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Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik

Peter Utz: Das Auge und das Ohr im Text

"Ganz Ohr sind wir nur, wenn wir nicht ganz Auge sind." Mit diesem Satz, der zugleich seine Forschungsabsicht in nuce enthält, eröffnet der Lausanner Literaturwissenschaftler Peter Utz seine 1990 erschienene Studie "Das Auge und das Ohr im Text: literarische Sinneswahrnehmung in der Goethezeit". Ziel seiner Untersuchung ist es, Verschiebungen der Sinneshierarchie in der Goethezeit anhand ausgewählter Autoren zu dokumentieren. Dabei widmet sich Utz nicht nur dem Werk Lessings, Schillers und Goethes, sondern erforscht auch die literarischen Wahrnehmungen der Romantiker Novalis, Brentano und E.T.A. Hoffmann.

 

Die alltägliche Wahrnehmung als die elementarste Form der Kommunikation mit unserer Außenwelt ist uns kaum bewusst. Erst wenn sie gestört wird, wenn unsere Wahrnehmung uns einen Streich spielt, beginnen wir über sie nachzudenken.  

 

Die Frage lautet:

Was leistet unsere Wahrnehmung? Was leistet jeder einzelne unserer fünf Sinne für unseren Umgang mit der Natur und mit uns selbst?

Messbarkeit, Arbeitsteilung und Konkurrenz der Sinne scheint in dieser Frage impliziert. Heute glaubt die Wissenschaft, dass wir unsere Informationen zu einem Grossteil durch das Auge und das Ohr aufnehmen.                       

Die Dominanz des Auges ist jedoch das Resultat einen historischen Prozesses. Am Rand des Siegeszuges den unser Auge in der Geschichte der Wahrnehmung beschreitet, liegen literarische Ablagerungen die Peter Utz in das Zentrum seiner Untersuchung stellt.
 

 

Die Auseinandersetzung der Wissenschaft mit der Wahrnehmung

Je mehr sich die Naturwissenschaft der Aufklärung, in erster Linie die Medizin, mit der Erforschung der menschlichen Wahrnehmung befasst, desto weniger finden die Defizite ihrer eigenen Wahrnehmung Beachtung. 

Sind die Beiträge über die Leistung der Wahrnehmung zahlreich, so finden die philosophischen und ästhetischen Reflexionen über die Mängel dieses Diskurses kaum Beachtung. 

Die Literatur hat in diesem Diskurs der Goethezeit in ihrer Bemühung um den lebenden Körper den Mangel des wissenschaftlichen Fortschritts bereits sehr früh benannt.

 

 

Die literarische Darstellung der Wahrnehmung

Die Literatur ist auf das Medium Sprache bzw. Schrift angewiesen. Während in der Wissenschaft der Blick das Objekt fixiert, ist die Wahrnehmung in der Literatur nach verschiedenen Richtungen offen. 

Die Literatur der Goethezeit problematisiert, anders als die Wissenschaft der Zeit, die Wahrnehmungsrelation von Subjekt und Objekt.

Die Widersprüche der eigenen Wahrnehmung werden zum Gegenstand der Reflexion. 

Es stellen sich Fragen über:

  • Das Verhältnis zwischen Innen und Außen
  • Das Verhältnis der Sinne zueinander und zum Ganzen des Körpers

 

 

Zusammenfassung

Die Literatur bleibt auf der Ebene der Sinneshierarchie und Sinneszersplitterung die die Aufklärung formuliert.

Durch die ästhetische Produktion des Textes zeigt sie jedoch die Mängel dieses Diskurses auf. 

Während die Sinne im wissenschaftlichen und aufklärerischen Prozess des Fortschritts funktionalisiert werden, schafft die ästhetische Sprache der Literatur Freiräume. 

Die Studie von Peter Utz zielt auf die Sinnlichkeit des Textes. Er möchte erfahrbar machen, wie die Sinnlichkeit im aktiven Lernprozess hergestellt wird.

"Wo, so schreibt Peter Utz, die reale Wahrnehmung sich auf einzelne Sinne verengt, will die literarische Wahrnehmung eine umfassende Öffnung zur sinnlichen Realität" (vgl. Peter Utz S. 9) 
 


Martin Schneider: Sinneshierarchie: "Heinrich von Ofterdingen". 06.11.2002.

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