Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik
Intermedialität und Synästhesie in Hoffmanns Serapionsbrüdern
Unter dem Gesichtspunkt der Intermedialität und Synästhesie lassen sich zunächst die romantischen Sammelerzählungen, zu denen auch die Serapionsbrüder gehören, gut verorten. Vor allem in spätromantischen Werken, hier besonders in Achim von Arnims Wintergarten (1809) und in Hauffs Märchensammelbänden (1826-1828), wird die von Tieck und Hoffmann angewandte Methode fortgesetzt. Die isolierte Geschichte der Binnenerzählung muss also an die „lebendige“ Stimme eines Erzählers angeknüpft sein, damit der an sich „toten“ Rede des geschriebenen Textes Leben eingehaucht wird. Die synästhetische Verknüpfung von Sprache und Schrift wird in solchen Sammelbänden also über die Erzähler der Rahmenhandlungen erreicht.
Des weiteren ist auch das serapiontische Prinzip an sich schon intermedial zu verstehen. Die Maxime, dass wahre Erzählungen immer auf der Verbildlichung und Verinnerlichung eines visuellen Reizes vor dem inneren Auge basieren müssen, bedingt die Vermischung von textualer und emotionaler Ebene. Die Überschneidung von innerem Bild und Textinhalt, bzw. die Transponierung von realem Bild zu Erzählung, bzw. die Übersetzung eines „piktoralen in einen narrativen Code“, (G. Neumann) kann man intermedial und synästhetisch werten.
In der Erzählung Die Fermate aus dem ersten Band wurde aufgrund dieser These eine Diskussion laut, ob sie denn dem serapiontischen Prinzip entspräche, da die Grundlage ein zwar optisch wahrgenommenes, aber nicht dem inneren Auge des Erzählenden entsprungenes Bild sei.
Die Rahmenhandlung der Serapionsbrüder mutet noch unter einem anderen Gesichtspunkt intermedial an, indem sie Rezeptionsebenen mischt. Hoffmann lässt nämlich seine Erzähler in allen bis auf zwei Erzählungen vom freien Vortrag Abstand nehmen. Sie ziehen Manuskripte aus der Tasche, die dann vorgelesen werden. So mischt sich die Ebene des geschriebenen Textes, der als vom Erzähler vorgetragen, also mündlich, wahrgenommen wird, um letzen Endes beim Leser wieder schriftlich anzukommen. Auch mit der Wahl des Erzählers als miterlebendes Medium mischt Hoffmann Ebenen, in dem Fall die Ebene der Fiktion und der Realität. Dadurch, dass für den Erzähler Sachverhalte der Fiktion lebendig werden, passiert das auch beim realen Leser.
Eine weitere Form dieses Lebendigwerdens von Fiktion zeigt sich als wiederholtes intermediales Muster in Hoffmanns Geschichten. Die Fermate und Der Artushof sind Beispiele dafür, dass ein Bild, das visuell wahrgenommen wird, zum Leben erwacht und in einen fiktionalen Text, also auf die akustische oder kognitive Ebene transponiert wird.
Im Nussknacker und Mausekönig findet Hoffmann im Traum des Mädchens Marie eine Schnittmenge zwischen zwei Welten, nämlich der Welt der Erwachsenen und der Welt der Kinder. Die Mechanik und Technik des Puppenschlosses gehört in die Erwachsenenwelt, wohingegen die Puppe an sich eindeutig der Kinderwelt zugeordnet wird.
Das serapiontische Prinzip kann durchaus ebenfalls als synästhetisch angesehen werden. Zur „inneren Schau“ gehören alle Details wie Gerüche, Formen, Farben, Empfindungen, Licht, Schatten und Geräusche. Zusammengenommen ergeben diese unterschiedlichsten Sinneseindrücke das Bild, das dem Rezipienten schlussendlich geliefert wird.
Weiter zu den Punkten:
- Motivation des Autors
- Überlegungen zum Titel
- Vorbilder der sechs Erzähler
- Inhalt und eventuelle Quellen
- Inhalt, Aufbau und Struktur
- Das serapiontische Prinzip
- Intermedialität und Synästhesie
- Frage der Sinneshierarchien
- Analysetext: "Die Fermate"
- Bibliographie
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Regina Kland: Die <<Serapionsbrüder>> und das serapiontische Prinzip. 16.01.2003.