goethe


Orte und Zeiten in Goethes Leben.
Eine Dokumentation 

Dornburg an der Saale

Stand: Januar 2015
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Blick vom Schlosse. Feder- und Tuschzeichnung von Goethe
Wahl: Die Dornburger Schlösser, S. 23.

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Gliederung

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1. Bilder von den Schlössern
in Dornburg an der Saale

Zur Beachtung:
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Dornburg a./S. – Aquarell

 Bezeichnet u. signiert: Die 3 Dornburger Schlösser. Hartwig Leipzig 24. Verso: Dornburg a./S. (Die 3 Schlösser von Dornburg.) Aquarell v. W. Hartwig, Leipzig. Kunstverlag-Photo-Plathen. Leipzig-Go. Halleschestr. 91|93 Tel. 50847. – Nicht gelaufen.

Walter Hartwig, geb. 2. 2. 1874 in Leipzig, deutscher Landschaftsmaler. (Vollmer) Todesdatum unbekannt.

 


 

 

Dornburg – Federzeichnung

Nr. 4. L. Bartning. Verso: Eine Goethe-Biographie in Bilderpostkarten. Nr. 4. Dornburg, wo Goethe 1776 weilte zur Zeit, als die Trauben reiften. Er zeichnete die drei Dornburger Schlösser und schrieb an Charlotte von Stein:

Ich bin eben nirgend geborgen:
     Fern an die Saale hier
Verfolgen mich manche Sorgen
     Und meine Liebe zu dir.

Aus: Wilh. Bode, Goethes Leben IV
(Verlag E. S. Mittler & Sohn, Berlin)

Federzeichn. n. d. Natur v. Ludwig Bartning, Verlegt beim Bodehaus, Weimar. Nachdruck verboten. Postkarte. Nicht gelaufen.

Ludwig Bartning, geb. 30. 4. 1876 in Hamburg, deutscher Landschaftsmaler und Graphiker. Ausbildung in München. 1898/1901 in Rom. Prof. an den Verein. Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin. (Vollmer) Todesdatum unbekannt.




 

Die drei Schlösser Dornburg

Die drei Schlösser Dornburg. Verso: Die drei Schlösser Dornburg, links das Goetheschloß, in der Mitte das Rokokoschloß, rechts das alte Schloß. Mit Versen:

    "Freudig trete herein,
    Und froh entferne Dich wieder,
    Ziehst du als Wandrer vorbei,
    Segne die Pfade Dir Gott."


    "Ich bin eben nirgends geborgen,
    Sogar bis zur lieblichen Saale hier
    Verfolgen mich meine Sorgen –
    Und meine Liebe zu Dir."

Echte Fotogravüre. Hermann Paris, Kunstverlag, Rudolstadt-Volkstedt. Im Briefmarkenfeld: No. 5525 448947. – Nicht gelaufen.

"Freudig trete herein ...": Inschrift über der Eingangstür, von Goethe aus dem Lateinischen übersetzt. – "Ich bin eben nirgends geborgen ...": Verse an Charlotte von Stein, die Goethe auf die Rückseite einer Zeichnung der Schlösser schrieb, die er im Oktober 1776 anfertigte.




 

Dornburg a. Saale

 Dornburg a. Saale. Links: Goethe-Schloß. Rechts:

    "Freudig trete herein,
    Und froh entferne dich wieder,
    Ziehst du als Wandrer vorbei,
    Segne die Pfade dir Gott."
    "Ich bin eben nirgends geborgen,
    Sogar bis zur lieblichen Saale hier
    Verfolgen mich meine Sorgen –
    Und meine Liebe zu Dir." – Goethe.

Verso: Signet 1. Druck u. phot. Aufnahme von G. Friedrich, Leipzig. Im Briefmarkenfeld: 296925. – Koloriert. Nicht gelaufen.

"Freudig trete herein ...": Inschrift über der Eingangstür, von Goethe aus dem Lateinischen übersetzt. – "Ich bin eben nirgends geborgen ...": Verse an Charlotte von Stein, die Goethe auf die Rückseite einer Zeichnung der Schlösser schrieb, die er im Oktober 1776 anfertigte.




 

Dornburg a. Saale

Dornburg a. Saale. Goethe-Schloß. Rechts oben:

    "Freudig trete herein.
    Und froh entferne dich wieder,
    Ziehst du als Wandrer vorbei,
    Segne die Pfade dir Gott."

Links unten:

    "Ich bin eben nirgends geborgen,
    Sogar bis zur lieblichen Saale hier
    Verfolgen mich meine Sorgen –
    Und meine Liebe zu Dir." – Goethe.

Verso: Signet 24. Druck u. phot. Aufnahme von G. Friedrich, Leipzig. Im Briefmarkenfeld: 272564. – Datiert 1919. Nicht gelaufen




 

Dornburg. Goetheschloß

Verso: Dornburg. Goetheschloß. Das schöne Renaissance-Portal hat nach Goethes Uebertragung folgende Inschrift:

    "Freudig trete herein und froh entferne dich wieder,
    Ziehest du als Wandrer vorbei, segne die Pfade dir Gott."

Verlag von A. Bischoff, Phot., Jena. – Nicht gelaufen.




 

Dornburg a.d.Saale. Goetheschloß

Verso: Dornburg a.d. Saale. Goetheschloß. 24312 Brück & Sohn, Meissen. – Nicht gelaufen.




 

Dornburg a.d.Saale. Goetheschloss

Dornburg a.d. Saale. Goetheschloss. Verso: 22769 Brück & Sohn, Meissen. – Nicht gelaufen.




 

Dornburg a.S. Rokokoschloß

Dornburg a.S. Rokokoschloß. Verso: Dornburg a/S. Rokokoschloß. Goethe an Frau v. Stein.

    "Ich bin eben nirgends geborgen,
    Fern an der holden Saale hier
    Verfolgen mich manche Sorgen
    Und meine Liebe zu Dir."
        Dornburg, den 16. Okt. 1776.

Photographie und Verlag von Alfred Bischoff, Jena. Nr. 84. – Gelaufen 1939.




2. Gunter Grimm:
Früh, wenn Tal, Gebirg und Garten.
Goethe und die drei Dornburger Schlösser
bei Jena

Wer durch das Saaletal nach Jena fährt, sieht nahe beim Städtchen Dornburg auf luftiger Höhe drei Schlösser stehen, die ihre Berühmtheit eigentlich ausschließlich dem Dichter Goethe verdanken. Jedes der drei Bauwerke hat einen eigentümlichen Charakter.

Das "Alte Schloss" ist, wie schon sein Name sagt, von den drei Gebäuden das älteste; sein Bau reicht bis in die Zeiten Kaiser Ottos I. zurück, der hier mehrmals geweilt hat. Nach wechselvollen Schicksalen wurde die Burg 1451 bis auf wenige Überreste zerstört. Aus der Zeit nach dem Wiederaufbau war der Kroateneinfall im Dreißigjährigen Krieg von besonderer Dramatik. Dornburgs Bürger griffen selbst zu den Waffen und warfen die Eindringlinge den Steilabhang hinunter. Nach dem schweren Brand von 1717, dem auch das städtische Amtshaus zum Opfer fiel, wurde die landesfürstliche Verwaltung ins Schloss gebracht. Das Amt Dornburg zählte im 18. Jahrhundert vierzehn Gemeinden, und Goethe notierte sich bei einem Kurzaufenthalt 1779 den guten Zustand der "Handelsbücher", dem Grundbuch der damaligen Zeit. Im übrigen schmeichelt Goethes spätere Beschreibung von 1828 dem alten Schloß ein wenig: "Hier, am nördlichen Ende, ein hohes, altes, unregelmäßig-weitläufiges Schloß, große Säle zu kaiserlichen Pfalztagen umschließend, nicht weniger genugsame Räume zu ritterlicher Wohnung; es ruht auf starken Mauern zu Schutz und Trutz."

Das mittlere Schloss hingegen, das sogenannte "Rokokoschloss", war bereits zu des jungen Goethes Zeiten wohnlich hergerichtet. Am 4. März 1777 schreibt er an Charlotte von Stein: "Auf meinem Schlösschen ist's mir sehr wohl, ich habe recht dem alten Ernst August gedankt, dass durch seine Veranstaltung an dem schönsten Platz, auf dem bös'ten Felsen eine warme gute Stätte zubereitet ist." Doch zwei Jahre später, als er an der "Iphigenie" arbeiten will, verdirbt ihm das Elend der Strumpfwirker in Apolda die poetische Stimmung: "Hier will das Drama gar nicht fort, es ist verflucht, der König von Tauris soll reden, als wenn kein Strumpfwürker in Apolde hungerte." Im Gegensatz zum Mittelalterschloss nannte man das Rokokoschloss, das jüngste der drei Gebäude, auch das "Neue Schloss".

Erbaut wurde es zwischen 1736 und 1740 auf Geheiß von Herzog Ernst August, der seit 1723 Sachsen-Weimar regierte. Seinem Charakter als Sommer-Lustschloss entsprechend diente es der fürstlichen Repräsentation, als Zentrum für Jagdpartien und "Feldlager". Der Baumeister Gottfried Heinrich Krohne legte das Schloss so raffiniert am Hang an, dass es von der Eingangsseite wie ein größeres Landhaus, von der Bergseite dagegen wie ein mehrgeschossiger Prachtbau wirkt. Seit 1817 diente es der fürstlichen Familie als Sommerresidenz. Noch heute bestrickt das schwungvoll gestaltete Innere des Schlosses, vor allem der zentral gelegene Saal, dessen große nach Südosten gelegene Fenster einen prächtigen Blick übers Saaletal gewähren.

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Adrian Zingg, Die Dornburger Schlösser

Adrian Zingg (1734-1816): Die Dornburger Schlösser, um 1795.
Feder in Braun, braun laviert, weiß gehöht.
Höhe 28,2; Breite 46,6 cm.

Quelle:
Goethezeit und Romantik. Einhundert Meisterzeichnungen aus einer Privatsammlung. Lübeck: Graphische Werkstätten 1990, Nr. 15.

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Die Dornburger Schlösser,
kolorierte Umrissradierung von unbekanntem Künstler,
um 1800

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Freudig trete herein ...

Das wichtigste der Dornburger Schlösser ist das sogenannte "Renaissancehaus", das aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammt und um 1600 vom Dornburger Amtsschosser Wolfgang Zetzsching erworben und renoviert wurde. 1608 waren die Bauarbeiten abgeschlossen; ein lateinisches Distichon im Giebel des Portals hält das Ereignis fest: "Gaudeat ingrediens, laetetur et aede recedens, His qui praeter eunt det bona cuncta Deus. 1608." Goethe hat bei seinem Aufenthalt auf diesem Schloss die Verse übertragen: "Freudig trete herein und froh entferne dich wieder! Ziehst du als Wandrer vorbei, segne die Pfade dir Gott."

Die Familie Zetzsching blieb über vier Generationen im Besitz des Schlosses, erweiterte sogar im 18. Jahrhundert das Bauwerk um einen Anbau, musste es jedoch 1739 aus finanziellen Gründen dem Herzog Ernst August überlassen. 1755 wurde es auf Drängen der Gläubiger versteigert und kam zunächst an die Familie Stohmann-Planer, die den Besitz vor allem für landwirtschaftliche Zwecke nutzte. Herzog Karl August erwarb es 1824 und richtete es sich als Wohnsitz ein. Er ließ zum Beispiel eine breite Treppe einbauen, die oberes und unteres Stockwerk bequem miteinander verband. 1921 ging der großherzoglich-sächsische Besitz in Staatseigentum über, 1923 wurden Renaissance- und Rokokoschloss der Goethegesellschaft als Geschenk überlassen. Seit 1928 sind beide Schlösser und die Gartenanlagen der Öffentlichkeit zugänglich. Da e ine neuerlich notwendige Restaurierung die finanziellen Kräfte der Goethegesellschaft überstiegen hätte, beschloss die Mitgliederversammlung 1954 die Rückgabe an den Staat.

Die Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar, die seitherigen Rechtsträger, haben beide Schlösser und die Gartenanlagen gründlich erneuert und am 28. August 1962 wiedereröffnet. Für die Restaurierung gab in Zweifelsfällen der "Geist Goethes" den Ausschlag, d.h. es wurde der Zustand zu Goethes Zeit wiederhergestellt. Das gilt etwa für die Treppenkonstruktion. Man ersetzte die von Karl August angelegte Treppe durch die ursprüngliche Wendeltreppe. Ebenfalls im ursprünglichen Zustand befinden sich der Backstein-Fußboden und die gekehlten Balkendecken.

Für die Literaturgeschichte ist dieses Schlösschen unlösbar mit Goethes Aufenthalt von 1828 verbunden. Nachdem er bereits früher mehrmals in Dornburg eingekehrt war und an archäologischen Funden reges Interesse gezeigt hatte, diente ihm das Renaissanceschloss im Sommer 1828 als Refugium, nachdem ihn die Nachricht vom plötzlichen Tode des Großherzogs Karl August erreicht hatte. Wie immer bei schweren seelischen Erschütterungen zeigte sich auch Goethe diesmal nicht in der Lage, an den Trauerfeierlichkeiten für den am 14. Juni verstorbenen Freund teilzunehmen. Dem Kanzler von Müller erklärte er wenige Tage später: "Mein ohnehin sehr leidender Gemütszustand würde, bei spezieller Vergegenwärtigung der Verdienste unseres hohen Abgeschiedenen, bis zur Verzweiflung gesteigert werden." Der Dornburg-Aufenthalt war nichts anderes als eine Flucht vor der Konfrontation mit dem Tod.

Goethe kam am 7. Juli nach Dornburg; er hatte ursprünglich vor, nur wenige Tage zu bleiben, doch wirkte sich die ruhige Umgebung, die schönen Gärten und Weinberge, so wohltuend auf seine psychische Verfasstheit aus, dass aus den wenigen Tagen ein Aufenthalt von fast zehn Wochen wurde. Am 11. September erst kehrte Goethe nach Weimar zurück. Sein Domizil schlug er im Obergeschoss auf, wo er von seinem Zimmer aus eine "wunderliebliche Aussicht in das herrliche Saaletal" genoss, wie der spätere Weimarer Hofgärtner Sckell erwähnt, der damals die Dornburger Gärten betreute, Goethe selbst berichtete nach zwei Wochen seiner Schwiegertochter Ottilie: "Hier auf diesem alten Schlösschen finde ich alles, wonach ich mich so lange gesehnt habe; bequeme heitere Wohnung, gute Hausleute, gesunden und wohlschmeckenden Tisch."

Die von Goethe als Wohn- und Schlafzimmer benutzte "Bergstube" blieb in ihrer damaligen Ausstattung erhalten; noch heute steht Goethes Schreibtisch darin. Übrigens war der Dichter nicht auf dieses einzige Zimmer beschränkt. Die beiden davor gelegenen Räume dienten Goethe als Speise- und Empfangsraum. Zeitweise zwang ihn auch der Sturm, der um die Mauerecke pfiff, zur Verlegung seines Bettes in das ruhigere Gästezimmer. Dennoch überwog die Ruhe, und er betonte mehrfach den guten Fortgang seiner zahlreichen, vom Tod des Freundes unterbrochenen Tätigkeiten. Da hier, wie er an den Jenaer Wegebaukommissär Johann Georg Götze, seinen früheren Diener, launig schrieb, Schmalhans Küchenmeister sei, wolle er wenigstens seinen gewohnten guten Tropfen nicht entbehren: "Da in dem übrigens ganz anmutigen Schlößchen kein wohlversorgter Keller vorhanden ist, ich auch keinen in der Nähe weiß als Deinigen, so ersuche ich Dich, mich während meines hiesigen Aufenthalts mit Wein zu versorgen und mir vorerst durch Überbringer sechs Flaschen zu übersenden, auch von Zeit zu Zeit damit fortzufahren. Ich wünsche einen leichten reinen Würzburger und werde solchen nach abgeschlossener Wallfahrt auf irgendeine Weise dankbar ersetzen."

Insbesondere naturwissenschaftliche Studien beschäftigten ihn, Werke zur Botanik und zum Weinanbau, die ihn zu einem Essay über den Weinstock anregten aber auch zu einer grundsätzlichen Reflexion, wieso er, der Dichter, sich so eingehend mit Naturwissenschaft abgeben konnte. Als wesentliches Moment sieht er weniger "außerordentliche Gabe des Geistes" noch "momentane Inspiration", vielmehr ein "folgerechtes Bemühen". In diesen stillen, ganz der Selbstbesinnung gewidmeten Tagen las Goethe auch Historisches, unter anderem Niebuhrs "Römische Geschichte" und Karl Herzogs "Geschichte des thüringischen Volkes". Im französischen Journal "Le Globe" informierte er sich über Kunst- und Naturgärten und fand seine "alte, immer genährte Ansicht" bestätigt, "daß von einer bedeutenden Architektur auch ein architektonischer Übergang zu einer Gartenanlage bestehen müsse". Auch Belletristisches von Walter Scott und Lord Byron stand auf dem Lektüreprogramm.

Doch war er keineswegs von der Außenwelt abgeschnitten; den umfangreichen Briefwechsel hielt er auch von der Dornburger Einsamkeit aufrecht, später empfing er sogar einzelne Besucher. "Also sitz ich hier", schrieb er am 18. August 1828 an den langjährigen Freund Karl Ludwig von Knebel nach Jena, "auf dieser Felsenburg, von der aufgehenden Sonne geweckt, mit der scheidenden gleichfalls Ruhe suchend, den Tag über in gränzenloser, fast lächerlicher Tätigkeit." Wie wohl er sich in Dornburg fühle, hatte er fünf Tage zuvor in einem Brief an den Schweizer Naturwissenschaftler Frédéric Soret bekannt, weshalb sein Geist "auch wieder auf eine freiere Tätigkeit hoffen" dürfe.

Neue Kraft für den Dichter

Für den nach Seelenfrieden verlangenden Dichter bedeutete der Aufenthalt in den Gärten eine besondere Erholung. Gerade der organische Übergang vom Schloss zu den Anlagen fand Goethes Beifall. Im Tagebuch vermerkt er: "Ich bedachte mir die schönen Anlagen, ging sie mit dem Hofgärtner durch, der mir die sehr geschickte und glückliche Verbindung der Stohmannischen Besitzung mit den früheren fürstlichen erklärte", und an den Kammerherrn von Beulwitz hebt er rühmend die Anlage hervor, wo Zwischenräume und Terrassengänge "zu einer Art von auf- und absteigenden Labyrinthe architektonisch auf das schicklichste verschränkt" seien. Die Gärten waren erst wenige Jahre vor Goethes Aufenthalt nach Plänen von Karl August Sckell, dem Sohn des Weimarer Hofgärtners, angelegt worden. Die Gärten passen sich dem unterschiedlichen Charakter der Schlösser an: symmetrische Formen beim Rokokoschloss, ein englischer Landschaftspark beim Renaissancebau.

Kurz nach seiner Ankunft schreibt Goethe enthusiastisch an den Freund Carl Friedrich Zelter: "Die Aussicht ist herrlich und fröhlich, die Blumen blühen in den wohlunterhaltenen Gärten, die Traubengeländer sind reichlich behangen, und unter meinem Fenster seh ich einen wohlgediehenen Weinberg, den der Verblichene auf dem ödesten Abhang noch vor drei Jahren anlegen ließ und an dessen Ergrünung er sich die letzten Pfingsttage noch zu erfreuen die Lust hatte. Von den andern Seiten sind die Rosenlauben bis zum Feenhaften geschmückt und die Malven und was nicht alles blühend und bunt, und mir erscheint das alles in erhöhteren Farben wie der Regenbogen auf schwarzgrauem Grunde." Besonders erfreut es den alten Dichter, daß die Region offenbar das Elend der siebziger Jahre überwunden hat und daß dieses "gesteigerte Wohlsein" auf "eine emsig folgerechte, klüglich vermehrte Kultur eines sanft regierten, sich durchaus mäßig verhaltenden Volkes" hindeutet. Die unmittelbare Anschauung befestigt seinen Glauben, "die vernünftige Welt sei von Geschlecht zu Geschlecht auf ein folgereiches Tun entschieden angewiesen."

Zahlreiche Briefe belegen, welche neuen Kräfte Goethe in dieser Umgebung gewann; auch die Tagebuchaufzeichnungen sprechen dieselbe Sprache. Indes sind es doch zwei in diesen Tagen verfasste Gedichte, die seinen Spätaufenthalt in Dornburg verewigt haben. Das eine, "Dem aufgehenden Vollmonde" sandte Goethe zunächst an Zelter, später auch an Marianne von Willemer. Das andere, ein Naturgedicht, nimmt eine Stimmung zum Anlass, die er bereits am 8. Juli im Tagebuch notiert hat: "Früh in der Morgendämmerung das Tal und dessen aufsteigende Nebel gesehen. Bei Sonnenaufgang aufgestanden. Ganz reiner Himmel, schon zeitig steigende Wärme." Am 18. August hält er dieses faszinierende Naturschauspiel nochmals fest: "Vor Sonnenaufgang aufgestanden. Vollkommene Klarheit des Tales. Der Ausdruck des Dichters: heilige Frühe ward empfunden. Nun fing das Nebelspiel im Tale seine Bewegung an, welches mit Südwestwind wohl eine Stunde dauerte und sich außer wenigen leichten Streifwolken in völlige Klarheit auflöste." Es ist interessant, wie das unvergessliche Altersgedicht, das den Titel trägt, "Dornburg, September 1828" und das diesen Ort jedem Goethefreund lebendig und teuer macht, dieselbe Erfahrung zu gleichsam kosmischer Gläubigkeit weitet.

    Früh, wenn Tal, Gebirg und Garten
    Nebelschleiern sich enthüllen
    Und dem sehnlichsten Erwarten
    Blumenkelche bunt sich füllen;
    Wenn der Äther, Wolken tragend,
    Mit dem klaren Tage streitet
    Und ein Ostwind, sie verjagend,
    Blaue Sonnenbahn bereitet;
    Dankst du dann, am Blick dich weidend,
    Reiner Brust der Großen, Holden,
    Wird die Sonne, rötlich scheidend,
    Rings den Horizont vergolden.

(Gekürzter Erstdruck: Stuttgarter Zeitung vom 1. Juli 1988.)

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Vgl. auch die Zusammenstellung der Dokumente zu Goethes Aufenthalt in Dornburg 1828:

<http://www.goethezeitportal.de/fileadmin/PDF/db/wiss/goethe/bay_goethe_dornburg.pdf>

 


 

3. Dornburg und seine Schlösser

Die kleine Ortschaft Dornburg am linken Saaleufer unweit Jena hatte bereits 937 Stadtrechte und besaß eine kaiserliche Pfalz. Die Kaiser Otto II., Otto III. und Heinrich II. waren öfters in Dornburg, der letztere hielt 1005 hier einen Reichstag. 1486 wurde Dornburg an den Kurfürsten Ernst von Sachsen verkauft. Bei der Landesteilung 1603 fiel die Stadt an Altenburg, kam 1672 an Sachsen-Jena und 1691 an Sachsen-Weimar. Dornburg hat drei Schlösser.

Mit ihrer auf hohem Felsenufer über der Saale gelegenen, bereits aus dem 11. Jahrhundert stammenden Burg war Dornburg im Mittelalter eine Grenzfeste. Aus dieser frühesten Zeit und dem 13. und 14. Jahrhundert stammten der Palas, die Nebengebäude und der Küchenbau. Die wichtigsten Umbauten erfolgten Ende 16. Jahrhundert. Die Kuppel stammt aus dem 17. Jahrhundert und die sogenannte Trompeterstube wurde um 1730 angebaut.

Neben diesem Alten Schloß ließ Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar, der Großvater Carl Augusts, ein Rokokoschlößchen – das Neue Schloß – als Jagdschloß errichten, das jedoch nicht ganz zu Ende ausgeführt wurde. Ausgang des 18. Jahrhunderts mußten die z.T. zerstörten Pavillons abgetragen werden. Nach der 1816 erfolgten Anlegung einer bequemen Fahrstraße weilte der Hof fast jedes Jahr in dem Schlößchen.

An der Südwestecke des Burgfelsens befand sich ein bescheidener, um 1600 errichteter Spätrenaissancebau, das sogenannte "Stohmannsche Schlößchen", das Carl August 1824 von diesem letzten Besitzer erwarb. In der Bergstube des im 18. Jahrhundert zu diesem Schloß ausgeführten Anbaues pflegte Goethe bei seinen Besuchen in Dornburg – er weilte hier mehr als zwanzigmal – zu wohnen (darum auch >Goetheschlößchen< genannt). Im Inneren des Schlosses hatte Carl August einige Veränderungen vornehmen lassen, sein Hauptaugenmerk aber galt den gärtnerischen Anlagen des gesamten Schloßkomplexes und den Weingärten.

Goethe liebte die Schlösser auf dem Burgfelsen mit dem Blick über das Saaletal ganz besonders, zeichnete sie erstmals 1776 und hat in Briefen an Charlotte von Stein (1776, 1779), dann 1828 an Karl Friedrich Zelter, dem er noch 1829 Dornburg zeigen konnte, und an Heinrich Emil Friedrich August von Beulwitz Beschreibungen der schönen Lage gegeben, sich auch Eckermann gegenüber lobend über Dornburg ausgeprochen.

Nach dem Tode Carl Augusts flüchtete Goethe nach Dornburg und genoß 7. VII. - 11. IX. 1828 die Vergünstigung eines Aufenthalts in Dornburg (III/11, 239). Damals entstanden die dornburger Gedichte: Dem aufgehenden Vollmonde. Dornburg, 25. August 1828 und Dornburg, September 1828 ("Früh, wenn Tal, Gebirg und Garten ...").

    Dem aufgehenden Vollmonde
    Dornburg, 25. August 1828
    Willst du mich sogleich verlassen?
    Warst im Augenblick so nah!
    Dich umfinstern Wolkenmassen,
    Und nun bist du gar nicht da.
    Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,
    Blickt dein Rand herauf als Stern!
    Zeugest mir, daß ich geliebt bin,
    Sei das Liebchen noch so fern.
    So hinan denn! hell und heller,
    Reiner Bahn, in voller Pracht!
    Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
    Überselig ist die Nacht.

Die aus dem Jahre 1608 stammende Inschrift über der Eingangstür hat Goethe besonders 1828 gern zitiert, sie schien ihm so recht in die Stimmung zu passen, die ihn in Dornburg erfüllte:

    Gaudeat ingrediens, laetetur et aede recedens,
    His qui praeter eunt det bona cuncta Deus.

Goethe übersetzte:

    Freudig trete herein und froh entferne dich wieder!
    Ziehst du als Wandrer vorbei, segne die Pfade dir Gott!

(Quellen: Irmgard Wirth, Wolfgang Huschke: Dornburg und seine Schlösser. In: Goethe-Handbuch. 2. Aufl. Hg. von Alfred Zastrau. Bd. 1. Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung 1961, Sp. 1895 f. Redigiert und gekürzt. Ergänzungen aus dem Artikel Dornburg in Meyers Großem Konversations-Lexikon, 6. Aufl. 1905-1909; Bd. 5, S. 136; Digitale Bibliothek 100, S. 44484. – Zitiert wird nach der Weimarer Ausgabe, 1887-1919: Abteilung in römischer Ziffer, nach Trennstrich in arabischer Ziffer die Band- sowie nach Komma die Seitenzahl.)

Literatur: Hans Wahl: Die Dornburger Schlösser. Zum 28. August 1923 (Schriften der Goethe-Gesellschaft; 36) Weimar: Verlag der Goethe-Gesellschaft 1923.



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