goethe


Jutta Assel | Georg Jäger

Lieder und Bilder
in Zeichnungen von Bertha Bagge

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Ausschnitt aus der Illustration zu Friedrich Rückert: Abendlied

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Gliederung

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1. Gedichte mit Illustrationen

Titelillustration
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Vorlage: Lieder und Bilder in Zeichnungen von Bertha Bagge. Leipzig: Amelang [1892]. 12 Heliogravüren. Lose in Mappe mit Prachtumschlag. Höhe 45,6 ; Breite 33,5 cm (Einband).

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Joseph von Eichendorff
Das Ständchen

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Auf die Dächer zwischen blassen
Wolken scheint der Mond herfür,
Ein Student dort auf der Gassen
Singt vor seiner Liebsten Tür.

Und die Brunnen rauschen wieder
Durch die stille Einsamkeit,
Und der Wald vom Berge nieder,
Wie in alter, schöner Zeit.

So in meinen jungen Tagen
Hab ich manche Sommernacht
Auch die Laute hier geschlagen
Und manch lustges Lied erdacht.

Aber von der stillen Schwelle
Trugen sie mein Lieb zur Ruh –
Und du, fröhlicher Geselle,
Singe, sing nur immer zu!



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Joseph von Eichendorff
Der junge Ehemann

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Hier unter dieser Linde
Saß ich viel tausendmal
Und schaut nach meinem Kinde
Hinunter in das Tal,
Bis dass die Sterne standen
Hell über ihrem Haus,
Und weit in den stillen Landen
Alle Lichter löschten aus.

Jetzt neben meinem Liebchen
Sitz ich im Schatten kühl,
Sie wiegt ein muntres Bübchen,
Die Täler schimmern schwül,
Und unten im leisen Winde
Regt sich das Kornfeld kaum,
Und über uns säuselt die Linde -
Es ist mir noch wie ein Traum.

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Joseph von Eichendorff
Im Walde

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Es zog eine Hochzeit den Berg entlang,
Ich hörte die Vögel schlagen,
Da blitzten viel Reiter, das Waldhorn klang,
Das war ein lustiges Jagen!

Und eh ichs gedacht, war alles verhallt,
Die Nacht bedecket die Runde,
Nur von den Bergen noch rauschet der Wald
Und mich schauert im Herzensgrunde.




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Eduard Mörike
Jung Volker
Gesang der Räuber

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Jung Volker, das ist unser Räuberhauptmann,
Mit Fiedel und mit Flinte,
Damit er geigen und schießen kann,
Nach dem just Wetter und Winde.
          Fiedel und die Flint,
          Fiedel und die Flint!
      Volker spielt auf.

Ich sah ihn hoch im Sonnenschein
Auf einem Hügel sitzen:
Da spielt er die Geig und schluckt roten Wein,
Seine blauen Augen ihm blitzen.
          Fiedel und die Flint,
          Fiedel und die Flint!
      Volker spielt auf.

Auf einmal, er schleudert die Geig in die Luft,
Auf einmal, er wirft sich zu Pferde:
Der Feind kommt! Da stößt er ins Pfeifchen und ruft:
»Brecht ein, wie der Wolf in die Herde!«
          Fiedel und die Flint,
          Fiedel und die Flint!
      Volker spielt auf.



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Wilhelm Müller
Eifersucht und Stolz

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Wohin so schnell, so kraus, so wild, mein lieber Bach?
Eilst du voll Zorn dem frechen Bruder Jäger nach?
Kehr um, kehr um, und schilt erst deine Müllerin
Für ihren leichten, losen, kleinen Flattersinn.
Sahst du sie gestern abend nicht am Tore stehn,
Mit langem Halse nach der großen Straße sehn?
Wenn von dem Fang der Jäger lustig zieht nach Haus,
Da steckt kein sittsam Kind den Kopf zum Fenster naus.
Geh, Bächlein, hin und sag ihr das, doch sag ihr nicht,
Hörst du, kein Wort, von meinem traurigen Gesicht;
Sag ihr: Er schnitzt bei mir sich eine Pfeif aus Rohr,
Und bläst den Kindern schöne Tänz und Lieder vor.

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Robert Reinick
Sonntags am Rhein

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Des Sonntags in der Morgenstund'
Wie wandert's sich so schön
Am Rhein, wenn rings in weiter Rund'
Die Morgenglocken gehn.

Ein Schifflein zieht auf blauer Fluth,
Da singt's und jubelt's drein;
Du Schifflein, gelt, das fährt sich gut
In all die Lust hinein?

Vom Dorfe hallet Orgelton,
Es tönt ein frommes Lied,
Andächtig dort die Procession
Aus der Kapelle zieht.

Und ernst in all die Herrlichkeit
Die Burg herniederschaut
Und spricht von alter, starker Zeit,
Die auf den Fels gebaut.

Das Alles beut der prächt'ge Rhein
An seinem Rebenstrand,
Und spiegelt recht in hellsten Schein
Das ganze Vaterland,

Das fromme, treue Vaterland
In seiner vollen Pracht,
Mit Lust und Liedern allerhand
Vom lieben Gott bedacht.

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Friedrich Rückert
Abendlied

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Ich stand auf Berges Halde,
Als heim die Sonne ging,
Und sah, wie überm Walde
Des Abends Goldnetz hing.

Des Himmels Wolken tauten
Der Erde Frieden zu,
Bei Abendglockenlauten
Ging die Natur zur Ruh'.

Ich sprach: »O Herz, empfinde
Der Schöpfung Stille nun
Und schick' mit jedem Kinde
Der Flur dich auch, zu ruhn.«

Die Blumen alle schließen
Die Augen allgemach,
Und alle Wellen fließen
Besänftiget im Bach.
Nun hat der müde Silfe
Sich unters Blatt gesetzt,
Und die Libell' am Schilfe
Entschlummert taubenetzt.

Es ward dem goldnen Käfer
Zur Wieg' ein Rosenblatt;
Die Herde mit dem Schäfer
Sucht ihre Lagerstatt.

Die Lerche sucht aus Lüften
Ihr feuchtes Nest im Klee,
Und in des Waldes Schlüften
Ihr Lager Hirsch und Reh.

Wer sein ein Hüttchen nennet,
Ruht nun darin sich aus;
Und wen die Fremde trennet,
Den trägt ein Traum nach Haus.
Mich fasset ein Verlangen,
Dass ich zu dieser Frist
Hinauf nicht kann gelangen,
Wo meine Heimat ist.

Erläuterung: Silfe = Motte

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Friedrich Rückert
Unter ein Landschaftsbild, ins Stammbuch

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Solch ein Hüttchen und ein Gärtchen,
Und aus halbgeschlossnem Pförtchen
Winkte mir ein froh Gesicht!
Wenn ich solch ein Hüttchen hätte,
Gieng' ich nun durch fremde Städte
Fremdes Glück zu suchen nicht.

Friedrich Rückert: Gesammelte Gedichte. Bd. 3. 2. Aufl. Erlangen: Carl Heyder 1839 (Digitalisierung durch Google), S. 51. - Auf der Illustration wird das Gedicht fälschlich Uhland zugeschrieben.

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Ludwig Uhland
Das Reh

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Es jagt' ein Jäger früh am Tag
Ein Reh durch Wälder und Auen,
Da sah er aus dem Gartenhag
Ein rosig Mägdlein schauen.

Was ist geschehn dem guten Pferd?
Hat es den Fuß verletzet?
Was ist geschehn dem Jäger wert,
Daß er nicht mehr ruft und hetzet?

Das Rehlein rennet immer noch
Über Berg und Tal so bange.
Halt an, du seltsam Tierlein, doch!
Der Jäger vergaß dich lange.

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Ludwig Uhland
Der Räuber

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Einst am schönen Frühlingstage
   Tritt der Räuber vor den Wald.
   Sieh! den hohlen Pfad hernieder
   Kommt ein schlankes Mädchen bald.
»Trügst du statt der Maienglocken«,
   Spricht des Waldes kühner Sohn,
   »In dem Korb den Schmuck des Königs,
   Frei doch zögest du davon.«
Lange folgen seine Blicke
   Der geliebten Wallerin;
   Durch die Wiesengründe wandelt
   Sie zu stillen Dörfern hin,
Bis der Gärten reiche Blüte
   Hüllt die liebliche Gestalt.
   Doch der Räuber kehret wieder
   In den finstern Tannenwald.



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Ludwig Uhland
Schlimme Nachbarschaft

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Nur selten komm ich aus dem Zimmer,
Doch will die Arbeit nicht vom Ort;
Geöffnet sind die Bücher immer,
Doch keine Seite rück ich fort.

Des Nachbars lieblich Flötenspielen
Nimmt jetzt mir die Gedanken hin,
Und jetzt muss ich hinüberschielen
Nach meiner hübschen Nachbarin.

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2. Notizen zu Bertha Bagge

Bertha Bagge (* 5.3.1859 Frankfurt am Main, † 11.7.1939 Frankfurt am Main) war eine Frankfurter Malerin und Radiererin mit engen Verbindungen zur Kronberger Malerkolonie.

"Von 1884 bis 1886 studierte sie unter Heinrich Hasselhorst an der Städelschule, danach bis 1891 bei Anton Burger. Daran anschließende Studienreisen führten sie nach Italien, Frankreich und Süddeutschland. In München nahm Bagge Unterricht im Radieren bei Peter Halm. Nach den Wanderjahren blieb sie – bedingt durch die Prägung ihrer frühen Lehrmeister – in stetem Kontakt mit der Kronberger Malerkolonie. Ab 1897 war sie krankheitshalber nur noch eingeschränkt tätig." (Wikipedia)

Ihre künstlerische Tätigkeit erstreckte sich auf Ölbilder, Aquarelle, Pastelle und vor allem Radierungen. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Ansichten des "alten" Frankfurt am Main, darunter die alte Peterskirche mit ihrer Umgebung. Um 1890 hat Bagge sich als Illustratorin zu profilieren gesucht. Außer den "Liedern und Bildern in Zeichnungen" (1892) erschien: Müller's Lust und Leid. Gedichte von Wilhelm Müller. Illustriert von Bertha Bagge (um 1890, ohne Ort und Verlag).

Siehe den Artikel "Bertha Bagge" in Wikipedia, URL:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bertha_Bagge

Für die Frankfurter Ansichten vgl.
* Aus dem alten Frankfurt, Radierungen. URL:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Aus_dem_alten_Frankfurt._Radirungen_von_Bertha_Bagge.
* Weihnachtsmarkt auf dem Römerberg 1892. URL:
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Frankfurt_Am_Main-Bertha_Bagge-ADAFRVBB-Roemerberg-1892.jpg

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3. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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Kontaktanschrift:

Prof. Dr. Georg Jäger
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Deutsche Philologie
Schellingstr. 3
80799 München

E-Mail: georg.jaeger07@googlemail.com

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