Eine andere lautet:
Quelle: ***** Brockenhaus mit frei stehendem Turm Obiges Bild: Brocken-Stammbuch mit Scherz und Ernst, Witz und Laune, Weisheit und Einfalt in Gedichten und Prosa vom Mai 1753 bis Mai 1850. Hrsg. von dem Brockenwirte C[arl] E[rnst] Nehse. Sondershausen, Druck und Verlag von Friedrich August Eupel 1850 (Digitalisierung durch Google). Bild auf Titelseite. - Vgl. Das Brockenhaus und der 1835 neu erbaute Turm. In: Dennert, Geschichte des Brockens, Abb. 13. Ursprünglich hatte das Brockenhaus in der Mitte eine runde Warte. Diese wurde bei eingetretener Baufälligkeit abgetragen und dafür 1835 ein gegen 50 Fuß hoher Luginsland, vierzig Fuß vor dem Gasthof, von starken, festzusammengefügten Balken aufgeführt und die Seiten mit dicken Bohlen bekleidet. Man gelangt zur Plattform auf 58 Stufen und ist oben durch eine Galerie gegen den Wind geschützt. Zur rechten Seite steht noch ein Nebengebäude mit Stallung und in einiger Entfernung auch noch das alte Wolkenhäuschen. Quelle: ***** Winteransicht der Brockengebäude Tourismus auf dem Brocken Oben: Brocken-Stammbuch mit Scherz und Ernst, Witz und Laune, Weisheit und Einfalt in Gedichten und Prosa vom Mai 1753 bis Mai 1850. Hrsg. von dem Brockenwirte C[arl] E[rnst] Nehse. Sondershausen, Druck und Verlag von Friedrich August Eupel 1850 (Digitalisierung durch Google). Titelillustration. Lüders, Hermann, Historien- u. Genremaler, Illustrator u. Schriftsteller, geb. 25. 11. 1836 in Osterwieck (Harz), gest. 17. 11. 1908 in Groß-Lichterfelde. 1862/65 als Illustrator in einem Pester Verlag tätig, dann in Berlin. Aktiver Teilnehmer an den Feldzügen 1866 und 1870/71. In der Folge als Zeichner für die „Illustrierte Zeitung“ und die „Gartenlaube“ Reisen (u. a. im Gefolge Kaiser Wilhelm I., des Kronprinzen Friedrich und Kaiser Wilhelm II.) nach Italien, Frankreich, Spanien, Russland. (Thieme-Becker) ***** Hans Christian Andersen
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Wir sind froh und ihr seid froh, Wir blasen, ihr müsst brummen, Da gibt's was aus Fra Diavolo, Aus Zampa und der Stummen. |
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Chor
Dolorem furca pellas ex, So sing' ich bei dem Balle: Ich bin 'ne Hex, du bist 'ne Hex, und Hexen sind wir alle! |
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Felsblock
Tanzt nur! ich kann, als stummer Stein, Die Lust nicht von mir geben, Doch werdet ihr längst alle sein, Wenn ich noch stets am Leben. |
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Elfen
Wir tun hier in der Blumen Schoß uns köstlich amüsieren! O Gott, wie sind die Leute groß, Wie plump sie sich gerieren! |
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Verliebter
Hier steh' ich über'm Wolkenthron, Bekenn' jedoch von Herzen: Dem Himmel stand ich näher schon, Wenn ich mit ihr konnt' scherzen! |
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Chor
Dem Schicksal setz' ich U für X, Ich will es schon correxen; Ich bin 'ne Hex, du bist 'ne Hex, Und wir sind alle Hexen. |
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So lärmte man lustig fort; erst gegen Mitternacht ward es im Hause ruhig.
Der Mond fing an, durch den Nebel zu dringen, und warf seine Strahlen in die lange, schmale Kammer; ich konnte nicht schlafen und stieg deswegen den Turm hinauf, um die Aussicht zu genießen. Wer einmal im Traum über die Erde hin geflogen ist und Länder und Städte und Wälder tief unter sich gesehen hat, der kann sich eine entfernte Idee von dieser unbegreiflichen Herrlichkeit machen. Pechschwarz lagen die mit Fichten bewachsenen Berge unter mir, weiße Wolken, vom Mond beschienen, fuhren wie Geister an den Bergen vorüber! Da gab es keine Grenzen; das Auge verlor sich in einer Unendlichkeit; Städte mit ihren Türmen, Kohlenbrennerhütten mit ihren Rauchsäulen ragten aus dem durchsichtigen Nebelschleier hervor, den der Mond beleuchtete. Es war eine Traumwelt der Phantasie, die hier lebendig vor mir lag. Tief unten in den schwarzen Wäldern hatte zur Zeit des Faustrechts mancher Ritter mit seinen Leuten dem Kaufmann aufgelauert, der seine kostbaren Waren von Stadt zu Stadt brachte; da drüben, wo auf dem steilen Felsen jetzt keine Spur mehr davon zu sehen war, erhob sich eine Burg, hoch und stark, mit Mauern und Türmen, in er es in den langen Winterabenden von lustigen Gelagen widerhallte. Die Nebel stiegen höher und höher zwischen den schwarzen Bergen; die Wolken formten sich in wunderbare Gestalten. Dort, dachte ich, dort in diesem Umkreise wächst die Zauberblume, die "Glücksblume" der Harzbewohner, die manches kindliche Herz noch in frommer Einfalt sucht. Nur einer hat sie gefunden, aber er kannte sie nicht, bis er sie wieder verloren hatte; ich suchte sie nicht hier, ich wusste, dass sie in meinem Herzen wuchs, die Engel hatten das Samenkorn hineingelegt, als ich noch in der Wiege schlummerte; sie blühte empor, sie verbreitete ihren magischen Duft - die Phantasie, diese herrliche Blume des Lebens, entfaltete sich immer mehr in meinem Herzen, und ich hörte und sah eine größere Natur um mich her.
Quelle:
Hans Christian Andersen: Bilderbuch ohne Bilder. Reiseschatten von einem Ausfluge nach dem Harz, der Sächsischen Schweiz im Sommer 1831. Leipzig: Philipp Reclam jun. 1985. Hier S. 83-86.
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Der Wartturm und seine Zerstörung
[Das Brockenhaus] ist das höchst gelegene Haus im nördlichen Deutschland, 3510 Fuß über dem Meere schwebend. Weit schaut es in die Lande, auf Königreiche und Fürstentümer, auf fruchtbare Ebenen und gewerbereiche Städte. Im Jahre 1835 wurde ein freistehender Wartturm vor dasselbe gebaut, um die Fernsicht noch zu erweitern. Aus festen Balken und Bohlen gezimmert, erhob er sich gegen 50 Fuß hoch, aber ein gewaltiger Sturm riss ihn im Herbst 1853 um. Solche orkanartige Stürme sind nichts Seltenes auf dem Brocken, und grausig ist es dann im Brockenhause. Es schüttelt an allen Türen und rüttelt an allen Fenstern, heult in den Gängen und pfeift in den Gemächern; es fährt in den Schlot hinunter und saust zu den Treppen hinauf, es rasselt, kracht und klirrt wild durcheinander, und Niemand wagt sich hinaus. Ein solcher Sturm war's, der den hohen, festen Turm aus den Fugen hob. Krachend stürzte er zusammen. Die losgerissenen Bretter fuhren wirbelnd durch die Luft, zerschmetterten zum Teil an den Felsblöcken, und in den tollsten Sprüngen tanzten die Splitter mit dem groben Kies der Brockenkuppe, dem Hexensande, um die Wette. Das Brockenhaus aber blieb unverletzt. Mit seinen dicken Mauern hat es schon manchem Sturm getrotzt.
Quelle:
C[arl Heinrich Friedrich] Gude: Der Brocken und seine Wälder. Eine Schilderung des Lebens an und auf dem Brockengebirge. Magdeburg, Verlag von E. Fabricius 1855 (Digitalisierung durch Google), S. 27f.
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Schultze und Müller bei der Brockenbesteigung
Und wie sie sich denn mit wanderndem Stab, Auf der Mitte des Weges befinden: Da gießet unendlicher Regen herab - Und vergebens steigen sie aufwärts im Trab - Sie werden nass, zum Auswinden! Kein Faden am Leibe mehr trocken Erreichen sie schwimmend den Brocken! Und wie sie gewinnen das Brockenhaus - Da sinken ermattet sie nieder, Und strecken die nassen Glieder Am warmen Ofen behaglich aus, - Und erwarten freudig den Abendschmaus - Und erwärmen am Feuer die Röcke - Und sich selbst durch einige Gröcke! |
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Quelle:
Schultze und Müller im Harz. Humoristische Reisebilder. Mit 30 Illustrationen von W[ilhelm] Scholz. 5. Aufl. Berlin, A. Hofmann & Comp. 1866 (Digitalisierung durch Google), S. 95f. Bearbeitete Neuauflage von der Originalausgabe der fünften Auflage 1866 hrsg. von Bernd Sternal u. Ulrich Herrmann. Verlag by Sternal Media Gernrode 2010. ISBN 978-3-8391-4902-7. Hier S. 120f. - Wilhelm Scholz (1824-1893), Zeichner, Karikaturist und Humorist, Reiseschriftsteller. Ab 1848 Zeichner des "Kladderadatsch".
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Der Scherz ward still auf unsern Lippen, Und unser Lachen wurde stumm; Vergessen war der Berg, der Wald, die Klippen, Das ganze Land ringsum, Als mit den ersten ihrer Strahlen Aurora Aug und Herzen traf. O welcher Oeser oder Graf Kann dieses Antlitz malen? O welcher Ramler oder Kleist Hat Worte wohl für das, was wir empfanden. Die Wunderszenen schwanden, Doch nicht aus Herz und Geist. |
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Leopold Friedrich Günther von Göckingk.
Eintrag in das Brockenbuch am 11. Juli 1789.
Für Leopold Friedrich Günther von Goeckingk (1748-1828) siehe den Eintrag in Wikipedia.
Über die Maler Adam Friedrich von Oeser (1717-1799) und Anton Graf (1736-1813) wie über die Dichter Karl Wilhelm Ramler (1725-1798) und Ewald von Kleist (1715-1759) orientieren gleichfalls Artikel in Wikipedia.
Quelle:
Brocken-Stammbuch mit Scherz und Ernst, Witz und Laune, Weisheit und Einfalt in Gedichten und Prosa vom Mai 1753 bis Mai 1850. Hrsg. von dem Brockenwirte C[arl] E[rnst] Nehse. Sondershausen, Druck und Verlag von Friedrich August Eupel 1850 (Digitalisierung durch Google), S. 125. - Vgl. Friedrich Dennert: Deutsche Dichter auf dem Brocken. In: Goethe und der Brocken. Reprint der Ausgabe von 1928. Paderborn: Salzwasser Verlag o.J., S. 55-70. Hier S. 61f. ISBN 978-3-84600-535-4
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Gegen 3 Uhr waren wir aufgestanden, und nahmen Platz auf dem Turme des Hauses, um den gestirnten Himmel auf der Spitze des Brockens zu sehen, dieser gewährt dem Freunde des Schönen und Erhabenen ein großes und bewundernswürdiges Schauspiel. Man sieht die Sterne, die man sonst nur über sich erblickt, neben und unter sich. Die Erde scheint unter den Füßen zu verschwinden, und nur noch einen kleinen Schritt, glaubt man tun zu dürfen, um sich in höhere Sphären zu versetzen. Der Mond, der in das Firmament eingetreten war, hing vom Getäfel des Himmels herunter, wie ein unermesslich großer Leuchter von Crystall, und erhellte mit seinen Silberstrahlen den Mantel der Nacht. Welch rührender, erhabener Anblick! - so wie er vorrückte, mehrte sich sein Glanz. Schon deckte sein blasser zitternder Schein die Erde, und streuete wollustatmende Düfte auf die schlafende Welt ... Königin der Schatten, du bist die Zierde der Himmel, die Ehre der Gestirne ... Möchte meine Seele und meine Gedanken so rein sein, wie du!
Eine schwache Morgenröte kündigte sich, durch die purpurroten und azurfarbigen Schattierungen an. - Selten aber sind die Morgenaussichten vom Brocken so schön und klar, wie die des Nachmittags und Abends; aber neu und entzückt, sind die wogenden Seen von weißen Dünsten, die sich in die nahen und fernen Täler lagern, und die dem Beobachter der Witterung reichen Stoff zu Bemerkungen und Entdeckungen geben könnten. Jeden Augenblick verwandelt sich die Szene. In stetem Wechsel sieht man auf dem magischen Schauplatze Berge, Landschaften und Inseln entstehen und versinken. Die östlichen Ströme und Flüsse glänzen wie Silberfäden, in dem reichen Gewebe ferner Länder und Provinzen. Am Horizonte hob sich der Petersberg mit schwärzlichem Gipfel hervor, und wir erblickten weiter links die Türme von Magdeburg mit der versilberten Elbe verschwommen. In zarten silberfarbigen Dünsten hob sich unter uns das gräfliche Schloss von Wernigerode gleich einer Insel - ein bezaubernder Anblick! - Bald teilte die Sonne bei ihrem Höhersteigen Nebel und Dünste, und löste sie auf in einen hellen Lichtraum. Man fühlt was Tiedge sagt:
Wie ein Gefangner staunt, der aus der Gitterhöhle Hinüberfliegt zum freien Weltgenuss: So freudig aufgeschreckt, erhebt sich hier die Seele; Hier fühlt sie näher sich dem Welten-Genius. Hell aufgetan vor ihr, liegt da die ganze Fülle Der Wunderwelt, wie ein gelobtes Land; So hehr, so feierlich gestaltet, und so stille! Hier bauete die Kraft, was Lieblichkeit erfand. Hier tönt es nicht herauf, das wütende Getümmel; Mich tragen deine Flügel, heil'ge Ruh! O hier von Menschen fern, und nah dem Götterhimmel, Hüllt sich das finstre Bild des Erdentraumes zu. |
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Beim Umherwandeln auf dieser Höhe, zwischen den Altären, die du dir heilige Natur erbauet hast - sollst du längster Tag des Jahres einer meiner schönsten sein. Die Sonne beschien den Brocken, während der ganze Horizont mit einer Schwärze belegt war. Die Täler und Wälder, die vorher sichtbar waren, entzogen sich nach und nach dem Auge, und mir war, als wenn ich auf einem Felsen, mitten auf dem Ozeane, durch ein glückliches Ohngefähr gerettet wäre. Der Sturm heulte, der Donner rollte fürchterlich, der Blitzstrahl leuchtete um und neben mir schrecklich, und das schwarze Wolkengewühl, womit das nahe und entfernte Land belegt war, bildete überall grausende Szenen.
Bei solchen feierlichen Schauspielen ist der Charakter des Brockengebirges Erhabenheit und feierliche Majestät. Es fordert jedes Auge zur Aufmerksamkeit auf, rührt, erhebt und füllt die Seele des Anschauens; präget Ehrfurcht, Bewunderung und Erstaunen ein. - Diese erhabene[n] und mächtige[n] Bewegungen entspringen aus der Weite und Unermesslichkeit der Aussichten, und den Schauspielen des Sonnenlichtes und der Wolken zwischen den Tiefen und an den Spitzen, aus der unendlichen Mannigfaltigkeit und Mischung der Gegenstände, worin das Auge und die Einbildungskraft sich verlieren.
Der Anblick des Himmels, näher über dem Haupte der Wolken, und Blitze unter den Füßen, erzeugen Gefühle der Größe und Neuheit, verstärkt durch die Einsamkeit und Stille, womit man auf dieser Höhe umgeben ist. Die Freiheit und Leichtigkeit, womit die Seele in diesen Revieren wirkte, wo sie gleichsam die Reinigkeit des Äthers, worin sie versetzt ist, anzunehmen scheint, veredelt die Empfindungen zu einem Genuss, der nicht größer sein kann.
Quelle:
J[ohann] B[ernhard] Gleim: Reise nach dem Brocken, der Baumannshöhle, der Bielshöhle und der Roßtrappe. Quedlinburg, bei Friedrich Joseph Ernst 1816 (Digitalisierung durch Google), S. 13-17.
Christoph August Tiedge: Sämtliche Werke. Bd.7. 4. Aufl. Leipzig, Renger'sche Buchhandlung (Fr. Volckmar) 1841. Darin: Auf dem Kamoor bei Gais, S. 163-168. Zitat S. 163. Vgl. Anmerkung: "Die Berghöhe, der Kamoor genannt, ist die zweite Abstufung des, mit ewigem Schnee bedeckten, hohen Sentis. Die Aussicht von jener Berghöhe in das Rheintal hinab, welches der Rhein und der Ihlfluss durchschlängeln, ist eine der reichsten und herrlichsten, die ich je sahe." (S. 180)
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Obige Postkarte: [Ohne Titel] Adressseite: Brocken - Das Brockengespenst. Officielle Ansichtskarte Brocken. Gelaufen. Datiert 1927. Poststempel unleserlich.
Der Abend war angebrochen. Die Sonne ging hinter den Wolken unter und gab diesen eine überraschende Färbung. Ein kupferartiges Rot durchdrang das düstre Gewölk, am Horizont hochrot, je näher der Mitte des Himmels, desto dunkler. Dazwischen zogen lichthelle Streifen, deren Kanten rot eingefasst waren. Die Wolken waren in brodelnder Bewegung und spielten in alle Farben von aschgrau, schmutzigrot und dunkelblau. Die Sonne mochte schon unterm Horizont sein, als sie noch ihre letzte[n] Strahlen in eine höhere Wolkenschicht warf und dadurch ein magisches Licht um den Brocken verbreitete, das bald erlosch, worauf sogleich eine tiefe Finsternis eintrat.
Wir begaben uns eiligst in das Brockenhaus, wo uns ein frugales, gut zubereitetes Abendessen und ein Glas Markebrunner stärkte. Der Wirt, der sich zu uns gesetzt hatte, unterhielt uns auf eine angenehme Weise von seinen Erfahrungen und Beobachtungen, die er seit einer Reihe von Jahren in allen Jahreszeiten (denn er verlässt auch im Winter seine luftige Sennerei nicht) auf seinem Bructerus gemacht hatte. Der wackre Nehse gehört nicht zu den phantasiereichen Erzählern, die ihre Erlebnisse durch abenteuerliche Dinge und poetische Fiktionen interessanter zu machen suchen. Man fühlt die Wahrheit in seinen Erzählungen bald heraus. Unter anderm gab er uns eine Erklärung von dem sogenannten Brockengespenst, das er schon mehre Male gesehn und auch in seinem Brockenbuche beschrieben hat. Wenn die Sonne beim Auf- und Untergang mit dem Brocken in gleicher Höhe steht und zu derselben Zeit auf der entgegengesetzten Seite in den Tälern sich Nebel bilden und am Brocken hinaufsteigen, der Brocken selbst aber nebelfrei zwischen der Sonne und der Nebelwand steht, so wirft die Sonne den Schatten des Brockens mit allen darauf befindlichen Gegenständen, mit Haus, Turm, Menschen und Tieren auf die Nebelwand, aber in riesenhafter Größe. Diese Luftspiegelung ist um so klarer, je dichter und näher der Nebel, um so größer aber weniger scharf und deutlich, wenn er entfernter und lockerer ist. Im Sommer legt sich eine Art von Heiligenschein in den Farben des Regenbogens um das Haupt der Menschen, im Winter verwandelt sich dieser Schein in drei hochgelbe und glänzende Strahlenbündel. Ist es sehr kalt, so bilden die gefrornen Teilchen kleine glimmende Sterne um jene Strahlenbündel.
Quelle:
C[hristian] W[ilhelm] Spieker: Der Harz. Seine Geschichte, Ruinen und Sagen. Zwei Reisen in den Jahren 1800 und 1850. Berlin: Gebauersche Buchhandlung (J. Petsch) 1852 (Digitalisierung durch Google), S. 175f.
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Brockengespenst
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Das Brockengespenst. Holzschnitt nach einer Zeichnung von F. Strobant. Aus: Le tour de monde, Paris 1865. Hier nach Dennert: Geschichte des Brockens und der Brockenreisen, Abb. 18.
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Eine seltsame Erscheinung ist auf diesem Berge das sogenannte Brockengespenst, das man jedoch nicht etwa blos im Herbste und bei Sonnenuntergange, wie man behauptet hat, wahrnimmt, sondern in allen Jahreszeiten, sowohl beim Auf- als Untergange der Sonne. Dieses Phänomen ist nun aber folgendermaßen beschaffen. Wenn die Sonne bei ihrem Auf- oder Untergange mit dem Brocken in gleicher Höhe steht, sich dann auf entgegengesetzter Seite unten in den Tälern Nebel bilden, diese am Brocken in die Höhe steigen, der nebelfreie Brocken aber zwischen dem Nebel und der Sonne steht, so wirft die Sonne den Schatten des Brockens und aller auf ihm befindlichen Gegenstände an diese Nebelwand, an der sich nun riesenhafte Gestalten bilden, die bald sich verkleinern bald vergrößern, je nachdem sich der Nebel nähert, entfernt oder durch Aufrollen desselben in ihm Lücken entstehen. Ist der Nebel trocken, so sieht man außer seinem eigenen Schatten auch den seiner Nachbarn; ist er feucht, so sieht man nur den seinen mit einem regenbogenfarbigen Heiligenschein umgeben. Dieser Heiligenschein vergrößert und verschönert sich, wird strahlender, je nasser und dicker der Nebel ist und je näher derselbe kommt. Bei rauhem Nebel im Winter bietet diese Erscheinung einen andern Anblick; dann erhält der Schatten nicht den kreisförmigen regenbogenfarbigen Heiligenschein, sondern es gehen vom Haupte des Schattens drei gelbe, hellglänzende, scharfgezeichnete und weitstrahlende Scheine rechts und links vom Auge und senkrecht, ohngefähr so
und in hochgelber Farbe. Dieses Nebelbild oder Brockengespenst ist das schönste hier wahrgenommene Phänomen.
Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staats. Bd. 1. Glogau: Carl Flemming 1868, Nr. 530, S. 476f. Zit. n. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S. 192.226-192.227.
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Die Schnarcher
Diese zween schönen Granitfelsen [...] stehen auf dem Barenberge, dem Wernigerödischen Harzdorfe Schirke gegen Morgen. Sie geben ein anschauliches Beispiel zu der [...] Lehre von der Abrundung der Felsenspitzen zu Gebirgsköpfen, durch die Einwirkung der Atmosphäre, und die fortschreitende Vegetation erst der Moose, und dann der übrigen Gewächse. Fast ihr ganzes Äußeres ist mit Moos überzogen, an einigen Stellen sind zwischen diesen auch Grasarten aufgesprosst, und Fichten mit in die Höhe geschossen, deren einige sie bald überwachsen, nach und nach durch ihre Wurzeln, die ohnedem schon sehr getrennte Masse des Granits vollends aus einander treiben, und so den Hereinsturz des Ganzen vollenden werden, von dessen begonnenen Anfange gnug einzelne große und kleine Stücke, um die noch stehenden sehr zerstückten Massen, unordentlich durcheinander geworfen, als so viele Beweise schon umher liegen.
Quelle:
Erfahrungen vom Innern der Gebirge, nach Beobachtungen gesammlet und hrsg. von Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra. Dessau und Leipzig, auf Kosten der Verlagskasse für Gelehrte und Künstler 1785 (Digitalisierung durch Google). Bild auf Titelseite, gezeichnet von F. H. Spoerer, gestochen von Georg Melchior Kraus (1737-1806). Erklärung S. 229.
Zu Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra (1740-1819, Montanist) siehe die Einträge in der ADB:
* Gümbel, Wilhelm von, „Trebra, Friedrich Wilhelm Heinrich von“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 38 (1894), S. 550-551 [Onlinefassung].
* Rothpletz, August, „Trebra, Wilhelm Heinrich von“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 54 (1908), S. 708-709 [Onlinefassung].
Trebra war mit Goethe bekannt, der ihn als Montanist schätzte. Vgl. Herrmann Walther: Goethe und Trebra. Freundschaft und Austausch zwischen Weimar und Freiberg (Freiberger Forschungshefte; D 9) Berlin: Akademie Verlag 1955.
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1. Bild von oben: Elend-Schierke (Harz) - Schnarcher-Klippen. Adressseite: U 13. Im Briefmarkenfeld: 2693. Nicht gelaufen.
2. Bild von oben: Elend / Oberharz - Schnarcherklippen. 8131. Adressseite: Verlag Erhard Neubert, Karl-Marx-Stadt. Rechts unten: III/18/117 T 146/57. Im Briefmarkenfeld: Handfoto. Nicht gelaufen.
3. Bild von oben: Schierke i. H. - Arensklinterklippen. Adressseite: U 13. Im Briefmarkenfeld: 2700. Nicht gelaufen.
4. Bild von oben: Oberharz, Luisenklippe am Torfhaus. Adressseite: R. Lederbogen, Halberstadt. Hotel Wendt "Brockenkrug", Torfhaus im Oberharz (811 m ü. M.), Bad Harzburg. Nächst dem Brocken das höchstgelegene Gasthaus des Harzes. Nicht gelaufen.
5. Bild von oben: Brocken - Hexenaltar - Teufelskanzel. Adressseite: Verlag Rud. Schade, Brocken. Fürstl. Stolb. Lieferant. Officielle Ansichtskarte Brocken. Nicht gelaufen.
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Die Felsen, die sich am Brockengebürge auszeichnen, sind:
1) der Hexenaltar, eine 6 Fuss hohe gerundete Granitmasse;
2) die 10 Fuß hohe Teufelskanzel;
3) das Schneeloch, eine 15 Fuß breite und über 300 Fuß lange Kluft, welche auf der Mitternachtsseite des Brockens 400 Fuß unter der Oberfläche desselben, in einer sehr rauhen Gegend, liegt.
4) Die Hohneklippen auf dem Hohnekopfe, 1 Stunde östlich vom Brocken entfernt. Sie bilden 8 verschiedene, zum Teil 50 bis 60 Fuß hohe Felsentürme, welche alle aus einzelnen Granitstücken, die künstlich aufgetürmt zu sein scheinen, bestehen. Da der Berg, auf welchem sie liegen, zu den höchsten des Harzes gehört, und kein vorliegendes Gebürge die Aussicht gegen Abend und Mitternacht hindert, so ist diese auch dahin überaus schön und weit, wird aber, weil kein gangbarer Weg hinführt, nur selten genossen.
5) Renneckenberg, ein Granitberg, welcher dem Brocken nordöstlich liegt, und auf dieser Seite, nächst demselben der höchste Berg ist. Auf ihm finden sich mehrere hervorragende Felsenstücken, die künstlich aufgetürmt zu sein scheinen und unter dem Namen: Zetterklippen bekannt sind.
6) Die Schnarcher liegen eine Viertelstunde von Schierke, im feierlichen Dunkel hoher Tannen. Sie gleichen den Trümmern eines eingestürzten Bogens und haben 80 Fuß Höhe. Die beiden Colossen, die etwa zehn Schritt weit von einander stehen, und um sich her, so weit das Auge reicht, keine Klippe zu ihrem Nebenbuhler haben, unterscheiden sich von den gewöhnlichen Ruinen alter viereckigter Türme, nur durch die riesenmäßigen Steinblöcke und großen Felsenstücke, die in wilder Regellosigkeit übereinander aufgekastet, und mit grünem Moose und schwankendem Gesträuche überwachsen sind. Der nördliche derselben hat die besondere Eigenschaft, dass er eine Umkehrung der Magnetnadel nach dem entgegengesetzten Pole verursacht.
7) Der Ilsenstein liegt eine halbe Stunde von Ilsenburg, hat 230 Fuß Höhe und ist ein nackter Granitfelsen. Das merkwürdigste ist sein Magnetismus. Die Magnetnadel weicht bald östlich, bald westlich ab. Man trifft auf demselben eine Art von natürlicher Grotte mit einem Felsenkanapee eingeschlossen an. Von Ilsenburg bestieg ich den Ilsenstein. Der Blick von seiner Höhe ist überaus prächtig und einzig. Ein balsamischer Tau stieg von den verborgnen Kräutern zart und kühlend empor, und wie ein ruhiges Eden lachte die gesamte Natur in ihrer neuen Erfrischung am Abend.
Hier, wo der Grashalm wieder wallt, Die Bergluft milder haucht, Im Tal der Herde Läuten hallt Und fern ein Dörfchen raucht. |
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Die Felsengruppe, die ich heute am Brockengebürge in ihren Wildnissen hatte aufgesucht, waren in meinem Gedächtnis und erinnerten an die malerische Beschreibung Zachariä. (1)
O! Gegend schrecklich und rauh, wo melancholische Berge Mit starrem Haupt die Gewitter durchschauen; Wo um den drohenden Fels die werdenden Donner sich sammeln, Und jede Wolke zum Regenguss wird. |
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Der Charakter der gedachten Felsgruppen gewähren eine einladende Melancholie, hier und da auch stille, anziehende Feierlichkeit, Ernst, schauerliche Größe, finstere Schwermut, hezerhebende Größe und wilde romantische Verworrenheit in hundert überraschenden Bildern. Man wünscht sich zuweilen einen Salvator Rosa herbei, um die Schönheit der Felsengruppen und ihre Umgebungen vollkommen nachgeahmt zu sehen. Sie bilden abwechselnde, kühne, verwickelte, seltsame, abenteuerliche Gestalten und Zusammensetzungen. Das Gespitzte, Abspringende, Hökerige, Verzogene, Verkettete, in der Bildung dieser Felsen, alles was von der Regelmäßigkeit der Linien, von der gewöhnlichen Beschaffenheit der Formen abweicht, alles, was die Einbildungskraft aus ihrer alltäglichen Sphäre heraus in eine Reihe neuer Bilder versetzt, sie in die Feenwelt, in die Zeiten der seltsamsten Bezauberungen hinüber schweifen lässt, das ist hier an seinem Platze. Ihre kühn emporragenden Spitzen verschönern entweder eine ernste Fichte oder Kiefer. Ihre senkrechten Wände sind mit einem goldfarbigen Moose bedeckt, zwischen den oft nur gehört, doch nicht gesehen, ein eilender Bach sich durchwindet, der so heller, reiner Natur ist, dass auch sein Niederstürzen von Stein auf Stein ihn nicht trübt.
Gewiss ist es, dass einmal das Brockengebürge unter Wasser gestanden, und dass dieses feuchte Element diese Felsen ausgearbeitet hat, und ihre horizontalen Schichten stufenweise vom Wasser abgesetzt worden sind; die von den Gebürgen herabgespülte Erde entblößte jene und stellte sie als nackte Felsen dar.
Doch wer vermag die Geschichte solcher Erzeugnisse zu ergründen, wer die einstmaligen Revolutionen, welche diese Gebürge erlitten, zu berechnen! Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten allein bleiben uns übrig; denn
Ins Innere der Natur dringt kein erschaffner Geist, Zu glücklich, wenn sie nur die äußre Schale weist! v. Haller. (2) |
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Anmerkungen:
(1) Friedrich Wilhelm Zachariä: An den Harz. Text siehe oben.
(2) Geflügeltes Wort des Wissenschaftlers und Dichters Albrecht von Haller (1708-1777). Aus dem Gedicht: »Die Falschheit menschlicher Tugenden, an Herrn Professor Stähelin, April 1730«. Siehe die Digitalisierung durch die Universität Halle.
Quelle:
J[ohann] B[ernhard] Gleim: Reise nach dem Brocken, der Baumannshöhle, der Bielshöhle und der Roßtrappe. Quedlinburg, bei Friedrich Joseph Ernst 1816 (Digitalisierung durch Google), S. 33-38.
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Zum Vergrößern klicken Sie bitte auf das Bild
1. Bild von oben: Bad Harzburg. Rabenklippen mit Blick auf den Brocken. Adressseite: 704 J. Bettenhausen, Dresden 6. Rechts unten: 11246. Gelaufen. Poststempel 1912.
2. Bild von oben: Teufelskanzel im Okertal. Adressseite, Signet: Tanne, umschrieben: Es grüne die Tanne. Es wachse das Erz. Gott schenke uns Allen ein fröhliches Herz [Bergmannslied]. Verlag C. Armbster, Goslar u. Oker. Gelaufen. Poststempel 1911.
3. Bild von oben: Okertal, Mausefalle. Adressseite: H. Ko. H. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
4. Bild von oben: Linkes Bild: Aus dem Okertale. Auf dem Wege nach Romkerhall. - Rechtes Bild: Mausefalle und Hexenküche. Auf Granitstein: Mausefalle. Adressseite: Hotel Romkerhalle u. Dependance Villa Helene. Gelaufen. Datiert u. Poststempel 1908.
5. Bild von oben: Ilsenburg im Harz. Ilsenstein. Adressseite: R. Lederbogen, Halberstadt. Nr. 8. Gelaufen. Poststempel 1921.
Zu den Harzer Steingruppen und Felsen bei Caspar David Friedrich siehe Hermann Zschoche: Caspar David Friedrich im Harz. Dresden: Verlag der Kunst 2008. ISBN 978-3-86530-104-8 - Die Harzreise 1811, S. 23ff.
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Herzlich sei mir gegrüßt, wertes Cheruskaland! Land des nervigen Arms und der gefürchteten Kühnheit, freieres Geistes, Denn das blache Gefild umher! Dir gab Mutter Natur, aus der vergeudenden Urne, männlichen Schmuck, Einfalt und Würde dir! Wolkenhöhnende Gipfel, Donnerhallende Ströme dir! Im antwortenden Tal wallet die goldene Flut des Segens, und strömt in den genügsamen Schoß des lächelnden Fleißes, Der nicht kärglich die Garben zählt. Schafe weiden die Trift; auf der gewässerten Aue brüllet der Stier, stampft das gesättigte Ross; die bärtige Ziege Klimmt den zackigen Fels hinan. Wie der schirmende Forst deinem erhabenen Nacken schattet! er nährt stolzes Geweihe dir! Dir den schnaubenden Keuler, Der entgegen der Wunde rennt! Dein wohltätiger Schoß, selten mit goldenem Fluche schwanger, verleiht nützendes Eisen uns, Das den Acker durchschneidet Und das Erbe der Väter schützt. Dir gibt reinere Luft, und die teutonische Keuschheit, Jugend von Stahl; moosigen Eichen gleich, Achten silberne Greise Nicht der eilenden Jahre Flug. Dort im wehenden Hain wohnt die Begeisterung; Felsen jauchzten zurück, wenn sich der Barden Sang Unter bebenden Wipfeln Durch das hallende Tal ergoss. Und dein Hermann vernahm's! Sturm war sein Arm! sein Schwert Wetterflamme! betäubt stürzten die trotzigen Römeradler, und Freiheit Strahlte wieder im Lande Teuts! Doch des Heldengeschlechts Enkel verhülleten Hermanns Namen in Nacht, bis ihn (auch er dein Sohn!) Klopstocks mächtige Harfe Sang der horchenden Ewigkeit. Heil, Cheruskia, dir! furchtbar und ewig steht, Gleich dem Brocken, dein Ruhm! Donnernd verkünden dich Freiheitsschlachten! und donnernd Dich unsterblicher Lieder Klang! |
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Quelle:
Gedichte der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Hrsg. von Heinrich Christian Boie. Leipzig, in der Weygandschen Buchhandlung 1779 (Digitalisierung durch Google), S. 8-10.
Zu Friedrich Leopold Graf zu Stolberg (1750-1819) siehe den Eintrag in Wikipedia.
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Der Morgensonne Gold umschlingt die Au'n, Die Flur erglänzt im lichten Blütenschleier, Und du mit deinen Silberlocken, Umstürmtes Felsenhaupt, Schaust starren Blicks auf die Gefilde nieder Und lächelst nimmer! Was zürnst du, Felsenfürst? - Was klagt ihr, von den Moos umhüllten Steinen, Wo Wodan's Opferglut zum Himmel schlug, Was klagt ihr grause Geisterstimmen? - Ha! - ihr steht und eure Felsenmannen, Teutonia's Eisenbrut, verblich in deinen Höhen, Und in Walhalla dröhnt ihr Schwert, Dort donnert wogenstürmend ihr Gesang - Ja Cheruskerland - Ein herrlich Morgenrot stieg dir empor, Die Sonne glomm aus güldnen Toren - Doch ach! - ein düster Nebelgrauen Umhüllte ihren Himmelsstrahl! - Ein gift'ger Hauch umgarnt die sichern Gauen! Auf, Deutschlands junge Brut! Sei frei, sei heldenkräftig, Ein grüner Eichenhain! Auf, Jünglinge! - In Euch erblühe Herrmanns Felsenland In neuer Kraft! - durch Euch erstehe Der Ahnen Kraft, der Väter Lieb' und Glaube In neuem Glanz! - Hinweg von meinen Gauen, Du gift'ger Dunst! Du düster Nebelgrauen! Fleuch, dumpfe Ohnmacht, giftig Brüten, fleuch! Glüh' herrlich auf - vergüld mein Vaterland, Erhab'ne Freiheitssonne! - Erglühe hoch mein deutsches Herz! Komm Herrmann's Eichenkraft und stähle Dein junges Volk! - Aus Eurer Gräber Nacht, ihr Ahnen, Erblüht ein neuer Heldenspross! - Jauchze mein Vaterland! dein Tag erscheint, Das Morgenrot ist sonnig angebrochen! |
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Quelle:
Brocken-Stammbuch mit Scherz und Ernst, Witz und Laune, Weisheit und Einfalt in Gedichten und Prosa vom Mai 1753 bis Mai 1850. Hrsg. von dem Brockenwirte C[arl] E[rnst] Nehse. Sondershausen, Druck und Verlag von Friedrich August Eupel 1850 (Digitalisierung durch Google). Eintrag vom 30. Mai 1818 von Friedr. Wilhelm Krummacher aus Bernburg, S. 139f.
Friedrich Wilhelm Krummacher (1796-1868; Eintrag in Wikipedia), der als Prediger berühmt wurde, wohnte damals in Bernburg, wo sein Vater Generalsuperintendent war. Mit Klopstocks Bardenpoesie, welche die Stammbuchverse aufnehmen, wurde Krummacher schon in seinem Elternhaus bekannt. Im Zuge der antinapoleonischen Kriege, der sog. 'Befreiungskriege', wurde die Bardenpoesie Klopstocks aktualisiert. (Vgl. Karl Morgenstern: Klopstock als vaterländischer Dichter. Eine Vorlesung. Dorpat, Leipzig 1814 [Digitalisierung durch Google].) Als Student erhoffte sich Krummacher eine "germanisch-christliche Wiedergeburt des Vaterlandes in Staat, Kirche und Haus". (Vgl. Friedrich Wilhelm Krummacher. Eine Selbstbiographie. Berlin: Wiegandt und Grieben 1869 [Digitalisierung durch Google], S. 30, 51 ff. Zitat S. 52.)
Nach Klopstock befand sich an der Roßtrappe - also auf dem dem Brocken gegenüberliegenden, durch das Bodetal getrennten Fels - ein Wodansaltar ("Trümmer eines zerfallnen Altars; "Hermannsschlacht", 1. Szene) mit einem heiligen Hain der Dichtung. Dazu siehe auch die Ode "Die Roßtrappe". Die Roßtrappe ist der Fels, auf dem die Handlung der "Herrmannsschlacht" spielt; die Schlacht selbst findet an dem Fluss statt - also wohl der Bode - , der von dem "hohen Berge Cheruska's" (dem Brocken; 3.Szene) herunter stürzt. "Der zweite Fels des Talwaldes, bei dem der Bach vorbeifließt, ist der Geburtsfels" von Hermann, dem Cherusker (ebd.). Für Hermann den Cherusker als nationale Mythen- und Symbolfigur siehe den Eintrag in Wikipedia sowie Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.): Hermanns Schlachten. Bielefeld: Aisthesis 2008. ISBN 978-3-89528-714-5.
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Heinrich Müller, Preußischer Brigade-Feldprediger, fordert 1814 ein "Denkmal für Preußens tapfere Krieger" auf dem Brocken. Ausschnitt:
Seht des Brocken Felsenhaupt, Fest steht es, wenn Sturmwind schnaubt. Keine Zeit kann ihn zersplittern, Glanzvoll scheint in Ungewittern Ihm der Sonne Purpurstrahl, Wenn die Nacht umhüllt das Tal. Er ist eine Gottessäule, In dem Tempel der Natur. Auf des Brockens hocherhab'nem Rücken, Vor dem Deutschlands Berge sich tief bücken, Strebe stolz empor ein Denkmal, sonder Gleichen, Dem die Tatenmonumente alle weichen. Kräfte nur und Zeit bedarf das große Werk, Das ihr, dankend, euren Kriegern bauet. Schichtet Felsenmassen in die Höh', Bannt sie an einander fest durch Eisenerz. Wie ein Rhodischer Koloss, erheb' es sich zum Himmel! Groß und stark, wie sich's gebührt, Trotz' es kühn dem Zahn der Zeit, Werd' es weit geseh'n, wenn sich In die blaue Luft zur Dämmrung taucht, Der erhab'ne Brockenscheitel. |
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Den ersten Stein zur "Ehrensäule" soll Blücher legen. Oberster Schmuck des Denkmals, "höher als funfzig Mannsgrößen", soll das Kreuz sein und in ihm die Worte: "Mit Gott, für König und Vaterland!"
Quelle:
H[einrich] Müller: Das Denkmal auf dem Brocken für Preußens tapfere Krieger. Eine patriotische Phantasie. Quedlinburg, bey Gottfried Basse 1814 (Digitalisierung durch Google).
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Graf Anton zu Stolberg-Wernigerode ließ am 19. Oktober 1814 auf der Spitze des Ilsensteins ein eisernes Kreuz mit den Namen der in den antinapoleonischen Kriegen gefallenen Waffengefährten und Freunden errichten. (Friedrich Gottschalck: Taschenbuch für Reisende in den Harz. 3. verb. Aufl. Magdeburg, bei Wilhelm Heinrichshofen 1823, S. 209.) - Zum "Kreuz im Gebirge" von Caspar David Friedrich, früher als "Ilsenstein" bezeichnet, vgl. Hermann Zschoche: Caspar David Friedrich im Harz. Dresden: Verlag der Kunst 2008, S. 73-76. ISBN 978-3-86530-104-8
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Goethes Brockenbesteigungen
Hexentanz auf dem Brocken
Walpurgisnacht
Heinrich Heine
Harzreise
Die Roßtrappe
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