Johann Christian Ruhl
(1764-1842)
Kurzbiographie zu Johann Christian Ruhl
Ruhl, Johann Christian, Bildhauer, geb. 15.12.1764 Kassel, gest. 1842 Kassel. R. studierte Bildhauerei bei dem Hofbildhauer Johann August Nahl d.J. und schuf das Hessen-Denkmal vor dem Friedbergtor in Frankfurt/Main. Er wurde zum Hofbildhauer und Prof. an der Akademie der bildenden Künste in Kassel ernannt. R. illustrierte u.a. Gottfried August Bürgers Lenore. (Deutsche Biographische Enzyklopädie. CD-ROM-Edition). Weitere Illustration in Umrißmanier: Ossian's Gedichte im Umrisse; erfunden und radirt. 3 Hefte. St. Petersburg, Penig u. Leipzig 1805-1807.
"Das radirte Titelblatt (Nr. 1) enthält eine sinnreiche, sich auf die Ballade beziehende Allegorie. Unter jedem der 12 Blätter ist die dargestellte Szene mit den eigenen Worten des Dichters angegeben. Das 2. Blatt: >Lenore fuhr um's Morgenroth empor aus schweren Träumen< ist sehr gelungen, und stellt Lenoren im ersten Erwachen vor; im Hintergrunde findet man auf der einen Seite einige schauerliche Traumszenen und auf der andern den anbrechenden Tag angedeutet. Die Hauptfigur erinnert an schöne griechische Antiken. Das 3. Blatt: >Gottlob! rief Kind und Gattin laut u.s.w.< ist reich an Figuren, und gut gruppirt. Auf dem 4. Blatt: >Sie frug den Zug u.s.w.< macht Lenore die Hauptfigur im Vordergrunde, auf einer kleinen Anhöhe stehend, aus. Das 5. Blatt: >Lisch aus, mein Licht, auf ewig aus u.s.w.< stellt Lenoren, gehalten von ihrer trauernden und geängsteten Mutter, in ihrer Verzweiflung dar. Auf dem 6. Blatt: >Holla, holla, thu' auf mein Kind u.s.w.< erblickt man Lenoren auf ihrem Ruhelager, und Wilhelmen auf seinem Rosse an der Pforte. Das 7. Blatt stellt die in den Worten >Schön Liebchen schürzte, sprang und schwang sich auf das hohe Roß behende< geschilderte Szene dar. Das 8. Blatt: >Sieh da! sieh da! am Hochgericht tanzt um des Rades Spindel, halb sichtbarlich bei Mondenlicht, ein luftiges Gesindel<, stellt Wilhelmen und Lenoren, im sausenden Galopp auf dem schnaubenden Rosse, forteilend vor; um das Rad am Hochgericht herum schweben gräßliche Teufelslarven, Knochengerippe u.s.w., und im Thale erblickt man einen Leichenzug vorüberziehen. Das 9. Blatt: >Zur rechten und zur linken Hand, wie donnerten die Brücken<, ist mit Kraft und Geist – wie das vorige – ganz im Sinne der schauerlichen Ballade ausgeführt. Das 10. Blatt: >Rasch auf ein eisern Gitterthor, ging's mit verhängtem Zügel<, ist, was Hauptfiguren und Umgebungen betrifft, sehr beifallswerth. Das 11. Blatt: >Zum nackten Schädel wird sein Kopf, sein Körper zum Gerippe, mit Stundenglas und Hippe<, gewährt mit seinem Knochengerippe und den in der Luft schwebenden Todtenlarven einen schauerlichen Anblick. Das 12. und letzte Blatt: >Mit Gott im Himmel hadre nicht, des Leibes bist du ledig, Gott sey der Seele gnädig<, ist eben so sinnreich gedacht, als originell und kräftig ausgeführt. Lenore im Sterben, ein Todtengerippe, ihre Hand und ihr Gewand ergreifend, sucht sie in das Reich unseliger Schatten herabzuziehen; gräßliche Höllenlarven führen in der Tiefe einen Reigen auf, unter andern hebt sich der obere Theil einer Gestalt hervor, mit Flammen in den Händen, auf der andern Seite steht ein drohendes Todtengerippe, im Hintergrund erblickt man verwitterte Grabmäler, u.s.w. aber über Lenoren, in den Wolken, erscheinen zwei geflügelte, tröstende Genien, die entfesselte Seele empor tragend, und Lenore hebt scheidend den Blick zu ihnen empor. Hinter dem Gewölke zeigt sich der Mond. Das ganze Werk ist in seiner Anlage und Ausführung des Gegenstandes und des Künstlers vollkommen würdig, und verdient, von allen Kunstfreunden gekannt zu werden." (Friedrich Wilhelm Strieder: Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte. Bd. 19. 1831. Deutsches Biographisches Archiv, Fiche 1066.)