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Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik

 

Synästhesie in der neurophysiologischen und kognitionspsychologischen Forschung

1. Synästhesie als Wahrnehmungsphänomen

Das Phänomen der SYNAESTHESIE  war lange bekannt, bevor der Begriff als solcher im 19.Jh. in der medizinisch-psychologischen Forschung erstmals von Alfred Vulpian (Leçons sur la physiol. gén. 20 [21.7.1864]; Paris 1866) „als Bezeichnung für das als pathologisches Syndrom erachtete Phänomen der ‚sensations associées’, d.h. dafür daß ein sinnlicher Eindruck im Bewusstsein des wahrnehmenden Subjekts eine zweite Sinnesempfindung hervorruft“ [1] gebraucht wurde. Während die synästhetische Wahrnehmung im 18. und 19. Jh. noch als pathologisch galt, wurde diese Annahme durch wichtige Studien im 19. Jh. und zu Beginn des 20. Jh. widerlegt [2]; die neuere medizinisch-psychologische Forschung [3] löst die Synästhesie als psychisch-physiologisches Phänomen ganz aus der pathologischen Sphäre heraus und statuiert sie als Besonderheit.

Die häufigste Form synästhetischer Wahrnehmung ist der Spezialfall der Audition colorée, des Farben hören/ Töne sehen: Ein gehörter Klang (Musik, Sprache oder Geräusche) löst gleichzeitig einen Farb- oder Gestalteindruck aus (Phonismus) oder umgekehrt (Photismen). Andere Zuordnungen die den Geruchs-, Geschmacks- Tast- und Gleichgewichtssinn mit einbeziehen treten dagegen weitaus seltener auf.

In jedem Wahrnehmungsprozess konstruiert das Gehirn als selbstreferentielles System aus den eingehenden Informationen die Wahrnehmung, den Wahrnehmungsgegenstand und die Bewertung der Phänomene der äußeren Welt. Die zentrale Bewertung erfolgt durch ein intermodales Zusammenspiel der Sinneseindrücke miteinander und der durch sie wachgerufenen Erinnerungen, damit der Einbindung der Informationen in ein erfahrungsbedingtes Bezugssystem –dem Gedächtnis- und unter dem Einfluss persönlicher Dispositionen –Gefühle, Stimmungen, Bewertungen-. Intermodale Wahrnehmung und Synästhesie gelten als ganzheitliche Informationsverarbeitung, die mit zunehmendem Lebensalter zur differenzierten Sinneswahrnehmung hin abnimmt.

In der neueren kognitionspsychologischen und neurophysiologischen ist die definitive Unterscheidung zwischen intermodaler und synästhetischer Wahrnehmung allgemein anerkannt. Die neuronal unterschiedlichen Aktivitäten im Gehirn konnten mittels Untersuchungen am PET (Positronen-Emissions-Tomographie) und im f-MRI (funktional Magnetic Resonance Imaging) nachgewiesen werden.

 

Abb.1: Kernspinaufnahme während einer synästhetischen Wahrnehmung

 

Synästhetische Wahrnehmung ist physiologisch eine seltene Variante; sie widerspricht der Annahme der zunehmenden Differenzierung in der Entwicklung des Gehirns, die anatomisch eine zunehmende Trennung der Funktion impliziert.

 

Es stellen sich nun folgende Anschlussfragen:

  • Welche Kriterien werden in der aktuellen neurophysiologischen und neuropsychologischen Forschung angeführt, um Synästhesie von intermodaler Analogie zu unterscheiden. Ist die Abgrenzung für ein Synästhesiekonzept in der Literaturwissenschaft von Bedeutung?
  • Wie kommt die Synästhesie hinsichtlich der Generierung eines zusätzlichen "binding" zustande? Sind die daraus hypothetisch abgeleiteten Erklärungsmodelle mit einem als poetologisches Modell zu konzeptualisierenden Synästhesiebegriff vereinbar?

 

2. Synästhesie und intermodale Analogie

Der Neurologe und Neuropsychologe  Richard E. Cytowic definiert in seinem Buch Synesthesia. A Union of the Senses (New York 1989, S. 1) [4]  Synästhesie als  

  „an involuntary joining in which the real information of one sense is accompanied by a perception in another sense“.

Fünf Merkmale unterscheiden seiner Auffassung nach die genuine Wahrnehmungssynästhesie von „der metaphorischen Synästhesie“ [5] oder „intermodalen Assoziationen“ (Cytowic 2002, S. 17):

  • Synästhesie ist ununterdrückbar, unwillentlich, wird aber von einem objektiven Stimulus hervorgerufen (S. 13);
  • sie kann nach außen in den Raum projiziert sein (S.14);
    die Assoziationen sind unveränderlich und bleiben über einen längeren Zeitraum konstant (S. 15);
  • sie ist gedächtnisstützend;
  • sie ist emotional (S. 16) und
  • das Wahrgenommene wird als real vorhanden eingestuft (S. 16).

(Vgl. Cytowic 1989, S. 64f.) [6]. 

 

Die Psychologen Simon Baron-Cohen und John Harrison definieren in Synaesthesia. Classic and Contemporary Readings (Oxford 1997, S. 3) Synästhesie als  

„occurring when stimulation of one sensory modality automatically triggers a perception in a second modality, in the absence of any direct stimulation to this second modality”.

 

Ihrer Meinung nach sind die in der Literatur anzutreffenden metaphorischen Synästhesien lediglich als „metaphoric pseudo-synaesthesia“ anzusehen, deren Unterscheidungskriterien komplementär zu den von R. E. Cytowic und ihnen für die Wahrnehmungs-Synästhesie ausgearbeiteten stehen:

  • „(a) no percept is necessarily triggered;
  • (b) the subject will often acknowledge that the description is only of an analogy; and 
  • (c) it is voluntary” (Baron-Cohen; Harrison, John 1997, S. 9 und S. 11). [7].

 

Der Musikpsychologe Klaus-Ernst Behne (1991) verglich Synästhesie und intermodale Analogie und stellte folgende Unterscheidungskriterien auf [8].

 

                               intermodale

SYNÄSTHESIE               ANALOGIE 

_________________________________________________

  1      Reiz-bedingt                    Frage-bedingt    

__________________________________________

  2    nicht überprüfbar             bedingt überprüfbar

(in größeren Stichproben)

__________________________________________

 3                    intrapersonale Varianz               

sehr klein                        größer

__________________________________________

4                    interpersonale Varianz             

               groß                klein bis mittelgroß

__________________________________________

 5    absolute Zuordnung         relative Zuordnung

   (kontextunabhängig)     (kontextabhängig)

  (passiv)                     (aktiv)

__________________________________________

  6               selten                        häufig           

__________________________________________

  7 (noch) nicht erklärbar     (weitgehend) erklärbar

___________________________________________

  8 linkshemisphärisch (?)    rechtshemisphärisch

 

Abb. 2: Gegenüberstellung der trennenden Merkmale von Synästhesie und intermodaler Analogie

 

K.-E. Behne verweist in seinen Arbeiten darauf, dass „intermodale Analogien“ auf einem „Relativprinzip“ (Behne 1998, S. 116) [9], den Bezug auf ein tertium comparationis basieren, während „synästhetische Perzepte“ einem „Absolutprinzip“ (S. 116) unterliegen. Der Entwicklungspsychologe Heinz Werner (1966) [10] hat diesen (auch von anderen Forschern genannten) Gedanken in seiner Theorie der Synästhesie bereits wie folgt ausformuliert: „intersensorielle Eigenschaften“ wie Helligkeit, Intensität, Rauhigkeit, Volumen, Dichte (S. 293-295) bilden als Dimensionen „allen Sinnengebieten zukommend“ (S. 293) einen „gemeinsamen Bezugspunkt“ unter dem die Verknüpfung verschiedener Sinnesmodalitäten erfolgen kann.

In empirischen Synästhesiestudien zeigt sich gegenüber diesem bipolarem Modell ein "Nebeneinander von (über intermodale Analogien) Erklärbarem und Nichterklärbarem, das man als Gleichzeitigkeit von Relativ- und Absolutprinzip interpretieren könnte" (Behne 1998, S. 116).

 

  • Für die Literaturwissenschaft fruchtbar ist die klare begriffliche und definitorische Differenzierung synästhetischer Phänomene. Es geht aber nicht darum Synästhesie und intermodale Analogie aus kognitionstheoretischer Sicht in der sinnlichen Wahrnehmung des Autors oder des Rezipienten zu verankern und zu unterscheiden, sondern Synästhesie als Konzept zu verstehen und dieses in ein spezifisch auf die Literatur bezogenes Modell zu übersetzen, so dass es geeignet wäre, das in der Literatur der Romantik  -in meinem Fragezusammenhang stehende- poetisch "Innovative" zu konzipieren und damit das "qalitative Mehr" an Komplexität gegenüber der bloßen abbildenden Darstellung synästhetischer Wahrnehmung modellieren zu können.

 

Folgende Punkte in der Modellierung des Wahrnehmungsphänomens Synästhesie aus kognitionspsychologischer Sicht, die für meine Problemlösung wichtig sind, möchte ich herausstellen:

  • Die absolute Zuordnung synästhetischer  Perzepte, deren jeweils einzigartige Verknüpfungen stabil sind, deuten auf eine in der Konstituierung derselben interne Eigengesetzlichkeit (inneres Ordnungsprinzip) hin, die nicht in einer Analogiebildung rekonstruiert werden kann.
  • Da die Zuordnung (z.B. Farbe-Ton) individuell und über eine längere Zeit konstant ist, müssen die neuronalen Muster im Langzeitgedächtnis gespeichert sein (?) und werden dann wieder aufgerufen und aktiviert: als erinnerte Klänge, Farben, Gerüche unterscheiden sie sich qualitativ nicht von Erlebnisphänomenen.
  • Synästhesie als Phänomen der Wahrnehmung ist ein unmittelbares Erlebnis, das als solches passiv erlebt wird; ein unmittelbar erlebtes Ereignis der Wahrnehmung kann nur wahrgenommen werden, wenn es als etwas wahrgenommen wird; wird es in Sprache übertragen so steht es im Bewusstseinsmodell von Antonio Damasio [11] auf der dritten Stufe.
  • Mir stellt sich die Frage, ob die als Wahrnehmung erlebte Synästhesie  als solche sich eines Sich-selbst-bewußt-Werdens der Wahrnehmung im aktuellen Wahrnehmen bedarf um beschrieben werden zu können, demnach ob sich Wahrnehmungs- und Denkprozesse im Vollzug selbst wahrnehmen oder denken können.

 

3. Intermodale Integration oder das "Hyper-Binding"-Problem

In der neueren Gehirnforschung wird das Phänomen der SYNAESTHESIE u.a. von Hinderick M. Emrich (2002) als intermodale Integration oder „Hyper-Binding“ -Problem beschrieben [12]. Im Wahrnehmungsprozess vollbringen kognitive Systeme eine Form der Integration, die im Bewusstseinsakt verschiedene, auch in sich "widersprüchliche Aspekte" der Wahrnehmungsinhalte auf ein einheitliches Bezugssystem, das Bewusstsein, beziehen (S. 25) [13] und aus den Sinnesdaten "ein einheitliches Wirklichkeits- und Objektbild" (Emrich 1998, S. 132) generieren. Wichtig für das Verstehen der Synästhesie ist es, „daß die Einheit des Bewußtseins, die Einheitlichkeit des Objekts, hierdurch nicht verletzt ist, was bedeutet, daß beide Sinnesqualitäten intermodal vollständig integriert [Hervorhebung von mir, B.G.] werden“ (Emrich 1998, S. 131).

Die Frage nach dem Ort und der Funktionsweise perzeptiver Integrationsprozesse wird  in den Neurowissenschaften auf deren physiologische Grundlagen gestellt und die Realisierung kognitiver Prozesse in Korrelation zu Gehirnprozessen untersucht. Die Informationen über die Dimensionen von Objekten der Sinneswahrnehmung werden im Gehirn über neuronale Aktivitätsmuster, funktional zwischen den jeweiligen Sinnesmodalitäten getrennt, in anatomisch und physiologisch unterschiedlichen Bereichen bearbeitet. Diese Informationen müssen integriert werden, damit die verschiedenen Merkmale sich zu einem kohärenten Perzept zusammenfügen. Der Integrationsmechanismus bei synästhetischer Wahrnehmung wird als davon abweichende Verarbeitungsstrategie sinnlicher Wahrnehmung erklärt.

Perzeptive Integrationsprozesse wie Gestaltbildung und Figur-Grund-Trennung wurden in der Wahrnehmungspsychologie schon lange erforscht. Die Integrationsfähigkeit bedeutet, dass elementare Sinnesdaten in gestalthafte Kontexte eingebettet werden, dadurch mit gespeicherten Mustern verglichen werden können und dass wir überhaupt Objekte und Ereignisse voneinander unterscheiden können. Der Integrationsprozess ist nicht nur Voraussetzung für die Gestaltwahrnehmung, sondern auch für weitere kognitive Verarbeitungsschritte. Von zentraler Bedeutung für jede weitere kognitive Verarbeitung ist die Fähigkeit, die Information über Wahrnehmungsobjekte auch über die Zeit der sensorischen Erfassung hinaus für einige Sekunden zu speichern.  

Für die Entstehung intermodaler Integration bei synästhetischer Wahrnehmung gibt es derzeit verschiedene neurobiologische Hypothesen [14], deren Überprüfung sich als äußerst schwierig erweisen. Die Lokalisierung des Integrationsprozesses bei synästhetischer Wahrnehmung ist grundlegend wichtig, da sie möglicherweise auch den neurobiologischen Mechanismus der Bewusstseinsintegration, "der Erzeugung der Einheitlichkeit des Bewußtseins" (Emrich 1998, S. 131), erklären kann.  

H. M. Emrich stellt die Hypothese auf, dass bei der synästhetischen Wahrnehmung ein zusätzliches „binding“, eine „Brücke“ zwischen zwei kortikalen Gehirnbereichen, „die 'Repräsentanzen' für kognitive intentionale Gehalte darstellen“ (Emrich 2002, S. 29), im limbischen System des Gehirns erzeugt wird. [15] Das "limbisch bewertende Zwischenglied" (S. 29), das "das 'binding' im eigentlichen Sinne konstituiert" (S. 29) liegt im sog. Amygdaloid-Hippocampus-System [16], einer Gehirnstruktur der linken Hirnhemisphäre, die für die Entstehung von Erlebnisphänomenen verantwortlich ist und der die wichtige Funktion der emotionalen Bewertung kortikal vermittelter Informationen und der Gedächtnisleistung zukommt. 

 

Abb. 3 [Aus: Kneip/ Jewanski 2002, S. 22]

 

Die zweite Hypothese - vertreten u.a. von D. Maurer (1997) [17] - geht davon aus, dass die beim Neugeborenen (bis zum 4. Lebensmonat) vorhandenen neuronalen Verbindungen der Kortexareale, die den verschiedenen Sinnesmodalitäten dienen, mit der Reifung des Gehirns und dem damit verbundenen qualitativen Wechsel neuronaler Vernetzungen, unterbunden werden, sich bei Menschen mit der Fähigkeit synästhetischer Wahrnehmung jedoch erhalten haben. [18]

In der Forschungsgruppe um Simon Baron-Cohen überwiegt die Annahme, dass die kortikalen Funktionen die Entstehung von Synästhesie bestimmen. Die mögliche Lokalisierung im Gehirn wird der Struktur PIT (Posterior-inferior-temporaler) Kortex zugeschrieben, die visuelle und sprachliche Merkmale verbindet. Die Verarbeitung innerhalb eines modalitätsspezifischen Areals kann durch neuronale Verbindungen in zwei Richtungen entstehen: von den primären zu den assoziativen Kortexarealen (feedforward) oder von den assoziativen zu den primären (feedback) (Paulesu et al. 1995) [19]. Die Studien zur kortikalen Entstehung von Synästhesie stützen die Hypothese, dass "a conscious visual perception can occur in the absence of activation in the primary visual area, V1, implying that high level asociative areas can contribute on their own to conscious visual perception [Hervorhebung von mir; B.G.]" (Paulesu et al. 1995).

Die assoziativen Kortexareale, die sich an der Grenze zwischen dem sprachlichen und dem visuellen System befinden, spielen eine Schlüsselrolle in synästhetischer Wahrnehmung (Paulesu et al. 1995).

 

Abb. 4 [Aus: Kneip/ Jewanski 2002, S. 24]

 

Ausgehend von der These, dass kognitive Prozesse und ihre neuronalen Repräsentationen sich an anatomische und physiologische Strukturen des Gehirns binden lassen und sowohl diese als auch die Organisation des Bewusstseins über eine Modulstruktur konzeptualisierbar sind, deren einzelne Module unabhängig voneinander funktionieren, wird die Identifikation der Informationen  modulspezifisch nach den jeweiligen Modalitäten getrennt angesetzt (Motluk 1995 [20]; Rich/ Mattingley 2002, S. 45). Hier setzen verschiedene Erklärungsmodelle an, um die neurobiologischen Mechanismen aufzuzeigen, die die Synästhesie verursachen: 

  1. durch eine zusätzliche Verbindung der Gehirnareale kommt es zu einer "Art Zusammenbruch"  (Kneip/Jewanski 2002, S. 26) von Modularität  (Baron-Cohen 1993, Paulesu et al. 1995);
  2. die Existenz eines Extra-Moduls, das als vermittelnde Instanz fungiert (Segal 1997) [21];
  3. ein im Verlauf individueller Ontogenese unvollständiger Modularisationsprozess (Maurer 1997);
  4. das Dysfunktional-werden eines Inhibitionsmechanismus ermöglicht ein feedback im neuronalen Netzwerk aus einer Konvergenzzone, was normalerweise verhindert wird, und führt zu einer neuronalen Co-Aktivität eines  Verarbeitungsweges, damit einer "concurrent representation" im neuronalen Netzwerk (Grossenbacher/Lovelace 2001) [22].

 

Würde es sich erweisen, dass die spezifische bewusste Erfahrungen kennzeichnenden Merkmale neuronalen Ursprungs sind, würde dies nach J. Gray/ S. C. R. Williams/ J. Nunn/ S. Baron-Cohen  (1997) [23] implizieren, dass Bewusstsein nicht ausschließlich als Transaktion von Informationsprozessen zu definieren sei.

Folgende Punkte, die für die synästhetische Wahrnehmung konstitutiv sind, möchte ich  zudem betonen:

  • Synästhetische Wahrnehmung wird auch ausgelöst, wenn der Stimulus nur gedacht oder vorgestellt wird; dies bedeutet, dass Synästhesie nicht nur als Verarbeitung externer Informationen, die von einem Sinnesorgan aufgenommen, über die zum Zentralnervensystem hinführenden Nervenbahnen geleitet, neuronale Aktivitätsmuster auslösen, gelten kann, sondern  der "mental imagery" [24] eine wesentliche Bedeutung in der Konstituierung synästhetischer Perzepte zukommt  (Rich/Mattingley 2002, S. 44);
  • non-synästhetische Wahrnehmung ist sinnesspezifische Wahrnehmung - sinnliche Erfahrung wird selektiv auf eine Sinnesmodalität bezogen und das Perzept als visuell, auditativ etc. identifiziert-;  intermodale Wahrnehmungen und heteromodale Wechselbeziehungen können durch bewusste Assoziationen beeinflusst und strukturiert werden; bei synästhetischer Wahrnehmung werden Repräsentanzen mehrerer Sinnesmodalitäten automatisch aktiviert: dies bedeutet, dass das Gehirn intern eine doppelte oder mehrfache kortikale Repräsentanz generiert und integriert; das synästhetische Perzept impliziert eine mehrdimensionale Informationsvernetzung, die auf ein "inneres virtuelles Objekt" enaktiv zugreifen kann;
  • die Verknüpfung der Repräsentanzen kann auf der vorbewussten, bewusstseinsfähigen oder der bewusstseinspflichtigen Verarbeitungsstufe des Auslösers der Wahrnehmung erfolgen [25]; sie ist nicht umkehrbar.

 

Als gemeinsamer Bezugspunkt von Neuro- und Kognitionswissenschaft und Literaturwissenschaft rückt die Frage in den Vordergrund: wie wird Kohärenz (Bewusstseinsintegration, die Einheitlichkeit des Bewusstseins oder Sinn) erzeugt. Als positives Konzept, das den Bruch als konstitutives Element voraussetzt, ist die Kohärenz nicht durch einen "hierarchischen Aufbau mit einem Konvergenzzentrum" (Singer 2003) [26] gekennzeichnet, sondern muss als spezifische Vernetzung paralleler Prozesse gedacht werden, die sich ohne ein Zentrum selbst organisieren und "in ihrer Gesamtheit zu kohärenten Wahrnehmungen" führen (Singer 2003) . Die Synästhesie als Spezialfall sinnlicher Wahrnehmungsprozesse erweist sich zudem als unausweichlich ideosynkratisch und einmalig und folgt einer "nicht-linearen Dynamik" (Emrich 1998, S.138). Obwohl in der vorgestellten Modellierung von Sinneswahrnehmung und Synästhesie das Prinzip der selbstreflexiven Konstruktion in Abwendung der Vorstellung der mimetischen Abbildung von Realität dominiert (vgl. u.a. Emrich 1998, S.131), kann das Modell die Frage wie das Moment der Kreativität -Neues selbst zu erfinden- erzeugt wird, nicht beantworten. Hier gilt es ein Modell zu finden, dass auch kreative Prozesse, damit die 'Erfindung von Wirklichkeit', zu integrieren vermag und die Frage beantwortet, die in der Literatur von zentraler Bedeutung ist, wie kann eine neue Ordnung des Denkens gedacht werden.

Ich möchte meine Überlegungen mit zwei Fragen abschließen:

  1. Kann der synästhetische Wahrnehmungsprozess als Modell betrachtet werden nach dem der Text funktioniert und Sinn konstituiert? 
  2. Warum wurde gerade in der Literatur der Romantik das Konzept der Synästhesie ausgebaut? 

 

4. Potential der neuro- und kognitionswissenschaftlichen Modelle zur  SYNAESTHESIE für die Literaturwissenschaft

Das Problem in der Literaturwissenschaft die moderne Literatur als "Ort der Realisation und Rezeption kreativer poetischer Prozesse" (Homann 1999, S. 36) [27] konzipieren und interpretieren zu können, ohne sie der Autorintuition ( "dem genialen Künstler" und "seiner "Phantasie") oder der Leserdisposition (u.a. etwa bei Wolfgang Iser als "Apellstruktur der Texte" an die Kreativität des Lesers verstanden [28]) zuschreiben zu müssen, erfordert ein abstraktes Modell, das - meiner Ansicht nach- in der neuro- und kognitionswissenschaftlichen Forschung formuliert ist. Die Erkenntnisse und Konzeptionalisierungen von Wahrnehmungs- und Bewusstseinsprozessen bieten Konstrukte an, die in literaturwissenschaftliche Kategorien übertragen und modifiziert einen Problemlösungsansatz zur Verfügung stellen. Eingrenzen möchte ich mein Problem auf die Differenz von Denken und (sinnlicher) Wahrnehmung, Sprache und Bewusstsein, die in der Literatur der Romantik zentrales Moment der Poetik und ihrer Neukonstruktion wird: In der von Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder 1799 verfassten Schrift Phantasien über die Kunst für Freunde der Kunst [29], die als programmatisch gelten kann, innerhalb des Aufsatzes Die Töne findet sich bereits die für meine Überlegungen zentrale Frage, wie ein 'Denken in Tönen' möglich sei.

Die Synästhesie als 'besonderer' Wahrnehmungs- und Bewusstseinsprozess weist Aspekte auf, die in meinen Ansatz integriert in der Frage, wie generiert der literarische Text selbst das Moment synästhetischer Wahrnehmung als Wahrnehmungsform und welche Funktion und Bedeutung kommt der Synästhesie als Konzept in der Literatur der Romantik zu, eine mögliche Antwort offerieren.

Aus literaturwissenschaftlicher Perspektive und im Bezug auf meinen Versuch den Synästhesie-Begriffs als Konzept zu modellieren möchte ich folgende Überlegungen anschließen:

  • Die synästhetische Wahrnehmung impliziert die Fähigkeit modalitätsspezisch Differenziertes so zu integrieren, dass das entstehende 'Objekt' der Sinneswahrnehmung nicht nur in seinen abgebildeten Dimensionen erscheint, sondern eine 'neue'  Dimension konstitutiv das wahrgenommene 'Objekt' mit entfaltet. Das Besondere besteht darin, dass die außeninduzierte Dimension mit einer internen Dimension zwingend gekoppelt wird, so dass beide Dimensionen zusammenwirken und sich in-einander spiegeln, d. h. dass das Eine im Anderen erscheint und nicht ausgeschlossen werden kann, aber auch nicht additativ, sondern integrativ hinzutritt. Die Verknüpfung der Dimensionen erfolgt als eine neue, ansonsten (bei sinnlicher Wahrnehmung) nicht auftretende, selbstkonstitutive Verbindung. Dieses komplexe Prinzip eignet sich als Modell des sprachlichen Prozess, das als inneres Ordnungsprinzip des Textes fungiert: die als sinnlich wahrnehmbare generierten Bildfelder können als (text-) intern aufgerufener Verweisungszusammenhang beschrieben werden, in dem ein Bildfeld auf ein anderes verweist, die Verknüpfung der Bildfelder auf der Grundlage eines wechselseitig sich ineinander durchdringenden Bezugs basiert und ihr Zusammenwirken  das sinnlich wahrnehmbare 'Objekt' entfaltet; es entsteht eine Konstellation, deren Verweisungsstruktur einen Verweisungsspielraum erzeugt, der zugleich als Auslegungsraum zu begreifen ist. 
  • Hier schließe ich die Frage an: wie werden Sinn und Bedeutung in der Literatur generiert und wie kann dieser aus literaturwissenschaftlicher Perspektive gefasst werden. Der Sinn könnte als Wahrnehmungsprozess modelliert werden: ein Prozess, in dem die Sinnkonstituierung zwischen an Metaphorik, Motiven, Themen, sozial- und kulturgeschichtlichen Kontexten orientiertem Bedeuten und poetisch konstituiertem Bedeuten, das über der poetischen Dimension (als spezifisch literarischer Konstituierung von Sprache) [30] errichtet wird, realisiert wird. Der Sinnbildungsprozess ist nur insofern und solange an sich (als Selbst) darstellbar, als er im Vollzug die Wahrnehmung und den Wahrnehmungsgegenstand konstruiert; das Ergebnis dieses Prozesses sind dessen Effekte und Wirkungen, die in einem dynamischen Prozess integriert werden, der "durch Iteration kognitiver Operationen und reflexive Anwendung auf sich selbst Metarepräsentationen ["Repräsentation der Inhalte der Selbstwahrnehmung"] eigener Zustände" (Singer 2003) [31] und damit ein Sich-Selbst-Bewusstwerden generiert, auf das reflexiv zugegriffen werden kann, d. h. es ermöglicht die Anschlussfähigkeit. Die Integrationsleistung ist ein kognitiver Prozess, der konstitutiv eine emotionale Komponente mitführt (vgl. etwa Damasio 1999) [32]. Im Falle von literarischen "Ereignissen" kann von einer ästhetischen Erfahrung und unter literaturwissenschaftlicher Perspektive von einer wissenschaftlichen Deutung (Erkenntnis) gesprochen werden. Innerhalb dieses Modells weitergedacht bearbeitet der Integrationsprozess in der Sinnkonstituierung die sinnlich wahrnehmbaren, widersprüchlichen Aspekte des Wahrgenommenen in zwei verschiedenen Modi: durch intermodale Analogiebildung, die über intermodalen Qualitäten als Bezugspunkt sinnlich Wahrnehmbares verbindet und durch soziokulturelle Muster geprägt ist, und durch Synästhesie, die einen 'neuen', selbst-konstitutiven Bezug herstellt, insofern die Bezugnahme intern auf sich selbst gründet, und auf die konstitutive Duplizität (unter dem Prinzip: das Eine erscheint im Anderen) der Sinnesmodalität referiert. In der Literatur der Romantik wird gerade dieses dynamische Prinzip der Synästhesie Form [33] (performativ als Vollzug zu denken), die nur in gebrochener Form, in der Wahrnehmung als vollzogene rekonstruiert werden kann, die sich selbst als literarische reflektiert. Kann im Modus dieser Wahrnehmungsform die Realisation des neuen Sinns - im Sinne einer neuen literarischen Sprachkonstituierung- gedacht werden?
  • Eine weitere Frage möchte ich hier anschließen: wie kommt in der Literatur 'Neues' herein?  Nicht nur in der  De-Konstruktion vorgängiger literarischer 'Muster' bestimmt die Literatur ihre Funktion, sondern in der Neu-Konstruktion als Erfindung einer neuen Konstituierung von Sprache, die in der Literatur der Romantik die moderne Kunstentwicklung initiiert in Richtung  Autonomie und damit ihrer neuen Funktion: Literatur durch sich selbst zu legitimieren und zu definieren. Die Synästhesie als Konzept, die in der Literatur der Romantik eine Aufwertung erfährt, verweigert die Abbildung oder Antizipation dessen, was ermöglicht wird, sie setzt immer schon einen mehrdimensionalen Beginn voraus, und schafft sich ihre eigenen Bedingungen, und weist dadurch Funktionsäquivalente auf, die dem autonomen Status gerecht werden könnten.
  • An dieser Stelle möchte ich zur Frage zurückkehren: wie wird das Konzept der Synästhesie in der Literatur der Romantik im poetischen und poetologischen Modell einbezogen und welche Funktion und Bedeutung hat es.

 

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[1] von der Lühe, Astrid: Synästhesie. In: Ritter, Joachim;  Gründer, Karlfried  (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd.10. Basel 1998, S. 768-773; hier S. 768.

[2] Vgl. u.a. Bleuler, Eugen; Lehmann, Karl: Zwangsmässige Lichtempfindung durch Schall und verwandte Erscheinungen auf dem Gebiete der andern Sinnesempfindungen. Leipzig 1881. Mahling, Friedrich: Zur Geschichte des Problems wechselseitiger  Beziehungen zwischen Ton und Farbe. masch. Diss. Berlin 1923. Argelander, Annelies: Das Farbenhören und der synästhetische Faktor der Wahrnehmung. Jena 1927. Anschütz, Georg (Hg.): Farb-Ton-Forschungen. Bd.1. Leipzig 1927. Anschütz, Georg: Das Farb-Ton-Problem im psychischen Gesamtbereich. Sonderphänomene komplexer optischer Synästhesien ("Sichtgebilde"). Halle 1929. [Wurden nicht eingesehen; zitiert aus Jewanski 2002.]

[3] Vgl. u. a. Medicine-Worldwide: URL: http://www.medicine-worldwide.de/krankheiten/psychische_krankheiten/
synaesthesie.html
(29.1.2003).

[4] Zusammenfassend dargestellt: Cytowic, Richard E.: Wahrnehmungs-Synästhesie. In: Adler,  Hans; Zeuch, Ulrike  (Hg.): Synästhesie. Interferenz-Transfer-Synthese der Sinne. Würzburg 2002, S. 7-23.

[5] Von Richard E. Cytowic als „Substitution eines Sinnes durch einen anderen oder die Vereinigung mehrerer Sinne als literarische Figur“ (Cytowic 2002, S. 7) charakterisiert.

[6] Aktualisiert in Cytowic, Richard E.: Synesthesia, phenomenology & neuropsychology: a review of current knowledge. In: Psyche. An Interdisciplinary Journal of Research on Consciousness 2 (10); Juli 1995. URL: http://psyche.cs.monash.edu.au/v2/psyche-2-10-cytowic.html (17.11.2002).

[7] Baron-Cohen, Simon: Is There a Normal Phase of Synaesthesia in Development? In: Psyche. An Interdisciplinary Journal of Research on Consciousness 2 (27), Juni 1996. URL: http://psyche.cs.monash.edu.au/v2/psyche-2-27-baron_cohen.html (17.11.2002).

[8] Vgl. Behne, Klaus-Ernst: Zur Differenzierung von Synästhesien und intermodalen Analogien. URL: http://www.rrz.uni-koeln.de/phil-fak/muwi/publ/fs_fricke/behne.html (17.11.2002); vgl. auch Behne, KLaus-Ernst: Am Rande der Musik: Synästhesien, Bilder, Farben. In: Musikpsychologie. Bd. 8. 1991, S. 94-120, hier S. 114.

[9] Behne, Klaus-Ernst: Über die Untauglichkeit der Synästhesie als ästhetisches Paradigma. In: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH (Hg.): Der Sinn der Sinne. Schriftenreihe Forum Bd. 8. Göttingen 1998, S. 104-125.

[10] Werner, Heinz: Intermodale Qualitäten (Synästhesien). In: Metzger,  Wolfgang: Handbuch der Psychologie. Bd. I, 1. Göttingen 1966, S. 278-303.

[11] Damasio, Antonio: The Feeling of What Happens. Body and Emotion in the Making of Consciouss. New York 1999. Vgl. die zusammenfassende Betrachtung bei: Huber, Martin: Der Text als Bühne. Theatrales Erzählen um 1800. München 2000, S. 162-163.

[12] Emrich, Hinderk M.: Synästhesie als ,Hyper-Binding’. In: Adler, Hans; Zeuch, Ulrike  (Hg.): Synästhesie. Interferenz-Transfer-Synthese der Sinne. Würzburg 2002, S. 25-29.

[13] Vgl. auch Emrich, Hinderk M.: Synästhesie, Emotion und Illusion. In: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH (Hg.): Der Sinn der Sinne. Schriftenreihe Forum Bd. 8. Göttingen 1998, S. 126-139; hier S. 132.

[14] Vgl. die zusammenfassenden Darstellungen, denen ich in zentralen Punkten folge:  Kneip, Stefanie; Jewanski, Jörg: Synästhetische Wahrnehmung aus neurologischer Sicht. In: Zeitschrift für Semiotik. Bd. 24, H. 1. Tübingen 2002, S. 15-29, insbesondere S. 22- 27; Rich, Anina N.; Mattingley, Jason B.: Anomalous Perception in Synasthesia: A Cognitive Neuroscience Perspective. In: Nature Reviews (Neuroscience), Jan. 2002, Vol.3, S. 43-52, insbesondere S. 45-47.

[15]  Auch R. E. Cytowic (u. a. in Cytowic 2002, S. 8) hat eine Aktivierung  limbischer Strukturen beim Synästhesie-Erlebnis des Farbenhörens nachgewiesen (jedoch mit dem umstrittenen schwächer auflösenden bildgebenden Verfahren der Xenon-Methode).

[16] Der Hippocampus stellt eine wichtige Struktur des limbischen Systems dar, der Informationen von funktional und topographisch unterschiedlichen Arealen des Gehirns integriert. Er kann sowohl auf Informationen aus dem Kortex reagieren als auch auf die autonomen Einheiten des Zentralnervensystems Einfluss nehmen, die emotionale Reaktionen auslösen.

[17] Maurer, Daphne: Neonatal Synaesthesia: Implications for the Processing of Speech and Faces. In: Baron-Cohen, Simon; Harrison, John: Synaesthesia. Classic and Contemporary Readings. Oxford 1997, S. 224-242.

[18] Zur Kritik an diesem Ansatz vgl. Baron-Cohen, Simon: Is There a Normal Phase of Synaesthesia in Development? In: Psyche. An Interdisciplinary Journal of Research on Consciousness 2 (27), Juni 1996. URL: http://psyche.cs.monash.edu.au/v2/psyche-2-27-baron_cohen.html (17.11.2002).

[19] Paulesu, Eraldo; Harrison, John E.; Baron-Cohen, Simon; Watson, John D. G.; Goldstein, Laura H.; Heather, John; Frackowiak, Richard D.; Frith Christopher D.: The Physiology of Coloured Hearing Synaesthesia. In: Brain 118, 1995, S. 661-676. URL: http://www.psychiatry.cam.ac.uk/isa/expinv.html (31.1.2003).

Vgl. die empirische Studie von Baron-Cohen, Simon; Harrison, John E.; Goldstein, Laura H.; Wyke, Maria: Coloured Speech Perception: Is Synaesthesia what Happens when Modularity breaks down? In: Perception 22, 1993, S. 419-426. URL: http://www.psychiatry.cam.ac.uk/isa/expinv.html (31.1.2003).

[20] Motluk, Alison: Current Work and Theory of Synaesthesia. How many people hear in colour? In: New Scientist, 27th May, 1995, page 18. URL: http://www.psychiatry.cam.ac.uk/isa/expinv.html (31.1.2003).

[21] Segal, Gabriel M. A.: Synaesthesia: Implications for Modularity of Mind. In: Baron-Cohen, Simon; Harrison, John: Synaesthesia. Classic and Contemporary Readings. Oxford 1997, S. 211-223.

[22] Grossenbacher, Peter G.; Lovelace, Christopher T.: Mechanisms of synesthesia: cognitive and physiological constraints. In: Trends in Cognitive sciences Vol.5, No.1, Jan. 2001, S. 36-41.

[23] Gray, Jeffrey A.; Williams, Steven C. R.; Nunn, Julia; Baron-Cohen, Simon: Possible Implications of Synaesthesia for the Hard Question of Consciousness. In: Baron-Cohen, Simon; Harrison, John: Synaesthesia. Classic and Contemporary Readings. Oxford 1997, S. 174-181.

[24] "In der Psychologie wird der Abruf von Informationszusammenhängen aus dem Gedächtnis durch die integrierende Funktion der mental imagery erklärt" (Brockmeier, Jens; Treichel, Hans-Ulrich: Worte, Klänge, Farben. Erkundungen in 'Synaesthesia'. In: Henze, Hans Werner (Hg.): Die Chiffren Musik und Sprache. Neue Aspekte der musikalischen Ästhetik IV. Frankfurt/Main 1990, S. 71-120, hier S. 83-84).

[25] Die meist erforschte Farb-Graphem-Synästhesie gilt als (Bewusstseins-)prozess, der Verarbeitungen auf höherer Ebene ("Symbol recognition" ) erfordert. Dies widerspricht den von Lawrence E. Marks (1990) verfolgten Versuchen zwischen Synästhesie und "cross-modal perception" einheitliche Muster als Basis der Verarbeitung auszumachen. Er untersucht intermodale Entsprechungen  "using low-level stimulus dimensions, such as pitch and luminance,"  während  z. B. bei Farb-Graphem-Synästhesien lexikalische Stimuli beteiligt sind, die "higer-level processing" erfordern (Rich/Mattingley 2002, S. 45). 

[26] Singer, Wolf: Über Bewußtsein und unsere Grenzen: Ein neurobiologischer Erklärungsversuch. Frankfurt/Main 2003. URL: http://www.mpih-frankfurt.mpg.de/global/Np/Pubs/nau.htm (12.2.2003).

[27] Homann, Renate: Theorie der Lyrik. Frankfurt/Main 1999. (Ich übernehme dieses Zitat ohne auf die explizite Begründung einer Theorie der Lyrik und der Lyrik als "Paradigma der Moderne" einzugehen.)

[28] Iser, Wolfgang: Die Apellstruktur der Texte. Unbestimmtheit als Wirkungsbedingung literarischer Prosa. Konstanz 1970/1971.

[29] Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Phantasien über die Kunst für Freunde der Kunst. Hamburg 1799. Nehring, Wolfgang (Hg.): Phantasien über die Kunst. Reclam Universalbioblithek [Nr. 9494]. Stuttgart 1973, bibliographisch ergänzte Ausgabe 2000.

[30]  Die poetische Dimension wird in der Theoriebildung des Formalismus und Strukturalismus, der Hermeneutik, Dekonstruktion unterschiedlich bewertet; ich kann hier auf diese Diskussionen nicht näher eingehen. Vielfach wird sie in der Interpretation von Literatur als "das Unsagbare" apostrophiert; in der Tradition der Ästhetik seit dem 18.Jh. wird sie den Begriffen "Einbildungskraft", "Phantasie", "Genie" unterstellt. Soviel sei hier festgehalten, dass der literarische Text durch eine komplexe autoreflexive Sprachkonstituierung gekennzeichnet ist und diese als spezifisch literarische ein positives Konzept der Erfindung markiert.

[31] Singer, Wolf: Über Bewußtsein und unsere Grenzen: Ein neurobiologischer Erklärungsversuch. Frankfurt/Main 2003. URL: http://www.mpih-frankfurt.mpg.de/global/Np/Pubs/nau.htm (12.2.2003).

[32] Damasio, Antonio: The Feeling of What Happens. Body and Emotion in the Making of Consciouss. New York 1999.

[33]  Ich verwende den Form-Begriff im Sinne von Niklas Luhmanns Unterscheidung Medium und Form. Vgl. u.a. Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft. Kap. 3 Medium und Form. Frankfurt/ Main 1995, S. 165-214.

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Brigitte Gustovic: Theoretische Überlegungen zur Konzeption der Synästhesie. 03.02.2003.

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