goethe


Friedrich Bodenstedt:
Album deutscher Kunst und Dichtung.
Auswahl aus einem Prachtwerk der Gründerzeit

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Uhland: Des Goldschmieds Töchterlein

Ein Goldschmied in der Bude stand
Bei Perl' und Edelstein:
"Das beste Kleinod, das ich fand,
Das bist doch du, Helene,
Mein theures Töchterlein!"
  

  Nicht lang, der Ritter trat herein,
  Das Ringlein wohl beschaut':
  "Du hast, o lieber Goldschmied mein,
  Gar fein gemacht die Gaben
  Für meine süße Braut.
  

Ein schmucker Ritter trat herein:
"Willkommen, Mägdlein traut!
Willkommen, lieber Goldschmied mein!
Mach' mir ein köstlich Kränzchen
Für meine süße Braut!"
  

  Doch daß ich wisse, wie ihr's steh',
  Tritt, schöne Maid, herzu,
  Daß ich an dir zur Probe seh'
  Den Brautschmuck meiner Liebsten!
  Sie ist so schön wie du."
  

Und als das Kränzlein war bereit
Und spielt' in reichem Glanz,
Da hängt' Helen' in Traurigkeit,
Wohl als sie war alleine,
An ihren Arm den Kranz:
  

  Es war an einem Sonntag früh,
  Drum hatt' die feine Maid
  Heut angethan mit sondrer Müh',
  Zur Kirche hinzugehen,
  Ihr allerbestes Kleid.
  

"Ach, wunderselig ist die Braut,
Die's Krönlein tragen soll.
Ach, schenkte mir der Ritter traut
Ein Kränzlein nur von Rosen,
Wie wär' ich freudenvoll!"   

  Von holder Scham erglühend ganz,
  Sie vor dem Ritter stand;
  Er setzt' ihr auf den goldnen Kranz,
  Er steckt' ihr an das Ringlein,
  Dann faßt' er ihre Hand:
  

Nicht lang, der Ritter trat herein,
Das Kränzlein wohl beschaut':
"O fasse, lieber Goldschmied mein,
Ein Ringlein mit Demanten
Für meine süße Braut!"
  

  "Helene süß, Helene traut,
  Der Scherz ein Ende nimmt.
  Du bist die allerschönste Braut,
  Für die ich's goldne Kränzlein,
  Für die den Ring bestimmt.
  

Und als das Ringlein war bereit
Mit theurem Demantstein,
Da steckt' Helen' in Traurigkeit,
Wohl als sie war alleine,
Es halb ans Fingerlein:
  

  Bei Gold und Perl' und Edelstein
  Bist du erwachsen hier,
  Das sollte dir ein Zeichen sein,
  Daß du zu hohen Ehren,
  Eingehen wirst mit mir."
  

"Ach, wunderselig ist die Braut,
Die's Ringlein tragen soll.
Ach, schenkte mir der Ritter traut
Nur seines Haar's ein Löcklein,
Wie wär' ich freudenvoll!"

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