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Goethes Leben und Werk in Nachschlagewerken

Die Rubrik »Goethes Leben und Werk in Nachschlagewerken« versammelt besonders wirkmächtige Rezeptionsdokumente: Artikel aus Enzyklopädien und Abschnitte aus Literaturgeschichten, die das Werk Goethes in allgemeiner und umfassender Weise behandeln und das Goethebild in der breiten Öffentlichkeit entscheidend geprägt haben. Da sich in diesen Beiträgen cum grano salis, der »Geist der Zeit« manifestiert und ideologische Trends deutlicher als in speziellen und streng wissenschaftlichen Untersuchungen erkennbar werden, gehören sie zu den wichtigsten Zeugnissen einer Rezeptionsgeschichte, die nicht auf Originalität, sondern auf Epochenspezifik und kulturgeschichtliche Repräsentanz achtet. Die Reihe der im Original gebotenen, eingescannten oder abfotografierten Texte umfaßt den Zeitraum 1750 bis 1945. 

 

 Damen Conversations Lexikon, 1835

»Hoch über alle Erscheinungen irgend einer Literaturgeschichte hinaus ragt der Geist, den die Welt den Einzigen nennen sollte, da sie den Namen des Großen an so Viele verschwendet hat, der Genius, dessen Sonnenflug alle Felder geistiger Thätigkeit überschwebte und in allen gleich Vollendetes leistete. Auf den Höhen des Lebens, der beglücktesten Sterblichen Einer, über Zeit und Geschichte erhaben, weilte er unter uns, ein ewiger Jüngling, auf dem der Segen der Muse ruhte, an dem die Bewunderung der Mitwelt ihren herrlichsten Gegenstand fand.«

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 Bilder-Conversations-Lexikon, 1838

»... ein Nebenwerk zum >Conversations-Lexikon< bildet das 1837 bis 1842 in 4 Bänden veröffentlichte >Bilder-Conversations-Lexikon für das deutsche Volk. Ein Handbuch zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse und zur Unterhaltung<. Es war das erste deutsche populär-encyklopädische Werk, das Wort und Bild miteinander verband, und enthielt über 1200 in den Text gedruckte Abbildungen in Holzschnitt und 45 in Kupfer gestochene Landkarten. Die Redaction besorgten Dr. August Kaiser und Professor Dr. Oswald Marbach, ein Schwager von Friedrich Brockhaus (1800-1865, Sohn des Verlagsgründers Friedrich Arnold Brockhaus); letzterer hatte das Werk angeregt und leitete es. Trotz der neuen Idee und ihrer zweckmäßigen Ausführung fand es nicht die gehoffte Verbreitung, wol mit infolge des mit Rücksicht auf einen besonders billigen Preis verwendeten zu dünnen Papiers.«

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 Herders Conversations-Lexikon, 1855

»G. nimmt unbestreitbar den ersten Platz unter den deutschen Dichtern ein, keiner kommt ihm gleich an schöpferischer Kraft, Schärfe des Geistes, Gesundheit des Witzes und Humors, noch hat je einer alle die verschiedenen Stimmungen des menschlichen Gemüths, von der erhabenen durch die ganze Tonleiter herab bis zur philisterhaften und gewöhnlichen begehrlichen, mit solcher Wahrheit dargestellt und zwar jedesmal am rechten Orte.«

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 Pierer's Universal-Lexikon, 1859

»Der Faust gehört weniger einer Periode als dem ganzen Leben G-s an. Da er, wie keine andere Dichtung irgend einer Nation, in gleichem Maße das Ungenügende des modernen Geistes an sich selbst u. den stetigen Kampf zwischen den Anforderungen des Materialismus u. Spiritualismus vor Augen führt, so ist der Faust, obgleich in seinem innersten Kerne deutsch gefühlt u. deutsch gedacht, das eigentlich moderne Weltgedicht geworden.«

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 Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste, Hermann Marggraff: Göthe, 1861

Als weiteren Goethe-Artikel aus den Lexika des 19. Jahrhunderts publiziert das Goethezeitportal den Beitrag aus der „Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste“ (meist zitiert nach den Herausgebern: Ersch-Gruber), dem seinerzeit ambitioniertesten, von 1818-1889 veröffentlichten, Bruchstück gebliebenen Projekt eines umfassenden Wissensspeichers. Der Goethe-Artikel von 1861 stammt von dem Schriftsteller und Literarhistorikers Hermann Marggraff (1809-1864). Mit über 230 zweispaltigen Seiten hat er Buchformat. Der Beitrag wird hier Seite für Seite mit Stichworten erschlossen. Vorangestellt sind die Leitlinien der Darstellung.

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 Meyers Großes Konversations-Lexikon, 4. Aufl., 1888-1890

»In Goethe erhielt nicht nur die deutsche Dichtung ihren größten Repräsentanten, er war auch die größte und universellste Erscheinung aller Litteratur der letzten beiden Jahrhunderte. Indem er die poetische Phantasie und Ursprünglichkeit, die naive Welt- und Lebensfreude, welche die Dichter früherer Jahrhunderte ausgezeichnet hatte, mit allen Resultaten der modernen Kultur verband, indem er die Ursprünglichkeit der Natur und der Herzensempfindung neben einer vielseitigen, weit umfassenden Bildung bewahrte, erwies er zu gleicher Zeit den Irrtum derer, welche die Dichtung als ein Anhängsel der Gelehrsamkeit betrachteten, und widerlegte die Theorie der Rousseauisten, welche die echte poetische Empfindung nur in der Unkultur möglich wähnten. Daraus resultierte die unbedingte dichterische Gesundheit.«

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 Meyers Konversations-Lexikon – 5. Auflage Artikel Goethe

Quelle: Meyers Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. 5., gänzlich neubearbeitete Aufl. Bd. 7. Neuer Abdruck. Leipzig u. Wien: Bibliographisches Institut 1895, S. 787-802.

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 Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., 1907

Ausgestattet mit dem ungewöhnlichsten anschaulich gegenständlichen Denken und lebendigster Regsamkeit des Gefühls, gelangte G. zu der Größe und Neuheit seines Schaffens, insbes. durch den mit Inbrunst erfaßten Gedanken von der in allen Erscheinungen der Welt lebendig wirkenden Kraft der Natur oder Gottes. Frühzeitig, durch Rousseau, mehr aber noch durch Spinoza, dessen »Ethik« er 1773 kennen lernte, angeregt, suchte er die Natur als ein Ganzes zu begreifen und nicht nur das einzelne Erschaffene, sondern die in allem wirkende Kraft, die lebendige Bewegung, das rastlose Werden und Wachsen zu würdigen. Von früher Jugend an tiefbewegt durch die Geheimnisse des religiösen Glaubens, mit denen er bis an sein Ende immer weiter gerungen hat, gelangte er doch schon in jungen Jahren zu der Erkenntnis von der Überlegenheit der pantheistischen Anschauungsweise. Gott und die Welt sind ihm eins; mit poetischer Andacht erkennt er in den einzelnen Erscheinungen Manifestationen »jenes Urlichts droben, das unsichtbar alle Welt erleuchtet«.

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Heinrich Schmidt: Goethe-Lexikon (1912, Kröner Leipzig)

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