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Goethe und die Musik

»Goethes musikalisches Leben«

 

Das Musikzimmer in Goethes Geburtshaus

 

Johann Wolfgang von Goethe hatte ein ausgeprägtes musikalisches Leben. Diese Behauptung gründet sich nicht nur auf seine überlieferten instrumentellen Fertigkeiten oder seine musikhistorische Pionierarbeit im Elsaß, sondern auch auf die Tatsache, daß er sich immer wieder Musik teilweise in historischer Abfolge, z.B. Haydn - Mozart - Beethoven vorspielen ließ. Dabei war er kein unkritischer oder ahnungsloser Zuhörer, in seinen Aufzeichnungen sind zahlreiche nach Konzertbesuchen verfaßte kritische Anmerkungen zu Vermögen oder Unvermögen der ausführenden Musiker oder über die Qualität der Musik selbst zu finden.

Erstaunliches ist dabei von Goethes Hörgewohnheiten überliefert. So erinnert sich der wohl wichtigste seiner musikalischen Freunde, Karl Friedrich Zelter, in einem Brief an Goethe vom 8. Juni 1827 daran, wie sich Goethe während den zahlreichen Bach-Vorspielen des Musikers Johann Schütz ins Bett gelegt hat, um dem mehrstündigen Spiel aufmerksamer folgen zu können:

Bachs Urelement ist die Einsamkeit, wie Du ihn sogar anerkanntest, indem Du einst sagtest: >Ich lege mich ins Bett und lasse mich von unserem Bürgermeisterorganisten in Berka Sebastian spielen.< So ist er, er will belauscht sein. [1]

 

1. Goethes musikalische Fertigkeiten

»Giraffenklavier«

 

Goethes Vater Johann Caspar war Privatgelehrter, der aufgrund dieser Profession die meiste Zeit des Tages zuhause verbringen und sich intensiv um die Erziehung seiner Kinder kümmern konnte. So wurde Goethe schon von klein auf eine umfassende Bildung zu Teil, auch die Musik blieb davon nicht ausgespart. Zwar erhielt er seinen ersten Klavierunterricht zusammen mit seiner Schwester erst im Alter von vierzehn Jahren - Cornelia sollte 1769 sogar ein so genanntes »Giraffenklavier« (s. Abb.) geschenkt bekommen - die Musik war ihm aber schon von frühester Kindheit an durch zahlreiche Hausbesuche professioneller Musiker vertraut. Und auch wenn er verhältnismäßig spät mit dem Musikunterricht begonnen hatte, so brachte er es doch zu einiger Fertigkeit. Er konnte nicht nur Violoncello spielen und vom Blatt singen, auch sein Klavierunterricht bei seinem Lehrer Johann Andreas Bismann hatte offensichtlich, wie ein Brief des Studenten David Veits bezeugt, Erfolg: »Goethe spielt Klavier, und gar nicht schlecht.« [2]

Oft wird in der Literatur allerdings aufgrund einer Fußnote Goethes in einem Brief an Herder behauptet, mit Goethes musikalischen Fähigkeiten sei es doch nicht so weit gewesen. Dort schreibt Goethe nämlich: »Ich kann schreiben, aber keine Feder schneiden, drum krieg´ ich keine Hand, das Violoncello spielen aber nicht stimmen [...]« [3]. Dabei muß man aber den Kontext des Briefes beachten, denn in ihm behandelt Goethe ausführlich ein grundlegend ästhetisches Problem - das Verhältnis von Auge und Hand bei der Kunstproduktion. Dabei dient ihm der Vergleich mit dem Cellospiel lediglich als veranschaulichende Metapher und nicht als autobiographischer Beleg für sein musikalisches Unvermögen. [4]

Ein einziges Mal hat Goethe, wie er in einem Brief an Zelter vom 23. Februar 1814 angibt, sogar einen Kompositionsversuch unternommen. Es handelte sich dabei um einen vierstimmigen Satz auf den Text »In te domine speravi et non confundar in aeternum«.

 

2. Goethes musikhistorische Pionierarbeit

Ein früher Beleg für die Beschäftigung Goethes mit einer möglichen Verbindung von Poesie und Musik ist seine Aufzeichnung von elsässischen Volksliedern. im Während seiner Studienzeit griff Goethe der Liedsammlung »Des Knaben Wunderhorn« Achim v. Arnims und Clemens Brentanos voraus und brachte, inspiriert von Anregungen seines damaligen Brieffreundes Herder, aus dem Elsaß 12 selbst aufgezeichnete Volkslieder mit, von denen heute nur noch die Texte überliefert sind. 1771 schickte Goethe eine Abschrift dieser Lieder an Herder und widmete sie ihm als eigentlichem Auftraggeber. Die Melodien dieser Lieder waren Goethe zwar bekannt, aller Wahrscheinlichkeit nach wurden sie von seiner Schwester Cornelia aufgezeichnet, sie sind heute jedoch verschollen. [5]

 

 

3. Goethes musikalische Freunde

Zwei Personen spielten im musikalischen Leben Goethes eine herausragende Rolle:

  • Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814) 
  • Karl Friedrich Zelter (1758 - 1832)

 

1. Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814) 

Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814) war Schriftsteller, Komponist und Hofkapellmeister der italienischen Oper in Berlin. Der drei Jahre jüngere Reichardt war Schüler des Thomaskantors Hiller, zu dem auch Goethe in seiner Studienzeit einigermaßen erfolglos versucht hatte, Kontakt zu knüpfen. Für Goethe schrieb er Schauspielmusiken, so etwa zu den Singspielen Claudine von Villa Bella und Jerry und Bätely. Die Zusammenarbeit mit Goethe bei dessen ehrgeizigem Opern-Projekt Die Mystifizierten bzw. Der Groß-Cophta scheiterte jedoch - wie übrigens die meisten Singspiel- und Opernarbeiten Goethes.  

Den Versuch Goethes, Reichardt für seine wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Akustik zu gewinnen, lehnte dieser ab. Dies dürfte allerdings nicht der Grund für die spätere Entfremdung der Freunde gewesen sein, dieser könnte auch in Reichardts Begeisterung für die französische Revolution zu suchen, wie Dieter Borchmeyer behauptet. Borchmeyer ist es auch, der Reichardt als bis heute unterschätzten und einzigen talentierten Musiker in der Umgebung Goethes bezeichnet [6].

 

 

2. Karl Friedrich Zelter (1758 - 1832)

Die größte Bedeutung für das musikalische Denken Goethes hatte wohl sein Duzfreund Karl Friedrich Zelter (1758 - 1832), der Leiter der Berliner Singakademie und Lehrer Mendelsohn-Bartholdys. Goethe wurde auf Zelter durch dessen Vertonung von Gedichten der Lyrikerin Friederike Brun in der ersten Hälfte der 1790er Jahre aufmerksam. In der Folgezeit intensivierte sich der Kontakt, 1796 vertonte Zelter erstmals Gedichte von Goethe selbst, bis es schließlich Ende der 90er Jahre zum Beginn des Briefwechsels zwischen Goethe und Zelter kam. Dieser bleibt nicht nur für musikwissenschaftlich orientierte Goethe-Forscher eine wahre Fundgrube, denn bis zum Tod beider Freunde im Jahr 1832 wechselten 871 Briefe den Besitzer.

Zelter trat jedoch nicht nur als Komponist von Goethe-Gedichten in Erscheinung, sondern vor allem als dessen musikalischer Ratgeber und Diskussionspartner. Bereits 1808 kommt es zwischen Goethe und Zelter zum berühmten Dur-Moll-Streit, dieses Thema blieb für die spätere Musiktheorie Goethes entscheidend. Zwei Jahre später, im Jahr 1810, dem in musiktheoretischer Hinsicht wohl produktivstem Jahr Goethes, trafen sich die Freunde zu einem Kuraufenthalt in Karlsbad. Dabei kam es zu einem täglichen, intensiven Dialog über musiktheoretische Fragen. Die Entstehung der »Tonlehre« im selben Jahr wurde deshalb maßgeblich von Zelter mit beeinflußt.

 

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[1] Mandelkow, Karl Robert (Hrsg.): Briefe an Goethe, Band 2: Briefe der Jahre 1809 – 1832. Hamburg 1969. S. 451. (Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter).

[2] zit. nach: Canisius, Claus: Goethe und die Musik. München 1999, S.

[3] Goethe: Briefe (Münchener Ausgabe).

[4] Canisius, a.a.O., S.

[5] vgl. Canisius, Claus: Goethe und die Musik. München 1999, S. 42-49.

[6] Borchmeyer, Dieter: "Eine Art Symbolik fürs Ohr". Goethes Musikästhetik, in: Hinderer, Walter (Hrsg.): Goethe und das Zeitalter der Romantik. Würzburg 2002, S. 432/ 432.

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