goethe


Jutta Assel | Georg Jäger

Pierrot lunaire

Gedichte von Albert Giraud in Auswahl
Übertragung von Otto Erich Hartleben
Vertonung von Arnold Schönberg

Zum neuen Jahr 2019
die besten Wünsche
vom Goethezeitportal-Team


In der dritten Folge von Mondgedichten stellt das Goethezeitportal den Zyklus "Pierrot lunaire. Rondels bergamasques" des belgischen Dichters französischer Sprache Albert Giraud (1860-1929) vor. Der Zyklus von 50 Gedichten in der metrischen Form des Rondeau erschien 1884, die kongeniale freie Übertragung ins Deutsche von Otto Erich Hartleben 1911 im Verlag Georg Müller in München. Wiedergegeben wird eine Auswahl der Gedichte Girauds in der Übertragung von Hartleben, welche die thematische Vielfalt und Vielstimmigkeit des Zyklus belegt. Abgedruckt wird auch Verlaines Gedicht "Mondlicht" (1869), auf das die von Giraud aufgegriffene Wendung "bergamasques" (Masken aus Bergamo) zurückzugehen scheint. Dieses Gedicht hat Claude Debussy zur vielgespielten "Suite bergamasque" (3. Satz "Clair de lune", 1890 komponiert, 1905 veröffentlicht) angeregt. Abgedruckt wird zudem der kleine Zyklus "Pierrot marié", den Hartleben in der Art Girauds gedichtet hat. Lebendig geblieben ist der Zyklus "Pierrot lunaire" durch das atonale Melodram Arnold Schönbergs op. 21, einem "Schlüsselwerk der musikalischen Moderne" (Muxeneder), das 1912 in Berlin uraufgeführt wurde. Es besteht aus dreimal sieben von Schönberg selbst ausgewählten Gedichten für Rezitator und Kammerensemble in der Übertragung Hartlebens. Wie populär die Figur des Pierrot und die Mond-Motive um 1900 waren, belegen die über 30 Postkarten ─ meist Fototypien, auch Montagen ─, darunter französische Serien mit Pierrot als Familienvater ("Pierrot père de famille") oder Advokat ("Pierrot Avocat"). Giraud und Hartleben, beide heute nahezu vergessen, werden vorgestellt. Die Notizen zu Hartleben weisen hin auf dessen Leben als Bohemien und seinen Hang zum Skurrilen und Grotesken, den die 1903 von ihm gegründete „Halkyonische Akademie für unangewandte Wissenschaften“ in Salò am Gardasee belegt.

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Gliederung

1 A. Giraud | O. E. Hartleben:
Pierrot lunaire
2. A. Giraud | O. E. Hartleben:
Pierrot lunaire. Auswahl der Gedichte
3. Otto Erich Hartleben: Pierrot marié
4. Notizen zu Albert Giraud
5. Notizen zu Otto Erich Hartleben
6. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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Bleuet Paris. 311. Gelaufen.
Ohne weitere Angaben.

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1. A. Giraud | O. E. Hartleben
Pierrot lunaire

Unter dem Titel "Pierrot lunaire" veröffentlichte der belgische, französisch schreibende Dichter Albert Giraud 1884 einen Zyklus von 50 Gedichten in der metrischen Form des Rondeau. Die freie Übertragung ins Deutsche von Otto Erich Hartleben, die 1911 im Verlag Georg Müller in Münchenerschien, galt als kongenial.

Pierrot ist eine "Typenfigur der Comédie italienne in Paris (seit 1673) und der französischen Pantomine, gekennzeichnet durch ein weißes, locker fallendes Kostum, eine weiße Gesichtsmaske und dümmlich-zaghaftes Wesen. Träumerisch-melancholische Dienerrolle." (Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. 6., verb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Alfred Kröner 1979, S. 603) Der Titel "Pierrot lunaire" kann als "mondsüchtiger Pierrot" oder "Pierrot im Mondschein" übersetzt werden.

Die Heimat von Girauds "Pierrot lunaire" ist Bergamo. Die Beziehung auf Bergamo bzw. der Ausdruck "bergamasque" verbindet mehrere populäre Werke der Zeit. In "Clair de Lune" (Mondschein, 1869), einem Gedicht von Paul Verlaine, ist in dessen zweiter Zeile von "masques et bergamasques" (Masken und Bergamasken, d.i. Masken aus Bergamo) die Rede. Dieses Gedicht hat Claude Debussy zur vielgespielten "Suite bergamasque" (3. Satz "Clair de lune" angeregt (1890 komponiert, 1905 veröffentlicht).

Paul Verlaine
Mondschein

Wie eine seltne Gegend ist dein Herz,
Wo Masken, die mit Bergamasken schreiten,
Zum Tanze spielen voll geheimem Schmerz
Im Truggewand, mit dem sie bunt sich kleiden.
Obgleich in weichem Ton sie singen, wie
Der Liebe Sieg dem Lebensglück sich eine,
So glauben doch nicht an die Freude sie,
Und ihr Gesang fliesst hin im Mondenscheine.
Im kalten Mondenschein, des trübe Pracht
Die Vögel träumen lässt auf ihren Zweigen,
Und der die Wasserstrahlen weinen macht,
Die schlank aus weissen Marmorschalen steigen.

Übertragen von Graf Wolf von Kalckreuth
Quelle: Projekt Gutenberg DE

Pierrot ist die zentrale Figur der vorliegenden Gedichtsammlung, die keine Geschichte erzählt, kein Thema entwickelt und einen inkohärenten Sinnzusammenhang seiner metrisch gleichen Gedichte aufweist. Motivisch sind freilich viele Gedichte miteinander vernetzt, besonders häufig durch den bereits im Titel angesprochenen Mond. Die folgende Auswahl von zwölf aus den fünfzig Gedichten ist keine willkürliche, da sie versucht, die Spannungen zwischen den  Motiven und Tönen zu verdeutlichen. Die dreimal sieben Gedichte, die sich Schönberg für sein Melodram ausgesucht hat, werden erst durch seine Musik zu einer Einheit verbunden.

Als Versform bedient sich Giraud des Rondel (Rondeau) in der 13zeiligen Variante. Die erste und zweite Strophe haben vier, die dritte Strophe fünf Zeilen. Die erste und zweite Zeile der ersten Strophe wiederholt sich als dritte und vierte Zeile der zweiten Strophe. Die erste Zeile der ersten Strophe wiederholt sich als fünfte Zeile der dritten Strophe, so dass diese Zeile das Gedicht umrundet (rond „rund“). Giraud arbeitet zusätzlich mit drei Reimformen, so dass sich folgendes Schema ergibt: ABba abAB abbaA. Abweichungen sind möglich. Auf Reime verzichtet Hartleben und hat dadurch einen größeren sprachlichen Gestaltungsspielraum.

Über die Rezeption des Zyklus in der Nachdichtung von Otto Erich Hartleben berichtet Franz Blei:

"Als Hartleben zum ersten Male aus dem Pierrot vorlas, schlug das Gelächter seiner Berliner Zuhörer über den Versen:

    Heilige Kreuze sind die Verse,
    Dran die Dichter stumm verbluten,

zusammen. Otto Erich lachte mit, klappte das Buch zu und schrieb an dem Akte irgend eines seiner Theaterstücke für dieses selbe Publikum weiter. Dieses Hohnlachen passierte in den Tagen des lebhaftesten Naturalismus, wo vom Kunstwerke verlangt wurde, dass der letzte Commis es auf seine Wahrheit zu kontrollieren im Stande sei ─ und er war es im Stande. Der Pierrot Lunaire wurde damals in einigen Exemplaren hektographiert, an Freunde verschenkt, etwas später auch gedruckt. Ein großes Wesen ist nie um ihn herum gemacht worden, und würde solches auch dem Buche schlecht stehen." (Franz Blei, 1910. Giraud / Hartleben, Pierrot lunaire)

Paul Scheerbart publizierte "den Zyklus in der Übersetzung von O. E. Hartleben in seinem gerade erst gegründeten "Verlag deutscher Phantasten". Doch schon im darauffolgenden Winter wanderten ungefähr zwei Drittel der ohnehin kleinen Auflage, infolge chronischen Geldmangels, anstelle von Kohlen in den Ofen." (Mondbleich)

Lebendig geblieben ist der Zyklus "Pierrot lunaire" durch das atonale Melodram Arnold Schönbergs op. 21, einem "Schlüsselwerk der musikalischen Moderne" (Therese Muxeneder, Arnold Schönberg Center), das 1912 in Berlin uraufgeführt wurde. Aufführungsdauer ca. 34 Minuten. Es besteht aus dreimal sieben ausgewählten Gedichten für Rezitator und Kammerensemble (Klavier, Flöte [auch Piccolo], Klarinette [auch Bassklarinette], Geige [auch Bratsche] und Violoncello). Die 21 von Schönberg selbst ausgewählten Gedichte sind in drei Gruppen aufgeteilt und tragen folgende Titel:

Teil 1: Mondestrunken, Colombine, Der Dandy, Eine blasse Wäscherin, Valse de Chopin, Madonna, Der kranke Mond
Teil 2: Nacht, Gebet an Pierrot, Raub, Rote Messe, Galgenlied, Enthauptung, Die Kreuze
Teil 3: Gemeinheit, Parodie, Der Mondfleck, Serenade, Heimfahrt, O alter Duft.

"Im I. Teil aus Schönbergs Opus 21 dominiert die Thematik des Künstlers, dessen Gedankenwelt und Schaffensimpulse durch den Mond symbolisiert werden. Der II. Teil senkt sich nach einer 'todeskranken' Eintrübung des Mondlichts tief und tiefer in das Schattenreich des Todes [...]. Die Rote Messe (Nr. 11) kann innerhalb des Liederkreises als Peripetie verstanden werden. Pierrots Heimfahrt nach Bergamo beschließt den an parodistischen Elementen reichen III. Teil." (Therese Muxeneder, Arnold Schönberg Center)

"Für die Sprechpartie des Pierrot sind keine exakten Tonhöhen angegeben, der Notenkopf wird durch eine nur vage die Tonlage anzeigendes Kreuz ersetzt. Dabei entpuppt sich die starke Rhythmisierung des Textes als zentraler Element der Komposition, weil er die auseinanderstrebenden Farben und Handlungsfäden zusammenhält."

Literaturhinweise
* Eintrag in wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pierrot_Lunaire
* Mondbleich. Zeit Online. Aus der Zeit Nr. 39/1993.
https://www.zeit.de/1993/39/mondbleich
* Arnold Schönberg Center, Wien
https://www.schoenberg.at/index.php/de/
* Arnold Schönberg Center, Wien.
Dreimal sieben Gedichte aus Albert Girauds »Pierrot lunaire« op. 21 (1912)
https://www.schoenberg.at/index.php?option=com_content&view=article&id=190&Itemid=365&lang=de
* Caroline Elsen: 100 Jahre "Pierrot lunaire". Frankfurter Allgemeine, 21.11.2012.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buehne-und-konzert/100-jahre-pierrot-lunaire-auf-vertrautem-fuss-11967335.html

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Pierrot père de famille

1. Bild von oben: Pierrot père de famille. 1. Aux rayons de l'astre nocturne / Je viens chanter, / Viens, mignonnette, au clair de lune, / Viens, m'écouter. Phototypie A. Bergeret et Cie - Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt. ─ Zu A. Bergeret & Cie siehe Daniel Bénard, Bruno Guignard: La Carte Postale. Des Origines aux Années 1920. Editions Alan Sutton 2010, S. 42 ff.
2. Bild von oben: Pierrot père de famille. 2. Sur ma douce mandolinette, / J'ai composé / Une mignonne chansonnette / Pour ta beauté. Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Nicht gelaufen. Datiert 1902.
3. Bild von oben: Pierrot père de famille. 3. La nuit se fait sereine et douce, / Ne veux-tu pas, / Sur les moelleux tapis de mousse, / Porter tes pas? Phototypie A. Bergeret et Cie - Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
4. Bild von oben: Pierrot père de famille. 4. - Mais pourquoi rester hèsitante, / Me fuir hélas! / Pourquoi te cacher, ô méchante, / Viens dans mes bras. Édition Phototypie A. Bergeret et Cie - Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
5. Bild von oben: Pierrot père de famille. 5. Viens, ma divine enchanteresse, / Viens près de moi, / Viens, sois ma femme, ô ma déesse, / Je suis à toi. Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Beschrieben, aber nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
6. Bild von oben: Pierrot père de famille. 6. - Et donnant mon âme à ton âme, / Les sens charmés, / Je te dirai mes vers de flamme, / Mes chants pâmés. Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Beschrieben, handschriftlich datiert 1908. Adressseite ungeteilt.
7. Bild von oben: Pierrot père de famille. 7.  Pour enfin, ma Colobinette, / Combler mes voeux, / Il nous viendra garçon, fillette, / Ou bien! ... les deux. Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Beschrieben, handschriftlich datiert 1912. Adressseite ungeteilt.
8. Bild von oben: Pierrot père de famille. 8. - Deux bébés, c'est charmant ma chère, / Nous les avons / Et nous les bercerons, j'espère / De nos chansons. Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
9. Bild von oben: Pierrot père de famille. 9. - Tu vois par cela, ma divine, / Quels jours hereux / Nous filerons, ô Colombine, / Au milieu d'eux. Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt. - Titel der spiegelverkehrt wiedergegebenen Zeitung: Echo de la Lune.

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2. A. Giraud | O. E. Hartleben
Pierrot lunaire
Auswahl der Gedichte

Fünf der ausgewählten Gedichte werden im Original und in Übersetzung wiedergegeben. Quelle: Albert Giraud: Héros et Pierrots. Librairie Fischbacher (Collection des poètes français de l'étranger), 1898. URL:
https://fr.wikisource.org/wiki/Pierrot_lunaire
Vgl. Albert Giraud: Pierre Lunaire. Zweisprachig Französisch - Deutsch (Illuminationen; 4) Berlin: Edition Sirene 1991.

IVRESSE DE LUNE

Le vin que l'on boit par les yeux
A flots verts de la lune coule,
Et submerge comme une houle
Les horizons silencieux

De doux conseils pernicieux
Dans le philtre nagent en foule:
Le vin que l'on boit par les yeux
A flots verts de la lune coule. (sic!)

Le poète religieux
De l'étrange absinthe se soûle,
Aspirant ─ jusqu'à ce qu'il roule,
Le geste fou, la tête aux cieux ─
Le vin que l'on boit par les yeux!

Mondestrunken

Den Wein, den man mit Augen trinkt,
Giesst Nachts der Mond in Wogen nieder,
Und eine Springflut überschwemmt
Den stillen Horizont.

Gelüste, schauerlich und süss,
Durchschwimmen ohne Zahl die Fluten!
Den Wein, den man mit Augen trinkt,
Giesst Nachts der Mond in Wogen nieder.

Der Dichter, den die Andacht treibt,
Berauscht sich an dem heilgen Tranke,
Gen Himmel wendet er verzückt
Das Haupt und taumelnd saugt und schlürft er
Den Wein, den man mit Augen trinkt.

***

A COLOMBINE

Les fleurs pâles du clair de lune.
Comme des roses de clarté.
Fleurissent dans les nuits d'été:
Si je pouvais en cueillir une!

Pour soulager mon infortune,
Je cherche, le long du Léthé,
Les fleurs pâles du clair de lune,
Comme des roses de clarté.

Et j'apaiserai ma rancune,
Si j'obtiens du ciel irrité
La chimérique volupté
D'effeuiller sur ta toison brune
Les fleurs pâles du clair de lune!

Colombine

Des Mondlichts bleiche Blüten,
Die weissen Wunderrosen,
Blühn in den Julinächten -
O bräch ich eine nur!

Mein banges Leid zu lindern,
Such ich am dunklen Strome
Des Mondlichts bleiche Blüten,
die weissen Wunderrosen.

Gestillt wär all mein Sehnen,
Dürft ich so märchenheimlich,
So selig leis - entblättern
Auf deine braunen Haare
Des Mondlichts bleiche Blüten !

***

PIERROT DANDY

D'un rayon de lune fantasque
Luisent les flacons de cristal
Sur le lavabo de santal
Du pâle dandy bergamasque.

La fontaine rit dans sa vasque
Avec un son clair de métal.
D'un rayon de lune fantasque
Luisent les flacons de cristal.

Mais le seigneur à blanche basque,
Laissant le rouge végétal
Et le fard vert oriental,
Maquille étrangement son masque
D'un rayon de lune fantasque.

Der Dandy

Mit einem phantastischen Lichtstrahl
Erleuchtet der Mond die krystallnen Flacons
Auf dem schwarzen, hochheiligen Waschtisch
Des schweigenden Dandys von Bergamo.

In tönender, bronzener Schale
Lacht hell die Fontäne, metallischen Klangs.
Mit einem phantastischen Lichtstrahl
Erleuchtet der Mond die krystallnen Flacons.

Pierrot mit dem wächsernen Antlitz
Steht sinnend und denkt : wie er heute sich schminkt?
Fort schiebt er das Rot und des Orients Grün
Und bemalt sein Gesicht in erhabenem Stil
Mit einem phantastischen Mondstrahl.

***

LUNE MALADE

O Lune, nocturne phtisique,
Sur le noir oreiller des cieux,
Ton immense regard fiévreux
M'attire comme une musique!

Tu meurs d'un amour chimérique,
Et d'un désir silencieux,
O Lune, nocturne phtisique,
Sur le noir oreiller des cieux!

Mais dans sa volupté physique
L'amant qui passe insoucieux
Prend pour des rayons gracieux
Ton sang blanc et mélancolique,
O Lune, nocturne phtisique!

Der kranke Mond

Du nächtig todeskranker Mond
Dort auf des Himmels schwarzem Pfühl,
Dein Blick, so fiebernd übergross,
bannt mich wie fremde Melodie.

An unstillbarem Liebesleid
Stirbst du, an Sehnsucht, tief erstickt,
Du nächtig todeskranker Mond
Dort auf des Himmels schwarzem Pfühl.

Den Liebsten, der im Sinnenrausch
Gedankenlos zur Liebsten schleicht,
Belustigt deiner Strahlen Spiel -
Dein bleiches, qualgebornes Blut,
Du nächtig todeskranker Mond.

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Oben links: Prince. 131-1. Ecoute ma chanson, ô déesse la Lune, / Pierrot n'a pas besoin d'une immense fortune, / Mais il faut, ici bas, à chacun sa chacune! Nicht gelaufen.
Oben rechts: Prince. 131-2. M'apportes-tu l'amour, ravissante Pierrette? / De ce bien seulement mon coeur était en quȇte. / Dis: je t'aime! et je joue un doux hymne de fȇte. Nicht gelaufen.
Unten: Prince. 131-3. En ce monde il n'est pas de trésors précieux / Qu'on puisse comparer aux éclairs de tes yeux / Je t'enlève, Pierrette, envolons-nous aux cieux!  Nicht gelaufen.

*****

Der Koch

Eine goldne Omelette
Auf des Himmels schwarzem Herde
Steht der Mond ─ in allen Fenstern
Spiegelt sich sein gelbes Bild.

Wie ein Koch ─ in weissen Kleidern,
Prüft Pierrot mit Kennerblick
Eine goldne Omelette
Auf des Himmels schwarzem Herde.

Und mit fachlich krausen Mienen
Schwingt er eine Casserole,
Denn gleich gilt es ─ umzuwenden
In der Sterne sprühnden Funken
Eine goldne Omelette.

***

Enthauptung

Der Mond, ein blankes Türkenschwert
Auf einem schwarzen Seidenkissen,
Gespenstisch gross ─ dräut er hinab
Durch schmerzensdunkle Nacht.

Pierrot irrt ohne Rast umher
Und starrt empor in Todesängsten
Zum Mond, dem blanken Türkenschwert
Auf einem schwarzen Seidenkissen.

Es schlottern unter ihm die Knie,
Ohnmächtig bricht er jäh zusammen.
Er wähnt: es sause strafend schon
Auf seinen Sünderhals hernieder
Der Mond, das blanke Türkenschwert.

***

Die rote Messe

Zu grausem Abendmahle,
Beim Blendeglanz des Goldes,
Beim Flackerschein der Kerzen,
Naht dem Altar ─ Pierrot!

Die Hand, die gottgeweihte,
Zerreisst die Priesterkleider
Zu grausem Abendmahle,
Beim Blendeglanz des Goldes.

Mit segnender Geberde
Zeigt er den bangen Seelen
Die triefend rote Hostie:
Sein Herz ─ in blutgen Fingern ─
Zu grausem Abendmahle!

***

LES CROIX

Les beaux vers sont de larges croix
Où saignent les rouges poètes,
Aveuglés par les gypaètes
Qui volent comme des effrois.

Aux glaives les cadavres froids
Ont offert d'écarlates fêtes:
Les beaux vers de larges croix
Où saignent les rouges poètes.

Ils ont trépassé, cheveux droits,
Loin de la foule aux clameurs bêtes,
Les soleils couchants sur leurs têtes
Comme des couronnes de rois!
Les beaux vers sont de larges croix!

Die Kreuze

Heilge Kreuze sind die Verse,
Dran die Dichter stumm verbluten,
Blindgeschlagen von der Geier
Flatterndem Gespensterschwarme!

In den Leibern schwelgten Schwerter,
Prunkend in des Blutes Scharlach!
Heilge Kreuze sind die Verse,
Dran die Dichter stumm verbluten.

Tot das Haupt ─ erstarrt die Locken ─
Fern, verweht der Lärm des Pöbels.
Langsam sinkt die Sonne nieder,
Eine rote Königskrone. ─
Heilge Kreuze sind die Verse!

***

Heimfahrt

Der Mondstrahl ist das Ruder,
Seerose dient als Boot:
Drauf fährt Pierrot gen Süden
Mit gutem Reisewind.

Der Strom summt tiefe Skalen
Und wiegt den leichten Kahn.
Der Mondstrahl ist das Ruder,
Seerose dient als Boot.

Nach Bergamo, zur Heimat,
Kehrt nun Pierrot zurück;
Schwach dämmert schon im Osten
Der grüne Horizont.
─ Der Mondstrahl ist das Ruder.

*****

Portrait de la Lune

Links: 1. Portrait de la Lune. Pierrot ─ Pour Peindre tes charmes blatards / J'ai pris mes pinceaux et mes fards / O ma charmante? / Mais, quitte cet air de tourment / Si tu veux plaire à ton amant / Bien chère amante! Phototypie A. Bergeret et Cie - Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
Rechts: 2. Portrait de la Lune. La Lune (ironique) ─ Pourquoi, le carton sous le bras / Fuyez-vous, sur le pavè gras, / L'âme si triste? / Pourtant je vous souris d'en haut / Mon bon ami, mon cher Pierrot / Monsieur l'artiste! ... Phototypie A. Bergeret et Cie - Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.

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Souper

In einer müden Gondel
Auf dunkelblauer Flut
Sitzt traut mit Colombine
Pierrot beim roten Wein.

Johanniswürmchen leuchten
Als ihres Haars Demanten ─
In einer müden Gondel
Auf dunkelblauer Flut.

Der Mond in seiner Güte
Giesst all sein Gold hernieder!
Und ihr zu Füssen duften
Die Veilchen ─ welk, verstreut
In einer müden Gondel.

***

Die Estrade

Auf den Marmorstufen der Estrade,
Flüchtig raschelnd, wie mit seidnem Kleide,
Tanzt der Staub in bläulich weissem Schimmer,
Wirbelnd in den Kanten jeder Stiege

Denn die Mondesgöttin wandelt leise,
Leichten Schrittes die gewohnten Wege ─
Auf den Marmorstufen der Estrade,
Flüchtig raschelnd, wie mit seidnem Kleide.

In den Staub vor seine bleiche Fürstin
Wirft Pierrot sich ─ im Gebet ersterbend.
Und da liegt der grosse, weisse Körper,
Aufgerankt und in die Höh gebreitet ─
Auf den Marmorstufen der Estrade.

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Signiert D. Mastroianni. Adressseite: No 20. Pierrot galant. Der galante Hanswurst. Sculptochromie A N Paris [A. Noyer, Paris] Copyright by A. Noyer 1914. Gelaufen. Poststempel unleserlich.

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Pierrot Avocat

1. Bild von oben: Pierrot Avocat. 1. - Pauvre Colombine! L'occasion, l'attrait, et je ne sais quel démon / la tentant ... vous lui pardonnerez, elle est si gentile. Edition Phototypie à Bergeret et Cie, Nancy. Beschrieben, handschriftlich 1902.
2. Bild von oben: Pierrot Avocat. 2. - Ma cliente a tué son père et sa mére ... mais songez qu'elle est orpheline. Edition Phototypie à Bergeret et Cie, Nancy. Gelaufen. Poststempel 1902. Adressseite ungeteilt.
3. Bild von oben: Pierrot Avocat. 3. - Est-ce une insulte d'appeler une grosse dame: Ballon dirigeable! Mais c'est une marque d'estime, demandez plutôt à Santos-Dumont. Edition Phototypie à Bergeret et Cie, Nancy. Gelaufen. Poststempel 1902. Adressseite ungeteilt.
4. Bild von oben: Pierrot Avocat. 4. - Cette chauffeuse a écrasé un agent ... C'était son droit! Elle est présidente de la ligue contre l'abus du passage à tabac! Edition Phototypie à Bergeret et Cie, Nancy. Nicht gelaufen. Handschriftlich datiert 1902. Adressseite ungeteilt.
5. Bild von oben: Pierrot Avocat. 5. - Cet homme a assommé un Anglais. Simple manifestation de sympathie pour les Boers ... Est-ce que Messieurs les Anglais viendront se plaindre ici d'être battus tous les jours au Transvaal? Edition Phototypie à Bergeret et Cie, Nancy. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
6. Bild von oben: Pierrot Avocat. 6. - Une pièce à conviction de Monsieur Bérenger! Ma cliente n'avait que ça au bal des 4 Z'arts? ... Allez donc demander aux statues de nos promenades si parfois elles en ont autant. Edition Phototypie à Bergeret et Cie, Nancy. Gelaufen. Poststempel 1902. Adressseite ungeteilt.
7. Bild von oben: Pierrot Avocat. 8. Une malheureuse qui a volé un billet de mille francs ... mais elle en avait besoin! Acquittez! Acquittez! c'est la jurisprudence du président Magnaud. Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Gelaufen. Poststempel 1902. Adressseite ungeteilt.
8. Bild von oben: Pierrot Avocat. 9. Regardez ce visage calme et souriant respirant la douceur. Est-ce la figure d'un criminel? Edition Phototypie A. Bergeret et Cie, Nancy. Nicht gelaufen. Poststempel 1902. Adressseite ungeteilt.

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3. Otto Erich Hartleben
Pierrot marié

1. Die Würfel

Jahr für Jahr, am Aschermittwoch,
Wenn der Karneval durchtobt ist,
Quält Pierrot sich mit Gedanken,
Die nach Tod und Heirat schielen.

Aus der braunen Stummelpfeife
Steigen graue Nachtgebilde –
Jahr für Jahr, am Aschermittwoch,
Wenn der Karneval durchtobt ist.

– Mit dem bläulich blassen Finger
Winkt Pierrot dem Oberkellner,
Dass er ihm die Würfel bringe ...
Und die Würfel – künden – Heirat
Jahr für Jahr, am Aschermittwoch.

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Links: Mr Franck et Villy. "La Leçon d'Amour". 2 - Un Peu ... Nicht gelaufen.
Rechts: Jane Breuil et Rex. M.j.S. Nicht gelaufen.

*****

2. Die Werbung

In der nagelneuen Hose
Mit der senkrecht steifen Falte,
Würdevoll und dennoch schüchtern
Naht Pierrot der Schwiegermutter.

Stolz hebt er die schönen Augen
Auf, doch zittern ihm die Beine
In der nagelneuen Hose
Mit der senkrecht steifen Falte.

– Nörgelnd klagt die Graubehaarte:
Kolombinchen sei zu jung noch,
Und ihr Sinn noch gar zu kindlich ...
Wüthend ballt Pierrot die Fäuste
In der nagelneuen Hose.

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Adressseite: A. Bellet, List Kolumbiny. Salon J.P.P 2176. J. Pichta, Praha. 1 - 321.
Beschrieben, aber nicht gelaufen.

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3. Die Düte

Seine hohe, spitze Kappe,
Das Symbol erhabner Narrheit,
Hat Pierrot im Hochzeitsrausche,
In des Festes Lärm verloren!

Jammernd suchen alle Gäste
Unter Tischen, Schränken, Stühlen
Seine hohe, spitze Kappe,
Das Symbol erhabner Narrheit.

– Nur Pierrot, in sich versunken,
Sitzt am Tisch und dreht sich langsam,
Ernsthaft eine große Düte
Aus dem schönen neuen Trauschein ...
Seht: die hohe, spitze Kappe!

4. Die Hörner

Wenn die Hörner abgelaufen
Und der Jugend Lust gebüßt ist,
Wird Pierrot, der lastermüde,
Kriechen in den heiligen Ehstand ...

Kolombine, jung und lustig,
Wollt ihn anfangs nicht mehr haben,
Wenn die Hörner abgelaufen
Und der Jugend Lust gebüßt ist.

– Aber schließlich ward sie milde,
Reicht am Altar ihm das Händchen,
Und wie tröstend sprach sie leise:
Neue werden wieder wachsen,
Wenn die Hörner abgelaufen.

*****

Signiert D. Mastroianni. Roma. Adressseite: Amore di Pierot.
Sculture D. Mastroianni ediz. prop. Roma N. 27.
Richter & C. - Napoli. Nicht gelaufen.

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5. Hochzeitsreise

Auf den treulos rollenden Rädern,
Nach des Südens sonniger Heimat
Fährt Pierrot mit pochendem Herzen –
Ihm zur Seite Kolombinchen.

Bange Sorge preßt das Herz ihm:
Ob sein Glück ihm nun auch folge
Auf den treulos rollenden Rädern,
Nach des Südens sonniger Heimat.

– Fühlt er einmal ihren Arm nicht,
Und entgleitet ihre Hand ihm,
Gleich sucht er sie zagend, tastend:
Um die Liebe festzuhalten
Auf den treulos rollenden Rädern.

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Ausgewählte Werke. Bd. 1. Gedichte. Berlin: S. Fischer Verlag 1909, S. 180-184. Es handelt sich nicht um eine Übersetzung, sondern um ein Werk Hartlebens in der Art des Zyklus "Pierrot lunaire".

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Oben links: Heisa! lustig! liebe Kleine / Spiele mir ein Schelmenstück, / Lass geniessen uns alleine / Maskenfreiheit ─ Liebesglück. Adressseite: Signet: C.E.TH (?). T. T. L. Serie 922. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
Oben rechts: Und Dolores lacht verstohlen. / Alter Narr, denkt sie im Still'n ─ / Werd Dich ordentlich verkohl'n / Sollst's noch vierzehn Tage fühl'n! Adressseite, Signet: C.E.TH (?). T. T. L. Serie 922. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
Unten: Und sie eilet von der Schwelle ─ / Während ihm [sic!]─ o Schreck ─ bei Ohr / Hat die andre Mademoiselle ─ / Alter Narr ─ nun sieh Dich vor! Adressseite, Signet: C.E.TH (?). T. T. L. Serie 922. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt. Handschriftlich: Pierrot trägt Watteau-Kostüm.

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4. Notizen zu Albert Giraud

Émile Albert Kayenbergh, genannt Albert Giraud, ein belgischer symbolistischer Dichter französischer Sprache, wurde am 23. Juni 1860 in Louvain geboren und starb am 26. Dezember 1929 in Schaerbeek. Er studierte zunächst Rechtswissenschaft, wechselte jedoch zum Journalismus und zur Dichtung. Giraud gehörte der Dichtergruppe der Parnassiens an und verteidigte im künstlerischen Richtungsstreit das Prinzip "l'art pour l'art" gegen "l'art social". Die Vertreter der beiden Richtungen lieferten sich ein Duell. 1920 wurde Giraud eines der ersten Mitglieder der "Académie royale de langue et de littérature françaises de Belgique".

Literaturhinweis:
* Eintrag in der französischsprachigen Wikipedia
https://fr.wikipedia.org/wiki/Albert_Giraud

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Croissants de Lune. Ma Colombinette / J'adore tes yeux, / Tes longs cils soyette / Et ta gorgerette. D.P.
Beschrieben, handschriftlich: 1908. - Die französische Post schrieb vor, die Briefmarke auf die Bildseite zu kleben.

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5. Notizen zu Otto Erich Hartleben

Otto Erich Hartleben, geb. 3. Juni 1864 in Clausthal und gest. 11. Februar 1905 in Salò am Gardasee, wurde früh Waise und lebte mit seinen Geschwistern zunächst bei seinem Großvater, Senator Eduard Angerstein in Hannover, wurde sodann zur Erziehung zum Gymnasialdirektor Ernst Ramdohr nach Jever geschickt. 1885 bestand Hartleben in Celle das Abitur und studierte ab 1886 Rechtswissenschaften in den Universitäten Leipzig und Berlin. Er wurde Gerichtsreferendar in Stolberg (Harz) und Magdeburg, gab seine Juristenlaufbahn aber bald auf: „Dann kam ich nach Magdeburg an die Strafkammer und da gings nicht mehr. Da hatt ich den Jammer, dass ich mit den Leuten auf der Anklagebank fast täglich lieber zu Abend gegessen hätte als mit meinen Collegen – auf die Dauer hätten das die einen den anderen übelgenommen“ (Autobiografie).

Ab 1890 lebte Hartleben als freier Schriftsteller in Berlin. Ein durchschlagender Erfolg wurde 1900 seine Offizierstragödie "Rosenmontag", die das Scheitern einer Liebe zwischen einem einfachen Mädchen und einem Leutnant aus alter Offiziersfamilie zum Thema hat. Von den Einnahmen kaufte er sich die Villa Halkyone in Salò am Gardasee. Dort stiftete er 1903 die „Halkyonische Akademie für unangewandte Wissenschaften“, deren Satzung in zwei Paragraphen festgelegt war: „§ 1. Die Zugehörigkeit zur Halkyonischen Akademie bringt weder Pflichten noch Rechte mit sich. § 2. Alles Übrige regelt sich im Geiste halkyonischer Gemeinschaft.

Das Erste sei, daß man der Welt sich freue,/ sich vor den Andern froh empfinden lerne ─/ in stiller Nähe wie in bunter Ferne/ das Alte frisch genieße wie das Neue.// Doch schaff dir auch ein Herz voll stolzer Treue,/ eins in sich selbst und seinem tiefsten Kerne!/ Der Freie traut durch Wolken seinem Sterne ─/ das Brandmal aller Sklaven ist die Reue." (Parr, S. 191)

Im literarischen Leben um die Jahrhundertwende hat sich Hartleben vor allem als Gründer und Mitglied zahlreicher Künstler-Stammtische und literarischer Vereine einen legendären Ruf erworben. Hartleben hatte Sinn für Groteskes und Skurriles im Leben wie in der Literatur. Während er als Dramatiker populär war, wurde seine Übersetzung des Zyklus "Pierrot lunaire" nur von wenigen Schriftstellern wie Paul Scherbart oder Franz Blei hoch geschätzt. "Mit dem Pierrot Lunaire schuf Hartleben sein bleibendes Werk; denn ihm gehört es nicht minder als dem belgischen Dichter, da ihm das theoretisch Unmögliche gelang: aus einem Buche französischer Gedichte ein Buch mit deutschen Gedichten zu machen, ohne kleinste Fälschung des Tones, ohne Verlust der Sphäre, ohne Opfer." (Franz Blei, in: Giraud / Hartleben, Pierrot lunaire.)


Noch die letzte Verfügung und deren Umsetzung ist von Hartlebens Hang zum Grotesken und Skurrilen geprägt. Denn er "hatte letztwillig angeordnet, daß sein Kopf vom Körper abzutrennen und [von der Villa Halkyone in Salò am Gardasee] nach Deutschland zu bringen sei. Meinem braven Dr. Lehmann [berichtet Max Halbe] war die finstere Aufgabe zugefallen, die Operation zu vollziehen. Wohl oder übel hatte er sie vorgenommen und war mit dem Kopf des Dichters" ─ eingeschlagen in Zeitungspapier ─ "durch die Straßen von Salò nach Hause gewandert". Unterwegs ─ so berichtet Halbe weiter ─ habe er Durst bekommen, sei in eine Osteria eingekehrt und habe dem Rotwein zugesprochen. Im Kneipengedränge soll dann Hartlebens Kopf von der Theke gefallen sein und "die fröhliche Zecherrunde mit einem letzten verständnisvoll-satirischen Lächeln" angeschaut haben." (Parr, S.192, Zitate nach Halbe: Jahrhundertwende)

Quellen:
* Eintrag in Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Erich_Hartleben
* Albert Giraud, Otto Erich Hartleben: Pierrot Lunaire hrsg. und mit e. Nachwort versehen von Eckard Fürlus (Aisthesis Archiv; 6) Bielefeld: Aisthesis Verlag 2005, ohne Seitenzählung. ISBN 3-89528-432-7
* Rolf Parr: Halkyonische Akademie für unangewandte Wissenschaften zu Salò. In: Handbuch literarisch-kultureller Vereine, Gruppen und Bünde 1825-1933. Hrsg. von Wulf Wülfing, Karin Bruns und Rolf Parr (Repertorien zur Deutschen Literaturgeschichte; 18) Stuttgart: Metzler 1998, S. 191-197 (ISBN 3-476-01336-7). Kopf auf S. 195.
* Das Bildnis ist der Werkausgabe entnommen: Otto Erich Hartleben, Ausgewählte Werke. Bd. 1. Berlin: S. Fischer 1909.

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Vieilles Chansons. 8. Au Clair de la Lune. Gelaufen. Poststempel 1902. Adressseite ungeteilt. Text auf Bildseite:

Au clair de la lune.
Mon ami Pierrot,
Prête moi ta plume
Pour écrire un mot.
Ma chandelle est morte,
Je n'ai plus de feu.
Ouvre moi ta porte,
Pour l'amour de Dieu.

Zum französischen Volkslied siehe den Eintrag in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Au_clair_de_la_lune
Hier auch der Text in deutscher Übersetzung.

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