Jutta Assel und Georg Jäger:
»Goethe-Motive auf Postkarten« - Heidenröslein: Kunst - Kitsch - Karikatur
Goethes "Heidenröslein" ist eines der am häufigsten gedruckten, vertonten und illustrierten Gedichte deutscher Sprache. Das Goethezeitportal publiziert eine Bildstrecke von 28 Illustrationen, die nach den künstlerischen Vorlagen für das Massenmedium der Postkarte um 1900 ausgewählt wurden. Zwei Problembereiche stehen im Mittelpunkt. Zum einen sind dies die kulturpolitischen Rahmenbedingungen der Rezeption als Volkslied. Das "Heidenröslein" wurde in den Liederkanon des 19. Jahrhunderts aufgenommen und hatte so im Kleinen - wie die Sammlungen von Volkspoesie, Märchen und Sagen im Großen - Teil an der Bildung eines nationalen deutschen Kulturbewusstseins. Es vermittelte das Gefühl von Heimat. Zum anderen ist es die Frage nach der Gewalt, die ein junger Mann einem Mädchen oder einer jungen Frau antut. Die Rezeption des Textes geht diesem Problem zumeist aus dem Wege. Wie aber gehen die Illustrationen damit um? Weichen die Bilder dem Tatbestand einer Vergewaltigung aus? Nehmen sie die Abwehr des Mädchens ernst? Oder zeichnen sie umgekehrt eine willige Partnerin? Was den Illustrationen zu entnehmen ist, wird zwar von Fall zu Fall angedeutet, bleibt aber einem vertieften Studium der Bildinhalte vorbehalten.
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