***** Zum Vergrößern klicken Sie bitte auf das Bild Kynastsage. Adressseite, Signet: Männich & Höckendorf Hirschberg Schl. Nr. 1607. Gelaufen. Poststempel unleserlich. - Auf diese Karte hat uns G. Tichatzky aufmerksam gemacht. - Text von Max Tichatzky, Hirschberg:
***** Zum Vergrößern klicken Sie bitte auf das Bild Schlesischer Sagen-, Historien- und Legendenschatz. Hrsg. von Herrmann Goedsche. Meissen, bei Fr. W. Goedsche 1840, Illustration nach S. 254. Ballade S. 253-257; Prosafassung S. 258-264. Digitalisiert durch Google. ***** Theodor Körner:
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Es zieht ein Hauf Zur Burg hinauf: Was mögen die wandern und wallen? Die Brücke fällt, das Tor geht auf: Es sind Kunigundens Vasallen. Sie kommen weit durchs ganze Land; Die Herrin soll sich vermählen, So wünscht das Volk; sie hat freie Hand, Zu wählen, An Würdigen kann es nicht fehlen. Der Graf ist tot, Das Land in Not, Der Arm fehlt, die Mannen zu lenken; Drum kommt zu der Gräfin das Aufgebot, Die jungfräuliche Hand zu verschenken. Viel edle Ritter werben um sie Mit Zeichen des innigen Strebens, Umschwärmen die Hohe spät und früh Vergebens. Jungfrau will sie bleiben zeitlebens. Ein Trauerkleid wallt Um die hohe Gestalt, So empfängt sie den Zug der Vasallen. Und als sie's vernommen, entgegnet sie bald: »Wohl möcht' ich dem Volke gefallen; Doch fordr' ich von meinem Freier ein Pfand, Das darf mir keiner verwehren; Erfüllt er's, so soll ihm Herz und Hand Gehören.« Es riefen die Ritter: »Lass hören!« »Mein Vater stand Auf der Mauer Rand« — So begann sie — »und blickte hinunter In die Hölle hinab, an der Felsenwand; Da stürzt' ihn der Schwindel hinunter. Drum wer mir mit Wünschen der Liebe naht — Denn ich mag keine zweite Trauer —, Der soll es beweisen mit kecker Tat: Kein Schauer Ergreif' ihn am Abgrund der Mauer. So sei denn bekannt: Dem gehört die Hand, Der keck mit festen Schritten Vorbei an der steilen Felsenwand Auf der Mauer ums Schloss geritten; Und wer es glücklich vollenden kann, Der soll mich zur Kammer führen; Doch soll mich liebend kein andrer Mann Berühren! Ich gelob' es mit heiligen Schwüren.« Die Herrin schwieg, Stolz auf den Sieg. Still zogen die Männer von dannen; Sonst mancher Freier den Kynast erstieg — War allen die Lust vergangen. Was die Gräfin gewünscht, das stand ihr frei, Es schreckten des Rittes Gefahren; Die Burg ward still, nun konnte sie treu Nach Jahren Des Vaters Gedächtnis bewahren. Ein Jüngling allein Fand bald sich ein, Der war ihr treueigen geblieben. Solch wackerer Mut kann nicht mehr sein Und solch redliches Herz im Lieben; Im ganzen Land war Graf Albert geehrt. Er wagt es auf Leben und Sterben: Der junge Degen den Ritt begehrt, Zu werben Um Liebe oder Verderben. Die Gräfin erschrickt, Wie sie den erblickt; Sie dacht': »'s wird keiner es wagen.« Und ihre Diener sie zu ihm schickt Und lässt ihm den Ritt versagen. Doch der Ritter erklärt sich frei und frank: »Sie möcht' auf den Schwur sich besinnen; Er wolle sterben oder den Dank Gewinnen, Er scheide nicht eher von hinnen.« In höchster Not Sie ihn zu sich entbot Und beschwört ihn, die Augen voll Zähren: »Zur Verzweiflung brächte mich Euer Tod, O lasst meine Bitte gewähren! Ich lieb' Euch nicht, ich bekenn' es frei, Doch dauert mich Eure Jugend, Und Euer Mut ist, bei Glauben und Treu', Nicht Tugend, Nein, tollkühn und Gott versuchend. Es wäre zu viel. Kein freches Spiel Wollt' ich mit dem Leben treiben; Ich wollte frei sein, das war mein Ziel; Ich meinte, sie lassen's wohl bleiben. Lass ab, wenn ich lieb dir und teuer bin, Du wirst den Tod nur umarmen; Es ist uns beiden doch kein Gewinn! Erbarmen Mit dir und mit mir — mir Armen!« Sie lag vor ihm Auf beiden Knien Und beschwor ihn bei Himmel und Erde; Doch Albert blieb immer fest und kühn Und den furchtbaren Ritt begehrte. »Nicht du bist schuld an meinem Tod, In den ich mit Freuden gehe; Ich gehorche der Liebe Zaubergebot, Mir geschehe Nun ewig wohl oder wehe!« Er schwingt sich aufs Ross, Der Knappen Tross Kommt traurig ihm entgegen; Den Jüngling beklagt das ganze Schloss, Der Geistliche gibt ihm den Segen; Und festlich schmückt man die jammernde Braut, Die der kühne Graf will erwerben. Da schmettern dreimal die Trompeten laut: Sie werben Zur Liebe oder zum Sterben. Und er sprengt gewandt Zu der Felsenwand, Und das Ross setzt keck auf die Mauer. Einen Kuss noch wirft er mit flüchtiger Hand, Ihn fasst nicht Schwindel noch Schauer. Sein wackres Ross geht Schritt für Schritt, Es trägt den wackersten Knaben — Da wankt ein Stein, das Ross wankt mit, Und es haben Die Felsen den Ritter begraben. — — Die Gräfin sank, Aller Sinne frank, Es ergriff sie ein tödliches Fieber. Sie siechte wohl viele Wochen lang, Der Tod wär' ihr tausendmal lieber. Und als sie endlich genesen war, Da sind auch drei Brüder erschienen, Die wollten die Braut durch Todesgefahr Verdienen Oder sterbend den Schwur versühnen. »Lasst ab, lasst ab! ‚s ist euer Grab!« So beschwor die Gräfin mit Zähren; »Schon stürzte vor euch ein Wackrer hinab; Wollt ihr meine Qual noch vermehren? Und soll ich morden ein ganzes Geschlecht? Nein, teilt euch in all meine Güter, Nur besteht nicht auf diesem grässlichen Recht! Drei Brüder Sonst kehren dem Vater nicht wieder. Nein, kehrt zum Glück, Zum Vater zurück!« So bat sie und warf sich zur Erde; Doch schöner war sie mit Tränen im Blick, Und jeder der Ritter begehrte: »Wir sind aus einem edlen Geschlecht, Und durfte der für dich sterben, So fordern wir billig ein gleiches Recht; Wir werben Um Liebe oder Verderben!« Der erste schickt Sich zum Ritte und drückt Den Brüdern noch scheidend die Hände; Er schaut auf die Gräfin still entzückt, Dann sprengt er zur Mauer behende. Und noch ist er nicht zur Hälfte heran, Und jammernd stehen die Brüder: Das Ross, es bebt vor der grässlichen Bahn, Stürzt nieder, Und den Jüngling sieht keiner wieder. Noch bebt das Herz Im stummen Schmerz, Da sprengt der zweite zur Mauer, Und grässlich blickt er himmelwärts, Es fasst ihn wie Todesschauer! Doch erreicht er die Mitte - da blickt er hinab, Und die Sinne sind ihm verschwunden; Es bäumt sich das Ross, er stürzt hinab. Tief unten Da haben sich beide gefunden. Und schreckenbleich, den Toten gleich, Steht alles und ringt die Hände; Und die Gräfin zum dritten sich wendet gleich: »O denkt Eurer Brüder Ende! O lasst Euerm Vater das letzte Glück, O lasst ihm den letzten Erben! Die beiden kehren doch nimmer zurück; Kein Werben Um Liebe war's — nein, um Verderben!« — Doch der Ritter spricht: »Ich kenne die Pflicht Und scheide nicht von den Lieben. Vermeldet dem Vater die Trauergeschicht', Und wir wären uns treu geblieben!« So drückt er dem Pferde die Sporen ein, Die Gräfin grüßt er noch heiter; Und Reiter Und Ross sah kein Auge weiter. Die Gräfin sank Sinnlos, todkrank Noch am Abend aufs Siechbett nieder, Und was ihr stets in die Ohren klang, Das waren die Worte der Brüder. Man zählte sie zu den Lebendigen kaum, Wohl täglich ward's schlimmer und schlimmer; Es quälte sie ein grässlicher Traum, Und immer Vernahm sie's wie Geistergewimmer: »Ade, süße Braut! Der Morgen graut. Den Todeskuss auf die Wange! Wir haben dich oben lieb angeschaut, Wir harren deiner schon lange.« So rief's ihr im Traume; doch endlich fand Sich der Kräfte volleres Streben; Sie erwachte neu an des Grabes Rand, Dem Leben, Der Freude nicht, wiedergegeben. Sie warf den Blick Auf ihr Leben zurück, Sah überall Qual und Schmerzen. Die Männer zerstörten ihr stilles Glück; Da wuchs ihr der Hass im Herzen. »In der Seele, da wohnten mir Frieden und Ruh', Durch euch musst' er welkend sterben. Nun könnt ihr ziehn, nun lass' ich es zu, Könnt werben: Ihr seid es wert, zu verderben!« Drauf zogen viel Zum gefährlichen Spiel: Kalt ließ sie alle gewähren; Doch keiner von allen kam ans Ziel, Und keiner tät wiederkehren. Die Gräfin sah kalt auf das große Grab, Auf die tollkühnen Opfer nieder, Kalt blieb sie auch, stürzte der Ritter hinab; Die Brüder Beweinte sie noch, keinen wieder. Groß war schon die Zahl, Die in grässlicher Wahl Gebuhlt um Lieb' und Verderben. — Da sprengt ein Ritter herauf aus dem Tal Und lässt um den Ritt sich bewerben. Er blickt gar fest in die nahe Gefahr, Blickt fest in die Felsen hinunter; Schwarz glüht das Auge, und goldenes Haar Fließt unter Dem Helme in Locken herunter. Den Helden führt Man reich geziert Zur Gräfin, den Ritt zu verlangen. Gar wunderbar fühlt sie sich plötzlich gerührt, Es ergreift sie ein Sehnen und Bangen. Und bald versteht sie die heimliche Qual, Versteht die tiefen Schmerzen; Denn die Liebe glüht ihr zum erstenmal Im Herzen, Und die lässt sich nicht verscherzen. Und wie der Held Zu Füßen ihr fällt Und sie um den Ritt gebeten, Kaum länger sich die Gräfin verstellt, Die Tränen im Auge reden. »Lasst ab von der Bitte, Herr Rittersmann! Trotzt nicht dem Tode verwegen! Und wenn ich's auch nicht versagen kann, So mögen Euch meine Bitten bewegen!« — Doch jener spricht: »Bestürmt mich nicht, Und lasst mich immer gewähren! Ich hab's geschworen, 's ist meine Pflicht, Sonst darf ich nicht wiederkehren.« »Und wenn ich auch nichts erbitten mag,« Entgegnet die Gräfin mit Beben, »So wartet nur bis den morgenden Tag; Dem Leben Könnt ihr diese Frist wohl geben.« Im hohen Saal Zum reichen Mahl Führt sie den geliebten Ritter, Und immer höher steigt ihre Qual; Da ergreift der Gast die Zither Und singt von der Liebe unendlicher Lust Viel schöne, köstliche Lieder; Und was er gesungen, klingt ihr in der Brust Ewig wieder, Und Feuer durchströmt alle Glieder. Mit Tränen wacht Sie die ganze Nacht. Mit sich und der Liebe im Streite. »Und wenn es gelänge, und hätt' er's vollbracht, Ach, Herz! Du brächst in der Freude. Die Lieb' ist ja mild wie das Sonnenlicht, Lässt nicht ihre Treuen verderben; Und müsst' er hinab, und könnt' er mich nicht Erwerben, Ich könnte doch mit ihm sterben.« Der Morgen graut, Da schmückt sich die Braut, Den geliebten Mann zu empfangen. Und wie sie den freudigen Helden erschaut, Da glühen ihr höher die Wangen; Sie fliegt ihm entgegen mit wildem Schmerz: »Umsonst, dass ich länger mich sträube! Ich gesteh' es frei: Dir gehört dies Herz, Ich bleibe Im Leben und Tod dir zum Weibe!« Und glühend umfasst Hält sie den Gast; Der reißt sich ihr schnell aus den Armen: »Noch geziemt mir nicht solche köstliche Last, Ich darf die Braut nicht umarmen. Horcht, Gräfin! horcht, welch festlicher Ton? Der ladet zum Siegen — zum Sterben; Die Trompeten rufen das Opfer schon, Sie werben Der Liebe Tod und Verderben!« Der Geistliche bringt Ihm den Segen; da schwingt Sich der Ritter behende zu Pferde. Er winkt Ade! Kunigunde sinkt Besinnungslos zur Erde. Doch setzt er kühn auf die Mauer hinan, Als wär' sie wohl dreimal breiter, Und es schreitet das Ross auf der grässlichen Bahn Keck weiter, Trägt glücklich zum Ziele den Reiter. Ein Freudenlaut Weckt die glückliche Braut, Und sie stürzt dem Ritter entgegen: »So hast du Gott und der Liebe vertraut, Dich beschütze ihr heiliger Segen. Dir ist es gelungen, ich folge dir gern, Zum Leben , zur Liebe, zur Freude; Der Kynast begrüßt dich als seinen Herrn! Uns beide Kein Stürmen des Lebens mehr scheide!« Und der Ritter blickt streng Auf das Freudengedräng': »Nicht also will ich es enden! Weg mit den Schalmeien und Hochzeitsgepräng'! Das Blatt soll sich fürchterlich wenden. Nicht nach der Braut gelüstete mir Und dem Feierklange der Lieder; Wo sind meine Freunde? Ich fordre von dir Sie wieder, Graf Albert und die drei Brüder! Von deiner Hand In den Tod gesandt — Das durchfuhr wie Blitz meine Träume! Mich lockte nicht deine blutige Hand; Denn längst blüht ein Weib mir daheime. Verschmähter Liebe unendlicher Schmerz — Das hatt' ich bei Gott mir versprochen —, Du solltest ihn fühlen! — Jetzt ist dein Herz Gebrochen. Sieg, Freunde! Ihr seid gerochen!« Er spornt das Ross, Es fliegt aus dem Schloss Und lässt sie verzweifelnd zurücke. Erschrocken steht der Diener Tross, Wohl perlt es in manchem Blicke; Und die Gräfin erwacht wie aus schwerem Traum, Blickt gräßlich nach allen Seiten Und wankt zur Mauer und hält sich kaum. Von weitem Die Diener die Gräfin begleiten. Da spricht sie leis Zum bekannten Kreis: »Wohl hat sich die Liebe gerochen, Wohl erkannt' ich des Lebens höchsten Preis; Doch mein Herz ward treulos gebrochen. Die unten dort sind mir angetraut. Was soll ich die Hochzeit verschieben? Empfangt das Opfer, empfangt die Braut! Mein Lieben Ist über der Erde geblieben!« — Und sie stürzt sich hinab Ins Felsengrab; Da klingt es wie Geistergeflüster: »Die Braut ist gekommen, den Kranz herab! Was, Liebchen, bist du so düster? Nun ist das Hoffen und Sehnen verkürzt, Nun mag sich die Jungfrau vermählen; Du hast dich uns selbst in die Arme gestürzt: Kannst wählen, Der Braut soll's am Liebsten nicht fehlen.« |
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Quelle:
Körners Werke in zwei Teilen. Auf Grund der Hempelschen Ausgabe neu herausgegeben mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Augusta Weldler-Steinberg. Berlin u.a.: Deutsches Verlagshaus Bong & Co. o.J. Hier Tl. I, S. 161-171.
Autor:
Körner, Karl Theodor, Dichter, geboren 23. September 1791 zu Dresden, studierte 1808-10 auf der Bergakademie in Freiberg, dann in Leipzig, wirkte seit 1811 in Wien als Theaterdichter, trat 1813 als Freiwilliger in das Lützowsche Korps, 17. Juni bei Kitzen verwundet, fiel beim Dorf Lützow unweit Gadebusch 26. August 1813, bei Wöbbelin begraben. Am vorzüglichsten seine Kriegs- und Vaterlandslieder, hg. von seinem Vater u. d. T. »Leier und Schwert« (1814); schrieb außerdem die Trauerspiele »Zriny«, »Rosamunde« und kleine Lustspiele.
Brockhaus Kleines Konversations-Lexikon. Elektronische Volltextedition der fünften Auflage von 1911 (Digitale Bibliothek; 50) Berlin: Directmedia 2004, S. 39.853.
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Sie sprach: Ich will nicht sitzen im stillen Kämmerlein, Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Ich will zur Jagd ausreiten, zu Rosse sitzt sich's fein, Das Fräulein Kunigunde! Sie sprach: Wer mich will freien, der soll ein Ritter sein, Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Der um den Kynast reitet, und bricht nicht Hals und Bein. Es ritt ein edler Reiter wohl um den Mauerrand; Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Das Fräulein sah ihn stürzen, und zuckte nicht die Hand. Und wieder ritt ein Ritter wohl um die Zinnen her; Das Fräulein Kunigunde, Das Fräulein sah ihn stürzen, ihr Herz ward ihr nicht schwer. Und aber ritt ein Ritter, und noch ein Ritter ritt; Das Fräulein Kunigunde, Sie sah es ohne Grausen, wie er zum Abgrund glitt. Das währte lange Zeiten, es kam kein Ritter mehr; Das Fräulein Kunigunde, Man wollt' um sie nicht reiten, der Brautritt war zu schwer. Sie stand auf hohen Zinnen und sah in's Land hinaus, Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Will Niemand mich gewinnen? ich bin allein zu Haus. Ist Niemand, der will reiten, erreiten seine Braut? Das Fräulein Kunigunde von Kynast! O weh der feigen Ritter, die vor dem Brautritt graut! Es sprach vom Thüringlande der Landgraf Adelbert: Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Es ist das stolze Fräulein wohl eines Rittes wert. Sein Rösslein lehrt' er gehen auf schmalem Felsgestein: Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Das Fräulein soll nicht sehen uns brechen Hals und Bein. Sieh her, o edles Fräulein, ich bin's, der reiten will! Das Fräulein Kunigunde, Sie sah zu Ross ihn halten, und ward so ernst und still. Sie sah ihn sich bereiten zum Ritt, und bebte sehr, Das Fräulein Kunigunde: O weh, dass ich den Brautritt gemacht hab' also schwer! Da ritt er um den Kynast, den Blick sie wendet' ab, Das Fräulein Kunigunde! O weh mir um den Ritter, er reitet in sein Grab! Da ritt er um den Kynast, wohl um den Mauerrand; Das Fräulein Kunigunde! Sie wagte nicht zu zucken mit ihrer weißen Hand. Da ritt er um den Kynast, rings um die Zinnen gar; Das Fräulein Kunigunde! Sie wagte nicht zu atmen, als brächt' es ihm Gefahr. Da ritt er um den Kynast, und ritt zu ihr herab. Das Fräulein Kunigunde von Kynast: Gelobt sei Gott vom Himmel, der dir das Leben gab! Gelobt sei Gott vom Himmel, dass du nicht rittst in's Grab! Das Fräulein Kunigunde: Nun steig vom Ross, o Ritter, zu deiner Braut herab! Da sprach der edle Ritter, er grüßt' herab vom Pferd, Das Fräulein Kunigunde! Dass reiten kann ein Ritter, das hab' ich dich gelehrt. Nun warte bis ein andrer kommt wieder, der es kann! Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Ich habe schon Weib und Kinder, und werde nicht dein Mann. Der Ritter ritt von dannen, dem Ross gab er die Sporn; Das Fräulein Kunigunde! Das Fräulein sah ihn reiten, verging vor Scham und Zorn. Jungfräulein ist sie blieben zur Buße für ihren Stolz, Das Fräulein Kunigunde! Zuletzt hat sie verwandelt sich in ein Bild von Holz. Ein Bild, anstatt der Haare, bedeckt mit Igelhaut, Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Das muss ein Fremder küssen, wenn er den Kynast schaut. Wir bringen's ihm zu Küssen; und wenn davor ihm graut, Das Fräulein Kunigunde von Kynast! Muss er mit Geld sich lösen, wenn er nicht küsst die Braut, Das Fräulein Kunigunde! |
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Quelle:
Deutsches Balladenbuch. Mit Holzschnitten nach Zeichnungen von Adolf Ehrhardt, Theobald von Oer, Hermann Plüddemann, Ludwig Richter und Carl Schurig in Dresden. 6. Aufl. Leipzig: Georg Wigand 1876, s. 218-220. Illustration von Adolf Ehrhardt. — Vgl. Gesammelte Gedichte von Friedrich Rückert. Bd. 3. 2. Aufl. Erlangen, Verlag von Carl Heyder 1839, S. 477-479.
Autor:
Rückert, Friedrich, Dichter, geboren 16. Mai 1788 zu Schweinfurt, habilitierte sich 1811 als Philolog an der Universität Jena, ging 1816 nach Stuttgart, 1818 nach Rom, lebte dann in Coburg, ward 1826 Prof. der orientalischen Sprachen in Erlangen, 1814 nach Berlin berufen, privatisierte seit 1849 in Neuses bei Coburg, gestorben dasselbst 31. Januar 1866; vorzüglicher Lyriker ( »Liebesfrühling«) und didaktischer Dichter (»Weisheit des Brahmanen«, 1836-39), ausgezeichnet durch große Gedankenfülle und ungemeine Sprachgewalt, unübertroffener Meister der Übersetzungskunst und der Nachbildung fremder, besonders orientalischer Dichtformen [...], weniger glücklich als Dramatiker.
Brockhaus Kleines Konversations-Lexikon. Elektronische Volltextedition der fünften Auflage von 1911 (Digitale Bibliothek; 50) Berlin: Directmedia 2004, S. 64.518. Gekürzt.
Illustrator:
Ehrhardt, Adolf, Maler, geboren 21. November 1813 in Berlin, gestorben 18. November 1899 in Wolfenbüttel, besuchte die Kunstakademie in Berlin und ging 1832 nach Düsseldorf, wo unter Friedrich Wilhelm von Schadows Leitung seine ersten Bilder entstanden. 1838 siedelte er nach Dresden über und nahm hier wesentlichen Anteil an der Ausführung der Wandgemälde Eduard Bendemanns im Thron- und Ballsaal des königlichen Schlosses. 1846 wurde er Professor an der Akademie. Er führte verschiedene Altargemälde für Kirchen und zahlreiche andre Gemälde aus, so: Tod des Sängers Rudello, nach Ludwig Uhland; Rinaldo und Armida; Karl d. Gr. an der Leiche seiner Gemahlin Fastrade; Ludwig der Bayer, Friedrich den Schönen in der Gefangenschaft aufsuchend; Luther mit den beiden Studenten im Bären zu Jena; Karl V. im Kloster etc. Außerdem lieferte er Kartons und Farbenskizzen zu Glasmalereien für Kirchen in England und eine große Anzahl von Illustrationen. Er gab Bouviers »Handbuch der Ölmalerei für Künstler und Kunstfreunde« (7. Aufl. 1895) neu heraus und schrieb: »Die Kunst der Malerei. Eine Anleitung zur Ausbildung für die Kunst« (2. Aufl. 1895).
Meyers Großes Konversations-Lexikon. Sechste Auflage 1905–1909 (Digitale Bibliothek; 100) Berlin: Directmedia 2003, S. 47.846. Gekürzt.
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Die Kynast-Sage. Verso: Nr. 1015 Schrödersche Kunstanstalt Wilh. Müller, Herischdorf i. Rsgb. Im Briefmarkenfeld: 534479. Nicht gelaufen. — Text auf Vorderseite, unterzeichnet K.B.:
Auf Burg Kynast erzählt die Sage von einer schönen Kunigund': Als Freiersmann käm' nur in Frage, wer um die Zinnen reiten kunnt. Den kühnen Ritt manch tapferer Ritter im Höllengrund büßt mit dem Leib, nur Adelbert vollbringt das Wunder, verlässt darauf das schnöde Weib. Verzweifelt stürzt sich Kunigunde in Liebesweh den Grund hinab; noch heut in mitternächt'ger Stunde ihr Geist entsteigt dem kühlen Grab. |
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Die Wolken hingen vom Gebirge nieder Gespenstig ziehend um den finstern Wald, Dampfende Nebel dehnten Riesenglieder In grau und schwarz mit seltsamer Gestalt; Doch hob sich draus auf waldumkränzter Höhe Die alte Veste stolz und kühn hervor, Dass sie die Wolken sich zu Füßen sehe Als Weihrauch sie des Nebels Ziehn erkor. Und durch die Nebel schritt ich ihr entgegen Und durch die Wolken eilte ich ihr zu Auf feuchten moosbedeckten Waldeswegen Zu des Gebirges stiller Totenruh. Bald klomm ich zu des Kynast höchstem Walle Und ließ die Blicke schweifen in die Runde - Da fuhr ich auf von eines Seufzers Schalle Und vor mir stand sie - Fräulein Kunigunde. »Viel Ritter kamen einst um mich zu werben, Weil meine Schönheit, weil mein Gold sie zog; Ich aber wollt als freie Jungfrau sterben, Wenn nicht die Lieb mir mehr als Freiheit wog. Drum sann ich, mich der Werber zu entschlagen, Ein listiges ein finstres Mittel aus - Sein Leben dacht ich würde keiner wagen, Für mich nicht wagen einen blut'gen Strauß. Doch kamen sie um Ruhm sich zu erringen, Den Ritt zu wagen um des Walles Ring. Doch konnte keinem je die Tat gelingen Und einer nach dem andern unterging. Da kam der eine, der mein Herz bezwungen, Daß es für ihn in heißer Liebe schlug Ich rief und hielt sein Knie ihm fest umschlungen >Hier meine Hand - Halt ein! es ist genug!< Er aber stieß mich fort und sprengt zum Rande Und ihm gelang der unheilvolle Ritt - Dann höhnt er mich, >Das tat ich dir zur Schande, Zur Rache jedem, der hier Tod erlitt!< Im Zorne schön noch wie ein Rachegott, So sprach er es mit heldenstolzen Trieben - Da trug ich still der Andern Hohn und Spott, Doch trug ich nimmer das verratne Lieben! Und wo der andren Ritter Leichen lagen, Da eilt ich selber mir das Grab zu betten - Nun muss ich nächtlich umgehn noch und klagen Und Flüche hören an den öden Stätten; Und war es doch mein einziges Verbrechen, Nicht ohne Lieb zur Sklavin mich zu machen! - Das wollten nur die stolzen Männer rächen, Das ist's, was sie noch heut an mir verlachen!« Das ist's rief ich, das wird noch heut beschworen - Wir sind ja nichts - sie sind die Herrn der Welt. Es wird das Weib zur Sklavin nur geboren. So heißt der Spruch, das Urteil ist gefällt. Und weh dem Weibe, das sich kühn vermessen Und wo es liebt, sich liebend zu ergeben, Das nennt man töricht nennt man pflichtvergessen, Nie fehlt die Hand den ersten Stein zu heben. Und weh dem Weibe, das sich kühn erhoben Und frei nach einem andern Ziele strebt, An einem andern Altar zu geloben Ein höhres Fühlen, das sein Herz durchbebt. Und weh dem Weibe, das mit festen Schritten Sich ob der Knechtschaft Schranken stolz erhebt - Ich weiß es, was ein solches Weib gelitten - Ich weiß auch: nicht umsonst hat es gelebt. |
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Quelle:
Louise Otto: Mein Lebensgang. Gedichte aus fünf Jahrzehnten. Erstdruck Leipzig: Max Schäfer 1893. Hier zitiert nach: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S. 419.239-419.241.
Autorin:
Otto, Louise, geboren 26. März 1819 in Meißen, gestorben 13. März 1895 in Leipzig, Schriftstellerin (Gedichte, Romane, u.a.: »Schloss und Fabrik« 1846), Journalistin und politisch wie sozialkritisch engagierte Frauenrechtlerin. 1858 Heirat mit August Peters, der an den Folgen des Zuchthausaufenthaltes, mit dem seine Teilnahme am Dresdner und Badischen Aufstand geahndet wurde, 1864 stirbt. 1865 Wahl zur Vorsitzenden des von ihr mitbegründeten Allgemeinen Deutschen Frauenvereins; mit Auguste Schmid Herausgeberin des Verbandsorgans »Neue Bahnen«.
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Oben: [Ohne Titel.] Verso: Riesengebirge, Burg Kynast. Kunstverlag F. Springer, Hirschberg-Cunnersdorf. Nr. 41. Stempel: Burg Kynast Riesengebirge 24. Jul. 1927. Gelaufen. Poststempel 1927.
Mitte: Der Kynast vom Heerdberg mit Blick auf Hermsdorf. Verso: Kunstverlag Max Leipelt Warmbrunn. 3540. Nicht gelaufen.
Unten: Riesengebirge - Burgruine Kynast. Verso: Kunstverlag Max Leipelt Warmbrunn. No. 3579. Postkarte. Stempel: Burg Kynast im Riesengebirge 16. Aug. 1910. Nicht gelaufen.
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