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1. Vorbemerkung

Die Veduten sind ein Bestandteil der Andenkenindustrie für den nationalen und patriotischen - der Rhein als deutscher Fluss -, aber auch internationalen Bildungstourismus am Rhein. Sie wählen die beliebtesten Orte und Motive, insbesondere aus dem Mittelrheintal sowie den Zuflüssen des Rheins (Neckar mit Heidelberg, Mosel, Ahre etc.) aus und richten sich an Touristen, die die Ansichten zur Erinnerung an ihre Rheinreise kaufen. In Serien wird die pittoreske Landschaft mit ihren romantischen Versatzstücken (Burgen, Schlösser, Klöster usw.) erfasst. Als zitathafte Staffage dienen Hirten, Fischer, Landleute usw.

Die hier reproduzierten Veduten stehen in der Tradition der Rheinromantik. Die Titelillustration formuliert noch in spätromantischer Manier ein Programm der Rheinromantik (vgl. Erläuterung zu diesem Bild), die folgenden Orts- und Landschaftsansichten gehen jedoch über die Spätromantik hinaus, in dem sie den zeitgenössischen Arbeitsalltag integrieren - beispielsweise die Burgen nicht mehr mit Rittern beleben oder in den Weinbergen nicht länger altdeutsche Zecher zeigen, sondern einen Weinbauer mit Ochsengespann. Zu den Motiven der Rheinromantik in Kunst und Literatur zählen weiterhin die Burgen, Schlösser und Denkmale am sagenumwobenen und geschichtsträchtigen Rhein sowie pittoreske Weinbauerstädtchen mit Liedern von »Wein, Weib und Gesang«.

Der dokumentarische Wert der Ansichten (Architektur, Landschaft, Flusslauf) wird ergänzt durch kultur- und alltagsgeschichtliche Zeugnisse auf den Bildern. Unter den Staffagefiguren erkennt man: Fischer und Angler, Ruderknechte und Schiffer, Fuhrknechte mit Pferdekarren, einen Weinbauer auf Ochsenkarren mit Fässern für die Weinlese. Auf die Landwirtschaft und den Arbeitsalltag verweisen: Feldarbeiter, Hirten mit ihren Tieren, darunter eine kleine Ziegenherde, lasttragende Frauen, Frauen mit Wäsche auf der Bleiche, rastende Frauen und Kinder, darunter eine vorlesende Frau mit Kind und Hund. Den Fluss beleben Segelschiffe sowie Raddampfer, Lastkähne, Fischerboote, Ruderboote und, soweit erkennbar, ein Bad-Schiff.

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2. Ansichten vom Rhein und der Ahre

Die Bilder sind folgender Ausgabe entnommen:

Der Rhein. Darmstadt. C. Köhler's Verlag. Lith. Kunst-Anst[alt] v. Rupprecht & Schulze, Leipzig. – 15 Blätter, Farblithografien, montiert auf leichtem Karton. Größe: Titelblatt 15,3 Höhe, 22,3 cm Breite; Ansichten 13-15 Höhe, 22-23 cm Breite.

Nach Ausweis der Bibliothekskataloge wurden 20 Ansichten nach Aquarellen von Karl Christian bzw. Christian Philipp Karl Köhler in unterschiedlichen Ausgaben sowie als lose Folgen in Mappen um 1870 herausgegeben. Für die illustrierten Ausgaben wurden die Schilderungen und Sagen von Karl Dräxler-Manfred ausgewählt.

Nicht bei Michael Schmitt: Die illustrierten Rhein-Beschreibungen. Dokumentation der Werke und Ansichten von der Romantik bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Köln u.a.: Böhlau 1996.

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3. Kurzbiographie von Karl Christian Koehler

Koehler, Karl Christian (auch Christian Philipp Karl), Maler und Verleger, geboren in Darmstadt 3.2.1827, gestorben 1.3.1890 ebenda. Erlernte 14jährig zunächst den Buchhandel in Rotterdam und versuchte sich schon damals im Zeichnen nach der Natur. 1848 schiffte er sich nach New York ein, wo er für seinen Onkel, den bekannten Kunstverleger G. G. Lange in Darmstadt, eine Filiale errichten sollte. Durch Erkrankung daran verhindert, suchte er Gesundung auf einer Farm. Dort trieb er Naturstudien zusammen mit seinem etwas älteren Landsmann und Freund, dem Landschaftsmaler Paul Weber. Ein Aufenthalt in Ostende 1850, wieder zwecks Gründung einer Zweigniederlassung, bot Gelegenheit zum Studium der niederlädischen Landschaft und Anregungen durch Umgang mit Vertretern der dortigen Künstlerschaft.

Schließlich setzte Köhler einen einjährigen Studienaufenthalt in München durch, wo er besonders auf Anraten seines Onkels, des Malers Julius Lange, sich ganz der Kunst zuwandte. In London, wo er auch noch für den Kunstverlag Lange wirkte, erlernte er dann die Aquarellmalerei, die er von nun an ausschließlich pflegte. Nach Darmstadt zurückgekehrt, heiratete er die Tochter seines Onkels G. G. Lange und gründete eine Kunst- und Sortimentsbuchhandlung.

Zeichnungen von ihm enthält schon das 1850 bei Lange erschienene Abbildungswerk "Das Kurfürstentum Hessen". Nun ging er an die Vervielfältigung seiner Aquarelle in farbigen Aquatintablättern, wozu ihm in Darmstadt ein gut ausgebildeter Stab von Künstlern zur Seite stand. So entstanden die Werke: Das Königreich Sachsen, Thüringen und Anhalt, dargestellt in malerischen Original-Ansichten … von L. Rohbock und C. Koehler, Darmstadt 1857/62, und: Der Rhein, Salzburger Alpen, Thüringerwald und Harz. Diese Folgen, wozu noch viele Einzelblätter kommen, reihen Koehler unter die ersten deutschen Aquarellisten seiner Zeit ein.

Körperlich leidend, besuchte er wiederholt Oberitalien und die Riviera, wo er wieder durch Paul Weber, Askan Lutteroth und Alexander Calame künstlerische Anregung empfing. Plötzliche Erblindung setzte seinem Schaffen ein Ende; doch konnte er seine "Technik der Aquarellmalerei" noch herausbringen.

Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Hrsg. von Hans Vollmer. Bd. 21. Leipzig: E. A. Seemann 1928, S. 123. Redigiert, gekürzt.

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Prof. Dr. Georg Jäger
Ludwig-Maximilians-Universität München
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Schellingstr. 3
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