goethe


Danica Krunic und Robert Mattheis:
Zur Entwicklung des Goethezeitportals

 

Sehr verehrter Besucher des Goethezeitportals,

 
die Entwicklung eines Internetportals bedarf wohl keiner näheren Begründung.
 
Aber warum Goethe? Schon Gottfried Benn hat festgestellt: „Von Homer bis Goethe ist eine Stunde, von Goethe bis heute 24 Stunden“ – und seitdem ist auch fast wieder eine Woche vergangen. Warum also, nachdem doch spätestens mit Freud, wenn nicht schon mit Nietzsche, eine neue Zeitrechnung des Menschenbilds angefangen hat, noch einmal Goethe?

Will man sich in der Germanistik auf den einen denkbaren Schutzpatron verständigen, so werden wohl auch die Thomas-Mann-Liebhaber und die Jean-Paul-Fans im Ernst nicht widersprechen können, dass der Hauptkandidat für ein solches Amt Johann Wolfgang Goethe ist. Zu exemplarisch steht sein Werk da, zu statuarisch sein Leben.

Das Goetheportal hat es sich zum Ziel gesetzt, das gesamte Wissen über Goethe und seine Zeit, seine Wegbereiter, Wegbegleiter und Widerstreiter an einem zentral zugänglichen Ort zu sammeln. Dafür kommt nur das Internet in Frage. Es ist für jeden zu jeder Zeit zu erreichen, es kennt keine Öffnungszeiten. Zudem bietet es durch seine technische Natur ungeahnte Möglichkeiten der Wissensvermittlung. Um auch dem Bewohner des 21. Jahrhunderts jene ferne goethische Epoche anschaulich werden zu lassen, bedienen sich die Initiatoren des Portals der modernsten technischen Mittel, der innovativsten Praktiken der Präsentation. Unüberschaubar die Literatur zu dem Weimarer Dichterfürsten, unüberschaubar selbst das, was er selbst produzierte, von der Tuschzeichnung bis zum Distichon. Alles das soll hier, im Goethezeitportal, versammelt werden im Laufe der nächsten Jahre. Mit dem Portal soll eine Plattform geschaffen werden für den interdisziplinären, interkulturellen Austausch.

Das Goetheportal ist in zwei Teile gegliedert. Dient das Fachportal der Verständigung und dem Wissensgewinn, so bietet das Kulturportal jedermann einen Eintritt in die Vergangenheit. Zugleich stellt das Kulturportal auch eine Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart dar, an der das Heute auf seine historischen Bedingungen befragt werden soll. Denn nichts ist bekanntlich selbstverständlich. So will das Goetheportal der Forderung seines Namenspatrons entsprechen:

Was du ererbt von deinen Vätern,
Erwirb es, um es zu besitzen!

 

Das Goethezeitportal versteht sich als Avantgarde beim Aufbruch in eine neue Ära der Geisteswissenschaft – der digitalen. Einheit ist immer nur eine Illusion, die auf Begrenzung beruht. Und doch ist es dem Menschen überlebenswichtig, eine solche, ihm notwendig fremde Einheit zu suchen.

Mit dem Kulturportal wird der Anfang gemacht. Hier wird die Zeitgeschichte auf ihre Wurzeln befragt, ganz in jenem von Benn beschriebenen Sinne – drehen wir die innere Uhr zurück, um zu sehen, was die Stunde geschlagen hat.
 
München, den 01. Februar 2003

Das Fach- und Kulturportal der Goethezeit