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Was war damals los?

>> Das historisch-politische Umfeld der Goethezeit in Europa

 
Das Europa der Goethezeit politisch und geographisch auf einer Karte darzustellen, erweist sich als unmöglich aufgrund der vielen politischen und territorialen Verschiebungen zwischen 1792 und 1815. Diese Tatsache ist eventuell charakteristisch für große Umbruchszeiten, in denen sich alles bewegt und verändert. Und bewegt und verändert wurde zwischen 1789 und 1815 in ganz Europa viel – die europäische Mächtekonstellation, die Ländergrenzen, die gesellschaftlichen und politischen Strukturen und Systeme, das Gedankengut in der Bevölkerung usw.

Die Staatsgrenzen waren Ende des 18. Jahrhunderts noch nicht so klar und fest umrissen und auch Nationalstaaten, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht. Die Vorstellung von einem Nationalstaat entwickelte sich in dieser Zeit erst allmählich in Folge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den europäischen Großmächten und den daraus resultierenden territorialen Verschiebungen.

Die zeitnahe europäisch-politische Vorgeschichte der Goethezeit bilden der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714) und der Siebenjährige Krieg (1756-1763, 3. Schlesischer Krieg), der die Ordnung Europas umstellte.

Nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges mit dem Frieden von Hubertusburg 1763 erlebten die Zeitgenossen Goethes „eine der längsten Friedensperioden in der deutschen Geschichte“ (Manfred Mai) von ca. 30 Jahren bis 1792.

Bis zu den einschneidenden Veränderungen durch die Französische Revolution seit 1789 wurde die politische Ruhe und Stabilität durch eine ausgeklügelte „Kabinettspolitik“ in Europa aufrechterhalten.

Diese Ruhephase ermöglichte eine Konzentration auf innere Probleme, so daß auch Kunst, Literatur, Bildung und Wissenschaften mehr gefördert und entwickelt werden konnten (sog. „Blütezeit“).

Gleichzeitig bietet diese Ruhephase zwischen 1763 und 1792 für uns einen ersten Ansatzpunkt, einen Blick auf Europa und die politischen Akteure Ende des 18. Jahrhunderts zu werfen.

In dem Internetprojekt von Barbara-Stollberg-Rilinger findet man eine Karte allg. über Europa im 18. Jahrhundert...
www.uni-muenster.de/FNZ-Online/politstrukturen/maechte/quellen/Europa18Jhd.jpg

...und eine Karte über Zentraleuropa im 18. Jahrhundert: www.uni-muenster.de/FNZ-Online/politstrukturen/maechte/quellen/karteZentaleuropa.htm

Wir haben diese Karten zur Grundlage folgender Collage verwendet:

[Collage folgt noch]

Die in der westlichen Welt wichtigsten zu nennenden politischen Akteure, die Einfluß auf das europäische Geschehen hatten, sind die Königreiche Frankreich, Spanien, Großbritannien, Dänemark, Schweden, Preußen und das Kaiserreich Rußland. In der Mitte, in Zentraleuropa, lag das „Land der Dichter und Denker“ (De Stael): Das „Heilige Römische Reich Deutscher Nationen“, regiert von den Habsburgern in Österreich.

Im folgenden eine Zeitleiste, die einen Überblick über die Könige und Kaiser im Zeitrahmen von ca. 1750 bis 1850 bieten soll. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Politik nicht nur von diesen offiziellen Herrschern, sondern auch von deren umgebenden Ministern, Großherzogen, Fürsten und geistlichen Würdenträgern mitbestimmt wurde. Es soll hier lediglich ein grober Überblick vermittelt werden.

 

 

 

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Wenn man die wichtigsten politischen Einflußfaktoren auf die internationalen Beziehungen für das Europa Ende des 18. Jahrhunderts beschreiben möchte, sollte man folgende Stichpunkte auf jeden Fall berücksichtigen:

  • Absolutismus und Willkürherrschaft, der viele Staaten auch in den finanziellen Ruin trieb;

  • das europäische Expansionsstreben, das u.a. zu außereuropäischen Kämpfen in Kolonien führte;

  • hier ist natürlich auch ganz wesentlich Napoleon und sein Hegemonialstreben, der mit seiner Expansionspolitik und seinen Eroberungen ganz Europa durcheinander brachte

  • der Zerfall Polens, um dessen Aufteilung sich die europäischen Mächte stritten;

  • der Aufstieg Rußlands zur Großmacht, was auch die Reaktion von Österreich oder Preußen auf die französischen Entwicklungen beeinflußte, denn ein Kriegsausbruch in Westeuropa könnte Rußland zu viel Freiraum geben in der Machtausdehung gegenüber Polen und der Türkei;

  • der Preuß.-Österr. Dualismus und die Tatsache, daß das Heilige Römische Reich deutscher Nationen kurz vor dem Zerfall stand, so daß zunächst kein geeinter Kampf gegen Frankreichs Eroberungszüge stattfand

  • England, das gegen jegliche Vormachtstellungen auf dem europäischen Festland agierte und für eine ausgeglichene Mächtekonstellation kämpfte, damit es selbst nicht in Gefahr geriet

In Folge der französischen Entwicklungen und der Französischen Revolution (eingeleitet 1789 mit dem „Sturm auf die Bastille“ , ein Gefängnis, das symbolisch für absolutistischen Despotismus und Willkürherrschaft stand) wurden die zwischenstaatlichen Beziehungen erschüttert und das internationale System durch die napoleonische Hegemonialpolitik umgestürzt – auch mit Auswirkungen auf die restliche Welt (Vgl. Duchhardt).

1792 erklärte Frankreich Österreich den Krieg und es kam zum ersten Koalitionskrieg gegen Frankreich, womit die vorhergehende Ruhephase in Westeuropa beendet wurde und die kriegerischen Auseinandersetzungen gegen Frankreich begannen.

Einen entscheidenden Einfluß hatte besonders auch der Kampf Englands gegen die französische Vorherrschaft (Vgl. Michael Erbe). Frankreich, bzw. Napoleon verhängte im Zuge dieses Konflikts nach seiner Niederlage gegen Nelson bei Trafalgar (1805) eine Kontinentalsperre (ab 1806) gegenüber England, womit erstmals ein wirtschaftlicher, „totaler Krieg“ geführt wurde, was einen modernen und revolutionären Schritt „zum letzten und umfassenden Einsatz aller Mittel für das Ziel der Politik“ (Nipperdey) bedeutete und auch das Volk zu spüren bekam.

Dieser Seesieg Englands hatte aber auch weitere Folgen, er führte z. B. dazu, daß Napoleon einsehen mußte, „daß England nur auf dem Wege über die Niederwerfung seiner kontinentalen Bundesgenossen zum Frieden gezwungen werden könne. So hat die französische Niederlage bei Trafalgar das napoleonische Streben nach einer hegemonialen Stellung über Europa beschleunigt.“ (Erbe)

Es folgt ein Überblick über die wichtigsten historisch-politischen Ereignisse in Europa, die auch Einfluß auf die deutsche Geschichte hatten:

Erst mit den großen Befreiungskriegen ab 1813 und mit dem Wiener Kongress 1815 konnten die Konflikte beigelegt werden und eine neue, länger anhaltende Friedensphase in Westeuropa eingeleitet werden. Das europäische Gesamtbild aber hatte sich grundlegend geändert, „vor allem durch die grundlegende territoriale „Flurbereinigung“ in Deutschland und Italien, ohne die die spätere Nationalstaatsbildung dort kaum möglich gewesen wäre“ (Erbe)

[„work in progess"]

 

 
Weiterführende und verwendete Literatur:

Dörr, Volker: Weimarer Klassik. Paderborn 2007

Duchhardt, Heinz: Balance of Power und Pentarchie. Internationale Beziehungen 1700-1785. Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen. Paderborn u.a. 1997

van Dülmen: Kultur und Alltag der Frühen Neuzeit. München 1994

Erbe, Michael: Revolutionäre Erschütterung und erneuertes Gleichgewicht. Internationale Beziehungen 1785-1830. Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen. Paderborn 2004.

Fehrenbach, Elisabeth: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress. Oldenbourg Grundriss der Geschichte. München 2008

Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat. München 1998

Schieder, Theodor: Handbuch der europäischen Geschichte. Bd.4

Stollberg-Rilinger, Barbara: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen. Vom Ende des Mittealters bis 1806. München 2006


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