goethe


Jutta Assel | Georg Jäger

Johann Wolfgang von Goethe
Sanct Rochus-Fest zu Bingen

Mit weiteren Texten zur Rochuskapelle

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Stand: Oktober 2011

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Gruss vom Rochusberg. Rochuskapelle. Eigenthum der Rochuskapelle. G. Blümlein & Co., Frankfurt a.M. Gelaufen. Poststempel 1901. Adressseite ungeteilt.

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Gliederung

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Die Rochuskapelle bei Bingen und der Rheingau. Nach der Abb. von Ch. Bodmer. Koblenz bei J. Hölscher. In: Adolf Bach, Aus Goethes rheinischem Lebensraum. Menschen und Begebenheiten. Neuss: Verlag Gesellschaft für Buchdruckerei AG Neuss 1968 (Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz, Jahrbuch 1967/68), Tafel 5. - Zu Ch. (Karl) Bodmer (1809-1893), Schweizer Maler, Radierer, Lithograph und Zinkstecher siehe Thieme-Becker 4 (1910), 170.

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1.
Bettina von Arnim
Goethes Briefwechsel mit einem Kinde


An Goethe. Am 18. Juli [1808]


Warst Du schon auf dem Rochusberg? – er hat in der Ferne was sehr Anlockendes, wie soll ich es Dir beschreiben? – so, als wenn man ihn gern befühlen, streicheln möchte, so glatt und samtartig. Wenn die Kapelle auf der Höhe von der Abendsonne beleuchtet ist und man sieht in die reichen grünen, runden Täler, die sich wieder so fest aneinander schließen, so scheint er sehnsüchtig an das Ufer des Rheins gelagert, mit seinem sanften Anschmiegen an die Gegend und mit den geglätteten Furchen die ganze Natur zur Lust erwecken zu wollen. Er ist mir der liebste Platz im Rheingau; er liegt eine Stunde von unserer Wohnung [in Winkel]; ich habe ihn schon morgens und abends, im Nebel, Regen und Sonnenschein besucht. Die Kapelle ist erst seit ein paar Jahren zerstört, das halbe Dach ist herunter, nur die Rippen eines Schiffgewölbes stehen noch, in welches Weihen ein großes Nest gebaut haben, die mit ihren Jungen ewig aus und ein fliegen, ein wildes Geschrei halten, das sehr an die Wassergegend gemahnt.

Der Hauptaltar steht noch zur Hälfte, auf demselben ein hohes Kreuz, an welches unten der heruntergestürzte Christusleib festgebunden ist. Ich kletterte an dem Altar hinauf; um den Trümmern noch eine letzte Ehre anzutun, wollte ich einen großen Blumenstrauß, den ich unterwegs gesammelt hatte, zwischen eine Spalte des Kopfes stecken; zu meinem größten Schrecken fiel mir der Kopf vor die Füße, die Weihen und Spatzen und alles, was da genistet hatte, flog durch das Gepolter auf, und die stille Einsamkeit des Orts war Minuten lang gestört. Durch die Öffnungen der Türen schauen die entferntesten Gebirge: auf der einen Seite der Altkönig, auf der andern der ganze Hunsrück bis Kreuznach, vom Donnersberg begrenzt; rückwärts kannst Du so viel Land übersehen, als Du Lust hast. Wie ein breites Feiergewand zieht es der Rhein schleppend hinter sich her, den Du vor der Kapelle mit allen grünen Inseln wie mit Smaragden geschmückt liegen siehst; der Rüdesheimer Berg, der Scharlach- und Johannisberg, und wie all das edle Gefels heißt, wo der beste Wein wächst, liegen von verschiedenen Seiten und fangen die heißen Sonnenstrahlen wie blitzende Juwelen auf; man kann da alle Wirkung der Natur in die Kraft des Weines deutlich erkennen, wie sich die Nebel zu Ballen wälzen und sich an den Bergwänden herabsenken, wie das Erdreich sie gierig schluckt, und wie die heißen Winde drüber herstreifen. Es ist nichts schöner, als wenn das Abendrot über einen solchen benebelten Weinberg fällt; da ist's, als ob der Herr selbst die alte Schöpfung wieder angefrischt habe, ja als ob der Weinberg vom eignen Geist benebelt sei.

Und wenn dann endlich die helle Nacht heraufsteigt und allem Ruh gibt, – und mir auch, die vorher wohl die Arme ausstreckte und nichts erreichen konnte; die an Dich gedacht hat; – Deinen Namen wohl hundertmal auf den Lippen hatte, ohne ihn auszusprechen – müssten nicht Schmerzen in mir erregt werden, wenn ich es einmal wagte? – und keine Antwort? alles still? – Ja Natur! wer so innig mit ihr vertraut wär, dass er an ihrer Seligkeit genug hätte! – aber ich nicht! – Lieber, lieber Freund, erlaub's doch, dass ich Dir jetzt beide Hände küsse; zieh sie nicht zurück, wie Du sonst getan hast.

Wo war ich heut nacht? – Wenn sie's wüssten, dass ich die ganze Nacht nicht zu Hause geschlafen habe und doch so sanft geruht habe! – Dir will ich's sagen; Du bist weit entfernt, wenn Du auch schmälst, – bis hierher verhallt der Donner Deiner Worte.

Gestern abend ging ich noch allein auf den Rochusberg und schrieb Dir bis hierher, dann träumte ich ein wenig, und wie ich mich wieder besann und glaubte, die Sonne wolle untergehen, da war's der aufgehende Mond; ich war überrascht, ich hätte mich gefürchtet – die Sterne litten's nicht; diese Hunderttausende und ich beisammen in dieser Nacht! – Ja, wer bin ich, dass ich mich fürchten sollte, zähl ich denn mit? – Hinunter traute ich mich nicht, ich hätte keinen Nachen gefunden zum Überfahren; die Nacht ist auch gar nicht lang jetzt, da legt ich mich auf die andere Seite und sagte den Sternen gute Nacht; bald war ich eingeschlafen – dann und wann weckten mich irrende Lüftchen, dann dacht ich an Dich; so oft ich erwachte, rief ich Dich zu mir, ich sagte immer im Herzen: Goethe, sei bei mir, damit ich mich nicht fürchte; dann träumte ich, dass ich längs den schilfigen Ufern des Rheins schiffe, und da, wo es am tiefsten war, zwischen schwarzen Felsspalten, da entfiel mir Dein Ring; ich sah ihn sinken, tiefer und tiefer, bis auf den Grund! Ich wollte nach Hilfe rufen, – da erwachte ich im Morgenrot, neubeglückt, dass der Ring noch am Finger war. Ach Prophet! – deute mir diesen Traum; komm dem Schicksal zuvor, lass unserer Liebe nicht zu nahe geschehen, nach dieser schönen Nacht, wo ich zwischen Furcht und Freude im Rat der Sterne Deiner Zukunft gedachte. [...]

Rochusberg

[...] Mein erster Gang war hier herauf, wo ich Dir den letzten Brief schrieb, ehe wir reisten. Ich wollte sehen, ob mein Dintenfass noch da sei und meine kleine Mappe mit Papier. Alles noch an Ort und Stelle; ach Goethe, ich habe Deine Briefe so lieb, ich habe sie eingehüllt in ein seidnes Tuch, mit bunten Blumen und goldnem Zierat gestickt. Am letzten Tag vor unserer Rheinreise, da wusste ich nicht, wohin mit, mitnehmen wollte ich sie nicht, da wir allesamt nur einen Mantelsack hatten; in meinem Zimmerchen, das ich nicht verschließen konnte, weil es gebraucht wurde, mochte ich sie auch nicht lassen, ich dachte, der Nachen könnte versinken und ich versaufen, und dann würden diese Briefe, deren einer um den andern an meinem Herzen gelegen hat, in fremde Hand kommen. Erst wollte ich sie den Nonnen in Vollratz aufzuheben geben; – es sind Bernhardinerinnen, die, aus dem Kloster vertrieben, jetzt dort wohnen, – nachher hab ich's anders überlegt.

Das letztemal habe ich hier auf dem Berg einen Ort gefunden; unter dem Beichtstuhl der Rochuskapelle, der noch steht, in dem ich auch immer meine Schreibereien verwahre, hab ich eine kleine Höhle gegraben und hab sie inwendig mit Muscheln vom Rhein und wunderschönen kleinen Kieselsteinchen ausgemauert, die ich auf dem Berge fand; da hab ich sie in ihrer seidnen Umhüllung hineingelegt und eine Distel vor die Stelle gepflanzt, deren Wurzel ich sorgfältig mitsamt der Erde ausgestochen. Unterwegs war mir oft bange; welcher Schlag hätte mich getroffen, hätte ich sie nicht wiedergefunden, mir steht das Herz still; – sieben Tage war schlecht Wetter nach unserer Heimkehr; es war nicht möglich, hinüberzukommen; der Rhein ist um drei Fuß gestiegen und ganz verödet von Nachen; ach, wie hab ich's verwünscht, dass ich sie da oben hingebracht hatte; keinem mocht ich's sagen, aber die Ungeduld hinüberzukommen! Ich hatte Fieber aus Angst um meine Briefe, ich konnte mir ja erwarten, der Regen würde irgendwo durchgedrungen sein und sie verderben; ach, sie haben auch ein bisschen Wassernot gelitten, aber nur ganz wenig, ich war so froh, wie ich von weitem die Distel blühen sah, da hab ich sie denn ausgegraben und in die Sonne gelegt; sie sind gleich trocken, und ich nehm sie mit. Die Distel hab ich zum ewigen Andenken wieder festgepflanzt. [...]


Bettina von Arnim: Werke 1. Goethes Briefwechsel mit einem Kinde. Berlin, Weimar: Aufbau-Verlag 1986, S. 162-164; 186-188. Zwischen den beiden Briefen liegt eine mehrtägige Rheinreise.

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Der Rhein von Cöln bis Mainz. Panorama, Ausschnitt. Lith. Kunstanstalt Carl Garte, Leipzig.

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2.
Johann Wolfgang von Goethe
Sanct Rochus-Fest zu Bingen
Am 16. August 1814

Zu des Rheins gestreckten Hügeln,
Hochgesegneten Gebreiten,
Auen die den Fluss bespiegeln,
Weingeschmückten Landesweiten,
Möget, mit Gedankenflügeln,
Ihr den treuen Freund begleiten.

Vertraute, gesellige Freunde, welche schon wochenlang in Wiesbaden der heilsamen Kur genossen, empfanden eines Tages eine gewisse Unruhe, die sie durch Ausführung längst gehegter Vorsätze zu beschwichtigen suchten. Mittag war schon vorbei und doch ein Wagen augenblicklich bestellt, um den Weg ins angenehme Rheingau zu suchen. Auf der Höhe über Biebrich erschaute man das weite, prächtige Flusstal mit allen Ansiedelungen innerhalb der fruchtbarsten Gauen. Doch war der Anblick nicht vollkommen so schön, als man ihn am frühen Morgen schon öfters genossen, wenn die aufgehende Sonne so viel weißangestrichene Haupt- und Giebelseiten unzähliger Gebäude, größerer und kleinerer, am Flusse und auf den Höhen beleuchtete. In der weitesten Ferne glänzte dann vor allen das Kloster Johannisberg, einzelne Lichtpunkte lagen dies- und jenseits des Flusses ausgesät.

Damit wir aber sogleich erführen, dass wir uns in ein frommes Land bewegten, entgegnete uns vor Mosbach ein italienischer Gipsgießer, auf dem Haupte sein wohlbeladenes Brett gar kühnlich im Gleichgewichte schwenkend. Die darauf schwebenden Figuren aber waren nicht etwa, wie man sie nordwärts antrifft, farblose Götter- und Heldenbilder, sondern, der frohen und heitern Gegend gemäß, bunt angemalte Heilige. Die Mutter Gottes thronte über allen; aus den vierzehn Nothelfern waren die vorzüglichsten auserlesen; der heilige Rochus, in schwarzer Pilgerkleidung, stand voran, neben ihm sein brottragendes Hündlein.

Nun fuhren wir bis Schierstein durch breite Kornfelder, hie und da mit Nussbäumen geschmückt. Dann erstreckt sich das fruchtbare Land links an den Rhein, rechts an die Hügel, die sich nach und nach dem Wege näher ziehen. Schön und gefährlich erscheint die Lage von Walluf, unter einem Rheinbusen, wie auf einer Landzunge. Durch reich befruchtete, sorgfältig unterstützte Obstbäume hindurch sah man Schiffe segeln, lustig, doppelt begünstigt, stromabwärts.

Auf das jenseitige Ufer wird das Auge gezogen; wohlgebaute, große, von fruchtbaren Gauen umgebene Ortschaften zeigen sich, aber bald muss der Blick wieder herüber: In der Nähe steht eine Kapellenruine, die, auf grüner Matte, ihre mit Efeu begrünten Mauern wundersam reinlich, einfach und angenehm erhebt. Rechts nun schieben Rebhügel sich völlig an den Weg heran.

In dem Städtchen Walluf tiefer Friede, nur die Einquartierungskreide an den Haustüren noch nicht ausgelöscht. Weiterhin erscheint Weinbau zu beiden Seiten. Selbst auf flachem, wenig abhängigem Boden wechseln Rebstücke und Kornfelder, entferntere Hügel rechts ganz bedeckt von Rebgeländern.

Und so, in freier umhügelter, zuletzt nordwärts von Bergen umkränzter Fläche liegt Elfeld [Eltville], gleichfalls nah am Rheine, gegenüber einer großen bebauten Aue. Die Türme einer alten Burg sowie der Kirche deuten schon auf eine größere Landstadt, die sich auch inwendig durch ältere, architektonisch verzierte Häuser und sonst auszeichnet.

Die Ursachen, warum die ersten Bewohner dieser Ortschaften sich an solchen Plätzen angesiedelt, auszumitteln, würde ein angenehmes Geschäft sein. Bald ist es ein Bach, der von der Höhe nach dem Rhein fließt, bald günstige Lage zum Landen und Ausladen, bald sonst irgendeine örtliche Bequemlichkeit.

Man sieht schöne Kinder und erwachsen wohlgebildete Menschen, alle haben ein ruhiges, keineswegs ein hastiges Ansehen. Lustfuhren und Lustwandler begegneten uns fleißig, letztere öfters mit Sonnenschirmen. Die Tageshitze war groß, die Trockenheit allgemein, der Staub höchst beschwerlich.

Unter Elfeld liegt ein neues, prächtiges, von Kunstgärten umgebenes Landhaus. Noch sieht man Fruchtbau auf der Fläche links, aber der Weinbau vermehrt sich. Orte drängen sich, Höfe fügen sich dazwischen, so dass sie, hintereinander gesehen, sich zu berühren scheinen.

Alles dieses Pflanzenleben der Flächen und Hügel gedeiht in einem Kiesboden, der, mehr oder weniger mit Leimen gemischt, den in die Tiefe wurzelnden Weinstock vorzüglich begünstigt. Die Gruben, die man zu Überschüttung der Heerstraße ausgegraben, zeigen auch nichts anders.

Erbach ist, wie die übrigen Orte, reinlich gepflastert, die Straßen trocken, die Erdgeschosse bewohnt und, wie man durch die offenen Fenster sehen kann, reinlich eingerichtet. Abermals folgt ein palastähnliches Gutsgebäude, die Gärten erreichen den Rhein, köstliche Terrassen und schattige Lindengänge durchschaut man mit Vergnügen.

Der Rhein nimmt hier einen andern Charakter an; es ist nur ein Teil desselben, die vorliegende Aue beschränkt ihn und bildet einen mäßigen, aber frisch und kräftig strömenden Fluss. Nun rücken die Rebhügel der rechten Seite ganz an den Weg heran, von starken Mauern getragen, in welchen eine vertiefte Blende die Aufmerksamkeit an sich zieht. Der Wagen hält still, man erquickt sich an einem reichlich quellenden Röhrwasser; dieses ist der Marktbrunnen, von welchem der auf der Hügelstrecke gewonnene Wein seinen Namen hat.

Die Mauer hört auf, die Hügel verflachen sich, ihre sanften Seiten und Rücken sind mit Weinstöcken überdrängt. Links Fruchtbäume. Nah am Fluss Weidigte, die ihn verstecken.

Durch Hattenheim steigt die Straße; auf der hinter dem Ort erreichten Höhe ist der Lehmenboden weniger kiesig. Von beiden Seiten Weinbau, links mit Mauern eingefasst, rechts abgeböscht. Reichartshausen, ehemaliges Klostergut, jetzt der Herzogin von Nassau gehörig. Die letzte Mauerecke durchbrochen, zeigt einen anmutig beschatteten Akaziensitz. Reiche sanfte Fläche auf der fortlaufenden Höhe, dann aber zieht sich die Straße wieder an den Fluss, der bisher tief und entfernt gelegen. Hier wird die Ebene zu Feld- und Gartenbau benutzt, die mindeste Erhöhung zu Wein. Östreich in einiger Entfernung vom Wasser, auf ansteigendem Boden, liegt sehr anmutig: denn hinter dem Orte ziehen sich die Weinhügel bis an den Fluss und so fort bis Mittelheim, wo sich der Rhein in herrlicher Breite zeigt. Langenwinkel folgt unmittelbar; den Beinamen des Langen verdient es, ein Ort bis zur Ungeduld der Durchfahrenden in die Länge gezogen, Winkelhaftes lässt sich dagegen nichts bemerken.

Vor Geisenheim erstreckt sich ein flaches, niederes Erdreich bis an den Strom, der es wohl noch jetzt bei hohem Wasser überschwemmt; es dient zu Garten und Kleebau. Die Aue im Fluss, das Städtchen am Ufer ziehen sich schön gegeneinander, die Aussicht jenseits wird freier. Ein weites hüglichtes Tal bewegt sich zwischen zwei ansteigenden Höhen gegen den Hunsrück zu.

Wie man sich Rüdesheim nähert, wird die niedere Fläche links immer auffallender, und man fasst den Begriff, dass in der Urzeit, als das Gebirge bei Bingen noch verschlossen gewesen, das hier aufgehaltene, zurückgestauchte Wasser diese Niederung ausgeglichen, und endlich, nach und nach ablaufend und fortströmend, das jetzige Rheinbett daneben gebildet habe.

Und so gelangten wir in weniger als viertehalb Stunden nach Rüdesheim, wo uns der Gasthof »Zur Krone«, ohnfern des Tores anmutig gelegen, sogleich anlockte.

Er ist an einen alten Turm angebaut und lässt aus den vordern Fenstern rheinabwärts, aus der Rückseite rheinaufwärts blicken; doch suchten wir bald das Freie. Ein vorspringender Steinbau ist der Platz, wo man die Gegend am reinsten überschaut. Flussaufwärts sieht man von hier die bewachsenen Auen, in ihrer ganzen perspektivischen Schönheit. Unterwärts am gegenseitigen Ufer Bingen, weiter hinabwärts den Mäuseturm im Flusse.

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Roux, St.-Rochus-Kapelle bei Bingen. Um 1818. In: Goethe, Sanct Rochus-Fest zu Bingen am 16. August 1814. Nachwort von Wilhelm Schäfer (Die kleine Bücherei) München: Albert Langen / Georg Müller 1938, nach S. 32. - Roux, Jakob Wilh. Christian, Maler, Zeichner u. Radierer, geb. 1775 Jena, gest. 1831 Heidelberg. Tätig in Weimar und Heidelberg. Malte und radierte Landschaften (Umgebung Jenas, Weimars, Heidelbergs und vom Rhein) (Thieme-Becker).

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[Fortsetzung] Von Bingen heraufwärts erstreckt sich, nahe am Strom, ein Hügel gegen das obere flache Land. Er lässt sich als Vorgebirg in den alten höheren Wassern denken. An seinem östlichen Ende sieht man eine Kapelle, dem heiligen Rochus gewidmet, welche soeben vom Kriegsverderben wiederhergestellt wird. An einer Seite stehen noch die Rüststangen; dem ohngeachtet aber soll morgen das Fest gefeiert werden. Man glaubte, wir seien deshalb hergekommen, und verspricht uns viel Freude.

Und so vernahmen wir denn, dass während der Kriegszeiten, zu großer Betrübnis der Gegend, dieses Gotteshaus entweiht und verwüstet worden. Zwar nicht gerade aus Willkür und Mutwillen, sondern weil hier ein vorteilhafter Posten die ganze Gegend überschaute, und einen Teil derselben beherrschte. Und so war das Gebäude denn aller gottesdienstlichen Erfordernisse, ja aller Zierden beraubt, durch Bivouaks angeschmaucht und verunreinigt, ja durch Pferdestallung geschändet.

Deswegen aber sank der Glaube nicht an den Heiligen, welcher die Pest und ansteckende Krankheiten von Gelobenden abwendet. Freilich war an Wallfahrten hieher nicht zu denken: denn der Feind, argwöhnisch und vorsichtig, verbot alle frommen Auf- und Umzüge als gefährliche Zusammenkünfte, Gemeinsinn befördernd und Verschwörungen begünstigend. Seit vierundzwanzig Jahren konnte daher dort oben kein Fest gefeiert werden. Doch wurden benachbarte Gläubige, welche von den Vorteilen örtlicher Wallfahrt sich überzeugt fühlten, durch große Not gedrängt, das Äußerste zu versuchen. Hiervon erzählen die Rüdesheimer folgendes merkwürdige Beispiel. In tiefer Winternacht erblickten sie einen Fackelzug, der sich ganz unerwartet von Bingen aus den Hügel hinauf bewegte, endlich um die Kapelle versammelte, dort, wie man vermuten können, seine Andacht verrichtete. Inwiefern die damaligen französischen Behörden dem Drange dieser Gelobenden nachgesehen, da man sich ohne Vergünstigung dergleichen wohl kaum unterfangen hätte, ist niemals bekannt geworden, sondern das Geschehene blieb in tiefer Stille begraben.

Alle Rüdesheimer jedoch, die, ans Ufer laufend, von diesem Schauspiel Zeugen waren, versichern, seltsamer und schauderhafter in ihrem Leben nichts gesehen zu haben.

Wir gingen sachte den Strand hinab, und wer uns auch begegnete, freute sich über die Wiederherstellung der nachbarlichen heiligen Stätte: denn obgleich Bingen vorzüglich diese Erneuerung und Belebung wünschen muss, so ist es doch eine fromme und frohe Angelegenheit für die ganze Gegend, und deshalb eine allgemeine Freude auf morgen.

Denn der gehinderte, unterbrochene, ja oft aufgehobene Wechselverkehr der beiden Rheinufer, nur durch den Glauben an diesen Heiligen unterhalten, soll glänzend wiederhergestellt werden. Die ganze umliegende Gegend ist in Bewegung, alte und neue Gelübde dankbar abzutragen. Dort will man seine Sünde bekennen, Vergebung erhalten, in der Masse so vieler zu erwartenden Fremden, längst vermissten Freunden wieder begegnen.

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Rüdesheim. Zeichner: W. Tombleson, Stahlstecher: J. Waters. Romantische Rheinreise. 114 Faksimilestiche der Orte und Städte am ganzen Rheinlauf. Zus.gest. u. hrsg. von Wolfgang Schwarze. Wuppertal: Wolfgang Schwarze 3. Aufl. 1975, S. 91. - Tombleson,William, engl. Zeichner, Kupferstecher u. Stichverleger, geboren um 1795. Wurde bekannt durch seine Rheinansichten. (Thieme-Becker).

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[Fortsetzung]  Unter solchen frommen und heitern Aussichten, wobei wir den Fluss und das jenseitige Ufer nicht aus dem Auge ließen, waren wir, das weit sich erstreckende Rüdesheim hinab, zu dem alten römischen Kastell [Brömserburg] gelangt, das, am Ende gelegen, durch treffliche Mauerung sich erhalten hat. Ein glücklicher Gedanke des Besitzers, des Herrn Grafen Ingelheim, bereitete hier jedem Fremden eine schnell belehrende, und erfreuliche Übersicht.

Man tritt in einen brunnenartigen Hof, der Raum ist eng, hohe schwarze Mauern steigen wohlgefügt in die Höhe, rauh anzusehen, denn die Steine sind äußerlich unbehauen, eine kunstlose Rustika. Die steilen Wände sind durch neu angelegte Treppen ersteiglich; in dem Gebäude selbst findet man einen eigenen Kontrast wohleingerichteter Zimmer und großer, wüster, von Wachfeuern und Rauch geschwärzter Gewölbe. Man windet sich stufenweise durch finstere Mauerspalten hindurch und findet zuletzt, auf turmartigen Zinnen, die herrlichste Aussicht. Nun wandeln wir in der Luft hin und wider, indessen wir Gartenanlagen, in den alten Schutt gepflanzt, neben uns bewundern. Durch Brücken sind Türme, Mauerhöhen und Flächen zusammengehängt, heitere Gruppen von Blumen und Strauchwerk dazwischen; sie waren diesmal regenbedürftig, wie die ganze Gegend.

Nun, im klaren Abendlichte, lag Rüdesheim vor und unter uns. Eine Burg der mittlern Zeit, nicht fern von dieser uralten. Dann ist die Aussicht reizend über die unschätzbaren Weinberge; sanftere und steilere Kieshügel, ja Felsen und Gemäuer sind zu Anpflanzung von Reben benutzt. Was aber auch sonst noch von geistlichen und weltlichen Gebäuden dem Auge begegnen mag, der Johannisberg herrscht über alles.

Nun musste denn wohl, im Angesicht so vieler Rebhügel, des Eilfers in Ehren gedacht werden. Es ist mit diesem Weine wie mit dem Namen eines großen und wohltätigen Regenten: Er wird jederzeit genannt, wenn auf etwas Vorzügliches im Lande die Rede kommt; ebenso ist auch ein gutes Weinjahr in aller Munde. Ferner hat denn auch der Eilfer die Haupteigenschaft des Trefflichen: Er ist zugleich köstlich und reichlich.

In Dämmerung versank nach und nach die Gegend. Auch das Verschwinden so vieler bedeutender Einzelheiten ließ uns erst recht Wert und Würde des Ganzen fühlen, worin wir uns lieber verloren hätten; aber es musste geschieden sein.

Unser Rückweg ward aufgemuntert durch fortwährendes Kanonieren von der Kapelle her. Dieser kriegerische Klang gab Gelegenheit, an der Wirtstafel des hohen Hügelpunktes als militärischen Postens zu gedenken. Man sieht von da das ganze Rheingau hinauf und unterscheidet die meisten Ortschaften, die wir auf dem Herwege genannt.

Zugleich machte man uns aufmerksam, dass wir von der Höhe über Biebrich schon die Rochuskapelle, als weißen Punkt von der Morgensonne beleuchtet, deutlich öfters müssten gesehen haben, dessen wir uns denn auch gar wohl erinnerten.

Bei allem diesem konnte es denn nicht fehlen, dass man den heiligen Rochus als einen würdigen Gegenstand der Verehrung betrachtete, da er, durch das gefesselte Zutrauen, diesen Hader- und Kriegsposten augenblicklich wieder zum Friedens- und Versöhnungsposten umgeschaffen.

Indessen hatte sich ein Fremder eingefunden und zu Tische gesetzt, den man auch als einen Wallfahrer betrachtete und deshalb sich um so unbefangener zum Lobe des Heiligen erging. Allein zu großer Verwunderung der wohlgesinnten Gesellschaft fand sich, dass er, obgleich Katholik, gewissermaßen ein Widersacher des Heiligen sei. Am sechzehnten August, als am Festtage, während so viele den heiligen Rochus feierten, brannte ihm das Haus ab. Ein anderes Jahr am selbigen Tage wurde sein Sohn blessiert; den dritten Fall wollte er nicht bekennen.

Ein kluger Gast versetzte darauf: bei einzelnen Fällen komme es hauptsächlich darauf an, dass man sich an den eigentlichen Heiligen wende, in dessen Fach die Angelegenheit gehöre. Der Feuersbrunst zu wehren, sei St. Florian beauftragt; den Wunden verschaffe St. Sebastian Heilung; was den dritten Punkt betreffe, so wisse man nicht, ob St. Hubertus vielleicht Hülfe geschafft hätte? Im übrigen sei den Gläubigen genügsamer Spielraum gegeben, da im ganzen vierzehn heilige Nothelfer aufgestellt worden. Man ging die Tugenden derselben durch und fand, dass es nicht Nothelfer genug geben könne.

Um dergleichen, selbst in heiterer Stimmung, immer bedenkliche Betrachtungen loszuwerden, trat man heraus unter den brennend gestirnten Himmel, und verweilte so lange, dass der darauf folgende tiefe Schlaf als Null betrachtet werden konnte, da er uns vor Sonnenaufgang verließ. Wir treten sogleich heraus, nach den grauen Rheinschluchten hinabzublicken, ein frischer Wind blies von dorther uns ins Angesicht, günstig den Herüber- wie den Hinüberfahrenden.

Schon jetzt sind die Schiffer sämtlich rege und beschäftigt, die Segel werden bereitet, man feuert von oben, den Tag anzufangen, wie man ihn abends angekündigt. Schon zeigen sich einzelne Figuren und Geselligkeiten als Schattenbilder am klaren Himmel, um die Kapelle und auf dem Bergrücken, aber Strom und Ufer sind noch wenig belebt.

Leidenschaft zur Naturkunde reizt uns, eine Sammlung zu betrachten, wo die metallischen Erzeugnisse des Westerwaldes, nach dessen Länge und Breite, auch vorzügliche Minern von Rheinbreitenbach vorliegen sollten. Aber diese wissenschaftliche Betrachtung wäre uns fast zum Schaden gediehen: denn als wir zum Ufer des Rheins zurückkehren, finden wir die Abfahrenden in lebhaftester Bewegung. Massenweise strömen sie an Bord, und ein überdrängtes Schiff nach dem andern stößt ab.

Drüben, am Ufer her, sieht man Scharen ziehen, Wagen fahren. Schiffe aus den obern Gegenden landen daselbst. Den Berg aufwärts wimmelt's bunt von Menschen, auf mehr oder weniger gähen Fußpfaden, die Höhe zu ersteigen bemüht. Fortwährendes Kanonieren deutet auf eine Folge wallfahrender Ortschaften.

Nun ist es Zeit! Auch wir sind mitten auf dem Flusse, Segel und Ruder wetteifern mit Hunderten. Ausgestiegen, bemerken wir sogleich, mit geologischer Vorliebe,am Fuße des Hügels wundersame Felsen. Der Naturforscher wird von dem heiligen Pfade zurückgehalten. Glücklicherweise ist ein Hammer bei der Hand. Da findet sich ein Konglomerat, der größten Aufmerksamkeit würdig. Ein im Augenblicke des Werdens, zertrümmertes Quarzgestein, die Trümmer scharfkantig, durch Quarzmasse wieder verbunden. Ungeheure Festigkeit hindert uns, mehr als kleine Bröckchen zu gewinnen. – Möge bald ein reisender Naturforscher diese Felsen näher untersuchen, ihr Verhältnis zu den altern Gebirgsmassen unterwärts bestimmen, mir davon gefälligst Nachricht nebst einigen belehrenden Musterstücken zukommen lassen! Dankbar würde ich es erkennen.

Den steilsten, zickzack über Felsen springenden Stieg, erklommen wir mit Hundert und aber Hunderten, langsam, öfters rastend und scherzend. Es war die Tafel des Cebes im eigentlichsten Sinne bewegt, lebendig; nur dass hier nicht so viel ableitende Nebenwege stattfanden.

Oben um die Kapelle finden wir Drang und Bewegung. Wir dringen mit hinein. Der innere Raum, ein beinahe gleiches Viereck, jede Seite von etwa dreißig Fuß, das Chor im Grunde vielleicht zwanzig. Hier steht der Hauptaltar, nicht modern, aber im wohlhäbigen katholischen Kirchengeschmack. Er steigt hoch in die Höhe, und die Kapelle überhaupt hat ein recht freies Ansehen. Auch in den nächsten Ecken des Hauptvierecks zwei ähnliche Altäre, nicht beschädigt, alles wie vorzeiten. Und wie erklärt man sich dies in einer jüngst zerstörten Kirche?

Die Menge bewegte sich von der Haupttür gegen den Hochaltar, wandte sich dann links, wo sie einer, im Glassarge liegenden Reliquie große Verehrung bezeigte. Man betastete den Kasten, bestrich ihn, segnete sich und verweilte, solange man konnte; aber einer verdrängte den andern, und so ward auch ich im Strome vorbei- und zur Seitenpforte hinaus geschoben.

Ältere Männer von Bingen treten zu uns, den Herzoglich-Nassauischen Beamten, unsern werten Geleitsmann, freundlich zu begrüßen, sie rühmen ihn als einen guten und hülfreichen Nachbar, ja als den Mann, der ihnen möglich gemacht, das heutige Fest mit Anstand zu feiern. Nun erfahren wir, dass, nach aufgehobenem Kloster Eibingen, die inneren Kirchenerfordernisse, Altäre, Kanzel, Orgel, Bet- und Beichtstühle, an die Gemeine zu Bingen zu völliger Einrichtung der Rochuskapelle um ein billiges überlassen worden. Da man sich nun von protestantischer Seite dergestalt förderlich erwiesen, gelobten sämtliche Bürger Bingens, gedachte Stücke persönlich herüberzuschaffen. Man zog nach Eibingen, alles ward sorgfältig abgenommen, der einzelne bemächtigte sich kleinerer, mehrere der größeren Teile, und so trugen sie, Ameisen gleich, Säulen und Gesimse, Bilder und Verzierungen herab an das Wasser; dort wurden sie, gleichfalls dem Gelübde gemäß, von Schiffern eingenommen, übergesetzt, am linken Ufer ausgeschifft und abermals, auf frommen Schultern, die mannigfaltigen Pfade hinaufgetragen. Da nun das alles zugleich geschah, so konnte man, von der Kapelle herabschauend über Land und Fluss, den wunderbarsten Zug sehen, indem Geschnitztes und Gemaltes, Vergoldetes und Lackiertes, in bunter Folgereihe sich bewegte; dabei genoss man des angenehmen Gefühls, dass jeder, unter seiner Last und bei seiner Bemühung, Segen und Erbauung sein ganzes Leben hoffen durfte. Die auch herübergeschaffte, noch nicht aufgestellte Orgel wird nächstens auf einer Galerie, dem Hauptaltar gegenüber, Platz finden. Nun löste sich erst das Rätsel, man beantwortet sich die aufgeworfene Frage: wie es komme, dass alle diese Zierden, schon verjährt und doch wohlerhalten, unbeschädigt und doch nicht neu, in einem erst hergestellten Raum sich zeigen konnten.

Dieser jetzige Zustand des Gotteshauses muss uns um so erbaulicher sein, als wir dabei an den besten Willen, wechselseitige Beihülfe, planmäßige Ausführung und glückliche Vollendung erinnert werden. Denn dass alles mit Überlegung geschehen, erhellt nicht weniger aus Folgendem. Der Hauptaltar aus einer weit größeren Kirche sollte hier Platz finden, und man entschloss sich, die Mauern um mehrere Fuß zu erhöhen, wodurch man einen anständigen, ja reich verzierten Raum gewann. Der ältere Gläubige kann nun vor demselbigen Altar auf dem linken Rheinufer knien, vor welchem er, von Jugend an, auf dem rechten gebetet hatte.

Auch war die Verehrung jener heiligen Gebeine schon längst herkömmlich. Diese Überreste des heiligen Rupprechts [d.i. Rupert von Bingen], die man sonst zu Eibingen gläubig berührt und hülfreich gepriesen hatte, fand man hier wieder. Und so manchen belebt ein freudiges Gefühl, einem längst erprobten Gönner wieder in die Nähe zu treten. Hiebei bemerke man wohl, dass es sich nicht geziemt hätte, diese Heiligtümer in den Kauf mit einzuschließen oder zu irgendeinem Preis anzuschlagen; nein, sie kamen vielmehr durch Schenkung, als fromme Zugabe gleichfalls nach St. Rochus. Möchte man doch überall, in ähnlichen Fällen, mit gleicher Schonung verfahren sein!

Und nun ergreift uns das Gewühl! Tausend und aber tausend Gestalten streiten sich um unsere Aufmerksamkeit. Diese Völkerschaften sind an Kleidertracht nicht auffallend verschieden, aber von der mannigfaltigsten Gesichtsbildung. Das Getümmel jedoch lässt keine Vergleichung aufkommen; allgemeine Kennzeichen suchte man vergebens in dieser augenblicklichen Verworrenheit, man verliert den Faden der Betrachtung, man lässt sich ins Leben hineinziehen.

Eine Reihe von Buden, wie ein Kirchweihfest sie fordert, stehen ohnfern der Kapelle. Voran geordnet, sieht man Kerzen, gelbe, weiße, gemalte, dem verschiedenen Vermögen der Weihenden angemessen. Gebetbücher folgen, Offizium zu Ehren des Gefeierten. Vergebens fragten wir nach einem erfreulichen Hefte, wodurch uns sein Leben, Leisten und Leiden klar würde; Rosenkränze jedoch aller Art fanden sich häufig. Sodann war aber auch für Wecken, Semmeln, Pfeffernüsse, und mancherlei Buttergebackenes gesorgt, nicht weniger für Spielsachen und Galanteriewaren, Kinder verschiedenen Alters anzulocken.

Prozessionen dauerten fort. Dörfer unterschieden sich von Dörfern, der Anblick hätte einem ruhigen Beobachter wohl Resultate verliehen. Im ganzen durfte man sagen: die Kinder schön, die Jugend nicht, die alten Gesichter sehr ausgearbeitet, mancher Greis befand sich darunter. Sie zogen mit Angesang und Antwort, Fahnen flatterten, Standarten schwankten, eine große und größere Kerze erhob sich Zug für Zug. Jede Gemeinde hatte ihre Mutter Gottes, von Kindern und Jungfrauen getragen, neu gekleidet, mit vielen rosenfarbenen, reichlichen, im Winde flatternden Schleifen geziert. Anmutig und einzig war ein Jesuskind, ein großes Kreuz haltend und das Marterinstrument freundlich anblickend. »Ach!« rief ein zartfühlender Zuschauer, »ist nicht ein jedes Kind, das fröhlich in die Welt hineinsieht, in demselben Falle!« Sie hatten es in neuen Goldstoff gekleidet, und es nahm sich, als Jugendfürstchen, gar hübsch und heiter aus.

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Blick vom Rochusberg rheinabwärts. Nach der Abbildung von J. Roux. In: Adolf Bach, Aus Goethes rheinischem Lebensraum. Menschen und Begebenheiten. Neuss: Verlag Gesellschaft für Buchdruckerei AG Neuss 1968 (Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz, Jahrbuch 1967/68), Abb. 80, S. 416. - Roux, Jakob Wilh. Christian, Maler, Zeichner u. Radierer, geb. 1775 Jena, gest. 1831 Heidelberg. Tätig in Weimar und Heidelberg. Malte und radierte Landschaften (Umgebung Jenas, Weimars, Heidelbergs
und vom Rhein) (Thieme-Becker).

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[Fortsetzung]  Eine große Bewegung aber verkündet: nun komme die Hauptprozession von Bingen herauf. Man eilt den Hügelrücken hin, ihr entgegen. Und nun erstaunt man auf einmal über den schönen, herrlich veränderten Landschaftsblick in eine ganz neue Szene. Die Stadt, an sich wohlgebaut und -erhalten, Gärten und Baumgruppen um sie her, am Ende eines wichtigen Tales, wo die Nahe herauskommt. Und nun der Rhein, der Mäuseturm, die Ehrenburg! Im Hintergrunde die ernsten und grauen Felswände, in die sich der mächtige Fluss eindrängt und verbirgt.

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Moritz Retzsch: Sankt-Rochus-Fest zu Bingen. In: Kupferstiche zu Goethes Werken 1827-1934. München: Artemis 1987, S. 43. Zu dieser "Kupfersammlung (oder Titelkupfer) zu Göthe's Werken" vgl. Nachbemerkung, S. I ff.

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[Fortsetzung] Die Prozession kommt bergauf, gereiht und geordnet wie die übrigen. Vorweg die kleinsten Knaben, Jünglinge und Männer hinterdrein. Getragen der heilige Rochus, in schwarzsamtenem Pilgerkleide, dazu, von gleichem Stoff, einen langen goldverbrämten Königsmantel, unter welchem ein kleiner Hund, das Brot zwischen den Zähnen haltend, hervorschaut. Folgen sogleich mittlere Knaben in kurzen schwarzen Pilgerkutten, Muscheln auf Hut und Kragen, Stäbe in Händen. Dann treten ernste Männer heran, weder für Bauern noch Bürger zu halten. An ihren ausgearbeiteten Gesichtern glaubt ich Schiffer zu erkennen, Menschen, die ein gefährliches, bedenkliches Handwerk, wo jeder Augenblick sinnig beachtet werden muss, ihr ganzes Leben über sorgfältig betreiben.

Ein rotseidener Baldachin wankte herauf, unter ihm verehrte man das Hochwürdigste, vom Bischof getragen, von Geistlichwürdigen umgeben, von östreichischen Kriegern begleitet, gefolgt von zeitigen Autoritäten. So ward vorgeschritten, um dies politisch-religiöse Fest zu feiern, welches für ein Symbol gelten sollte des wiedergewonnenen linken Rheinufers sowie der Glaubensfreiheit an Wunder und Zeichen.

Sollte ich aber die allgemeinsten Eindrücke kürzlich aussprechen, die alle Prozessionen bei mir zurückließen, so würde ich sagen: Die Kinder waren sämtlich froh, wohlgemut und behaglich, als bei einem neuen, wundersamen, heitern Ereignis. Die jungen Leute dagegen traten gleichgültig anher. Denn sie, in böser Zeit Geborne, konnte das Fest an nichts erinnern, und wer sich des Guten nicht erinnert, hofft nicht. Die Alten aber waren alle gerührt, als von einem glücklichen, für sie unnütz zurückkehrenden Zeitalter. Hieraus ersehen wir, dass des Menschen Leben nur insofern etwas wert ist, als es eine Folge hat.

Nun aber ward von diesem edlen, und vielfach würdigen Vorschreiten der Betrachter unschicklich abgezogen und weggestört durch einen Lärm im Rücken, durch ein wunderliches, gemein-heftiges Geschrei. Auch hier wiederholte sich die Erfahrung, dass ernste, traurige, ja schreckliche Schicksale, oft, durch ein unversehenes, abgeschmacktes Ereignis, als von einem lächerlichen Zwischenspiel, unterbrochen werden.

An dem Hügel rückwärts entsteht ein seltsames Rufen, es sind nicht Töne des Haders, des Schreckens, der Wut, aber doch wild genug. Zwischen Gestein und Busch und Gestripp irrt eine aufgeregte, hin und wider laufende Menge, rufend: »Halt! – hier! – da! – dort! – nun! – hier! nun heran!« – so schallt es mit allerlei Tönen; Hunderte beschäftigen sich laufend, springend, mit hastigem Ungetüm, als jagend und verfolgend. Doch gerade in dem Augenblick, als der Bischof mit dem hochehrwürdigen Zug die Höhe erreicht, wird das Rätsel gelöst.

Ein flinker, derber Bursche läuft hervor, einen blutenden Dachs behaglich vorzuweisen. Das arme, schuldlose Tier, durch die Bewegung der andringenden frommen Menge aufgeschreckt, abgeschnitten von seinem Bau, wird, am schonungsreichsten Feste, von den immer unbarmherzigen Menschen im segenvollsten Augenblicke getötet.

Gleichgewicht und Ernst war jedoch alsobald wieder hergestellt und die Aufmerksamkeit auf eine neue, stattlich heranziehende Prozession gelockt. Denn indem der Bischof nach der Kirche zu wallte, trat die Gemeinde von Bidenheim [Büdesheim] so zahlreich als anständig heran. Auch hier misslang der Versuch, den Charakter dieser einzelnen Ortschaft zu erforschen. Wir, durch so viel Verwirrendes verwirrt, ließen sie, in die immer wachsende Verwirrung, ruhig dahinziehen.

Alles drängte sich nun gegen die Kapelle und strebte zu derselben hinein. Wir, durch die Woge seitwärts geschoben, verweilten im Freien, um an der Rückseite des Hügels der weiten Aussicht zu genießen, die sich in das Tal eröffnet, in welchem die Nahe ungesehen heranschleicht. Hier beherrscht ein gesundes Auge die mannigfaltigste, fruchtbarste Gegend, bis zu dem Fuße des Donnersbergs, dessen mächtiger Rücken den Hintergrund majestätisch abschließt.

Nun wurden wir aber sogleich gewahr, dass wir uns dem Lebensgenusse näherten. Gezelte, Buden, Bänke, Schirme aller Art standen hier aufgereiht. Ein willkommener Geruch gebratenen Fettes drang uns entgegen. Beschäftigt fanden wir eine junge tätige Wirtin, umgehend einen glühenden, weiten Aschenhaufen, frische Würste – sie war eine Metzgerstochter – zu braten. Durch eigenes Handreichen und vieler flinker Diener unablässige Bemühung, wusste sie einer solchen Masse von zuströmenden Gästen genugzutun.

Auch wir, mit fetter dampfender Speise nebst frischem trefflichem Brot reichlich versehen, bemühten uns, Platz an einem geschirmten, langen, schon besetzten Tische zu nehmen. Freundliche Leute rückten zusammen, und wir erfreuten uns angenehmer Nachbarschaft, ja liebenswürdiger Gesellschaft, die von dem Ufer der Nahe zu dem erneuten Fest gekommen war. Muntere Kinder tranken Wein wie die Alten. Braune Krüglein, mit weißem Namenszug des Heiligen, rundeten im Familienkreise. Auch wir hatten dergleichen angeschafft und setzten sie wohlgefüllt vor uns nieder.

Da ergab sich nun der große Vorteil solcher Volksversammlung, wenn, durch irgendein höheres Interesse, aus einem großen, weitschichtigen Kreise so viele einzelne Strahlen nach einem Mittelpunkt gezogen werden.

Hier unterrichtet man sich auf einmal von mehreren Provinzen. Schnell entdeckte der Mineralog Personen, welche, bekannt mit der Gebirgsart von Oberstein, den Achaten daselbst und ihrer Bearbeitung, dem Naturfreunde belehrende Unterhaltung gaben. Der Quecksilber-Minern zu Moschel-Landsberg erwähnte man gleichfalls. Neue Kenntnisse taten sich auf, und man fasste Hoffnung, schönes kristallisiertes Amalgam von dorther zu erhalten.

Der Genuss des Weins war durch solche Gespräche nicht unterbrochen. Wir sendeten unsere leeren Gefäße zu dem Schenken, der uns ersuchen ließ, Geduld zu haben, bis die vierte Ohm angesteckt sei. Die dritte war in der frühen Morgenstunde schon verzapft.

Niemand schämt sich der Weinlust, sie rühmen sich einigermaßen des Trinkens. Hübsche Frauen gestehen, dass ihre Kinder mit der Mutterbrust zugleich Wein genießen. Wir fragten, ob denn wahr sei, dass es geistlichen Herren, ja Kurfürsten geglückt, acht rheinische Maß, das heißt sechzehn unserer Bouteillen, in vierundzwanzig Stunden zu sich zu nehmen?

Ein scheinbar ernsthafter Gast bemerkte, man dürfe sich zu Beantwortung dieser Frage nur der Fastenpredigt ihres Weihbischofs erinnern, welcher, nachdem er das schreckliche Laster der Trunkenheit seiner Gemeinde mit den stärksten Farben dargestellt, also geschlossen habe:

»Ihr überzeugt euch also hieraus, andächtige, zu Reu und Buße schon begnadigte Zuhörer, dass derjenige die größte Sünde begehe, welcher die herrlichen Gaben Gottes solcherweise missbraucht. Der Missbrauch aber schließt den Gebrauch nicht aus. Stehet doch geschrieben: ›Der Wein erfreuet des Menschen Herz!‹ Daraus erhellet, dass wir, uns und andere zu erfreuen, des Weines gar wohl genießen können und sollen. Nun ist aber unter meinen männlichen Zuhörern vielleicht keiner, der nicht zwei Maß Wein zu sich nähme, ohne deshalb gerade einige Verwirrung seiner Sinne zu spüren; wer jedoch bei dem dritten oder vierten Maß schon so arg in Vergessenheit seiner selbst gerät, dass er Frau und Kinder verkennt, sie mit Schelten, Schlägen und Fußtritten verletzt und seine Geliebtesten als die ärgsten Feinde behandelt, der gehe sogleich in sich und unterlasse ein solches Übermaß, welches ihn missfällig macht Gott und Menschen und seines gleichen verächtlich.

Wer aber bei dem Genuss von vier Maß, ja von fünfen und sechsen noch dergestalt sich selbst gleich bleibt, dass er seinem Nebenchristen liebevoll unter die Arme greifen mag, dem Hauswesen vorstehen kann, ja die Befehle geistlicher und weltlicher Obern auszurichten sich imstande findet, auch der genieße sein bescheiden Teil und nehme es mit Dank dahin. Er hüte sich aber, ohne besondere Prüfung weiter zu gehen, weil hier gewöhnlich dem schwachen Menschen ein Ziel gesetzt ward. Denn der Fall ist äußerst selten, dass der grundgütige Gott jemanden die besondere Gnade verleiht, acht Maß trinken zu dürfen, wie er mich, seinen Knecht, gewürdigt hat. Da mir nun aber nicht nachgesagt werden kann, dass ich in ungerechtem Zorn auf irgend jemand losgefahren sei, dass ich Hausgenossen und Anverwandte misskannt, oder wohl gar die mir obliegenden geistlichen Pflichten und Geschäfte verabsäumt hätte, vielmehr ihr alle mir das Zeugnis geben werdet, wie ich immer bereit bin, zu Lob und Ehre Gottes, auch zu Nutz und Vorteil meines Nächsten mich tätig finden zu lassen: so darf ich wohl mit gutem Gewissen und mit Dank dieser anvertrauten Gabe mich auch fernerhin erfreuen.

Und ihr, meine andächtigen Zuhörer, nehme ein jeder, damit er nach dem Willen des Gebers am Leibe erquickt, am Geiste erfreut werde, sein bescheiden Teil dahin. Und auf dass ein solches geschehe, alles Übermaß dagegen verbannt sei, handelt sämtlich nach der Vorschrift des heiligen Apostels, welcher spricht: ›Prüfet alles und das Beste behaltet.‹«

Und so konnte es denn nicht fehlen, dass der Hauptgegenstand alles Gesprächs der Wein blieb, wie er es gewesen. Da erhebt sich denn sogleich ein Streit über den Vorzug der verschiedenen Gewächse, und hier ist erfreulich zu sehen, dass die Magnaten unter sich keinen Rangstreit haben. Hochheimer, Johannisberger, Rüdesheimer lassen einander gelten, nur unter den Göttern minderen Ranges herrscht Eifersucht und Neid. Hier ist denn besonders der sehr beliebte Aßmannshäuser Rote vielen Anfechtungen unterworfen. Einen Weinbergsbesitzer von Oberingelheim hört' ich behaupten, der ihrige gebe jenem wenig nach. Der Eilfer solle köstlich gewesen sein, davon sich jedoch kein Beweis führen lasse, weil er schon ausgetrunken sei. Dies wurde von den Beisitzenden gar sehr gebilligt, weil man rote Weine gleich in den ersten Jahren genießen müsse.

Nun rühmte dagegen die Gesellschaft von der Nahe einen in ihrer Gegend wachsenden Wein, der Monzinger genannt. Er soll sich leicht und angenehm wegtrinken, aber doch, ehe man sich's versieht, zu Kopfe steigen. Man lud uns darauf ein. Er war zu schön empfohlen, als dass wir nicht gewünscht hätten, in so guter Gesellschaft, und wäre es mit einiger Gefahr, ihn zu kosten und uns an ihm zu prüfen.

Auch unsere braunen Krüglein kamen wiederum gefüllt zurück, und als man die heiteren weißen Namenszüge des Heiligen überall so wohltätig beschäftigt sah, musste man sich fast schämen, die Geschichte desselben nicht genau zu wissen, ob man gleich sich recht gut erinnerte, dass er, auf alles irdische Gut völlig verzichtend, bei Wartung von Pestkranken auch sein Leben nicht in Anschlag gebracht habe.

Nun erzählte die Gesellschaft, dem Wunsche gefällig, jene anmutige Legende, und zwar um die Wette, Kinder und Eltern sich einander einhelfend.

Hier lernte man das eigentliche Wesen der Sage kennen, wenn sie von Mund zu Mund, von Ohr zu Ohr wandelt. Widersprüche kamen nicht vor, aber unendliche Unterschiede, welche daher entspringen mochten, dass jedes Gemüt einen andern Anteil an der Begebenheit und den einzelnen Vorfällen genommen, wodurch denn ein Umstand bald zurückgesetzt, bald hervorgehoben, nicht weniger die verschiedenen Wanderungen sowie der Aufenthalt des Heiligen an verschiedenen Orten verwechselt wurde.

Ein Versuch, die Geschichte, wie ich sie gehört, gesprächsweise aufzuzeichnen, wollte mir nicht gelingen; so mag sie nur auf die Art, wie sie gewöhnlich überliefert wird, hier eingeschaltet stehen.

St. Rochus, ein Bekenner des Glaubens, war aus Montpellier gebürtig, und hieß sein Vater Johann, die Mutter aber Libera, und zwar hatte dieser Johann nicht nur Montpellier, sondern auch noch andere Orte unter seiner Gewalt, war aber ein frommer Mann und hatte lange Zeit ohne Kindersegen gelebt, bis er seinen Rochum von der heiligen Maria erbeten, und brachte das Kind ein rotes Kreuz auf der Brust mit auf die Welt. Wenn seine Eltern fasteten, musste er auch fasten, und gab ihm seine Mutter an einem solchen Tag nur einmal ihre Brust zu trinken. Im fünften Jahre seines Alters fing er an, sehr wenig zu essen und zu trinken; im zwölften legte er allen Überfluss und Eitelkeit ab und wendete sein Taschengeld an die Armen, denen er sonderlich viel Gutes tat. Er bezeigte sich auch fleißig im Studieren und erlangte bald großen Ruhm durch seine Geschicklichkeit, wie ihn dann auch noch sein Vater auf seinem Todbette durch eine bewegliche Rede, die er an ihn hielte, zu allem Guten ermahnte. Er war noch nicht zwanzig Jahre alt, als seine Eltern gestorben, da er denn alle sein ererbtes Vermögen unter die Armen austeilte, das Regiment über das Land niederlegte, nach Italien reiste und zu einem Hospital kam, darinnen viele an ansteckenden Krankheiten lagen, denen er aufwarten wollte; und ob man ihn gleich nicht alsobald hineinließ, sondern ihm die Gefahr vorstellte, so hielte er doch ferner an, und als man ihn zu den Kranken ließ, machte er sie alle durch Berührung mit seiner rechten Hand und Bezeichnung mit dem heiligen Kreuz gesund. Sodann begab er sich ferner nach Rom, befreite auch allda nebst vielen andern einen Kardinal von der Pest und hielt sich in die drei Jahre bei demselben auf.

Als er aber selbsten endlich auch mit dem schrecklichen Übel befallen wurde und man ihn in das Pesthaus zu den andern brachte, wo er wegen grausamer Schmerzen manchmal erschrecklich schreien musste, ging er aus dem Hospital und setzte sich außen vor die Türe hin, damit er den andern durch sein Geschrei nicht beschwerlich fiele; und als die Vorbeigehenden solches sahen, vermeinten sie, es wäre aus Unachtsamkeit der Pestwärter geschehen; als sie aber hernach das Gegenteil vernahmen, hielte ihn jedermann für töricht und unsinnig, und so trieben sie ihn zur Stadt hinaus. Da er denn, unter Gottes Geleit, durch Hülfe seines Stabes allgemach in den nächsten Wald fortkroch. Als ihn aber der große Schmerz nicht weiter fortkommen ließ, legte er sich unter einen Ahornbaum und ruhete daselbst ein wenig, da denn neben ihm ein Brunnen entsprang, daraus er sich erquickte.

Nun lag nicht weit davon ein Landgut, wohin sich viele Vornehme aus der Stadt geflüchtet, darunter einer namens Gotthardus, welcher viele Knechte und Jagdhunde bei sich hatte. Da ereignet sich aber der sonderbare Umstand, dass ein sonst sehr wohlgezogener Jagdhund ein Brot vom Tische wegschnappt und davonläuft. Obgleich abgestraft, ersieht er seinen Vorteil den zweiten Tag wieder und entflieht glücklich mit der Beute. Da argwohnt der Graf irgendein Geheimnis und folgt mit den Dienern.

Dort finden sie denn unter dem Baum den sterbenden frommen Pilger, der sie ersucht, sich zu entfernen, ihn zu verlassen, damit sie nicht von gleichem Übel angefallen würden. Gotthardus aber nahm sich vor, den Kranken nicht eher von sich zu lassen, als bis er genesen wäre, und versorgte ihn zum besten. Als nun Rochus wieder ein wenig zu Kräften kam, begab er sich vollends nach Florenz, heilte daselbst viele von der Pest und wurde selbst durch eine Stimme vom Himmel völlig wiederhergestellt. Er beredte auch Gotthardum dahin, dass dieser sich entschloss, mit ihm seine Wohnung in dem Wald aufzuschlagen und Gott ohne Unterlass zu dienen, welches auch Gotthardus versprach, wenn er nur bei ihm bleiben wollte; da sie sich denn eine geraume Zeit miteinander in einer alten Hütte aufhielten, und nachdem endlich Rochus Gotthardum zu solchem Eremitenleben genugsam eingeweiht, machte er sich abermals auf den Weg und kam nach einer beschwerlichen Reise glücklich wieder nach Hause, und zwar in seiner Stadt, die ihm ehemals zugehört und die er seinem Vetter geschenkt hatte. Allda nun wurde er, weil es Kriegszeit war, für einen Kundschafter gehalten und vor den Landesherrn geführt, der ihn wegen seiner großen Veränderung und armseligen Kleidung nicht mehr kannte, sondern in ein hart Gefängnis setzen ließ. Er aber dankte seinem Gott, dass er ihn allerlei Unglück erfahren ließ, und brachte fünf ganzer Jahre im Kerker zu; wollte es auch nicht einmal annehmen, wenn man ihm etwas Gekochtes zu essen brachte, sondern kreuzigte noch dazu seinen Leib mit Wachen und Fasten.

Als er merkte, dass sein Ende nahe sei, bat er die Bedienten des Kerkermeisters, dass sie ihm einen Priester holen möchten. Nun war es eine sehr finstere Gruft, wo er lag; als aber der Priester kam, wurde es helle, darüber dieser sich höchlich verwunderte, auch, sobald er Rochum ansahe, etwas Göttliches an ihm erblickte und vor Schrecken halbtot zur Erden fiel, auch sich sogleich zum Landesherrn begab, und ihm anzeigte, was er erfahren; und wie Gott wäre sehr beleidigt worden, indem man den frömmsten Menschen so lange Zeit in einem so beschwerlichen Gefängnis aufgehalten. Als dieses in der Stadt bekannt worden, lief jedermann häufig nach dem Turm; St. Rochus aber wurde von einer Schwachheit überfallen und gab seinen Geist auf. Jedermann aber sah durch die Spalten der Türe einen hellen Glanz hervordringen; man fand auch bei Eröffnung den Heiligen tot und ausgestreckt auf der Erde liegen, und bei seinem Haupt und den Füßen Lampen brennen; darauf man ihn auf des Landesherrn Befehl mit großem Gepränge in die Kirche begrub. Er wurde auch noch an dem roten Kreuz, so er auf der Brust mit auf die Welt gebracht hatte, erkannt, und war ein großes Heulen und Lamentieren darüber entstanden.

Solches geschahe im Jahre 1327, den 16. August; und ist ihm auch nach der Zeit zu Venedig, allwo nunmehr sein Leib verwahret wird, eine Kirche zu Ehren gebaut worden. Als nun im Jahre 1414 zu Konstanz ein Konzilium gehalten wurde und die Pest allda entstand, auch nirgend Hülfe vorhanden war, ließ die Pest alsobald nach, sobald man diesen Heiligen anrief, und ihm zu Ehren Prozessionen anstellte.

Diese friedliche Geschichte ruhig zu vernehmen, war kaum der Ort. Denn in der Tischreihe stritten mehrere schon längst über die Zahl der heute Wallfahrenden, und Besuchenden. Nach einiger Meinung sollten zehntausend, nach anderen mehr und dann noch mehr auf diesem Hügelrücken durch einander wimmeln. Ein österreichischer Offizier, militärischem Blick vertrauend, bekannte sich zu dem höchsten Gebote.

Noch mehrere Gespräche kreuzten sich. Verschiedene Bauernregeln und sprüchwörtliche Wetterprophezeiungen, welche dies Jahr eingetroffen sein sollten, verzeichnete ich ins Taschenbuch, und als man Teilnahme bemerkte, besann man sich auf mehrere, die denn auch hier Platz finden mögen, weil sie auf Landesart und auf die wichtigsten Angelegenheiten der Bewohner hindeuten.

»Trockner April ist nicht der Bauern Will. – Wenn die Grasmücke singt, ehe der Weinstock sprosst, so verkündet es ein gutes Jahr. – Viel Sonnenschein im August bringt guten Wein. – Je näher das Christfest dem neuen Monde zufällt, ein desto härteres Jahr soll hernach folgen; so es aber gegen den vollen und abnehmenden Mond kommt, je gelinder es sein soll. – Die Fischer haben von der Hechtsleber dieses Merkmal, welches genau eintreffen soll: wenn dieselbe gegen dem Gallenbläschen zu breit, der vordere Teil aber spitzig und schmal ist, so bedeutet es einen langen und harten Winter. – Wenn die Milchstraße im Dezember schön weiß und hell scheint, so bedeutet es ein gutes Jahr. – Wenn die Zeit von Weihnachten bis Dreikönig neblicht und dunkel ist, sollen das Jahr darauf Krankheiten folgen. – Wenn in der Christnacht die Weine in den Fässern sich bewegen, dass sie übergehen, so hofft man auf ein gutes Weinjahr. – Wenn die Rohrdommel zeitig gehört wird, so hofft man eine gute Ernte. – Wenn die Bohnen übermäßig wachsen und die Eichbäume viel Frucht bringen, so gibt es wenig Getreide. – Wenn die Eulen und andere Vögel ungewöhnlich die Wälder verlassen, und häufig den Dörfern und Städten zufliegen, so gibt es ein unfruchtbares Jahr. – Kühler Mai gibt guten Wein und vieles Heu. – Nicht zu kalt und nicht zu nass, füllt die Scheuer und das Fass. – Reife Erdbeeren um Pfingsten bedeuten einen guten Wein. – Wenn es in der Walpurgisnacht regnet, so hofft man ein gutes Jahr. – Ist das Brustbein von einer gebratenen Martinsgans braun, so bedeutet es Kälte; ist es weiß, Schnee.«

Ein Bergbewohner, welcher diese vielen, auf reiche Fruchtbarkeit hinzielenden Sprüche, wo nicht mit Neid, doch mit Ernst vernommen, wurde gefragt: ob auch bei ihnen dergleichen gang und gäbe wäre? Er versetzte darauf, mit so viel Abwechselung könne er nicht dienen. Rätselrede und Segen sei bei ihnen nur einfach und heiße:

     Morgens rund,
     Mittag gestampft,
    vAbends in Scheiben;
     Dabei soll's bleiben,
     Es ist gesund.

Man freute sich über diese glückliche Genügsamkeit und versicherte, dass es Zeiten gäbe, wo man zufrieden sei, es ebenso gut zu haben.

Indessen steht manche Gesellschaft gleichgültig auf, den fast unübersehbaren Tisch verlassend, andere grüßen und werden gegrüßt, so verliert sich die Menge nach und nach. Nur die zunächst Sitzenden, wenige wünschenswerte Gäste, zaudern, man verlässt sich ungern, ja man kehrt einigemal gegen einander zurück, das angenehme Weh eines solchen Abschieds zu genießen, und verspricht endlich, zu einiger Beruhigung, unmögliches Wiedersehen.

Außer den Zelten und Buden empfindet man leider in der hohen Sonne sogleich den Mangel an Schatten, welchen jedoch eine große neue Anpflanzung junger Nussbäume auf dem Hügelrücken künftigen Urenkeln verspricht. Möge jeder Wallfahrende die zarten Bäume schonen, eine löbliche Bürgerschaft von Bingen diese Anlage schirmen, durch eifriges Nachpflanzen und sorgfältiges Hegen ihr, zu Nutz und Freude so vieler Tausende, nach und nach in die Höhe helfen.

Eine neue Bewegung deutet auf neues Ereignis; man eilt zur Predigt, alles Volk drängt sich nach der Ostseite. Dort ist das Gebäude noch nicht vollendet, hier stehen noch Rüststangen, schon während des Baues dient man Gott. Ebenso war es, als in Wüsteneien von frommen Einsiedlern mit eigenen Händen Kirchen und Klöster errichtet wurden. Jedes Behauen, jedes Niederlegen eines Steins war Gottesdienst. Kunstfreunde erinnern sich der bedeutenden Bilder von Le Sueur, des heiligen Bruno Wandel und Wirkung darstellend. Also wiederholt sich alles Bedeutende im großen Weltgange, der Achtsame bemerkt es überall.

Eine steinerne Kanzel, außen an der Kirchmauer auf Kragsteinen getragen, ist nur von innen zugänglich. Der Prediger tritt hervor, ein Geistlicher in den besten Jahren. Die Sonne steht hoch, daher ihm ein Knabe den Schirm überhält. Er spricht mit klarer, verständlicher Stimme einen rein verständigen Vortrag. Wir glaubten seinen Sinn gefasst zu haben und wiederholten die Rede manchmal mit Freunden. Doch ist es möglich, dass wir bei solchen Überlieferungen von dem Urtext abwichen und von dem unsrigen mit einwebten. Und so wird man im Nachstehenden einen milden, Tätigkeit fordernden Geist finden, wenn es auch nicht immer die kräftigen, ausführlichen Worte sein sollten, die wir damals vernahmen.

»Andächtige, geliebte Zuhörer! In großer Anzahl besteigt ihr an dem heutigen Tage diese Höhe, um ein Fest zu feiern, das seit vielen Jahren durch Schickung Gottes unterbrochen worden. Ihr kommt, das vor kurzem noch entehrt und verwüstet liegende Gotteshaus hergestellt, geschmückt und eingeweiht zu finden, dasselbe andächtig zu betreten und die dem Heiligen, der hier besonders verehrt wird, gewidmeten Gelübde dankbar abzutragen. Da mir nun die Pflicht zukommt, an euch bei dieser Gelegenheit ein erbauliches Wort zu sprechen, so möchte wohl nichts besser an der Stelle sein, als wenn wir zusammen beherzigen: wie ein solcher Mann, der zwar von frommen, aber doch sündigen Eltern erzeugt worden, zur Gnade gelangt sei, vor Gottes Thron zu stehen, und, für diejenigen, die sich im Gebet gläubig an ihn wenden, vorbittend, Befreiung von schrecklichen, ganze Völkerschaften dahinraffenden Übeln, ja vom Tode selbst, erlangen könne.

Er ist dieser Gnade gewürdigt worden, so dürfen wir mit Zutrauen erwidern, gleich allen denen, die wir als Heilige verehren, weil er die vorzüglichste Eigenschaft besaß, die alles übrige Gute in sich schließt, eine unbedingte Ergebenheit in den Willen Gottes.

Denn obgleich kein sterblicher Mensch sich anmaßen dürfte, Gott gleich, oder demselben auch nur ähnlich zu werden, so bewirkt doch schon eine unbegrenzte Hingebung in seinen heiligen Willen die erste und sicherste Annäherung an das höchste Wesen.

Sehen wir doch ein Beispiel an Vätern und Müttern, die, mit vielen Kindern gesegnet, liebreiche Sorge für alle tragen. Zeichnet sich aber eins oder das andere darunter in Folgsamkeit und Gehorsam besonders aus, befolgt ohne Fragen und Zaudern die elterlichen Gebote, vollzieht es die Befehle sträcklich und beträgt sich dergestalt, als lebte es nur in und für die Erzeuger; so erwirbt es sich große Vorrechte. Auf dessen Bitte und Vorbitte hören die Eltern und lassen oft Zorn und Unmut, durch freundliche Liebkosungen besänftigt, vorübergehen. Also denke man sich, menschlicher Weise, das Verhältnis unsers Heiligen zu Gott, in welches er sich durch unbedingte Ergebung emporgeschwungen.«

Wir Zuhörenden schauten indes zu dem reinen Gewölbe des Himmels hinauf; das klarste Blau war von leicht hinschwebenden Wolken belebt, wir standen auf hoher Stelle. Die Aussicht rheinaufwärts licht, deutlich, frei, den Prediger zur Linken über uns, die Zuhörer vor ihm und uns hinabwärts.

Der Raum, auf welchem die zahlreiche Gemeinde steht, ist eine große unvollendete Terrasse, ungleich und hinterwärts abhängig. Künftig, mit baumeisterlichem Sinne, zweckmäßig herangemauert und eingerichtet, wäre das Ganze eine der schönsten Örtlichkeiten in der Welt. Kein Prediger, vor mehrern tausend Zuhörern sprechend, sah je eine so reiche Landschaft über ihren Häuptern. Nun stelle der Baumeister aber die Menge auf eine reine, gleiche, vielleicht hinterwärts wenig erhöhte Fläche, so sähen alle den Prediger und hörten bequem; diesmal aber, bei unvollendeter Anlage, standen sie abwärts, hintereinander, sich ineinander schickend, so gut sie konnten. Eine von oben überschaute wundersame, stillschwankende Woge. Der Platz, wo der Bischof der Predigt zuhörte, war nur durch den hervorragenden Baldachin bezeichnet, er selbst in der Menge verborgen und verschlungen. Auch diesem würdigen obersten Geistlichen würde der einsichtige Baumeister einen angemessenen ansehnlichen Platz anweisen und dadurch die Feier verherrlichen. Dieser Umblick, diese dem geübten Kunstauge abgenötigten Betrachtungen hinderten nicht, aufmerksam zu sein auf die Worte des würdigen Predigers, der zum zweiten Teile schritt und etwa folgendermaßen zu sprechen fortfuhr:

»Eine solche Ergebung in den Willen Gottes, so hoch verdienstlich sie auch gepriesen werden kann, wäre jedoch nur unfruchtbar geblieben, wenn der fromme Jüngling nicht seinen Nächsten so wie sich selbst, ja mehr wie sich selbst, geliebt hätte. Denn ob er gleich, vertrauensvoll auf die Fügungen Gottes, sein Vermögen den Armen verteilt, um als frommer Pilger das Heilige Land zu erreichen, so ließ er sich doch von diesem preiswürdigen Entschlusse unterwegs ablenken. Die große Not, worin er seine Mitchristen findet, legt ihm die unerlässliche Pflicht auf, den gefährlichsten Kranken beizustehen, ohne an sich selbst zu denken. Er folgt seinem Beruf durch mehrere Städte, bis er endlich, selbst vom wütenden Übel ergriffen, seinen Nächsten weiterzudienen außer Stand gesetzt wird. Durch diese gefahrvolle Tätigkeit nun hat er sich dem göttlichen Wesen abermals genähert: denn wie Gott die Welt in so hohem Grade liebte, dass er zu ihrem Heil seinen einzigen Sohn gab, so opferte St. Rochus sich selbst seinen Mitmenschen.«

Die Aufmerksamkeit auf jedes Wort war groß, die Zuhörer unübersehbar. Alle einzeln herangekommenen Wallfahrer und alle vereinigten Gemeindeprozessionen standen hier versammelt, nachdem sie vorher ihre Standarten und Fahnen an die Kirche zur linken Hand des Predigers angelehnt hatten, zu nicht geringer Zierde des Ortes. Erfreulich aber war, nebenan in einem kleinen Höfchen, das gegen die Versammlung zu unvollendet sich öffnete, sämtliche herangetragene Bilder auf Gerüsten erhöht zu sehen, als die vornehmsten Zuhörer ihre Rechte behauptend.

Drei Muttergottesbilder von verschiedener Größe standen neu und frisch im Sonnenscheine, die langen rosenfarbenen Schleifenbänder flatterten munter und lustig im lebhaftesten Zugwinde. Das Christuskind in Goldstoff blieb immer freundlich. Der heilige Rochus, auch mehr als einmal, schaute seinem eigenen Feste geruhig zu. Die Gestalt im schwarzen Samtkleide, wie billig obenan.

Der Prediger wandte sich nun zum dritten Teil und ließ sich ohngefähr also vernehmen:

»Aber auch diese wichtige und schwere Handlung wäre von keinen seligen Folgen gewesen, wenn St. Rochus für so große Aufopferungen einen irdischen Lohn erwartet hätte. Solchen gottseligen Taten kann nur Gott lohnen, und zwar in Ewigkeit. Die Spanne der Zeit ist zu kurz für grenzenlose Vergeltung. Und so hat auch der Ewige unsern heiligen Mann für alle Zeiten begnadigt, und ihm die höchste Seligkeit gewährt: nämlich andern, wie er schon hienieden im Leben getan, auch von oben herab für und für hülfreich zu sein.

Wir dürfen daher in jedem Sinne ihn als ein Muster ansehn, an welchem wir die Stufen unsers geistlichen Wachstums abmessen. Habt ihr nun in traurigen Tagen euch an ihn gewendet und glückliche Erhörung erlebt durch göttliche Huld, so beseitiget jetzt allen Übermut und anmaßliches Hochfahren; aber fragt euch demütig und wohlgemut: Haben wir denn seine Eigenschaften vor Augen gehabt? Haben wir uns beeifert, ihm nachzustreben?

Ergaben wir uns, zur schrecklichsten Zeit, unter kaum erträglichen Lasten in den Willen Gottes? Unterdrückten wir ein aufkeimendes Murren? Lebten wir einer getrosten Hoffnung, um zu verdienen, dass sie uns nun, so unerwartet als gnädig, gewährt sei? Haben wir in den grässlichsten Tagen pestartig wütender Krankheiten nicht nur gebetet und um Rettung gefleht? Haben wir den Unsrigen, näher oder entfernteren Verwandten und Bekannten, ja Fremden und Widersachern in dieser Not beigestanden, um Gottes und des Heiligen willen unser Leben dran gewagt?

Könnt ihr nun diese Fragen im stillen Herzen mit Ja beantworten, wie gewiss die meisten unter euch redlich vermögen, so bringt ihr ein löbliches Zeugnis mit nach Hause.

Dürft ihr sodann, wie ich nicht zweifle, noch hinzufügen: Wir haben bei allem diesem an keinen irdischen Vorteil gedacht, sondern wir begnügten uns an der gottgefälligen Tat selbst, so könnt ihr euch um desto mehr erfreuen, keine Fehlbitte getan zu haben, und ähnlicher geworden zu sein dem Fürbittenden.

Wachset und nehmet zu an diesen geistlichen Eigenschaften auch in guten Tagen, damit ihr zu schlimmer Zeit, wie sie oft unversehens hereinbricht, zu Gott, durch seinen Heiligen, Gebet und Gelübde wenden dürfet.

Und so betrachtet auch künftig die wiederholten Wallfahrten hieher als erneute Erinnerungen, dass ihr dem Höchsten kein größeres Dankopfer darbringen könnt als ein Herz, gebessert und an geistlichen Gaben bereichert.«

Die Predigt endigte gewiss für alle heilsam; denn jeder hat die deutlichen Worte vernommen, und jeder die verständigen praktischen Lehren beherzigt.

Nun kehrt der Bischof zur Kirche zurück; was drinnen vorgegangen, blieb uns verborgen. Den Widerhall des Tedeum vernahmen wir von außen. Das Ein- und Ausströmen der Menge war höchst bewegt, das Fest neigte sich zu seiner Auflösung. Die Prozessionen reihten sich, um abzuziehen; die Bidenheimer [Büdesheimer], als zuletzt angekommen, entfernte sich zuerst. Wir sehnten uns aus dem Wirrwarr und zogen deshalb mit der ruhigen und ernsten Binger Prozession hinab. Auch auf diesem Wege bemerkten wir Spuren der Kriegs-Wehetage. Die Stationen des Leidensganges unsers Herrn waren vermutlich zerstört. Bei Erneuerung dieser könnte frommer Geist und redlicher Kunstsinn mitwirken, dass jeder, er sei, wer er wolle, diesen Weg mit teilnehmender Erbauung zurücklegte.

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Bingen. Zeichner: L. Lange, Stahlstecher: Joh. Poppel. Romantische Rheinreise. 114 Faksimilestiche der Orte und Städte am ganzen Rheinlauf. Zus.gest. u. hrsg. von Wolfgang Schwarze. Wuppertal: Wolfgang Schwarze 3. Aufl. 1975, S. 93. - Poppel, Johann Gabr. Friedrich, Stahl- u. Kupferstecher, Architekturzeichner u. Landschaftsmaler (Öl, Aquarell), geb. 14. 5. 1807 Hammer b. Nürnberg, gest. 6. 8. 1882 Ammerland (Starnberger See). (Thieme-Becker).

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[Fortsetzung]  In dem herrlich gelegenen Bingen angelangt, fanden wir doch daselbst keine Ruhe; wir wünschten vielmehr, nach so viel wunderbaren, göttlichen und menschlichen Ereignissen, uns geschwind in das derbe Naturbad zu stürzen. Ein Kahn führte uns, flussabwärts die Strömungen. Über den Rest des alten Felsendammes, den Zeit und Kunst besiegten, glitten wir hinab; der märchenhafte Turm, auf unverwüstlichem Quarzgestein gebaut, blieb uns zur Linken, die Ehrenburg rechts; bald aber kehrten wir für diesmal zurück, das Auge voll von jenen abschießenden graulichen Gebirgsschluchten, durch welche sich der Rhein seit ewigen Zeiten hindurcharbeitete.

So wie den ganzen Morgen, also auch auf diesem Rückwege begleitete uns die hohe Sonne, obgleich aufsteigende vorüberziehende Wolken zu einem ersehnten Regen Hoffnung gaben; und wirklich strömte er endlich, alles erquickend, nieder und hielt lange genug an, dass wir auf unserer Rückreise, die ganze Landesstrecke erfrischt fanden. Und so hatte der heilige Rochus, wahrscheinlich auf andere Nothelfer wirkend, seinen Segen auch außer seiner eigentlichen Obliegenheit reichlich erwiesen.

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Auf der Kur in Wiesbaden brach Goethe spontan nach Rüdesheim auf. Begleitet wurde er von Carl Friedrich Zelter und dem Mineralogen und Oberbergrat Ludwig Wilhelm Kramer. In Rüdesheim übernahm der Mineraloge und Bergwerkskommissar Wilhelm Friedrich Götz die Führung. Der Aufsatz erschien 1817 in "Über Kunst und Altertum". Goethe an Zelter, 28. August 1816: "Es ist keine eigentlich stumpfe Stelle drinnen, aber manches könnte ausführlicher sein: ob ich gleich zufrieden bin, dass meine produktive Sinnlichkeit noch so weit reichen konnte." Siehe Goethe, Sämtliche Werke (Münchner Ausgabe), Bd. 11.2.

Auf Goethes Text nehmen Reiseführer und Sagensammlungen Bezug, zuweilen unter Verwendung ganzer Passagen, z.B.
* Joh. Wilh. Spitz: Das malerische und romantische Rheinland in Geschichten und Sagen. Düsseldorf, in Kommission in der Kunsthandlung U. Werbrunn 1840 (Digitalisierung durch Google), S. 85f.
* Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Berlin 1886. Darin: Das Sankt Rochusfest. Online bei xeno.org

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3.
Goethes Stiftung des Rochusbildes

 

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Ohne Titel. Verso: Goethebild in der Rochuskapelle Bingen. Herst. u. Verlag Schöning & Co. + Gebrüder Schmidt - Lübeck. za Bestellnr. Bingen 132. Im Briefmarkenfeld: S+S Qualitäts-Karte. Nicht gelaufen.

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Drei Briefe Goethes unterrichten über Entstehung und künstlerische Aufgabenverteilung des Gemäldes.

An Pauline Servière, 1. Februar 1816:

 Nun will ich aber vermelden, dass ich von meiner Seite nicht verfehlt habe, Main und Rhein in Gedanken öfters zu besuchen und da ist mir denn auch das Gelübde wieder in den Sinn gekommen, welches in Winkel feierlich getan worden und auf die Verehrung des heiligen Rochus hinzielt. Die erste Kunstfrucht des wiedererworbenen Friedens ist daher eine sehr wohlgeratne Zeichnung von einem vorzüglichen Meister, welche im Großen auszuführen ein geschickter junger Künstler bereit ist, welchem ich die Arbeit für 12 Carolin verdingen könnte. Wollen Sie nun, werte Freundin, fromme Seelen um gefällige Beiträge ansprechen, so würde von meiner Seite sorgen, dass der Künstler, wenn er die Zeichnung gefertigt, honoriert würde, ferner würde ich alles Übrige besorgen und dem ausführenden Künstler mancherlei Vorteile verschaffen, damit er für obgemeldeten Preis etwas Gutes liefere. Das Bild könnte Anfangs Juli in Frankfurt eintreffen und in der Mitte Augusts an Ort und Stelle den Wallfahrenden in die Augen leuchten.

An Sulpiz Boisserée, 24. Juni 1816:

 Ein Bild des Heiligen Rochus, welches gar nicht übel, aber doch allenfalls noch von der Art ist, dass es Wunder tun kann, gelangt hoffentlich nach Bingen, um an dem großen Tage die Gläubigen zu erbauen. Es ist wunderlich entstanden. Die Skizze ist von mir, der Karton von Hofr[at] Meyer und eine zarte liebe Künstlerin hat es ausgeführt. Sie werden es schwerlich dem Rochusberge in Ihre Sammlung entwenden. Es sei aber an seinem Platze wirksam und so ist es recht und gut.

An die geistlichen Behörden in Bingen, 15. Juli 1816, bezüglich der Expedition des Bildes:

 An Ew. Hochwürden geht hiebei mit der fahrenden Post ein Verschlag ab, worin sich ein Bild befindet, welches angesehene und wohldenkende Personen am Rhein und Main der Kapelle des hochgefeierten Heiligen gewidmet. Man wünscht, dass die glückliche Ankunft desselben baldigst an Frau Antonie Brentano, geborene von Birkenstock, in Frankfurt, sowie an Unterzeichneten vermeldet werde.
     Die Beilagen erklären das Nötige sowohl den Gegenstand des Bildes, als auch die Art den Kasten zu eröffnen und die künftige Behandlung des Gemäldes. Man wünscht glückliche Ankunft und geneigte Aufnahme.


Die Briefauszüge sind entnommen: Goethe, Sämtliche Werke, Münchner Ausgabe, Bd. 11/2, S. 1009-1010.

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Carl August Schwerdgeburth: St. Rochus zu Bingen. In: Wolfgang Ries, Goethes Stiftung für die Rochuskapelle in Bingen. Die Geschichte eines Bildes. Ladenburg: Alfons Wigger Verlag 2000, Abb. 3, S. 132. - Schwerdgeburth, Carl August, Zeichner, Stahl- u. Kupferstecher, geb. 5. 8. 1785 Dresden, gest. 25. 10. 1878 Weimar. Tätig in Dessau (am Chalcographischen Institut) und (seit 1805) in Weimar (Hofkupferstecher) (Thieme-Becker).

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Johann Wolfgang von Goethe
Gemälde

 Das Bild des heiligen Rochus, wovon der Umriss gegenwärtigem Hefte vorsteht, ist von wohldenkenden Anwohnern des Rheins und Mains gestiftet, in die Kapelle über Bingen, zum Andenken der Feier jener friedlichen Wiederherstellung vom 16. August 1814.

Der Heilige ist darauf als Jüngling vorgestellt, der seinem verödeten Palast den Rücken wendet. Die Pilgerkleidung zeigt uns den Stand, an welchen er ergriffen. Zu seiner Rechten sehen wir ein Kind, das sich an Silbergeschirr und Perlen, als einer Ausbeute frommer Güterspende freut, zur Linken ein zu spät gekommenes, unschuldig flehendes Geschöpf, dem er die letzten Goldstücke aus dem Beutel hinschüttet, ja den Beutel selbst nachzuwerfen scheint. Unten, zur Rechten, drängt sich ein Hündchen heraus, die Wanderung mit anzutreten bereit, es ist freilich nicht dasselbige, welches ihm in der Folgezeit so wunderbar hülfreich geworden, aber darauf deutet es, dass er, als freundlicher und frommer Mann, auch solchen Geschöpfen wohltätig gewesen, und dadurch verdient von ihresgleichen künftighin unverhofft gerettet zu werden.

Hinten, über die mit Orangebäumchen gezierte Mauer, sieht man in eine Wildnis, anzudeuten dass der fromme Mann sich von der Welt gänzlich ablösen und in die Wüste ziehen werde. Eine durch die Lüfte sich im Bogen schwingende Kette von Zugvögeln deutet auf die Weite seiner Wanderschaft, indessen der Brunnen im Hofe immerfort läuft und auf die unabgeteilte Zeit hinweist, welche fließt und fließen wird, der Mensch mag wandern oder zurückkehren, geboren werden oder sterben.

Haben wir diesen Nebendingen zu viel Bedeutung beigelegt, so mag uns die Neigung des Jahrhunderts entschuldigen, welche überall Zusammenhang, Allegorie und Geheimnis mit Recht oder Unrecht, aufzusuchen Lust hat.


Über Kunst und Alterthum I 2 (1817), S. 178-180.

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Die Erinnerungen der Louise Seidler

Wenige Wochen später, in den ersten Tagen des Jahres 1816, erhielt ich von Goethe eine Bestellung. Er hatte gelegentlich einer Rheinreise im Sommer des Jahres 1814 der Rochuskapelle bei Bingen, welche renoviert wurde, ein Altarbild gelobt; Hofrath Meyer machte den Entwurf, und ich wurde mit der Ausführung in Ölfarbe beauftragt. Mit innigem Vergnügen übernahm ich es, bei diesem Vorhaben mitzuwirken. Der Meyersche Karton sagte mir besonders zu; der Heilige ist darauf - nach Goethes Worten in der dazu gelieferten Beschreibung - als Jüngling vorgestellt, der seinem verödeten Palast den Rücken wendet. Die Pilgerkleidung zeigt den Stand, welchen er ergriffen. Zu seiner Rechten sieht man ein Kind, das sich an Silbergeschirr und Perlen, als einer Ausbeute frommer Güterspende, freut; zur Linken ein zu spät gekommenes, unschuldig flehendes Geschöpf, dem er die letzten Goldstücke aus dem Beutel hinschüttet, ja, den Beutel selbst nachzuwerfen scheint. Unten, zur Rechten, drängt sich ein Hündchen heraus, die Wanderung mit anzutreten bereit; es ist freilich nicht dasselbige, welches ihm in der Folgezeit so wunderbar hilfreich geworden, aber darauf deutet es, dass er, als freundlicher und frommer Mann, auch solchen Geschöpfen wohltätig gewesen und dadurch verdient, von ihresgleichen künftighin unverhofft gerettet zu werden. Hinten, über die mit Orangenbäumchen gezierte Mauer, sieht man in eine Wildnis, anzudeuten, dass der fromme Mann sich von der Welt gänzlich ablösen und in die Wüste ziehen werde. Eine durch die Lüfte sich im Bogen schwingende Kette von Zugvögeln deutet auf die Weite seiner Wanderschaft, indessen der Brunnen im Hofe immerfort läuft und auf die unabgeteilte Zeit hinweist, welche fließt und fließen wird - der Mensch mag wandern oder zurückkehren, geboren werden, oder sterben.

Dies Bild gab Anlass zu einem ziemlich lebhaften Briefwechsel zwischen Goethe und mir. Am 2. März 1816 schrieb der Dichter:

»Mögen Sie mir doch, schöne Freundin, das Maß der Leinwand schicken, die Sie zu dem versprochenen Bilde anwenden können. Der hübsche Heilige wird wahrscheinlich bald seine Aufwartung machen und sich Ihren liebenswürdigen Händen anvertrauen. Die schönsten Empfehlungen in der Nachbarschaft!«

Ich sandte das Verlangte sofort und erhielt unter 'm 9. März zur Antwort:

»Die Breite der überschickten Leinwand würde hinreichend sein; zur Länge oder Höhe aber brauchen wir acht Fuß; haben Sie die Güte, selbige baldigst kommen zu lassen; der Heilige ist im Begriff aufzubrechen und lässt sich nicht lange mehr halten. Als Pilger steigt er schon die letzte Stufe seines Palastes herunter. Möge er Sie, meine Teuerste, wenn er ankommt, recht munter und freundlich treffen und mit gesundem Blick von Ihnen begrüßt werden!   Goethe. «

Sofort nach Empfang dieser Zeilen tat ich die nötigen Schritte, mir die verlangte Leinwand zu verschaffen und zeigte Goethe an, dass ich mich deshalb nach Dresden gewendet habe. Allein man war dort nicht genau mit der Besorgung; drei Wochen vergingen, und Goethe fing an, ungeduldig zu werden. Am 30. März 1816 mahnte er mich in folgenden Zeilen:

»Wir haben gehofft, unsere liebe Freundin bei Gelegenheit der italienischen Theaterproduktionen hier zu sehen; da dieser Wunsch aber nicht erfüllt worden, so frage an, ob Sie die grundierte Leinwand von Dresden bald erwarten? Der Karton nimmt täglich zu, und es wäre zu wünschen, dass, sobald derselbe fertig ist, die zierlichen Finger gleich tätig sein möchten. Ob wir den Heiligen hinüberbringen, oder ob wir Sie ersuchen, ihn abzuholen, das wird von gebietenden oder vergönnenden Umständen abhängen.
Leben Sie indessen recht wohl und gedenken der Freunde.
Der Ihrige    Goethe.«

Unmittelbar darauf traf die Leinwand bei mir ein; ich eilte, dies Goethe zu melden, und sofort erhielt ich den inzwischen fertig gewordenen Karton, wegen dessen Ausführung ich mich mit dem Hofrat Meyer in Verbindung setzte. Allein jetzt ereignete sich ein trüber Vorfall, welcher die ganze Angelegenheit in's Stocken zu bringen drohte. In den ersten Tagen des Junimondes 1816 nämlich erkrankte Goethes Lebensgefährtin Christiane geborene Vulpius. Das Übel wurde bald tödlich; sie starb an einer Entzündung (6. Juni 1816). Da ich wusste, dass der Dichter sie von Herzen lieb gehabt, dass er stets gefühlt, wie sie ihm das Leben erleichtert und möglichst bequem gemacht durch Abwehren von Dingen, die ihm lästig wurden, so drängte es mich, ihm schriftlich mein innigstes Mitgefühl auszusprechen. Ich erhielt darauf folgende, einem Sekretär in die Feder diktierte Antwort:

»Den lieben Jenaischen Freunden und Nachbarn tausend Dank für Ihre tröstlichen Worte. Bei dem großen Verluste kann mir das Leben nur erträglich werden, wenn ich nach und nach mir vorzähle, was Gutes und Liebes mir alles geblieben ist.

Sagen Sie mir, meine Beste, wie sieht es mit Ihrem Bilde aus; wann sind Sie so weit, dass man darüber wieder einmal beraten kann und soll, ich würde mit Hofrat Meyer, wenn auch nur auf kurze Zeit, hinüberkommen.
Leben Sie recht wohl; grüßen Sie die Freunde und bleiben meiner Anhänglichkeit gewiss.
Weimar, 12. Juni 1816.   G.«

Da ich dem Dichter in diesen trüben und schweren Tagen nicht lästig fallen mochte, so hatte ich ohne nochmalige Anfrage in Weimar das Bild bereits nach den Anweisungen des Hofrats Meyer fertig untermalt, wobei ich mir im Interesse der Komposition mancherlei kleine Änderungen erlaubt hatte. Dem in Aussicht gestellten Besuche sah ich deshalb mit nicht geringem Herzklopfen entgegen. Doppelte Freude empfand ich aber, als Goethe in seiner gewinnenden Art beifällig meinte, dass in solchen Sachen Frauengefühl stets das Richtige träfe. Einige Einwendungen, welche Hofrat Meyer machte, versprach Goethe zu überdenken, schickte mir aber gleich am nächsten Morgen folgendes eigenhändige Billet:

»Ändern Sie, liebe Freundin, nichts an dem Bilde, bis wir die Sache nochmals besprechen. Die Sache ist schwieriger als man denkt. Gestern Abend war es wirklich recht schön.
Alles Gute!  Goethe«

Hieher gehört auch nachstehendes, gleichfalls eigenhändige Briefchen des Dichters, worüber die nähere Beziehung mir leider entfallen ist; nur so viel weiß ich noch, dass es sich um eine Wohltätigkeitsangelegenheit handelte, welche Goethe, wie immer, kräftig unterstützte:

»Hier sende, meine schöne Freundinn, was von frommen Seelen bis jetzt eingegangen, an Nachträgen wirds nicht ermangeln. Haben Sie Dank für so viele Mühe und Geduld.
    Jena d. 1. Jul. 1816.  J. w. v. Goethe.«

Unterdessen vollendete ich das Ölgemälde des h. Rochus und war so glücklich, mir des Dichters ganze Zufriedenheit zu erwerben, so zwar, dass er des Bildes öffentlich ehrend gedachte.

Vielleicht war es auch mit eine Rückwirkung dieser Zufriedenheit, wenn mir kurze Zeit danach von dem gütigen Großherzoge Carl August eine außerordentlich freudige Überraschung zu Teil wurde, von der ich vorher auch nicht die entfernteste Ahnung gehabt hatte. Eines Tages, als ich Frau von Heygendorf-Jagemann in Weimar einen Besuch abstattete, trat mir diese liebenswürdige Künstlerin, welche in jener Zeit öfter mit mir über meine unglücklichen häuslichen Verhältnisse gesprochen und eine mögliche Abhilfe beraten hatte, unerwartet mit der frohen Nachricht entgegen, dass der Großherzog mir auf ihre Fürbitte aus seiner Schatulle vierhundert Thaler bewilligt habe, damit ich in München ein Jahr lang die Kunst studiere. »Nun brauche ich mich nicht mehr nutzlos aufzuopfern und könne in der Malerei tüchtige Fortschritte machen,« setzte sie freundlich hinzu, als mir vor Glückseligkeit Tränen in die Augen traten. Dem edlen Fürsten konnte ich noch am nämlichen Abend bei Frau von Heygendorf meinen innigsten Dank ausdrücken, den er väterlich und herzlich entgegennahm.

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Erinnerungen und Leben der Malerin Louise Seidler. Aus handschriftlichem Nachlass zusammengestellt und bearbeitet von Hermann Ude. Berlin: Wilhelm Hertz 1874, S. 154-159. - Neuedition: Goethes Malerin. Die Erinnerungen der Louise Seidler. Hrsg. von Sylke Kaufmann. Berlin: Aufbau Tashenbuch Verlag 2003, S. 113-118. - Rechtschreibung dem heutigen Stand angeglichen.

Louise Seidler, Selbstbildnis, 1820. Bleistift, ehemals Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstichkabinett, Dresden. In: Zwischen Ideal und Wirklichkeit. Künstlerinnen der Goethe-Zeit zwischen 1750 und 1850. Hrsg. von Bärbel Kovalevski. Ostfildern-Ruit: Hatje 1999, Abb. 24, S. 54.

Vgl. Sylke Kaufmann: Die "Erinnerungen" der Louise Seidler. In: Zwischen Ideal und Wirklichkeit. Künstlerinnen der Goethe-Zeit zwischen 1750 und 1850. Hrsg. von Bärbel Kovalevski. Ostfildern-Ruit: Hatje 1999, S. 54-60.

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1. Karte von oben: Gruss aus Bingen. Lith. Kunstanstalt Carl Garte. Leipzig. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
2. Karte von oben: Rochus-Kapelle bei Bingen. Verso: Kunstverlag Edm. v. König, Heidelberg. Ges. gesch. (N.) 7709. Im Briefmarkenfeld: Echte Photographie. Nicht gelaufen.
3. Karte von oben: Bingen. St. Rochuscapelle. Dr. Trenkler Co., Leipzig. 5265. Gelaufen. Poststempel 1901. Adressseite ungeteilt.
4. Karte von oben: Rochuskapelle bei Bingen. Verso: K. S. M. 671. Gelaufen. Poststempel 1917.

Die Rochuskapelle

Die alte Wallfahrtskapelle stammt aus dem Jahr 1666; 1889 brannte sie durch einen Blitzschlag  bis auf das Mauerwerk ab, Sie wurde 1893-95 durch den jetzigen Bau nach Plänen von Diözesanbaumeister Max Meckel (geb. 28. 11. 1847 Rheindahlen, gest. 24. 12. 1910 Freiburg i. Br.) ersetzt, der über 50 kleinere und weitere größere Kirchen im gotischen Stil erbaute. Es handelt sich um "eine malerisch asymmetrisch komponierte Baugruppe in reichen spätgotischen Formen mit betonter Silhouettenwirkung" (Das Rheintal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz, Bd. 1, S. 226).

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4.
J. B. Schmitt
Spaziergang nach dem Rochusberg


Auf den Naturfreund, der sich an einsamen Spaziergängen erfreut, wird der Rochusberg gewiss einen unbeschreiblich wohltuenden Eindruck ausüben. Verschiedene, durch üppige Weingärten und waldiges Gebüsch angelegte Pfade, führen zu dem Berge, auf dessen südwestlicher Spitze sich die berühmte Rochuskapelle befindet. Sie wurde zu Ehren des heiligen Rochus im Jahre 1666 gebaut, als einer furchtbaren Seuche schon 3000 Einwohner von Bingen zum Opfer gefallen. - Als der Bau der Kapelle, so berichtet die Sage, zur Versöhnung der erzürnten Gottheit bereits bis zum Giebel vollendet war, floh die wildverheerende Pest, und Gesundheit und Gedeihen kehrten wieder zurück.

Die Kapelle wurde während des französischen Revolutionskrieges, der besonders an den schönen Rheinufern wütete, fast gänzlich zerstört, im Jahre 1814 aber wieder hergestellt. In der Kapelle, welche in Bezug auf Architektur sich durch nichts auszeichnet, befinden sich die Gebeine des heiligen Rupertus und ein von Göthe geschenktes Ölgemälde, welches den heiligen Rochus darstellt, wie er seine letzte Habe den Dürftigen spendet. Der Heilige hat kaum das Jünglingsalter erreicht, und auf seinem fast knabenhaften Gesichte drückt sich Milde und Liebe aus. Übrigens ist dieses Bild nicht wegen des Kunstwertes, sondern vielmehr wegen der Berühmtheit des Gebers erwähnenswert.

Das sogenannte Rochusfest, welches hier jedes Jahr am ersten Sonntage nach dem 16. August gefeiert wird, versammelt eine unermessliche Schar fremder Wallfahrer, deren Glaube an die Gebeine des Heiligen an dem ihm geweihten Altare reichliche Nahrung findet. Außer den Mauern der Kapelle, sind an jenem Tage zahlreiche Buden aufgeschlagen, in welchen sich frohe Zecher der Gabe des Bacchus erfreuen, und um welche sich die lebenslustige, genussfreudige Menge der Heiterkeit des Tages hingibt.

Der Rochusberg gewährt die schönsten, herrlichsten Fernsichten, deren man sich nur an den paradiesischen Rheinufern erfreuen kann. Wohin sich das Auge auch richtet, überall erblickt es die Segnungen der Natur, die hier ihren ganzen Reichtum ausgestreut zu haben scheint. Welche Pracht! welche Herrlichkeit! welche üppige Fülle all überall! Wenn man sich auf jene, an die Hinterseite der Kapelle lehnende Bank setzt, so genießt man eine Aussicht, die wohl nicht so leicht ihres Gleichen finden wird. Man sieht dann zu seinen Füßen den majestätischen Rhein, der, stolz wie ein Riesenkönig, durch die gesegneten Lande schreitet, die er beglückt und erfreut.

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Oben: Rüdesheim mit Nationaldenkmal. Phot. F. G. Zeitz. No. 1090. Verso: Gruß von der Weinbrennerei Asbach "Uralt" Rüdesheim am Rhein. Aufnahme und Verlag F. G. Zeitz, Königssee / Obb. Echte Original-Photographie. Gelaufen. Datiert u. Poststempel 1935.
Unten: Bingen. Verso: Postkarten-Verlag von Karl Rud. Bremer & Co., Köln a. Rh. No. 5353. Text: Panorama von Bingen und Bingerbrück mit der Elisenhöhe, wo das Bismarck-National-Denkmal erbaut und 1915 enthüllt wird. Rechts die Burg Klopp und im Hintergrund das Nationaldenkmal auf dem Niederwald.

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Auf seinem Wogenrücken sieht man die wilden Dämpfer [!] sausend und brausend auf- und abwärts fliegen, oder ein Segelschiff, langsam und stolz, wie ein junger Schwan hinunter gleiten, oder einige leichte Nachen von einem Ufer zum anderen hüpfen. So oft Du auch auf den Rhein blickst, immer gibt sich auf seinen grünen Wellen ein frisches reges Leben kund. Links bemerkst Du den Mausturm, an dessen Klippenfuße sich die Woge schäumend und tobend bricht; dann die prächtige Ruine Ehrenfels, die wie ein Geist der Vergangenheit an die Vergänglichkeit der Gegenwart erinnert. Dir gegenüber dehnt sich der Rüdesheimer Berg, dessen Haupt die stolzen rauschenden Wipfel des Niederwaldes als Krone trägt, während ein Gewand von grünen Reben seinen stolzen Leib schmückt. Dann erfreust Du Dich an dem Anblicke des lieblichen Rüdesheim, das sich in den Wellen des Rheines spiegelt. Dein entzücktes Auge findet des Herrlichen so viel, dass es wie berauscht von einem Punkte zum andern fliegt. Bald wird es bezaubert von dem üppigen saftigen Grün der Rhein-Inseln, die wie in Silber gefasste Smaragde aus den Wogen des königlichen Stromes glänzen; bald begeistert es sich an dem Anblicke des Rheingaues, das wie ein Garten Gottes in vollem Segen blühet und prangt. Was die gütige Gottheit dem Sterblichen gewähren kann, hat sie hier gewährt: schwellende Saatfelder, mastige Triften, grünende Rebhügel, rauschende Bäche und üppige Waldungen.

Aus der Mitte des gesegneten Gaues siehst Du den Johannisberg sich erheben. Auf seinem Gipfel prangt das Schloss mit seinen im Sonnenstrahle funkelnden Scheiben, während ringsumher jene Reben grünen, deren Feuer jedes Herz zur freudigen Begeisterung entzündet.

So weit Dein Auge reicht, zeigen sich Dir liebliche Dörfer, freundliche, betriebsame Städtchen. Die ganze Gegend scheint ein geschmückter Tempel, dessen Kuppel der klare, blaue, warme Himmel ist.

Wendest Du Dich um, oder schreitest auf geebnetem Pfade nach dem westlichen Ende des Berges, dem sogenannten Scharlachskopf, dessen Rücken durch herrliche Anlagen verziert, so erblickst Du am Fuße des Rochusberges den betriebsamen Ort Büdesheim, in dessen Gemarkung der weinberühmte Scharlachsberg prangt; - zu Deiner Rechten das glückliche Nahetal, durch welches die Nahe, wie ein jugendfreudiges Mädchen, in die Arme des Vaters Rhein munter hüpft. Das Nahetal liegt wie ein Blumenteppich vor Dir ausgebreitet, und sein mannigfaches Grün erfreut und erheitert Dein Auge. In weiter Ferne erhebt sich der Donnersberg in die Wolken, strecken sich jene steilen Felswände empor, an welche das malerische Kreuznach lehnt. Liebliche Dörfer und zerstreute Weiler blicken Sich so frisch, so freundlich an, als hätte sie die Hand eines begeisterten Künstlers eben erst auf Samt gestickt.

Nicht weit von Bingen siehst Du auch die Drususbrücke, die über die Nahe führt und auf sieben festen Bogen ruht, die fast zwei Jahrtausende allen Stürmen und Verheerungen getrotzt, ein Denkmal jenes großen Volkes, dessen Tapferkeit nichts zu widerstehen vermochte. Unweit der Brücke, südlich auf dem linken Naheufer, bemerkst Du die finstere, verfallene Ruine Trutz-Bingen am Abhange eines Hügels. Diese Warte ward einst durch den Ritter Goler von Ravensberg errichtet, um dem ihm verhassten Bingen den Fruchtmarkt zu entreissen und dem nahen Dorf Münster, dessen gotischer Turm einen malerischen Anblick gewährt, zuzuwenden.

Siehst Du nun zur Linken, so rollt sich östlich eine neue eben so schöne, aber ganz andere Landschaft vor Deinen Blicken auf. Eine Kette von Rebhügeln dehnt sich hier ins Unermessliche vor Dir aus und gewährt mit seinen zahlreichen Dörfern und Städtchen einen Anblick, dessen Genuss sich nicht beschreiben lässt.

Der Rochusberg selbst aber bietet dem Naturfreunde gar viel des Schönen. Aus dem lachenden Grün, das wie eine Altardecke über ihm ausgebreitet liegt, blickt so manche liebliche Blume zu dem Wanderer empor, sprießt so manche Pflanze, die sonst nirgends, aber wenigstens nicht so häufig zu sehen ist. An der Rheinseite ist der Berg mit einem jungen Eichenhaine geschmückt, in dessen Schatten der Wanderer sich erquicken mag.

Auf dem Rochusberge wehen beständig frische Lüfte, besonders aber Morgens und Abends, zu welcher Zeit wir auch den Naturfreunden den Gang nach dem Rochusberg anempfehlen. Wir sind überzeugt, dass Jeder, der einen längeren Aufenthalt im freundlichen Bingen nimmt, die nunmehr für die Bequemlichkeit des Publikums geebneten Pfade zum Rochusberg gewiss sehr oft und stets mit erneuerter Befriedigung einschlagen wird.


Das Helenen-Bad zu Bingen nebst einem Anhange practischer Bemerkungen und Erfahrungen über die Traubencur von Dr. J. B. Schmitt, practischem Arzte zu Bingen a. Rh. Mainz, 1844. Gedruckt bei Joh. Wirth (Digitalisierung durch Google), S. 31-35. Redigiert.

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Oben: Bingen, St. Rochuskapelle. Verso: 4563 Lichtdruck von Zedler & Vogel, Darmstadt, Hauptniederlage f. Rheinland und Westfalen Gerhard Thien, Elberfeld. Nicht gelaufen.
Mitte links: Bingen a. Rh. Rochuskapelle. Kunstanstalt Louis Glaser, Leipzig. 7294. Gelaufen. Poststempel 1900. Adressseite ungeteilt.
Mitte rechts: Gruss vom Rochusberg. Rochuskapelle. Eigenthum der Rochuskapelle. G. Blümlein & Co., Frankfurt a.M. Gelaufen. Poststempel 1901. Adressseite ungeteilt.
Unten: Ohne Titel. Verso: Rochuskapelle bei Bingen am Rhein. Ansichtskartenfabrik Schöning & Co., Lübeck - N.R. 3236-e.

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5.
Friedrich Wilhelm Hackländer
Die erste Versammlung deutscher bildender Künstler


[...] bald darauf nach beendigter Tafel [begab sich] die ganze Künstlerschaft in geordneter Reihe, Fahne und Musik voran, durch die Straßen der Stadt [Bingen] nach der Rochuskapelle [...].

In einem einsam stehenden Hause auf der Höhe der Rochuskapelle mit Gärtchen und Veranda wurde Halt gemacht und Kaffee genommen. Wer an die Geschirre selbst keine übermäßigen hier gewiss ungerechtfertigten Ansprüche stellte, konnte schon zufrieden sein; für die Löffel sah man sehr idyllische Surrogate, dafür herrschte aber eine Unmasse von Lust und Heiterkeit, und bei den Klängen der rauschenden Militärmusik verflossen die Stunden wie Minuten. Bald setzte man sich wieder in Bewegung und zog hinüber zur Rochuskapelle, wo sich die ganze Versammlung am Abhange eines Berges in einer muldenförmigen Vertiefung lagerte. Das war ein prächtiger Anblick, die kräftigen Gestalten in allen Stellungen hier ruhen zu sehen, begeistert von dem Feste überhaupt und hier noch besonders durch den schönen Abend und die weite, wunderbare Aussicht von der Bergeshöhe, auf der wir uns befanden. Schimmernd und glänzend in Duft und Abendsonnenglut lag das Rheintal vor uns, und während der majestätische Fluss selbst oberhalb noch hell bestrahlt war, waren die Felsen um Bingen mit dem Mäuseturm schon in tiefe Schatten gehüllt, und aus dem eingeschlossenen Kesser dort schienen schwarze Dämpfe aufzusteigen, die als nächtlich dunkle Wolken mit der glühenden Sonne um die Herrschaft rangen.

Einen solch schönen Abend auf den Bergeshöhen am Rhein zu genießen, ist an sich schon etwas wert; dass er aber tausendfach schöner ist, wenn der letzte Strahl der Sonne den funkelnden Wein im Glase vergoldet, hatte unser freundlicher Wirt, Baron von Landy, dessen Villa sich am Fuße des Berges, auf dem wir lagerten, befindet, tief empfunden. - Und auf einmal erklommen zwei kräftige Gestalten die Anhöhe, an einer Stange ein mächtiges Fass Wein tragend, das mit Blumen bekränzt war - es war das wie ein verkörperter Klang aus dem Nibelungenlied. Auf dem noch hellen Abendhimmel zeichneten sich die Konturen der Träger scharf ab, und sie und ihre Last wurden mit lautem Jubel begrüßt. Dem ersten Fass folgte bald ein zweites, Gläser waren zahlreich vorhanden, man trank den funkelnden Wein, man bekränzte ihn mit Farrenkräutern und wilden Eriken, lustige, sehr improvisierte Toaste folgten einander, man stieß an auf das Wohlsein der Lieben zu Hause, sowie der Freunde in der Ferne, und die Musik, welche auch ihr reichlich Teil bekam, spielte: Heil dir im Siegeskranz und: Gott erhalte unsern Kaiser.


Friedrich Wilhelm Hackländer: Werke. Erste Gesamt-Ausgabe. Bd. 26. Stuttgart: Adolph Krabbe 1860 (Digitalisierung durch Google). Darin: Die erste Versammlung deutscher bildender Künstler, S. 215-244. Auszug S. 240-242. - Von der Künstlergenossenschaft "Malkasten" in Düsseldorf "war ein Aufruf an alle deutschen bildenden Künstler ergangen, wodurch dieselben gebeten wurden, sich in den letzten Tagen des September in Bingen zu versammeln, um so Gelegenheit zu schaffen, sich persönlich kennen zu lernen, eine freundliche Annäherung anzuregen und zu befestigen, sowie manche Gegenstände und Fragen zu erörtern, welche die deutsche Kunst und ihre Interessen berührend, ein gemeinschaftliches Übereinkommen und gemeinschaftliche Bestrebungen der deutschen Künstler erheischen." (S. 217).

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Rochuskapelle bei Bingen. Fenster St. Rochus. St. Rochus pflegt die Kranken. Aus dem Leporello: Andenken an die Rochuskapelle bei Bingen am Rhein. Verlag der Rochuskapelle bei Bingen am Rhein.

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6. Literaturhinweise und Weblinks

Literatur
* Goethe und das Rheinland. Rheinische Landschaft. Rheinische Sitten. Rheinische Kunstdenkmäler. Hrsg. vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz, 27. Jg. 1932.
* Die Rochuskapelle bei Bingen (Kunstführer; 711) München [u.a.]: Schnell & Steiner 1959.
* Adolf Bach: Aus Goethes rheinischem Lebensraum. Menschen und Begebenheiten. Neuss: Verlag Gesellschaft für Buchdruckerei AG Neuss 1968 (Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz, Jahrbuch 1967/68).
* Wolfgang Ries: Goethes Stiftung für die Rochuskapelle in Bingen. Die Geschichte eines Bildes. Ladenburg: Alfons Wigger 2000.
* Das Rheintal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz. Eine europäische Kulturlandschaft. Bd. 1. Mainz: Philipp von Zabern 2001. Über die neugotische Rochuskapelle S. 225f.
* Irmgard Wolf und Manfred Engelhardt: Mit Goethe am Rhein. Bonn: Matthias Lempertz 2005. ISBN 3-933070-68-6
* Rüdiger Schneider: Goethe und der Jakobsweg. Norderstedt: Books on Demand 2010. ISBN 9783842312487

Weblinks
* Artikel "Rochuskapelle (Bingen) in Wikipedia, URL:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rochuskapelle_(Bingen)

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7. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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Kontaktanschrift:

Prof. Dr. Georg Jäger
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Deutsche Philologie
Schellingstr. 3
80799 München

E-Mail: georg.jaeger07@googlemail.com

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