbilder [gr. anthropos = Mensch; zoe = Leben; morphein = Gestalt annehmen]
     Bilder mit gemalten oder gezeichneten Naturszenerien, die durch eine 90 Grad-Wendung menschliche Gestalt annehmen. Auch zoomorphe Landschaftsbilder genannt, wenn Tierwelten in den Bildern versteckt sind.
     Der Versuch, in den Rahmen eines einzigen Bildes 'Porträts' aus sogenannten 'Landschaftsmontagen' zu fassen, wurde im 17. und 18. Jahrhundert mehrfach von Künstlern unternommen.
(15)

Neben den Anamorphosen ist die Anthropomorphe Landschaft die am meisten beachtete und untersuchte Unterkategorie des Vexierbildes, nicht nur von Künstlern bis in unsere Zeit, (16) sondern auch von Wissenschaftlern.

Die früheste Quelle erwähnt Vitruv im Vorwort zum zweiten Buch seiner „Zehn Bücher über Architektur“ (zwischen 33 und 22 v. Chr.), wo der Plan des Dinocrates vorgetragen wird, dem Berg Athos die Form eines Mannes zu geben, der in seiner linken Hand eine große Stadt, in seiner Rechten einen Becher hält, welcher die Wasser aller Flüsse empfängt, die von diesem Gebirge strömen, um sie ins Meer zu schütten. (17) Hier sollte also nicht eine Menschen- in einer Bergform erkannt werden, sondern aus einem Berg sollte eine menschliche Gestalt entstehen.

„Zeugnisse für die Fähigkeit und den Willen von Auge und Geist, in Wolken, Bäumen, Steinformationen und anderen Gebilden der Natur Gestalten zu sehen, liegen seit Urzeiten vor.“ (18) Möseneder verweist als frühe Anregung auch auf den Kunsttheoretiker L. B. Alberti und auf die bekannten Zeilen Leonardos, welcher Malern zur Anregung für neue Bildfindungen das Betrachten von Mauerflecken und Gestein empfahl. (19)

Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ‚verstecken‘ Künstler wie Mantegna, Piero di Cosimo u.a. vermehrt menschen- oder tierähnliche Naturgebilde auf ihren Gemälden (in Wolke, Baum, Fels u.a.m.) (20). Auch Albrecht Dürer zeichnete schon 1493 sechs zerknautschte Kissen, aus denen menschliche Gesichter herausgelesen werden können. An einigen Zeichnungen und Gemälden Dürers verweist Möseneder bei Gegenständen auf „physiognomisches Gepräge“ und auch auf Durchdringung von Mensch- und Tierhaften. Das eindringlichste Beispiel anthropomorpher Gestaltung liefert jedoch Dürers Aquarell „der fenedier klauwsen“, 1495 auf der Rückreise von Italien entstanden: Es lässt den Burgberg von Arco als wuchtiges Riesenhaupt wahrnehmen, und zusätzlich zeigt die steile Felswand links oben ein kleines Profilbild. (21) Neugier und Phantasie des Künstlers wie des Betrachters waren – und sind – hier gefragt, um die neuartige Mensch-Landschaft-Gestaltung zu erkennen.

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Albrecht Dürer, Aquarell bez. „der fenedier clauwsen“, 1495

Matthäus Merian d. Ä.: Campus Anthropomorphus, Radierung in: Athanasius Kircher, Ars magna lucis et umbrae, 1646

Matthäus Merian d. Ä. (zugeschrieben): Anthropomorphe Landschaft. Ölgemälde, 17. Jh.

Joos de Momper II: Allegorie des Winters. Ölgemälde, 17. Jh.

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1. Bild von oben: Albrecht Dürer, Aquarell bez. „der fenedier clauwsen“, 1495. Abbildung in: L' homme-paysage (siehe Literatur), S. 54.

2. Bild von oben: Matthäus Merian d. Ä.: Campus Anthropomorphus, Radierung in: Athanasius Kircher, Ars magna lucis et umbrae, 1646. Abbildung in: L' homme-paysage (siehe Literatur), S. 16.

3. Bild von oben: Matthäus Merian d. Ä. (zugeschrieben): Anthropomorphe Landschaft. Ölgemälde, 17. Jh. Abbildung in: L' homme-paysage (siehe Literatur).

4. Bild von oben: Joos de Momper II: Allegorie des Winters. Ölgemälde, 17. Jh. Abbildung in: L' homme-paysage (siehe Literatur), S. 63.

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Weemans (22) verweist in seinem Aufsatz „Les Origines du Paysage anthropomorphe“ für das 16. Jahrhundert nachdrücklich auf die „crypto-anthropomorphoses“ in ca. 20 Landschaften des vergessenen Malers Herri met de Bles. Auch Zwingenberger (23) stellt mit Anton Mozart einen unbekannten Maler der frühen Kopf-Landschaften vor, was für die Beliebtheit dieser Kunst-Stücke bei Sammlern, in Kunst- und Kuriositätenkabinetten spricht. In letzteren wurden akkumuliert Objekte der Natur, Kunst und Wissenschaft. Es war der Reiz der Kontraste, des Phantastischen, Exotischen, Sensationellen, ja des Deformierten und Monströsen; jedoch auch die Faszination an neuen optischen und mechanischen Geräten etc., welche solche Sammlungen entstehen ließ – wozu auch Anthropomorphe Landschaften gehörten.

Einige der eindrucksvollsten Gemälde mit kolossalen Berghäuptern schuf der Landschaftsmaler Joos de Momper II mit der allegorischen Serie der „Vier Jahreszeiten“, wo Städte, Häuser, Flüsse, Wasserfälle etc. in wild aufgetürmten Felsenlandschaften zu sehen sind. Mompers furchteinflößende Gemälde, die menschenköpfige Felsberge – jahreszeitlich bedingt – dem Wechsel der Natur unterworfen zeigen, lassen an die allegorischen Porträts des Manieristen Arcimboldo denken (24).

Einer der grundlegenden Faktoren für die stärkere Verbreitung der Kopf-Landschaften ab der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts war sicherlich des gelehrten Jesuiten Athanasius Kircher einflussreiches Werk „Ars magna lucis et umbrae“ (Rom 1646). Darin führt Kircher eine Serie von Beispielen anthropomorpher Landschaften an, deren meiste damals bekannt waren (25): „Ein Berg, der einer Medaille ähnelt, welche das Antlitz eines Imperators zeigt, bei Palermo; ein anderer, der aussieht wie ein menschlicher Kopf, bei Messina; ein Felsen, welcher die Form eines Mönches hat in seinem Habit“ usw. Für Kircher „kam das grandiose Schauspiel der Natur einem Wunder gleich, das von dem Gegensatz der Formen und eigenartigsten Kombinationen lebt, deren Zusammenhang Menschen den Gedanken einer schöpferischen Mannigfaltigkeit der Natur eingeben soll. (26) Beigegeben ist als Illustration ein Kupferstich von Matthäus Merian d. Ä., bezeichnet „campus anthropomorphus“, das einen großen liegenden Männerkopf, gebildet aus Hügel, Bäumen, Büschen, Mauern, Haus etc. zeigt und von Menschenstaffage belebt wird. Zwingenberg identifiziert den von Kircher erwähnten Männerkopf-Berg als das Vorgebirge, das den Hafen von Messina dominiert - „le profil de scylla“. (27)

Matthäus Merians illustrative Darstellung wurde nicht nur für ihn selbst Vorlage einiger ihm zugeschriebener Gemälde und Graphiken mit sehr ähnlichen anthropomorphen Landschaften, sondern blieb ikonographisches Vorbild für viele Nachfolger bis ins 18. Jahrhundert.

Die beiden kleinen, der populären Graphik zuzurechnenden Blättchen unseres Bestandes (siehe Nr. 1-2) präsentieren im Profil eine große männliche liegende Ganzfigur und einen weiblichen Kopf. Es sind Karikaturen, und doch zeigen sie noch einige Ähnlichkeit mit den alten Anthropomorphen Landschaften: Ihre Profilansicht, die Monumentalisierung, die Modellierung des Felsen-Kopfes (Nr. 1) und der Versatzstücke Mauer, Burg, Steine, Buschwerk etc. zur Herausarbeitung des Gesichtes (Nr. 2) sowie die kleinen Staffagefiguren zur Belebung und Kennzeichnung des Größenverhältnisses. Eine Mischform aus Wendebild (Drehung um 180 Grad) und zoomorpher Landschaft ist die Nr. 7, die einzige Darstellung dieser Form in unserem Bestand. Dergleichen Kleingraphiken waren wohl billig und wurden als erheiternde Unterhaltung gekauft. Ganz ähnliche Darstellungen wurden auch für Werbezwecke verwendet (Abbildung). Weiteste Verbreitung fanden Vexierbilder durch Liebigs Sammelbilder (22 Serien zu je 6 Vexierbildern).

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Das Picnic. Werbegraphik für Dr. August König's Hamburger Tropfen

Das Picnic. Wo ist der Mann, welcher stets Dr. August König's Hamburger Tropfen gebraucht? Entnommen der folgenden Seite: (Nearly) Everyone's an Immigrant. Imigrant Studies, German-American Style. Monday, August 13. 2012. A Picture Puzzle.

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Anthropomophe Landkarte

Auch eine Landkarte kann durch ihr Liniennetz mit Hilfe der Phantasie Bildvorstellungen auslösen (wie z.B. auch Schnittmusterbogen). Ihre unterbrochenen Linien, die Flächen, Schraffuren, Beschriftungen sowie der Umrisskontur einer Insel oder eines Kontinentes wecken – über ihre Bestimmung als Landkarte hinaus – Vorstellungen von Figuren, die ihr sozusagen innewohnen.

Schon seit dem 14. Jahrhundert sind anthropomorphe Landkarten bekannt. Die ersten stammen „ohne Zweifel von Opicinus de Canistris“. (28) Eine anonyme Holzschnitt-Karte, „Die Königin Europa“ (29), zeigt die gekrönte Figur der Europa mit Reichsapfel und Zepter. Diesem Bildprinzip folgt auch das Vexierbild Nr. 14, auf dem eine liegende, warm gekleidete Männerfigur (Nordamerika) zu sehen ist, die einer männlichen Brustfigur (Südamerika) buchstäblich auf den Hut steigt.

Kippbilder / Suchbilder / Silhouetten

Kippbilder. Auch Umspring- oder Umschlagbilder genannt. Doppeldeutige Bilder und Figuren, die zeigen, dass ein und dasselbe Erregungsmuster im Auge zu ganz verschiedenen Wahrnehmungen führen kann.
     Man unterscheidet drei Typen von Kippbildern: diejenigen, bei denen verschiedene Bildelemente abwechselnd als 'Objekte' oder 'Raum' auftreten, andere, bei denen fortwährend die 'Tiefenwahrnehmung' umspringt, und wiederum welche, die von einem Objekt zu einem anderen Objekt oder Objekttyp wechseln. Durch die Beschaffenheit der Kippbilder wechselt die Wahrnehmung in der Interpretation von Vorder- und Hintergrund. Diese wechseln ("springen") dann zwischen den verschiedenen Möglichkeiten. Beispiele sind die mehrdeutigen Bilder wie 'Vase oder Gesicht' oder 'Junge und alte Frau'.
(30)

Die hier gebotene Auswahl an Wiener Vexierbildern kann nur den ersten Typus von den dreien, oben angeführten, Typen von Kippbildern zeigen und diesen häufig nur in Mischformen zwischen Wendebild und einfachem Suchbild etc.

Es sind meist witzige Darstellungen und auch grobe Späße. Der Käufer / Betrachter wird zur Neugier, zum Schmunzeln und zum derben Lachen animiert, allein oder mit anderen. Besonders gerne werden Geistliche in Verführungssituationen vorgeführt nach dem Vorbild des Hl. Antonius (Nr. 16-18 und 8). Die meist ungelenk gezeichneten Kleinformate wirken oft überfüllt. Besonders Nr. 16 ist verwirrend dicht bestückt mit versteckten hellen Figuren: Teufel, Vogel, Eichkatze, Eremit und Bär machen sich zwischen Bäumen den Platz streitig, sogar ein Baumstamm ist ein belebter, anzüglich beschäftigter Kobold. Auch auf Kippbild Nr. 17 wird ein Mönch nicht nur von der üppigen Verführerin, sondern auch von Tieren und Fratzen bedrängt, während auf Nr. 18 der Geistliche über den Zaun von holder Weiblichkeit geküsst wird. Nr. 19-21 widmen sich verdeckt / versteckt der Erotik; sie sind nicht einfach zu entschlüsseln, was wohl gewollt ist. Der Reiz besteht auch darin, dass der Betrachter einen Voyeur beobachtet.

Populäre Graphik braucht Seh-Hilfe. Deshalb werden in den hier gezeigten Kippbildern die Gestalten, um sie leichter zu erkennen, durch zarte Binnenzeichnung verdeutlicht (siehe auch Nr. 9, 10 und 13), anstatt sie als weiße, abstrakte Negativ-Figuren auszusparen, die das „kippende“ Auge auf den zweiten Blick als zweites Bild wahrnimmt und deutet.

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Anonym, Radierung „Urne mystérieuse (Louis XVI, Marie Antoinette, le Dauphin in Silhouetten)“, Ende des 18. Jahrhunderts

„Urne mystérieuse (Louis XVI, Marie Antoinette, le Dauphin in Silhouetten)“, Radierung. Anonym. Ende des 18. Jh. Abbildung in: L' homme-paysage (siehe Literatur), S. 24.

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Die Nr. 22 und 23 wie auch 15 sind „echte“ Kippbilder und stehen in der langen Traditionslinie der versteckten Silhouettenköpfe und –figuren im Profil (siehe Urnengraphik). Es sind meist Regenten und andere bekannte historische Personen wie Napoleon oder der „alte Fritz“ (Nr. 15), es können aber auch für einen vertrauten Personenkreis Freundschaftsandenken etc. sein.

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„Alles ist vergänglich.“ Totenkopf mit einem Harlekin-Paar beim Sektgelagde

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„Alles ist vergänglich.“ Totenkopf mit einem Harlekin-Paar beim Sektgelage. Österreichische Nationalbibliothek, eingestellt in The European Library. Siehe auch Charles Allan Gilbert: All is Vanity, Abb. Wikipedia, Art. „Vexierbild“.

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Beliebt waren und sind auch die makabren, aber reizvollen Vanitas-Darstellungen als Kippbilder (Typus 2, siehe oben), wo in einen Totenkopf Szenen eingeschmolzen sind, z.B. von verliebten, feiernden, Schlitten fahrenden Paaren oder einer eitel sich spiegelnden Frau (siehe Abbildung), die beim „Umsprung“ der Tiefenwahrnehmung ständig wechseln. (31) Die bekanntesten Kippfiguren (Typus 3, siehe oben) sind jedoch Ludwig Wittgensteins Hase / Ente und Rubins Vase / zwei Profile (Abbildungen). Hier findet ein Objektwechsel statt durch den Wahrnehmungssprung von Vorder- und Hintergrund. (32)

„[…] das Versteckte in einem Vexierbild sei deutlich und unsichtbar. Deutlich für den, der gefunden hat, wonach zu schauen er aufgefordert war, unsichtbar für den, der gar nicht weiß, dass es etwas zu suchen gibt“, schreibt Franz Kafka sinngemäß in seinem Tagebuch 1911. (33)

Bei den Kippbildern ist das genaue Sehen gefordert beim Betrachten der oft schwierig zu dechiffrierenden Darstellungen. Manchmal muss man das Blatt spielerisch-suchend drehen, um das versteckte Bild im Bild, die Köpfe, Figuren, Tiere etc. zu entdecken (siehe Nr. 8-11, 13). Das Auge „kippt um“, vom Gegenstand bezeichnenden Liniengewirr (Bäume, Felsen etc.) bzw. von den malerisch nuancenreichen Tönungen in die leeren Zwischenräume, um z.B. beim Verfolgen der Konturbewegungen der begrenzenden Linie(n) die meist weißfarbige Leere plötzlich zu semantisieren. Bei der Wahrnehmung werden unwillkürlich Deutungen vorgenommen schon beim ersten flüchtigen Blick, die revidiert werden können beim zweiten. Überraschung: das Bild ist doppeldeutig. Es ist der „Muster-Grund-Sprung“ des Auges: Einmal sieht man z.B. im Vordergrund die dunklen Bäume vor hellem Himmel, dann die hellen, vagen Figuren silhouettenhaft geschmiegt an eine Linie bzw. sich geisterhaft bewegen zwischen mehreren dunklen Linien oder Körpern (Nr. 16-19).

Zu den Wiener Vexierbildern

Die Auswahl von 24 Vexierbildern aus einer kleinen Sammlung ist in zeitlicher und örtlicher Entstehung sowie in ihrer bescheidenen künstlerischen Qualität ziemlich einheitlich. Es handelt sich um Federlithos und Klischeedrucke nach Holzstichen und Strichzeichnungen auf leichtem Karton mit nur wenig variierenden Maßen von Darstellung (innerhalb von Rahmenlinien) und Kartengröße: ca. 6,5 x 9,5 bzw. 7,5 x 10,5 cm. Die Karten sind hinten blank. Nur ein lithographiertes Exemplar gehört nicht zu den Wiener Serien, sondern stammt wohl aus einem illustrierten Blatt (Nr. 15; Ausriss; verso Ausschnitt einer größeren Darstellung).

Die beiden Verleger versahen die Vexierbilder im Rand mit ihrer Geschäftsadresse sowie mit Titel, und / oder Suchfragen, Kommentaren, Versen; teils auch mit Nachdruck-Verbot und Verlagsnummern, wodurch man wenigstens ansatzweise über den Umfang dieses Artikels informiert ist: Die höchste Zahl bei Jg. Böhm ist 89, bei S. Friedel 32 – eine davon ist als Werbekarte gedruckt, auf zweien ist der Entwerfer Moriz Scheiber genannt. Die Kärtchen waren vielleicht auch als Sammelartikel konzipiert, ganz bestimmt aber durch ihren charakteristischen, spielerischen und unterhaltsamen Charakter als amüsanter Freizeitspaß, auch in Gemeinschaft mit anderen, wie der folgende Zeitungsartikel zeigt.

Wie manchem älteren Leser erinnerlich sein wird, stand das erste sogenannte Vexierbild in Beziehung zu unseren jetzigen tapferen Bundesgenossen auf dem Balkan, den Bulgaren. Der Vexierbilder, die seit langem in keinem illustrierten Unterhaltungsblatte fehlen, guter und minderwertiger, gibt es jetzt eine unübersehbare Menge. Das erste Bild dieser Art kam Mitte der Siebzigerjahre in den Handel, in Postkartenformat, aber ohne Vordruck für eine Aufschrift auf der Rückseite. Denn die allerersten Anfänge der jetzt ebenfalls ins Maßlose gestiegenen Ansichtskartenflut gehen bis auf dieselbe Zeit zurück. Höchstwahrscheinlich bezog sich die Darstellung auf den von Russland angezettelten bulgarischen Aufstand, der von der Türkei gewaltsam unterdrückt werden musste. Die Unterschrift lautete: "Des Bulgaren Verlegenheit. Er verlässt sein Haus mit der Familie, aber - wo ist die Katze?' In sorgfältiger und, man kann sagen, künstlerischer Ausführung ist dargestellt, wie unter einem mächtigen Baume händeringend ein Bulgare steht, umgeben von seiner ratlosen Familie. Ross und Rind, Hund und Schafe fehlen nicht. In der anmutigen Landschaft des Hintergrundes liegt das verlassene Gehöft. Seltsamerweise, vielleicht zur Irreführung des Suchenden, haben Vater und Sohn je drei Beine. Trotz ihrer Deutlichkeit war die Katze dem damals für Vexierbilder noch ungeschulten Auge sehr schwer auffindbar. Man erschrak förmlich zur großen Belustigung der bereits Eingeweihten, wenn man das Tier plötzlich in der Krone des Baumes in maßstäblich doppelter Größe eines Königstigers erblickte. 'Wo ist die Katze?' wurde damals zum geflügelten Worte, das gern gebraucht wurde, wenn jemand etwas suchte. [...] (34)

Dieser Artikel macht deutlich, welchem österreichisch-ungarischen Traditionsstrang von Vexierbildern unsere ausgewählten Exemplare folgen.

Anmerkungen:
(1) Krafft, Bilder verstecken - Bilder entdecken, S. 268. - Vollständige Angaben im Literaturverzeichnis.
(2) Im österreichisch-ungarischen Raum finden sich um 1900 und im Ersten Weltkrieg zahlreiche Vexierbilder in Zeitschriften und Zeitungen wie Hans Jörgel von Gumpoldskirchen. Unabhängiges Volksblatt für Ernst und Humor mit Hans Jörgels Fliegenden Blättern. Illustrierte Beilage des "Hans Jörgel von Gumpolskirchen"; Kikeriki! Wiener humoristisches Volksblatt; Österreichische Land-Zeitung; Reichspost. Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns u.a.m. (alle digitalisiert). Nach Stichproben zu urteilen, kommen Vexierbilder in reichsdeutschen Zeitschriften wie den Fliegenden Blättern aus München nur gelegentlich zum Abdruck. Vexierbilder erscheinen in der Presse in folgendem Umfeld: Bildergeschichte; Suchbild; Wort-, Bild- und Zahlenrätsel; Kreuz- und Quadraträtsel sowie Rätsel in unterschiedlichen Arten (z.B. Ergänzungs-, Gleichungs-, Ketten-, Schieb-, Wandlungsrätsel) und Gestalten (z.B. Diamant-, Kreuz-, Quadrat-, Kamm- oder Leiterrätsel); Hieroglyphen(rätsel); Kryptogramm; Logogriph; Anagramm; Homonym; rätselhafte Inschrift; Scharade; Sentenz; Rösselsprung; Schach-Aufgabe; Streichholzaufgabe; Verse u.a.m. Die Vexierbilder gehörten somit zum Unterhaltungsteil und Spielbereich der Presseorgane.
(3) Ich sehe was, was du nicht siehst, Glossar der optischen Medien, S. 450.
(4) Krafft, Bilder verstecken - Bilder entdecken; Dies.: "Versteckte Bilder".
(5) L' homme-paysage. Visions artistiques du paysage anthropomorphe entre le XVIe et le XXIe siècle. - Pfeiffer: Wende-Köpfe. - Aufsätze von Franken, Hallyn, Möseneder, Reuterswärd - siehe Literaturverzeichnis.
(6) Einträge "Vexierbild" und "Kippfigur" in Wikipedia sowie die Sammlung "Reversible Figure" in Wikimedia Commons.
(7) Der Online-Duden verzeichnet z.B. für die Vexierbilder als Synonyma Suchbild und Bilderrätsel und als Bedeutungen
„a. Bild, auf dem eine oder mehrere versteckt eingezeichnete Figuren zu suchen sind.
b. bildliche Darstellung eines Gegenstandes, dessen seitliche Konturen bei genauerer Betrachtung die Umrisse zweier spiegelbildlich gesehener Figuren ergeben.“
Das Synonym Bilderrätsel sollte man jedoch nur bedingt verwenden, da das Suchen und Finden nicht auf eine Bildfigur, sondern auf (gesprochene) Worte abzielt. Das Bilderrätsel besteht „aus einer Zusammensetzung von Bild und Zeichen, aus deren Lautwert eine gedankliche Einheit erraten werden soll“ (Schenck: Bilderrätsel, S. 11).
(8) Lateinisch "vexare" kann auch mit hin- und herzerren, irritieren, zum Besten haben übersetzt werden (Krafft: Bilder verstecken - Bilder entdecken, S. 271).
(9) Franken: Vexierbilder, S. 121 ff.
(10) Pfeiffer (Wendeköpfe II, S. 10f.) merkt an, dass die „zeichentechnische Disziplin“ der Umkehrbilder – bis auf wenige Ausnahmen – „nicht über den Spielraum der arti minori hinausreichen“. Es sind Kunststücke, nicht Kunstwerke. Doch es gibt „zwei Umkehrbilder im Range hoher Kunst, und zwar sind das die beiden reversiblen ‚menschlichen Stilleben‘ … des Guiseppe Arcimboldo: Der Gemüsegärtner und Der Koch.“ – Siehe Abbildung in: Maiorino: The Portrait of Eccentricity, S. 35. „By exploiting duplicity and reversibility, the artist makes of the canvas at once a grotesque portrait and a still life. However abstract, linear perspective accepted space as the gravitational link between man and reality.“ (S. 34) – Wie seine nicht zu drehenden bekannten allegorischen Kopf-Stücke (Vier Elemente, Vier Jahreszeiten etc.) eigneten sich diese extravaganten Werke Arcimboldos für die Aufnahme in eine herrscherliche Kunst- und Wunderkammer der Zeit.
(11) Pfeiffer I, S. 7 ff. Siehe die Abbildungen I S. 15-34 und II, XV-XXXIV.
(12) Pfeiffer I, S. 10f.
(13) Vgl. Otto Bromberger: Drehbilderbuch mit Versen. Ravensburg: Otto Maier 1911. Reprint 1981. Zu Bromberger siehe Hans Ries: Illustration und Illustratoren des Kinder- und Jugendbuchs im deutschsprachigen Raum 1871-1914, Osnabrück: Wenner 1992, S. 450.
(14) Vgl. Schenk: Bilderrätsel, Abb. 162 u. Text. - Die Einordnung von Nr. 9-13 erfolgt hier, da das Bild um 180 Grad gedreht werden muss. Eigentlich sind es jedoch Kippbilder.
(15) Ich sehe was, was du nicht siehst, Glossar der optischen Medien, S. 430.
(16) Vgl. L'homme-paysage, S. 77 ff.
(17) Übersetzt und zitiert nach Hallyn: Le Paysage anthropomorphe, S. 45. Über das Weiterleben dieser Idee seit dem 15. Jahrhundert siehe S. 46.
(18) Möseneder: Blickende Dinge, S. 15.
(19) Ebd. Auch meine weiteren Ausführungen über die Dürerzeit fußen auf Möseneders exzellentem Aufsatz.
(20) Siehe auch die Seite "König Watzmann. Eine Sage über die Entstehung der Berggesichter" im Goethezeitportal. URL: http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=1656
(21) Möseneder: Blickende Dinge, S. 16 ff. mit zahlreichen Felsengesichtern. Bessere Abbildung bei Reuterswärd: The Face in the Rock, S. 98.
(22) Michel Weemans: Les origines du paysage anthropomorphe. In: L'homme-paysage, S. 26-37.
(23) Jeanette Zwingenberger: L'histoire du paysage anthropomorphe. Le corps, géographie du monde. In: L'homme paysage, S. 52-75. Hier S. 57 f.
(24) Ebd., S. 59-65 mit zahlreichen Abbildungen sowie Abb. S. 23 (Arcimboldo). - Arcimboldo verschmolz nicht, wie viele anthropomorphe Landschafter, Kopf- und Bergform, so dass man die Gesichtsbildung heraus suchen muss, sondern er konstruierte und komponierte seine berühmten Porträt-Stillleben aus Früchten, Gemüsen, Mineralien etc., indem er die Häupter der allegorischen Porträts mit den ihnen eigenen Emblemen bedeckte (z.B. Flora als junge Frau mit Blumen).
(25) Übersetzt und zitiert nach Hallyn: Le paysage anthropomorphe, S. 46.
(26) Ich sehe was, was du nicht siehst, Glossar der optischen Medien, S. 430 f.
(27) Zwingenberger: L'histoire du paysage anthropomorphe, S. 55 f.
(28) Martin: Une image peut en cacher une autre; Kap. 7: Cartes et Lettrines. S. 128, übersetzt und zitiert. Abb. siehe S. 129 ff.
(29) 1664 in Sebastian Münsters „Cosmographey: das ist beschreibung aller länder“ erschienen. Siehe Martin: Une image peut en cacher une autre, S. 129.
(30) Ich sehe was, was du nicht siehst, Glossar der optischen Medien, S. 438f.
(31) Siehe auch Krafft: Versteckte Bilder, S. 73 und 83, Abb. 7. – In unserer Sammlung ist kein Exemplar dieses zweiten Typus vertreten wie auch nicht des dritten.
(32) Informationen zum Thema siehe die Einträge "Kippfigur" in Wikipedia und "Reversible figure" in Commons.
(33) Zit. nach Wikipedia, Eintrag "Vexierbild" (19.12.2014). Korrektes Zitat: "Das fremde Wesen muss dann in mir so deutlich und unsichtbar sein wie das Versteckte in einem Vexierbild, in dem man auch niemals etwas finden würde, wenn man nicht wüsste, dass es drin steckt." Kafka, Tagebücher, 30. September 1911.
(34) Pester Lloyd. Morgenblatt. Budapest, 21. Dezember 1915, S.5.

Literatur:
* Patrik Reuterswärd: The Face in the Rock. In: Art news annual, 36, 1970, S. 98-111.
* Eva-Maria Schenck: Das Bilderrätsel. Hildesheim: Georg Olms 1973. ISBN 3-487-04308-4 - Schwerpunkt: Rebus.
* Francesco Porzio: L'Universo Illusorio di Arcimboldi. Milano: Fabbri Editori 1979.
* Karl Möseneder: Blickende Dinge. Anthropomorphes bei Albrecht Dürer. In: Bruckmanns Pantheon, Jg. XLIV, 1986, S. 15-23.
* Fernand Hallyn: Le Paysage anthropomophe. In: Le Paysage à la Renaissance. Etudes réunies et publiées par Yves Giraud. Fribourg: Editions Universitaires 1988, S. 43-54.
* Giancarlo Maiorino: The Portrait of Eccentricity. Arcimboldo and the Mannerist Grotesque. The Pennsylvania State University Press, University Park and London 1991.
* Herbert Pfeiffer: Wende-Köpfe. Von der Kunst der drehbaren Bilder (Insel-Bücherei, Nr. 1136) 2. Aufl. Frankfurt a.M.: Insel-Verlag 1994. ISBN: 3-458-19136-4
* Ich sehe was, was du nicht siehst! Sehmaschinen und Bilderwelten. Die Sammlung Werner Nekes. Hrsg. von Bodo von Dewitz und Werner Nekes. Göttingen: Steidl Verlag 2002. ISBN 3-88243-856-8
- Darin besonders Barbara Krafft: Bilder verstecken - Bilder entdecken. Eine Sehreise entlang den Klippen des Augenscheins, S. 268-279.
* Liebig's Sammelbilder. Vollständige Ausgabe der Serien 1 bis 1138. Hg. von Bernhard Jussen (Atlas des Historischen Bildwissens 1) Berlin: The Yorck Project. Gesellschaft für Bildarchivierung (2002). ISBN 3-936122-15-6
*Barbara Krafft: "Versteckte Bilder" aus der Sammlung Werner Nekes. In: Arbeitskreis Bild Druck Papier. Tagungsband Bassano 2001. München: Waxmann 2003, S. 69-90. ISBN 3-8309-1334-6
* L' homme-paysage. Visions artistiques du paysage anthropomorphe entre le XVIe et le XXIe siècle. Sous la direction d'Alain Tapié et de Jeanette Zwingenberger [Exposition, 15 octobre 2006 - 14 janvier 2007, Palais des Beaux-Arts de Lille] Paris: Somogy Éd. d'Art [u.a.] 2006. ISBN: 978-2-7572-0041-4
* Norbert Franken: Vexierbilder - Umkehrbilder - Wendeköpfe. Zu einem innovativen Phänomen der hellenistischen Bildkunst. In: Österreichische Jahreshefte 76, 2007 121–128.
* Jean Hubert Martin: Une image peut en cacher une autre ; Arcimboldo, Dali, Raetz ; Galeries nationales Grand Palais, 8 avril - 6 juillet 2009. Paris: Éd. de la Réunion des Musées Nationaux 2009.
ISBN: 978-2-7118-5613-8

 

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Scharade

(Das Wort Scharade wird heute mit "sch" geschrieben, in der Goethezeit nach der französischen Schreibweise mit "ch". Wo Quellen zitiert werden, die noch der älteren Schreibweise folgen, wird diese hier übernommen.)

Charade (fr., spr. Scharade), Sylbenräthsel), die in einer kleinen poetischen Form enthaltene Darstellung eines Gegenstandes, welcher zwar nicht genannt, aber dadurch zu erkennen u. zu errathen ist, dass die einzelnen Sylben als für sich bestehende Wörter u. dann das Ganze einzeln beschrieben worden sind. Schon die alten Sprachen, besonders die griechische, sind reich an Ch., noch reicher aber die französische u. deutsche Sprache. Die belletristischen Zeitschriften, Almanachs, Jugendschriften etc. enthalten Ch. [...] Man führt auch Ch-n in geselligen Kreisen durch einzelne Handlungen auf, indem ein Theil der Gesellschaft die einzelnen Sylben, dann das Ganze durch pantomimische, auch wohl dramatische Darstellungen versinnlicht, der andere Theil sie erräth (lebende Ch-n.).

Pierer's Universal-Lexikon. 4. Auflage 1857–1865. DVD-ROM-Ausgabe. Neusatz und Faksimile (Digitale Bibliothek; 115) Berlin: Directmedia 2005, S. 45.218.

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Charade nennt man diejenige Abart des Räthsels, die den Sinn eines Wortes aus dessen einzelnen Sylben, deren jede eine für sich bestehende Bedeutung hat, errathen lässt. Um eine Charade gelungen zu nennen, muss darin zwischen den einzelnen Monosyllaben eine gegenseitige Beziehung obwalten und die Auflösung einen epigrammatischen Zweck, eine Spitze haben. Die französische und deutsche Sprache und namentlich die letztere eignen sich vermöge ihrer leichten und willkürlichen Wortform und Wortzusammensetzung am meisten zur Bildung von Charaden.

Beispiel: "Das Wort Handkuss eignet sich zu folgender artigen Charade: »Mein Erstes gibt die Freundschaft, mein Zweites die Liebe, und mein Ganzes die Ehrfurcht."

Damen Conversations  Lexikon. Herausgegeben von Carl Herloßsohn. Neusatz und Faksimile der 10-bändigen Ausgabe Leipzig 1834 bis 1838 (Digitale Bibliothek; 118) Berlin: Directmedia 2005, S. 2000, 4951.

Siehe auch den Eintrag "Scharade" in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Scharade_(Silbenrätsel)

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Für den Gebrauch von Charaden in der Salongeselligkeit bietet der Salon von Frau von Dönniges in München (1850er Jahre) ein Beispiel: "Hie und da wurden auch 'Charaden' aufgeführt, aber natürlich nicht in jener banalen Weise, wie sie gewöhnlich das letzte Ausfluchtmittel gelangweilter Soireen zu bilden pflegen. Die in dieser Gesellschaft beliebten Charaden glichen vielmehr jenen berühmten 'Comedias de repente', welche Philipp IV. mit seinen 'Ingenios' den Calderon, Cervantes, Lope de Vega und so weiter nach einer verabredeten Idee in Stegreifdichtung aufführte. Merkwürdigerweise war es der ernste Staatsrechtslehrer Bluntschli, der am eifrigsten dieses Feld bebaute, und wie er seinen Geist in seinen juristischen Werken die hohe Schule reiten ließ, so unterhielt es ihn hier, denselben in tollen Kapriolen tummeln zu lassen und fröhlich die anderen zu solch originellem Geistessport anzufeuern. Die ungebundenste Heiterkeit herrschte hiebei: wie denn auch sonst dem Humor freier Eintritt gewährt wurde, sofern er geistvoll und von innerer Bedeutung, nicht bloß leeres Witzgeplänkel war."

Quelle:
Otto Freiherr von Völderndorff: Harmlose Plaudereien eines Alten Münchners. München: C.H. Beck 1892, S.247.

Zum Rechtswissenschaftler Johann Caspar Bluntschli (1808-1881) siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Caspar_Bluntschli

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Die abgedruckten Charaden sind folgenden Werken entnommen:

* (Theodor Hell:) Das sinnreiche Buch; oder Charaden, Räthsel und Logogryphen auf alle Tage im Jahre. 2. Aufl. Leipzig, bei Gerhard Fleischer d. Jüngern (ca. 1811). (Digitalisierung durch Google). - Die erste Auflage hatte den Titel: Agrionien. - Übernommene Scharaden: Nr. 1-3, 7-10, 20-22, 24.
* 444 Charaden, Räthsel und dergleichen nebst 100 Wortspielen von Carl Joseph von Adelsheim. Neue Lieferung. Mergentheim, gedruckt in der Thomm'schen Buchdruckerei 1846 (Digitalisierung durch Google) - Übernommen Scharaden: Nr. 5-6, 13-19.
* Ignaz Franz Castelli's Gedichte. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Drittes Bändchen. 2. verm. Aufl. Wien: Mayer & Compagnie 1848 (Digitalisierung durch Google) - Übernommen Scharaden: Nr. 4, 11, 23.

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Friedrich Kind
Die Charaden an den Leser

Buntes Geflügel sind wir und schwärmen,
Wie um Johannis das Fünkchen der Nacht;
Woll'n uns gar wenig drum grämen und härmen,
Dass uns der Dichter nicht reicher bedacht.
Ist nicht das Würmchen, mit Naphta befeuchtet,
Manchem erfreulich, doch wa[h]rlich kein Stern;
Hab'n wir wie jenes ein Weilchen geleuchtet,
Frö[h]licher Wandrer, so sterben wir gern!

Quelle:
(Theodor Hell:) Das sinnreiche Buch; oder Charaden, Räthsel und Logogryphen auf alle Tage im Jahre. 2. Aufl. Leipzig, bei Gerhard Fleischer d. Jüngern (ca. 1811). (Digitalisierung durch Google).

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2. Vexierbilder und Scharaden
im Wechsel

Die Zwischenüberschriften beziehen sich auf die Vexierbilder. Die Auflösung der folgenden Scharaden finden Sie am Ende dieses Kapitels.

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Anthropomorphe Landschaft
Landschafts-Kopf

Vexierbild 1

Vexierbild, Anthropomorphe Landschaft

Räthselhafte Landschaft
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 2

Vexierbild, Anthropomorphe Landschaft

Vexierbild, Anthropomorphe Landschaft

Wo ist Martha Schwertlein?
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

Martha Schwertlein ist der Name der Nachbarin Gretchens in Goethes "Faust I". "Selbst auf erotische Abenteuer aus, trägt sie ihr Teil dazu bei, dass Gretchen für Fausts amouröse Absichten verfügbar wird." (Metzlers Goethe Lexikon, 1999, S. 322)

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So geht's
Scharade 1

Zum Raub bereit, schwebt hoch in Lüften
Die erste Sylbe, stark und wild,
Die zweite ist der stillen Ruhe Bild,
Doch wohnt sie auch in tiefen, dunklen Grüften.
Das Ganze nennt die freudenvollste Zeit
Für Alt und Jung, doch aus verschiednen Gründen,
Die erstern denken an die Ewigkeit,
Die andern nur an das, was sie auf Erden finden.

Autor: Theodor Hell
Lösung:
1. Silbe: Wey + 2. Silbe:Nacht = ganzes Wort: Weihnacht
Wey: Milan, Raubvogel

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So geht's
Scharade 2

Zwei Worte nenn' ich euch inhaltschwer;
Bald geh'n sie von Mund zu Mund umher.
Mein Erstes lockt und gefällt euch sehr;
Doch ist's nicht unter der Sonne mehr,
Wenn anders ein Sprichwort nicht lügt.
Mein Zweites erscheint Jahrtausende her,
Nimmt und bereichert, beklemmt und vergnügt,
Belebt und zerstört, belohnt und trügt,
Und kehrt nicht wieder, so bald es entfliegt;
Doch hoffet des Ganzen Wiederkehr.
Auf diesem ruht der Erwartung Blick,
Für mancher Staaten und Herrscher Geschick
Viel Erstes ahnend aus deutsamer Spur.
Die Menschheit wünscht zum Ganzen sich Glück,
Doch nur einmal im Letzten, aus Mode nur.

Lösung:
1. Wort: neu + 2. Wort: Jahr = ganzes Wort: Neujahr
Sprichwort: Es gibt nichts Neues unter der Sonne

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Vexierbild 3

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Wer steckt dahinter?
Druck und Verlag von S. Friedl, Wien

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Vexierbild 4

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Eule - Eile
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 5

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Rinaldos Verwandlung
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

"Rinaldo Rinaldini ist eine literarische Figur aus Christian August Vulpius' Roman "Rinaldo Rinaldini, der Räuberhauptmann", der 1798 [...] erschien und bis in die Gegenwart zahlreiche Neuauflagen erlebte. Er gilt als der erfolgreichste deutsche Räuberroman des 19. Jahrhunderts." Siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rinaldo_Rinaldini

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Vexierbild 6

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Wo ist die Xantippe?
Druck und Verlag von S. Friedl, Wien

Xanthippe, die Ehefrau des Philosophen Sokrates, gilt als Inbegriff des zänkischen Weibes. Siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Xanthippe

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Vexierbild 7

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Reinecke Fuchs sucht die Henne
Druck und Verlag von S. Friedl Wien

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Vexierbild 8

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Verbotene Früchte schmecken gut!
Ihr seht, ich liebe sehr den Wein,
Doch lieber noch ein Mägdelein.

Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 9

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Pabst Pius IX. und König Victor Emanuel
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 10

Vexierbild, Wendebild

Vexierbild, Wendebild

Am Nordpol
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Scharade 3

Die erste Sylb', ein Gott, beherrscht des Landes Auen,
Die zweit' und dritte sind ein Name oft belacht.
Das schwache Ganze wird in der Gewalt der Frauen
Der Donnerkeil des Zeus, und spottet aller Macht.

Autor: Theodor Körner

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Scharade 4

Amerika ist es, das uns das Ganze gab,
Doch jetzt erzeugt Europa es nicht minder;
Die erste Sylbe ist zugleich des Ganzen Grab,
Daraus gräbt man nach Monden seine Kinder.
Der Sylben letztes Paar sind seine Brüder;
Doch stehen diese hoch, und jene liegen nieder.

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Scharade 5
Viersylbige Charade

Das Erste kann uns laben
     In heißer Sommerszeit;
Um Mädchen freit, ihr Knaben,
     So lang ihr's Zweite seyd;
Das Dritte kann beglücken,
     Als wär' im Himmel man,
Doch kann es auch verrücken
     Den allerklügsten Mann.
Nur ein Insect ist's Ganze,
     So dünn wie eine Schnur;
Es nagt an keiner Pflanze,
     Frisst seines Gleichen nur.

*****

Scharade 6
Dreisylbige Charade

Wer mit dem Ersten Uebung hat,
Der macht damit was Rauhes glatt;
Beim Zweiten geht's stets aus und ein;
Der holt sich Geld, der trägt hinein;
Und auf dem Ganzen kann man seh'n
Die Wiege und den Sarg entsteh'n.

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Scharade 7

Was grünend den ersten Sylben entquillt,
     Erquickt nur die gierige Heerde.
Die Menschen ernährende Wurzel verhüllt
     Sich bescheiden im Schoße der Erde.
Doch was 7 und 12 ist, was 13 und 9,
Das muss auch die 3te der Sylben seyn.

Einst hauste das Ganze mit Zaubergewalt
     In unterirdischen Reichen,
Erschien den Menschen in mancher Gestalt,
    Ein Schadenfroh sonder Gleichen.
Doch hat es sich längst von der Erde getrennt,
So dass ihn die Sage der Vorzeit nur kennt.

Autor: Theodor Körner

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Scharade 8

Du kannst unmöglich das zweite seyn,
Ist dein Herz wie das erste beschaffen.
Das erste ist groß wie Berge, und klein,
Es stumpfet und schärfet die Waffen;
Das zweite willkommen wohl überall ist,
Es zieret das Mädchen, den Krieger,
Doch werden die Macht und die Hinterlist
Im Leben gar oftmals sein Sieger.
Das Ganze, bereitet durch Feuersglut,
Es zeigt sich in vielen Gestalten,
Zum Dienste des Hauses da ziemt sichs wohl gut,
Ist drinn nur viel Gutes enthalten.

Autor: Theodor Hell

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Scharade 9

Nur in Eklogen und Idyllen
Blüht noch des Ersten Wunderglück.
Das Zweite - (Nützt den Augenblick,
Um recht zu thun mit Kraft und Willen,
Und, fern von Tändelein und Grillen,
Den Weisheitsdurst allein zu stillen!)
Kommt immer neu, doch nie zurück.
Das Ganze, was mit lockender Magie,
Mit Ariosto's Phantasie
Nur Wieland treu genug beschrieben,
Ist höchster Lohn der wahren Liebe.

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Scharade 10

Die ersten sind der Liebe Sitz,
Die zweiten aber scharf und spitz;
Doch wenn sie beides paart,
Dann bin ich auch von bessrer Art,
Gar oft von Gold und Edelstein,
Und - ein Geheimnis, hold und rein,
Wird treulich dann von mir bewahrt.

Autor: Friedrich Kind

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Vexierbild 11

Vexierbild

Vexierbild

Wo ist der schöne Mayer?
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 12

Vexierbild

Vexierbild

Selbsterkenntniss
Wenn ich mich nicht bald bekehre
Am Ende noch ein Esel werde
Druck und Verlag von S. Friedl Wien

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Scharade 11
Drei Charaden über ein Wort

1.
Hast du das Erste nur gewonnen,
Bist du dem Zweiten auch entronnen,
Verleibst du dich aber dem Ganzen ein,
Kann wieder Gefahr dir im Zweiten dräu'n.

2.
Das Erst' ist als Losung zu Wasser bekannt,
Das Zweit` ist die Losung im Kriege zu Land:
Erschallet als Losung das ganze Wort,
Was Waffen trägt, zieht dann zum Kampfe fort.

3.
Betrübt sah Columbus auf's Meer dahin,
Da befreite das Erste vom Tode ihn; -
Der Tell sollte büßen den männlichen Muth,
Da befreit' ihn das Zweite aus Feindeswuth, -
Das Ganze befreite, - noch ist es nicht lang, -
Ganz Deutschland vom drohenden Untergang.

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Scharade 12

Mein Erstes ist mein Zweites,
Mein Zweites ist mein Erstes,
Mein Ganzes ist mein Zweites,
Mein Erstes ist mein Ganzes.

Autor: Franz Grillparzer
Quelle:
Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S.199044.

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Vexierbild 13

Vexierbild

Vexierbild

Vexierbild

Drei Koryphäen der Wiener-Bühne
Druck und Verlag von S. Friedl Wien

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Scharade 13
Dreisylbige Charade

Das Erste bringt uns jeder Tag,
Das Zweite aber nur die Nacht;
Das Ganze war, auf einen Schlag
Den Feind zu tödten, nur gemacht.

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Kartensuchbild

Vexierbild 14

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Wo ist Max Winter?
Entwurf von Moriz Scheiber
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Kippbilder / Suchbilder
Silhouetten
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Vexierbild 15

Vexierbild

Wo steckt der alte Fritz?
(Ausriss aus Zeitung oder Zeitschrift)

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Vexierbild 16

Vexierbild

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Der Einsiedler.
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

Der Einsiedler, der ahnt es nicht, in welcher Gefahr er muss schweben;
Zwischen dem Teufel dem Bösewicht, und dem Bären dem trägen.
Auch das Vögelein fliegt umher, denn es gedenkt zu fliehen,
Aber das Eichhörnchen fürchtet's noch mehr, und so ist es geblieben.

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Vexierbild 17

Vexierbild

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Die Versuchung
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 18

Vexierbild

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Ach wir armen Klosterbrüder,
dürfen nie ein Weibchen frein!
O Gott welch' Hochgenuss liegt doch im Weiberkuss!

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Vexierbild 19

Vexierbild

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Gestörtes Rendezvous
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 20

Vexierbild

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Sommerfrische
Schöner Aussichtspunkt
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 21

Vexierbild

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Die Mirzl sucht den Hanns auf dem Boden und kann ihn nicht finden.
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Scharade 14
Dreisylbige Charade

Ein großer Theil der armen Leut'
     Muss sich vom Ersten nähren.
Bei Schwäche und bei Müdigkeit
   Wird's Zweite sich bewähren;
Das Ganze aber wird allein
Nur in der Hand der Armuth seyn.

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Scharade 15
Dreisylbige Charade

Mein Erstes ist sehr nahrhaft, und
Besonders Kranken ist's gesund;
Dem kleinsten Kind, dem ält'sten Mann
Es nützen, niemals schaden kann.

Auf meinem Zweiten kann man geh'n,
Kann fahren und auch reiten seh'n;
Willst du im Frei'n dich amüsir'n,
Wirst du davon auch profitir'n.

Und int'ressirt das Ganze dich -
Es zeiget nur im Dunkeln sich -
Dann schaue heute Nacht hinaus;
Sind Sterne da, such' dir es aus.

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Scharade 16

Im Gesicht nur, ihr Leute!
     Treffet ihr das Erste an;
Und nicht selten trägt das Zweite,
     Aber auf der Stirn', der Mann.
Doch das Ganze, denkt, ihr Leute!
     Ist ein Thier, ich sah's erst letzt -
Dem hat die Natur das Zweite
     Auf das Erste gar gesetzt.

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Scharade 17

Die Erste brauchen häufig wir
     Für's älterliche Haus;
Und mit der Zweiten drücken schier
     Wir jeden Schmerzen aus.
Das Ganze aber nennt ein Leid,
     Das tödtlich werden kann
Für Manchen, der vom Ersten weit
     Und denkt zu viel daran.

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Scharade 18

Das Erste wirst du gleich erkennen:
     Es ist ein wichtiges Metall;
Viel Werkzeug könnte ich dir nennen,
     Das trifft davon man überall.
Das Zweite kommt in vielen Fällen
     Beim Schneidern vor und Kartenspiel;
In Schlachten und bei den Duellen
     Sieht man das Zweite gar zu viel.
Das Ganze fordert gute Augen
     Zum Ausführ'n, oft nur zum Beseh'n;
Und häufig wird man es gebrauchen,
     Den Werth der Bücher zu erhöh'n.

*****

Scharade 19
Dreisylbige Charade

Das was das Erste sagt
Sey stets des Reiters Schwert;
Es hat in einer Schlacht
Nur dadurch einen Werth.

Das Zweite ist ein Mann,
Der übt Gerechtigkeit;
Hilft, wo er helfen kann,
Und straft die schlechten Leut'.

Wen's Ganze übernimmt,
Um den ist es gescheh'n -
Ein Solcher wird bestimmt
Die Sonne nimmer seh'n.

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Scharade 20

In Nummer drei und Nummer vier
Wird eins und zwei logirt;
Den wackern Wirth, der sie quartirt,
Benennt das Ganze dir.

Autor: Friedrich Kind

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Scharade 21

Die ersten Sylben hat man alle Tage
Man mag sie wollen oder nicht,
Beständig hört man drüber Klage,
Doch hilft es nichts, was man auch spricht.
Die dritte zeigt den Potentaten,
Der über Weiber Herrschaft übt,
Und hochgeehrt in seinen Staaten
Nichts thut als isst und trinkt und liebt.
Das Ganze thront auf hoher Zinne
Von innern Kräften nicht bewegt,
Damit es Leben nur gewinne,
Wenn sich die Kraft der Lüfte regt.

Autor: Theodor Hell

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Scharade 22

"Liegst du wieder auf dem ersten?
Rief Herr Sum, und stand daneben;
"Ha, ich möcht' vor Aerger bersten
"Und dir gleich das Ganze geben!"

"Ach! das Ganze schmeckt so bitter!
Schluchzt der Herr Discipulus,
"Doch wenn sich das Ungewitter
"Einmal auf mich stürzen muss,
"Mögt Ihr erst die zweit' und dritte,
"Die dazu gehört, mir schenken,
"Die schmeckt süßer; bitte, bitte!
"Während ich das Ganze litte,
"Könnt ich dann an diese denken."

Autor: Theodor Hell

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Silhouettenköpfe

Vexierbild 22

Vexierbild

Blumen und Helden
Jm Bild sich gesellten,
Napoleon mit Friedrich
Jm Veilchen vereint sich.
Druck u. Verlag v. Jg. Böhm, Wien

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Vexierbild 23

Vexierbild

Eine Spröde!
Druck u. Verlag von S. Friedl, Wien, I. Adlergasse 2

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Scharade 23

Die Ersten trägt der Mann,
Die Zweiten nennen den, der tragen kann;
Das Mädchen wird zur Frau sodann,
Wenn es das Ganze sich gewann,
Denn es ist synonym mit Mann.

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Sprach-Bild-Witz

Vexierbild 24

Vexierbild

Man sieht im trauten Bund' 6 Esel u. 1 Hund.
Druck und Verlag von S. Friedl Wien

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Scharade 24

Was keinem Andern, mir nur angehört,
Durch fremden Einspruch ungestört,
Die dritte Sylbe spricht es aus; allein
Oft bleibt es Wunsch, und das Geschick sagt: nein!

Die beiden ersten sind ein trauriges Gebot,
Der liebevollen Brust vom Schicksal abgedrungen,
Ach! es befolgen, lehret nur der Tod,
Des Herzens Wunsch, das müde sich gerungen.

Doch ehe dies Gebot so traurig sich erfüllt,
Wird durch die letzte Sylb' es aufgehoben.
Dir winkt das Ganze nun, ein zartes Bild,
Dem du Erfüllung gern wirst angeloben,
Es ruft dich an, ein innig süßes Flehn,
Und rührt dein Herz, du kannst nicht wiederstehn.

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Auflösung obiger Scharaden

1: Wey + Nacht = Weihnacht
2:  neu + Jahr = Neujahr
3: Pan + Toffel = Pantoffel
4: Erde + Äpfel = Erdäpfel
5: Wasser + jung + Frau = Wasserjungfrau (Libelle)
6: Hobel + Bank = Hobelbank
7: Rübe + Zahl = Rübezahl
8: Stein + gut = Steingut
9: Schäfer + Stunde = Schäferstunde
10: Busen + Nadel = Busennadel
11: Land + Sturm = Landsturm
12: Welt + All = Weltall
13: Morgen + Stern = Morgenstern
14: Betteln + Stab = Bettelstab
15: Milch + Straße = Milchstraße
16: Nase + Horn = Nashorn
17: Heim + Weh = Heimweh
18: Stahl + Stich = Stahlstich
19: scharf + Richter = Scharfrichter
20: Tod-te + Grä-ber = Todtengräber
21: Wetter + Hahn = Wetterhahn
22: Ohr + Feige = Ohrfeige
23: Hosen + Träger = Hosenträger
24: vergiss + mein + nicht = Vergissmeinnicht

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3. Goethes Charade
an Minchen Herzlieb

Bettina von Arnim, Selbstporträtl, Zeichnung

Bettina von Arnim
Selbstporträt. Zeichnung

Quelle:
Bettina von Arnim: Die Günderode. Hrsg. von Elisabeth Bronfen. München: Matthes & Seitz o.J. ISBN 3-88221-331-0

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Mit Brief vom 21. August 1808 schreibt Goethe aus Karlsbad, wo er sich zur Kur aufhält, an Bettine: "[...] Du bist mir ein liebes, freundliches Kind, das ich nicht verlieren möchte und durch welches ein großer Teil des ersprießlichsten Segens mir zufließt. Du bist mir ein freundliches Licht, das den Abend meines Lebens behaglich erleuchtet, und da gebe ich Dir, um doch zustande zu kommen mit allen Klagen, zum letzten Schluss beikommendes Rätsel; an dem magst Du dich zufrieden raten.

Scharade

Zwei Worte sind es, kurz, bequem zu sagen,
Die wir so oft mit holder Freude nennen,
Doch keineswegs die Wesen deutlich kennen,
Wovon sie eigentlich den Stempel tragen.

Es tut gar wohl, an schön beschlossnen Tagen
Eins an dem andern kecklich zu verbrennen;
Und kann man sie vereint zusammen nennen,
So drückt man aus ein seliges Behagen.

Nun aber such ich ihnen zu gefallen
Und bitte, mit sich selbst mich zu beglücken;
Ich hoffe still; doch hoff ich's zu erlangen:

Als Namen der Geliebten sie zu lallen,
In einem Bild sie beide zu erblicken,
In einem Wesen beide zu umfangen."

Bettina antwortet am 30. August: "[...] Deine Scharade hab ich schlaftrunken ans Herz gelegt, aber geraten hab ich sie nicht; - wo hätt ich Besinnung hernehmen sollen? - Mag es sein, was es will, es macht mich selig; ein Kreis liebender Worte - so unterscheidet man auch nicht Liebkosungen, man genießt sie und weiß, dass sie die Blüten der Liebe sind. - Ach, ich möchte wissen, was es ist:

Ich hoffe still; - doch hoff ich's zu erlangen,
Als Namen der Geliebten sie zu lallen.

Was hoffst Du? - Sag mir's, und wie soll die Geliebte Dir heißen? Welche Bedeutung hat der Name, dass Du mit Entzücken ihn nur zu lallen vermagst?

In einem Bild sie beide zu erblicken,
In einem Wesen beide zu umfangen.

Wer sind die beide? Wer ist mein Nebenbuhler? In welchem Bild soll ich mich spiegeln? - Und mit wem soll ich in Deinen Armen verschmelzen? - Ach, wie viele Rätsel in einem verborgen, und wie brennt mir der Kopf! - Nein, ich kann es nicht raten; es will nicht gelingen, mich von Deinem Herzen loszureißen und zu spekulieren.

Es tut gar wohl, an schön beschlossnen Tagen
Eins an dem andern kecklich zu verbrennen;
Und kann man sie vereint zusammen nennen,
So drückt man aus ein seliges Behagen.

Das tut Dir wohl, dass ich an Dir verglühe, an schön beschlossnen Tagen, wo ich den Abend in Deiner Nähe zubringe, und mir auch.

Und kann man uns vereint zusammen nennen,
So drückt man aus mein seligstes Behagen.

Du siehst, Freund, wie Du mich hinüberraten lässt in die Ewigkeit; aber das irdische Wort, was der Schlüssel zu allem ist, das kann ich nicht finden.

Aber Deinen Zweck hast Du erlangt, dass ich mich zufrieden raten solle, ich errate daraus meine Rechte, meine Anerkenntnis, meinen Lohn und die Bekräftigung unsers Bundes, und werde jeden Tag Deine Liebe neu erraten, verbrenne mich immer, wenn Du mich zugleich umfangen und spiegeln willst in Deinem Geist und vereint mit mir gern genennt sein willst. [...]"

Quelle:
* Goethes Briefwechsel mit einem Kinde. In Bettina von Arnim. Werke 1. Berlin: Aufbau-Verlag1986. Hier S. 213f und 223f.

Bettina von Arnim: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin 1835. Digitalisiert in: Deutsches Textarchiv, URL:
http://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835

Zu Bettina von Arnim (1785-1859) siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bettina_von_Arnim

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Minchen Herzlieb, Gemälde von Luise Seidler

Minchen Herzlieb
Gemälde von Luise Seidler

Minna war die lieblichste aller jungfräulichen Rosen, mit kindlichen Zügen, mit großen, dunkeln Augen, die - mehr sanft und freundlich als feurig -Jeden herzig unschuldsvoll anblickten und bezaubern mussten. Die Flechten glänzend rabenschwarz. Das anmutige Gesicht vom warmen Hauche eines frischen Colorits belebt, die Gestalt schlank und biegsam, vom schönsten Ebenmaß, edel und graziös in allen Bewegungen: so steht Minne Herzlieb noch heute vor meinem Gedächtnis. Ihr Anzug war stets einfach, aber geschmackvoll; sie liebte schlichte weiße Kleider; in einem solchen habe ich sie lebensgroß in Öl gemalt. Gewöhnlich trug sie auch beim Ausgehen keinen Hut, sondern nur ein kleines Knüpftüchelchen, unter dem Kinn zugebunden.

Quelle:
Freundliches Begegnen. Goethe, Minchen Herzlieb und das Frommannsche Haus. Auf Grund von Fr. Fromann "Das Frommannsche Haus und seine Freunde" heu hrsg. von Günther H. Wahnes. 2. Aufl. Im gemeinsamen Verlage von Fr. Frommanns Verlag (H. Kurtz) Stuttgart und der Frommannschen Buchhandlung (W. Biedermann) Jena 1927. - Die Schilderung der Jugendfreundin Luise Seidler auf S. 140.

***

Das Losungswort, das Bettina nicht erraten konnte, heißt: Herzlieb (Herz + lieb = Herzlieb). Minchen Herzlieb (1789-1865) war das Ziehkind im Hause des Verlegers Frommann in Jena. Der Verlagsbuchhändler Carl Friedrich Ernst Frommann und seine Gattin Johanna führten ein gastliches Haus, in dem sich die Intelligenz der Universitätsstadt Jena und Umgebung mit durchreisenden Fremden traf. (1) Im Frommannschen Haus "trat im November 1807 die zu holdem Reize erblühte Achtzehnjährige Goethen, der sie als Kind schon gerne gesehen hatte, entgegen und erweckte in dem Herzen des damals Sechzigjährigen eine leidenschaftliche Zuneigung, die deutlich in den in jenen Tagen entstandenen 'Sonetten' zum Ausdruck kommt, auf deren Gestaltung allerdings auch der beginnende Briefwechsel mit Bettina nicht ohne Einfluss geblieben ist." (2)

Anmerkungen:
(1) Freundliches Begegnen. Goethe, Minchen Herzlieb und das Frommannsche Haus. Auf Grund von Fr. Fromann "Das Frommannsche Haus und seine Freunde" heu hrsg. von Günther H. Wahnes. 2. Aufl. Im gemeinsamen Verlage von Fr. Frommanns Verlag (H. Kurtz) Stuttgart und der Frommannschen Buchhandlung (W. Biedermann) Jena 1927.
(2) Goethe-Handbuch. Hrsg. von Julius Zeitler. Bd. 2, Stuttgart: Metzler 1917, S. 160f. Züge Minchens hat die Forschung in der Gestalt der Ottilie in den "Wahlverwandschaften" und "das schmerzliche Gefühl der Entbehrung, das Goethe jene Neigung schuf," in der etwa gleichzeitig entstandenen "Pandora" gefunden. - Siehe auch Paul Kühn: Die Frauen um Goethe. Weimarer Interieurs. Bd. II. Leipzig: Klinkhardt & Biermann o.J. Darin: Minchen Herzlieb, S. 376-387.

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Frommannsches Haus am Graben in Jena, Handzeichnung von Minchen Herzlieb

Frommannsches Haus am Graben in Jena
Handzeichnung von Minchen Herzlieb

Quelle:
Freundliches Begegnen. Goethe, Minchen Herzlieb und das Frommannsche Haus. Auf Grund von Fr. Fromann "Das Frommannsche Haus und seine Freunde" heu hrsg. von Günther H. Wahnes. 2. Aufl. Im gemeinsamen Verlage von Fr. Frommanns Verlag (H. Kurtz) Stuttgart und der Frommannschen Buchhandlung (W. Biedermann) Jena 1927, vor S. 145.

Über den Verleger und Buchändler Carl Friedrich Ernst Frommann (1765-1837) und seine kulturellen Aktivitäten orientieren mehrere Lexikoneinträge:
* Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Friedrich_Ernst_Frommann
*Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Onlinefassung:
http://www.deutsche-biographie.de/pnd118847635.html?anchor=adb
* Neue Deutsche Biographie (NDB), Onlinefassung:
http://www.deutsche-biographie.de/pnd118847635.html

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Die Charade Goethes, das Sonett an Minchen Herzlieb, entstand wahrscheinlich in der Adventszeit 1807. Am 3. Dezember führte Goethe Zacharias Werner im Frommannschen Haus ein. "Werners lebendige Phantasie rief sogleich eine bewegte, dichterische Geselligkeit ins Leben, in der er, aus der ziemenden Gelegenheit, Huldigungsgedichte in der beliebt gewordenen Sonettenform auf die Damen des Hauses schuf. Goethe, Riemer, [Johann Diederich] Gries und [Karl Ludwig von] Knebel und alle anderen aus dem Kreise, die Verse schmieden, Sonette 'leimen' konnten, riss der Streit in eine wahre 'Sonettenwut' hinein. Welch anmutige Spiele dichterischen Geistes erlaubte Minchens Name: 'Herzlieb'! Sie entzückte alle jene begeisterten Männer, so dass sich zarteste Geschenke der duftigen Muse um ihre Liebenswerte Erscheinung rankten." (1) Als Huldigungsgedichte an Minchen Herzlieb entstanden auch mehrere Scharaden.

Goethes Sonette entstanden zur Zeit des sog. "Sonettenkriegs" von 1807-1809: Die Romantiker, unter ihnen vor allem August Wilhelm Schlegel, propagierten die Sonettform, wogegen sie von Johann Heinrich Voss bekämpft wurde, der Sonette als "Kling-Gedichte" abqualifizierte. Goethe, der seine zum Zyklus geordneten Sonette 1815, die abschließende Scharade freilich erst 1827 publizierte, war "jene wunderliche ausschließende Aversion" (Goethe an Cotta, 31. März 1808) gegen die Sonettform fremd.

Anmerkungen:
(1) Freundliches Begegnen. Goethe, Minchen Herzlieb und das Frommannsche Haus. Auf Grund von Fr. Fromann "Das Frommannsche Haus und seine Freunde" heu hrsg. von Günther H. Wahnes. 2. Aufl. Im gemeinsamen Verlage von Fr. Frommanns Verlag (H. Kurtz) Stuttgart und der Frommannschen Buchhandlung (W. Biedermann) Jena 1927, S. 141f.

Zur Geschichte des Sonetts siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sonett

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Zacharias Werner
Charade

Herz ist was Liebes, was so lieb wir haben,
Wenn wir auch nicht recht wissen es zu hegen;
Bald tanzt es gern, bald will's der Ruhe pflegen,
Bald schmollt's, bald tut es uns mit Lächeln laben!

Lieb' ist ein herzig's Veilchen, das begraben
Im Wiesengrün, als könnt es sich nicht regen;
Doch duftet Euch sein Blütenkelch entgegen,
So geht's - wie mit dem Röslein und dem Knaben!

Herzlieb ist mir's, wenn Schönen schön mich preisen;
Wenn Helios mir strahlt nach Finsternissen;
Und etwas Anders, das ich nicht darf nennen!

Die erste Silbe ist wie Wachs und Eisen;
Die zweite: Glut, die wird das Wachs verbrennen;
Das Ganze - ach! wir mögten's Alle küssen!

Quelle:
Freundliches Begegnen. Goethe, Minchen Herzlieb und das Frommannsche Haus. Auf Grund von Fr. Fromann "Das Frommannsche Haus und seine Freunde" heu hrsg. von Günther H. Wahnes. 2. Aufl. Im gemeinsamen Verlage von Fr. Frommanns Verlag (H. Kurtz) Stuttgart und der Frommannschen Buchhandlung (W. Biedermann) Jena 1927, S. 147. - Vgl. Goethe: Sämtliche Werke, Münchner Ausgabe, Bd. 9, S. 1085f.

Zu Zacharias Werner (1768-1823) siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Zacharias_Werner

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Friedrich Wilhelm Riemer
Charade

Ich kenn' ein holdes Kind in Jugendfülle
So frisch und rot wie eine Mayenrose,
So nett und drall, wie Püppchen aus der Dose,
Und doch so mädchenhaft, so veilchenstille.

Und ganz das Innre stimmt zur schönen Hülle!
Mir wird so wohl, wie bald ich mit ihr kose;
Und ist ihr Mündchen auch ein wenig lose,
In ihrem Herzchen steckt der beste Wille.

Und wie ich hier Sie eben Euch beschrieben
Ist auch ihr Name ganz so hold und lieb.
Sein Erstes wird an Euch des zweiten Dieb,

Doch dieses treibt mit jenem keinen Scherz:
Denn sie ist ganz ein gar so liebes Herz
Und Jeder muss sie gleich von Herzen lieben.

Quelle:
Freundliches Begegnen. Goethe, Minchen Herzlieb und das Frommannsche Haus. Auf Grund von Fr. Fromann "Das Frommannsche Haus und seine Freunde" neu hrsg. von Günther H. Wahnes. 2. Aufl. Im gemeinsamen Verlage von Fr. Frommanns Verlag (H. Kurtz) Stuttgart und der Frommannschen Buchhandlung (W. Biedermann) Jena 1927,S. 145f. - Vgl. Goethe: Sämtliche Werke, Münchner Ausgabe, Bd. 9, S. 1086.

Zu Friedrich Wilhelm Riemer, Goethes Sekretär, siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Riemer

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