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Jutta Assel | Georg Jäger

Abenteuer des berühmten Freiherrn von Münchhausen
in Illustrationen von Martin Disteli

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Fünfzehntes Kapitel.
Wie ein eingefrorenes Posthorn auftaut und zu großer Verwunderung der Gäste zu spielen anfängt.

 

In der Herberge angelangt, erholten wir uns wieder von unserm Abenteuer. Der Postillon hängte sein Horn an eine Stange über dem Ofen, und ich setzte mich ihm gegenüber.

Nun hört, ihr Herren, was geschah! Auf einmal gings: tereng! tereng! teng! teng! Wir machten große Augen und fanden nun auf einmal die Ursache aus, warum der Postillion sein Horn nicht hatte blasen können. Die Töne waren in dem Horne festgefroren und kamen nun, so wie sie nach und nach auftauten, hell und klar, zu nicht geringer Ehre des Fuhrmanns, heraus; denn die ehrliche Haut unterhielt uns nun eine ziemliche Zeitlang mit der herrlichsten Modulation, ohne den Mund an das Horn zu bringen. Da hörten wir den Preußischen Marsch, Guter Mond, Freut euch des Lebens! nebst noch vielen andern Stückchen, auch sogar das Abendlied: Nun ruhen alle Wälder. Mit diesem letzten endigte sich denn dieser Tauspaß sowie ich hiermit meine russische Geschichte.

Manche Reisende sind bisweilen imstande, mehr zu behaupten, als genau genommen wahr sein mag. Daher ist es denn kein Wunder. wenn Leser oder Zuhörer ein wenig zum Unglauben geneigt werden. Sollten indessen einige von der Gesellschaft an meiner Wahrhaftigkeit zweifeln, so muß ich sie wegen ihrer Ungläubigkeit herzlich bemitleiden und sie bitten, sich lieber zu entfernen, ehe ich meine Schiffsabenteuer beginne, die zwar fast noch wunderbarer, aber doch ebenso authentisch sind.

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