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Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik

Die Fantasiestücke in Callots Manier

Dem Vorschlag seines Verlegers Kunz folgend veröffentlichte E.T.A. Hoffmann verschiedene kurze Erzählungen wie „Ritter Gluck" oder „Der goldne Topf" im Sammelband „Fantasiestücke in Callots Manier". Hoffmann bezieht sich mit diesem Titel auf den französischen Maler Jacques Callot (1592-1635), dessen Darstellungsweise er sich in seiner Erzählsammlung zum Vorbild nimmt.

In der Vorrede zu den Fantasiestücken, die man als ästhetische Selbstreflexion bezeichnen kann, macht Hoffmann deutlich, warum er sich an Callot orientiert: es geht um eine poetologische Grundkonzeption. [1]

Hoffmann stellt Parallelen auf betreffend der Umrissgestaltung und Farbgebung im Schaffensprozess des bildenden wie des dichtenden Künstlers. [2] Der dichterische Schaffensprozess ähnelt also dem eines Malers, ja sogar Musikers, denn Hoffmann bezeichnet die Kupferstiche Callots auch als „überreiche, aus den heterogensten Elementen geschaffene Kompositionen“ [3]. Darin klingt ein Grundgedanke von Hoffmanns Dichtung an, eine Grundlage von romantischer Literatur und Kunst im allgemeinen. Das romantische Kunstwerk umschließt und vereint in synästhetischer Verschmelzung sowohl Musik, bildende Kunst und Literatur zu einem universalen Kunstwerk.

„Die Auffassung vom Kupferstich als Komposition [...] kann bei Hoffmann als symptomatisch für sein grenz-überschreitendes Denken und Empfinden in den verschiedenen Künsten gelten. Diese verschmelzen immer dann zu einer unauflöslichen Einheit, wenn ihre Wirkung in dem Empfinden solcher Gleichzeitigkeit eine unge-wöhnliche Intensität erfährt.“ [4]

Jacques Callots Arbeiten wurden von seinen Zeitgenossen auch auf Grund ihres großen Detailreichtums geschätzt. Seine Gestalten, die „oft nur durch ein paar kühne Striche“ [5] angedeutet sind, bestechen durch die Präzision und Lebendigkeit ihrer Darstellung. Gerade Bilder wie der Jahrmarkt von Impruneta (nach 1622), die eine große Menschenmenge darstellen, ein „buntes Gewühl geputzter Menschen“ [6], sind Beispiel für J. Callots lebendige Figurengestaltung. 



 
 Der Jahrmarkt von Impruneta (nach 1622)

 

„Aber die Belebung bedeutet mehr als das bloße Hervortreten der Figuren in den Augen des Betrachters. Es erweist sich als ein unverzichtbares Erzählprinzip Hoffmanns, das dem „Farbenglanz des inneren Auges“ Ausdruck verleihen soll.“ [7] 

 

Weiter zu den Punkten: 

  1. Die Fantasiestücke in Callots Manier
  2. Callots Vorbildfunktion – der Dichter als Maler
  3. Das Erzählmodell der „narrativen Inszenierung“
  4. Die innere und die äußere Welt – die Grenzen zwischen Imagination und Wirklichkeit
  5. Duplizität und chronischer Dualismus im „goldnen Topf"
  6. Illusion und Wirklichkeit – Verwandlungsprozesse und Perspektivenwechsel
  7. Ausblick
  8. Bibliographie

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[1] Vgl. Bomhoff 1999, S. 47.
[2] Vgl. ebd., S. 49.
[3] Hoffmann 1993, S. 17.
[4] Bomhoff 1999, S. 52.
[5] Ebd., S. 54.
[6] Ebd. Das Wort „bunt“ deutet hier wiederum an, wie sehr es Callot gelang, seine Figuren, die er in einfarbigen (!) Kupferstichen einfing, alles andere als farblos darzustellen.
[7] Ebd., S. 55. 

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Natalia Igl: Grenzgänge zwischen Imagination und Wahrnehmung: Die Fantasiestücke in Callots Manier.  26.02.2003.

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