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Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik

Zusammenfassung der Untersuchungen

In seinem Gedicht "Mondnacht" spricht Joseph von Eichendorff fast alle Sinne an. Doch jede einzelne Wahrnehmung scheint im Zusammenhang von Ursache und Wirkung zu stehen. Dabei spielt vor allem die zweite Strophe eine zentrale Rolle. Die geschilderten Naturerscheinungen versetzen das lyrische Ich in eine Art Rauschzustand. Es nimmt einerseits mit allen Sinnen gleichzeitig wahr, wenn es hört, wie die Wälder "rauschten" (Z. 7) weil die Nacht so "sternklar" (Z. 8) war und die Luft, die durch die Felder "ging" (Z. 5) beinahe fühlt. Andererseits erweckt das silbrige Mondlicht tief im Unterbewusstsein vergrabene Wünsche und Sehnsüchte des lyrischen Ich nach Entgrenzung und einer "Vereinigung des in Raum und Zeit Getrennten" (Schwarz 1970, S. 90).

Unter diesem Aspekt der konstruierten Wahrnehmung unterscheidet sich die "Mondnacht" von anderen romantischen Nachtgedichten. Eichendorff spielt zwar auch im "Nachtwanderer" mit der der Nacht immanenten Musik und dem Motivkomplex von Nacht und Tod. Aber die, im Gegensatz zur "Mondnacht", ziemlich düstere Atmosphäre erinnert eher an den Fiebertraum in Goethes "Erlkönig", und es gibt keinen rational nachvollziehbaren Grund für die einzelnen Wahrnehmungen - genauso wenig wie in Clemens Brentanos "Schwanenlied". Der Dichter wählt den mythischen, letzten Gesang des sterbenden Schwans zu seinem Leitmotiv. Auch Brentano befasst sich mit dem Tod "zwischen dem Morgen- und Abendrot" (Z. 33). Doch was sein Gedicht ausmacht, sind  die sehnsüchtigen Assoziationen eines lyrischen Ich, deren Auslöser bis zum Schluss unbekannt bleibt.

Der Titel "Mondnacht" steht für ein ganzes Arsenal verschiedener Wahrnehmungen und Empfindungen. Eichendorff selbst erklärte im Jahre 1806/07 wie es ihm immer wieder gelingt seine Poesie in einem einzigen Begriff zu bündeln.

"Es gibt gewisse Worte, die plötzlich, wie ein Blitzstrahl, ein Blumenland in meinem Innersten auftun, gleich Erinnerungen alle Saiten der Seelen-Aeolsharfe berühren, als: Sehnsucht, Frühling, Liebe, Heimat, Goethe." (Frühwald 1984, S. 406)
 

 

 


Jasmin Jobst und Christine Kerler: Synästhesie und Intermedialität in der Lyrik der Romantik. 02.12.2002.

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