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Jutta Assel | Georg Jäger

Friedrich Schiller
Der Kampf mit dem Drachen
in Umrissen von Moritz Retzsch

Eingestellt: Februar 2020

Von dem Maler und Radierer Moritz Retzsch (1779-1857) publizierte  das Goethezeitportal bereits Umrisse zu Werken Goethes ("Faust") und Schillers ("Lied von der Glocke", "Gang zum Eisenhammer", "Pegasus im Joche"). Hier folgen die zu ihrer Zeit geschätzten Umrissradierungen von 1824 zu Schillers volkstümlicher Ballade "Der Kampf mit dem Drachen" (Erstdruck 1799). Dem Text der Ballade werden die 16 Umrisse von Retzsch sowie seine von ihm so bezeichneten "Andeutungen" beigegeben, in denen der Künstler die (teilweise vom Text abweichenden oder ihn ergänzenden) Bildmotive und deren Ausgestaltung beschreibt. Der Ausspruch des Kreuzordenritter-Meisters "Mut zeiget auch der Mameluk, / Gehorsam ist des Christen Schmuck" wurde zum geflügelten Wort. Eine Kurzbiographie stellt den Künstler vor.

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Gliederung

1. Friedrich Schiller: Der Kampf mit dem Drachen
2. Sechszehn Umrisse mit Andeutungen von Moritz Retzsch
3. Kurzbiografie von Moritz Retzsch
4. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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1. Friedrich Schiller
Der Kampf mit dem Drachen

Vorlage:
* Sechszehn Umrisse zu Schiller's Kampf mit dem Drachen von Moritz Retzsch. Mit einigen Andeutungen. Stuttgart und Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. In Commission: bey Herrn Buchhändler Renouard in Paris und Herrn Buchändler Bohte in London. 1824. - Nach dieser Vorlage Rechtschreigung und Zeichensetzung der Ballade.

Was rennt das Volk, was wälzt sich dort
Die langen Gassen brausend fort?
Stürzt Rhodus unter Feuers Flammen?
Es rottet sich im Sturm zusammen,
Und einen Ritter, hoch zu Ross,
Gewahr’ ich aus dem Menschentross,
Und hinter ihm, welch Abenteuer!
Bringt man geschleppt ein Ungeheuer,
Ein Drache scheint es von Gestalt,
Mit weitem Krokodilesrachen,
Und alles blickt verwundert bald
Den Ritter an und bald den Drachen.

Und tausend Stimmen werden laut:
Das ist der Lindwurm, kommt und schaut!
Der Hirt und Herden uns verschlungen!
Das ist der Held, der ihn bezwungen!
Viel andre zogen vor ihm aus,
Zu wagen den gewaltgen Strauß,
Doch keinen sah man wiederkehren,
Den kühnen Ritter soll man ehren!
Und nach dem Kloster geht der Zug,
Wo Sankt Johann's des Täufers Orden,
Die Ritter des Spitals, im Flug
Zu Rathe sind versammelt worden.

Und vor den edeln Meister tritt
Der Jüngling mit bescheidnem Schritt;
Nachdrängt das Volk, mit wildem Rufen,
Erfüllend des Geländers Stufen,
Und jener nimmt das Wort und spricht:
Ich hab’ erfüllt die Ritterpflicht,
Der Drache, der das Land verödet,
Er liegt von meiner Hand getödtet,
Frey i ist dem Wanderer der Weg,
Der Hirte treibe ins Gefilde,
Froh walle auf dem Felsensteg
Der Pilger zu dem Gnadenbilde.

Doch strenge blickt der Fürst ihn an
Und spricht: Du hast als Held gethan,
Der Mut ist's, der den Ritter ehret,
Du hast den kühnen Geist bewähret,
Doch sprich! Was ist die erste Pflicht
Des Ritters, der für Christum ficht,
Sich schmücket mit des Kreuzes Zeichen?
Und Alle rings herum erbleichen.
Doch er, mit edelm Anstand, spricht,
Indem er sich erröthend neiget:
Gehorsam ist die erste Pflicht,
Die ihn des Schmuckes würdig zeiget.

Und diese Pflicht, mein Sohn«, versetzt
Der Meister, hast du frech verletzt.
Den Kampf, den das Gesetz versaget,
Hast du mit frevlem Mut gewaget! –
Herr, richte, wenn du Alles weißt,
Spricht jener mit gesetztem Geist,
Denn des Gesetzes Sinn und Willen
Vermeint' ich treulich zu erfüllen.
Nicht unbedachtsam zog ich hin,
Das Ungeheuer zu bekriegen;
Durch List und kluggewandten Sinn
Versucht ich’s, in dem Kampf zu siegen.

Fünf unsers Ordens waren schon,
Die Zierden der Religion,
Des kühnen Muthes Opfer worden;
Da wehrtest du den Kampf dem Orden.
Doch an dem Herzen nagten mir
Der Unmuth und die Streitbegier,
Ja, selbst im Traum der stillen Nächte
Fand ich mich keuchend im Gefechte,
Und wenn der Morgen dämmernd kam,
Und Kunde gab von neuen Plagen,
Da fasste mich ein wilder Gram,
Und ich beschloß, es frisch zu wagen.

Und zu mir selber sprach ich dann:
Was schmückt den Jüngling, ehrt den Mann,
Was leisteten die tapfern Helden
Von denen uns die Lieder melden?
Die zu der Götter Glanz und Ruhm
Erhub das blinde Heidenthum?
Sie reinigten von Ungeheuern
Die Welt in kühnen Abenteuern,
Begegneten im Kampf dem Leu'n
Und rangen mit den Minotauren,
Die armen Opfer zu befreyn,
Und ließen sich das Blut nicht dauren.

Ist nur der Saracen es werth,
Daß ihn bekämpft des Christen Schwert?
Bekriegt er nur die falschen Götter?
Gesandt ist er der Welt zum Retter,
Von jeder Noth und jedem Harm
Befreyen muß sein starker Arm,
Doch seinen Muth muß Weisheit leiten
Und List muß mit der Stärke streiten.
So sprach ich oft und zog allein,
Des Raubthiers Fährte zu erkunden,
Da flößte mir der Geist es ein,
Froh rief ich aus:,Ich hab’s gefunden!

Und trat zu dir und sprach das Wort:
"Mich zieht es nach der Heimat fort."
Du, Herr, willfahrtest meinen Bitten
Und glücklich war das Meer durchschnitten.
Kaum stieg ich aus am heimschen Strand,
Gleich ließ ich durch des Künstlers Hand
Getreu den wohlbemerkten Zügen
Ein Drachenbild zusammenfügen.
Auf kurzen Füßen wird die Last
Des langen Leibes aufgethürmet,
Ein schuppigt Panzerhemd umfasst
Den Rücken, den es furchtbar schirmet.

Lang strecket sich der Hals hervor,
Und gräßlich wie ein Höllenthor
Als schnappt' es gierig nach der Beute,
Eröffnet sich des Rachens Weite,
Und aus dem schwarzen Schlunde dräun
Der Zähne stachelichte Reih'n,
Die Zunge gleicht des Schwertes Spitze,
Die kleinen Augen sprühen Blitze,
In eine Schlange endigt sich
Des Rückens ungeheure Länge,
Rollt um sich selber fürchterlich,
Daß es um Mann und Roß sich schlänge.

Und Alles bild' ich nach genau
Und kleid' es in ein scheußlich Grau,
Halb Wurm erschien's, halb Molch und Drache,
Gezeuget in der gift'gen Lache;
Und als das Bild vollendet war,
Erwähl’ ich mir ein Doggenpaar,
Gewaltig, schnell, von flinken Läufen,
Gewohnt, den wilden Ur zu greifen,
Die hetz' ich auf den Lindwurm an,
Erhitze sie zu wildem Grimme,
Zu fassen ihn mit scharfem Zahn,
Und lenke sie mit meiner Stimme.

Und wo des Bauches weiches Vlies
Den scharfen Bissen Blöße ließ,
Da reiz' ich sie, den Wurm zu packen,
Die spitzen Zähne einzuhacken.
Ich selbst, bewaffnet mit Geschoß
Besteige mein arabisch Roß,
Von adeliger Zucht entstammet,
Und als ich seinen Zorn entflammet,
Rasch auf den Drachen spreng ich’s los,
Und stachl' es mit den scharfen Sporen,
Und werfe zielend mein Geschoß,
Als wollt' ich die Gestalt durchbohren.

Ob auch das Roß sich grauend bäumt
Und knirscht und in den Zügel schäumt,
Und meine Doggen ängstlich stöhnen,
Nicht rast' ich, bis sie sich gewöhnen.
So üb' ich's aus mit Emsigkeit,
Bis dreymal sich der Mond erneut,
Und als sie Jedes recht begriffen,
Führ' ich sie her auf schnellen Schiffen.
Der dritte Morgen ist es nun,
Daß mir's gelungen hier zu landen;
Den Gliedern gönnt' ich kaum zu ruhn,
Bis ich das große Werk bestanden.

Denn heiß erregte mir das Herz
Des Landes frisch erneuter Schmerz:
Zerrissen fand man jüngst die Hirten,
Die nach dem Sumpfe sich verirrten,
Und ich beschließe rasch die That,
Nur von dem Herzen nehm ich Rath.
Flugs unterricht' ich meine Knappen,
Besteige den versuchten Rappen,
Und von dem edeln Doggenpaar
Begleitet, auf geheimen Wegen,
Wo meiner That kein Zeuge war,
Reit' ich dem Feinde frisch entgegen.

Das Kirchlein kennst du, Herr, das hoch
Auf eines Felsenberges Joch,
Der weit die Insel überschauet,
Des Meisters kühner Geist erbauet.
Verächtlich scheint es, arm und klein,
Doch ein Mirakel schließt es ein,
Die Mutter mit dem Jesusknaben,
Den die drey Könige begaben.
Auf dreymal dreißig Stufen steigt
Der Pilgrim nach der steilen Höhe;
Doch hat er schwindelnd sie erreicht,
Erquickt ihn seines Heilands Nähe.

Tief in den Fels, auf dem es hängt,
Ist eine Grotte eingesprengt,
Vom Thau des nahen Moors befeuchtet,
Wohin des Himmels Strahl nicht leuchtet,
Hier hausete der Wurm und lag,
Den Raub erspähend, Nacht und Tag,
So hielt er, wie der Höllendrache
Am Fuß des Gotteshauses Wache,
Und kam der Pilgrim hergewallt
Und lenkte in die Unglücksstraße,
Hervorbrach aus dem Hinterhalt
Der Feind und trug ihn fort zum Fraße.

Den Felsen stieg ich jezt hinan,
Eh' ich den schweren Strauß begann;
Hin kniet' ich vor dem Christuskinde,
Und reinigte mein Herz von Sünde,
Drauf gürt' ich mir im Heiligthum
Den blanken Schmuck der Waffen um,
Bewehre mit dem Spieß die Rechte,
Und nieder steig' ich zum Gefechte.
Zurücke bleibt der Knappen Troß;
Ich gebe scheidend die Befehle,
Und schwinge mich behend auf's Roß
Und Gott empfehl' ich meine Seele.

Kaum seh' ich mich im ebnen Plan,
Flugs schlagen meine Doggen an,
Und bang beginnt das Roß zu keuchen,
Und bäumet sich und will nicht weichen;
Denn nahe liegt, zum Knäul geballt,
Des Feindes scheußliche Gestalt,
Und sonnet sich auf warmem Grunde,
Auf jagen ihn die flinken Hunde,
Doch wenden sie sich pfeilgeschwind,
Als es den Rachen gähnend theilet,
Und von sich haucht den gift'gen Wind,
Und winselnd wie der Schakal heulet.

Doch schnell erfrisch' ich ihren Muth,
Sie fassen ihren Feind mit Wuth,
Indem ich nach des Thieres Lende
Aus starker Faust den Speer versende,
Doch machtlos, wie ein dünner Stab,
Prallt er vom Schuppenpanzer ab,
Und eh' ich meinen Wurf erneuet,
Da bäumet sich mein Roß und scheuet
An seinem Basiliskenblick
Und seines Athems gift'gem Wehen,
Und mit Entsetzen springt's zurück,
Und jetzo war's um mich geschehen –

Da schwing' ich mich behend vom Roß,
Schnell ist des Schwertes Schneide bloß,
Doch alle Streiche sind verloren,
Den Felsenharnisch zu durchbohren,
Und wüthend mit des Schweifes Kraft
Hat es zur Erde mich gerafft;
Schon seh ich seinen Rachen gähnen,
Es haut nach mir mit grimmen Zähnen,
Als meine Hunde wutentbrannt
An seinen Bauch mit grimmgen Bissen
Sich warfen, dass es heulend stand,
Von ungeheurem Schmerz zerrissen.

Und eh' es ihren Bissen sich
Entwindet, rasch erheb ich mich,
Erspähe mir des Feindes Blöße,
Und stoße tief ihm ins Gekröse
Nachbohrend bis ans Heft den Stahl.
Schwarzquellend springt des Blutes Strahl,
Hin sinkt es und begräbt im Falle
Mich mit des Leibes Riesenballe,
Daß schnell die Sinne mir vergehn,
Und als ich neugestärkt erwache,
Seh' ich die Knappen um mich stehn,
Und todt im Blute liegt der Drache.« –

Des Beyfalls lang gehemmte Lust
Befreyt jezt aller Hörer Brust,
So wie der Ritter dieß gesprochen,
Und zehnfach am Gewölb' gebrochen
Wälzt der vermischten Stimmen Schall
Sich brausend fort im Wiederhall,
Laut fodern selbst des Ordens Söhne,
Daß man die Heldenstirne kröne,
Und dankbar im Triumphgepräng
Will ihn das Volk dem Volke zeigen;
Da faltet seine Stirne streng
Der Meister und gebietet Schweigen.

Und spricht: Den Drachen, der dies Land
Verheert, schlugst du mit tapfrer Hand;
Ein Gott bist du dem Volke worden,
Ein Feind kommst du zurück dem Orden,
Und einen schlimmern Wurm gebar
Dein Herz, als dieser Drache war.
Die Schlange, die das Herz vergiftet,
Die Zwietracht und Verderben stiftet,
Das ist der widerspenst'ge Geist,
Der gegen Zucht sich frech empöret,
Der Ordnung heilig Band zerreißt,
Denn der ist's, der die Welt zerstöret.

Muth zeiget auch der Mameluk,
Gehorsam ist des Christen Schmuck;
Denn, wo der Herr in seiner Größe
Gewandelt hat in Knechtes-Blöße,
Da stifteten, auf heil'gem Grund,
Die Väter dieses Ordens Bund,
Der Pflichten schwerste zu erfüllen,
Zu bändigen den eignen Willen!
Dich hat der eitle Ruhm bewegt;
Drum wende dich aus meinen Blicken!
Denn wer des Herren Joch nicht trägt,
Darf sich mit seinem Kreuz nicht schmücken.

Da bricht die Menge tobend aus,
Gewalt'ger Sturm bewegt das Haus,
Um Gnade flehen alle Brüder,
Doch schweigend blickt der Jüngling nieder;
Still legt er von sich das Gewand
Und küßt des Meisters strenge Hand
Und geht. Der folgt ihm mit dem Blicke,
Dann ruft er liebend ihn zurücke
Und spricht: Umarme mich, mein Sohn!
Dir ist der härt're Kampf gelungen.
Nimm dieses Kreuz. Es ist der Lohn
Der Demuth, die sich selbst bezwungen.

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2. Sechszehn Umrisse mit Andeutungen
von Moritz Retzsch

Vorlagen:
* Moritz Retzsch. 16 Umriss-Radierungen zu Schillers Kampf mit dem Drachen, ohne Titelblatt und Text, querFol. Signiert: MRetzsch, fec.; MR ligiert.  Gebunden. Kupferplatte hoch 17, breit 21,8 cm. - Vorlage für die Umrisse.
* Sechszehn Umrisse zu Schiller's Kampf mit dem Drachen von Moritz Retzsch. Mit einigen Andeutungen. Stuttgart und Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. In Commission: bey Herrn Buchhändler Renouard in Paris und Herrn Buchhändler Bohte in London. 1824. - Vorlage für die "Andeutungen".


Obwohl dem Leser die einzelnen Verse und Strophen des Gedichtes selbst die beste Erläuterung für diese Umrisse seyn möchten, so haben wir doch die folgenden Andeutungen des Künstlers nicht weglassen zu dürfen geglaubt, denn wie er das Wort des Dichters in seine Sprache übertragen und ihm das Leben der Form und Bewegung gegeben hat, konnte er sich mit Strenge nur an den innwohnenden Gedanken, nicht aber so an die befolgte Ordnung halten.

Ausschnitt:
Der Drache verfolgt zwei Männer,
im Hintergrund der Hafen

Nro.1. Bezeichnet die Insel Rhodus, als den Schauplatz der Handlung und den hülflosen Zustand derselben, in Bezug der Drachennoth. ─ In der Ferne der dieselbe charakterisirende Hafen, und im Vorgrunde auf dem Fußgestelle eines Säulenfragments, welches, als solches, auf eine längst vergangene Zeit hindeutet, der Koloß von Rhodus in Basrelief. Während im Hintergrunde der die Insel verwüstende Drache einige Männer verfolgt, und indem sie augenscheinlich unrettbar verloren sind, somit durch ihn die Kraft der Insel immer mehr vertilgt wird, deuten die beyden im Vorgrunde sitzenden Figuren die Hülflosigkeit und Entmuthigung an, in welcher sich die Insel befindet. Der schwache Greis vermag nur durch Gebet zu helfen, und hoffnungslos sinken die zum Gebet erhoben gewesenen Hände des eben so machtlosen Weibes in ihren Schoos zurück, während sie schmerzerfüllt, schaudernd das Gesicht abwendet, die Augen vor den Gräueln verschließend


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Nro. 2. Der Drache erscheint plötzlich auf einer von seinem Aufenthalt weit entlegenen Höhe, bricht in eine sich sicher wähnende, weidende Heerde und verbreitet Verwirrung und Schrecken um sich. ─ Im Vorgrunde, auf einem höhern Standpunkte, erschaut entsetzt ein Schafhirte die Ursache des Lärmens, Die Natur des Hundes mit der des Schafes in Kontrast.


Nro. 3. Schrecken der Pilgrime beym plötzlichen Anblick der unausweichlich nahen Todesgefahr.


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Nro. 4. Um in der Folge den Sieg des Helden, als einzelnen Kämpfers, in ein helleres Licht zu setzen, sind hier mehrere Ordensritter, deren auch das Gedicht erwähnt, gemeinschaftlich in einen völlig sieglosen Kampf mit dem Drachen verwickelt. Ein Ritter ist bereits getödtet, mit dem zweyten, dessen Roß der Drache vermittelst seines Schweifes zur Erde schlägt, treibt das Unthier ein grausames Spiel, und bringt die zwey andern Kämpfer, deren Lanzen und Schwerter bereits an seinem Schuppenpanzer zersplittert sind, und nun waffenlos vergebens ihren Gefährten beyzustehen strebten, völlig um. ─ Zwey Knechte bringen, von Entsetzen ergriffen, sich selbst, ihre Rosse und Waffen in Sicherheit.

 



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Nro. 5. Der Held des Gedichtes kommt zufällig zu einer Gruppe Landleute, welche durch die Nachricht eines neuen Unglücks, dessen Verkünder der Hirtenknabe ist, der vor dem Greise weinend niedersank, in Schmerzen und Betrübniß versetzt sind. Der Erzählung des Greises, der nach dem in der Ferne noch sichtbaren Drachen, welcher eben einen Hirten davon trägt, hindeutet, hört der Held mit gespannter Aufmerksamkeit und edlem  Unwillen zu. Die Nachbarn kommen bestürzt und theilnehmend herbey.


Nro. 6. Der Ritter belauscht den Drachen, um seine Gestalt nachbilden zu lassen, er hat sein Roß in der Ferne angebunden, um ohne Geräusch sich dem Abhange zu nahen. von wo aus er den so eben Ruhe haltenden Wurm betrachten kann.

 


Nro. 7. Die Werkstatt eines Zeugschmidts, welcher unter der Aufsicht des Ritters, das Bild des Drachen verfertigt.


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Nro. 8. Dressiren des Pferdes und der Hunde.


Nro. 9. Der Ritter betet in der Kapelle, bevor er den Strauß besteht, am Eingange derselben halten Knappen seine Waffen, fern am Fuße des Berges harret sein die Schaar derselben. Das Schiff deutet seine Rückkunft an, und der heitre Aufgang der Sonne verheißt ihm Glück und Ruhm, der Insel Heil und bessere Zeit.


Nro. 10. Den Knappen gebietet der Ritter hier zu verweilen, während er allein den Feind aufsuchen will. Der eine Hund hat die Witterung des Drachen, den man fern zusammengerollt liegen sieht.


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Nro. 11. Angriff auf den Drachen; ergrimmt wirft der Ritter den zweyten Speer auf den denselben, da der erste machtlos mit verbogener Spitze und zersplittert vom Schuppenpanzer zurückgeprallt ist.


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Nro. 12. Vom Schweif des Drachen umschlungen und zu Boden geworfen, ersieht der Ritter den einzig günstigen Moment, wo das Thier sich gegen die Hunde wendet und bringt demselben die tödtliche Wunde bey; das Pferd vom Schrecken gejagt, entflieht in vollen Sätzen.


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Nro.13. Die Knappen finden ihren Herrn ohnmächtig  unter dem todten Drachen liegen; er erwacht bey ihrem Bemüh'n, ihm Hülfe zu leisten; einer der Hunde freut sich des Erwachens seines Herrn, während der andere, von der Bewegung getäuscht, in welche der Körper des Drachen, durch das Bemüh'n zweyer Knechte, ihren Herrn von dessen Last zu befreyen, gebracht wird, ihn nochmals grimmig anfällt. Die Pferde werden beym Anblick des Thiers scheu, und die Knappen sind zum Theil über die Größe der That und des ritterlichen Wagnisses ihres Herrn erstaunt.


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Nro. 14. Einzug des Siegers in die Stadt Rhodus; der Zug kommt die Ritterstraße herauf.


Nro. 15. Der Großmeister erzürnt, verweist den Ritter aus der Versammlung; ein Theil der staunenden Umgebung findet dieses Urtheil, im Vergleich der Großthat, zu hart; man macht dem Großmeister Vorstellungen und ist mit seiner Strenge unzufrieden. Durch ein sehr hohes Fenster sieht man auf der Straße am Aufgang zum Ordenshause, den Drachen von Volk umgeben, liegen; dieses füllt die Treppe und die hintern Räume des Innern.


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Nro. 16. Der Großmeister verzeiht und ruft den Verbannten zurück in seine Umarmung. Allgemeine Zufriedenheit der Ordensritter und lauter, froher Beyfall des Volkes.

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Besuchen Sie
die weiteren Illustrationen von Moritz Retzsch

Umrisse zu Goethes "Faust"
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=2942

Umrisse zu Schiller
Das Lied von der Glocke
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6846

Umrisse zu Schiller
Der Gang zum Eisenhammer
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=3763

Umrisse zu Schiller
Pegasus im Joche
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=2314

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3. Kurzbiographie von Moritz Retzsch

Brustbild Moritz Retzsch, gezeichnet von Cäcilie Brandt,
Steindruck von August Kneisel, um 1830

Retzsch, Moritz, Zeichner, Maler und Radierer, geb. 9. Dez. 1779 in Dresden, gest. daselbst 11. Juni 1857, besuchte seit 1798 die Akademie seiner Vaterstadt, wurde 1816 Mitglied und 1824 Professor an der Akademie. Er ist besonders durch seine einstmals sehr überschätzten Umrißradierungen zu Goethes "Faust" (26 Blätter; Stuttg. 1828, vermehrte Aufl. 1834–36; neue Ausg. 1884), Schillers "Kampf mit dem Drachen", "Lied von der Glocke" und "Gang nach dem Eisenhammer", eine "Galerie zu Shakespeares dramatischen Werken" (Leipz. 1827–46) und "Umrisse zu Bürgers Balladen" (1840) bekannt geworden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl. 1905-1909; Bd. 16, S. 835; Digitale Bibliothek 100, S. 164540.

Grundlegend zu Moritz Retzschs Illustrationen, aber ohne Bezug auf die Umrisse zu Schillers "Kampf mit dem Drachen": Viola Hildebrand-Schat: Zeichnung im Dienste der Literaturvermittlung. Moritz Retzschs Illustrationen als Ausdruck bürgerlichen Kunstverstehens (Epistetama, Reihe Literaturwissenschaft, Band 511) Würzburg: Königshausen & Neumann 2004. ISBN 3-8260-2863-5

Auch für die Beschreibung und Analyse der hier nicht  behandelten Illustrationszyklen gibt Hildebrand-Schat wichtige Hinweise:
 
"Retzschs Illustrationszyklen erschienen als eigenständige Bildfolgen, der literarische Text wurde gar nicht [wie im vorliegenden Fall ] oder deutlich vom Bildteil separiert mitgeliefert." (Zitat Hildebrand-Schat, S. 10)

"Zur interpretativen Wirkung zeichnerischer Umsetzung: Illustration orientiert sich am Textverständnis, ist also einerseits Ergebnis einer Interpretation und trägt im Gegenzug zu einer neuen, durch das Bildmaterial bestimmten Textauffassung bei. In jedem Fall handelt es sich um Transformation der Inhalte von dem einen in das andere Medium. Zwangsläufig unterliegt dabei der Text einer sowohl medialen als auch durch die Auffassung des Illustrators bestimmten Umformung, die ihn um neue Sichtweisen ebenso erweitern wie auch in seinen Dimensionen einschränken kann." (Zitat Hildebrand-Schat, S. 12)

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4. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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Ludwig-Maximilians-Universität München
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Schellingstr. 3
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E-Mail: georg.jaeger07@googlemail.com

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