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>> Jens Thomas: "Goethe! Gesang der Geister" (siehe Interview)

 

„Kann man Verse des deutschen Dichterfürsten als Rap und mit rockhafter Klavierbegleitung darbieten? Der Jazzpianist Jens Thomas wagt es - und beeindruckt selbst skeptische Zeitgenossen.“ (KulturSpiegel Online)

Auszug aus dem CD-Informationsblatt:

Allein mit Stimme und Klavier verwandelt Jens Thomas Goethe-Gedichte in deutschsprachige Songs. In einem musikalischen Spannungsfeld aus Singer/ Songwriter-Pop, Rap-Verwandtem und Kunstliedsplittern eröffnen die Lieder dem Zuhörer eine neue Sichtweise auf die klassische Lyrik.
„Goethes Texte werden greifbar, vermitteln sich mit unbekannten, aber dennoch nachvollziehbaren Perspektiven einem bis zum viel zu frühen Schluss hingerissenem Publikum“, schrieb die Westdeutsche Allgemeine Zeitung nach einem Konzert im Schauspielhaus Bochum. Der „Gesang der Geister“ erscheint wie eine „Feier des Augenblicks“, denn bei aller Strukturiertheit und Eingängigkeit durchzieht die Lieder eine besondere Intensität. „...er singt eine Ballade, mit absoluter Hingabe. Es ist einer dieser Momente, in denen jemand ein Stück seiner Seele auf die Bühne spuckt.“(Welt am Sonntag)
Jens Thomas (geb. 1970) war anfangs „nur“ Jazz-Pianist, wenngleich ein ungewöhnlich talentierter. Nach seinem Studium bei Dieter Glawischnig an der Hamburger Musikhochschule, spielte er von Anfang an nicht nur Jazz, sondern eine eigene Mischung aus Neuer Musik, Rock, Modern Jazz und Freier Improvisation.
In den vergangenen Jahren entdeckte Thomas seine Stimme, entwickelte sie als Ausdrucksmittel und experimentierte mit ihr, vor allem auf den Theaterbühnen der Münchner Kammerspiele, des Bayerischen Staatsschauspiels und des Schauspielhauses Bochum. In Bochum hatte er unter der Intendanz von Elmar Goerden als „artist in residence“ zwei Jahre Gelegenheit mit seiner ungewöhnlichen Konzertreihe „Piano Voices“ sein einmaliges Profil als Pianist, Sänger und Performer zu erarbeiten. Neben den gemeinsamen Auftritten u.a. mit der klassischen Schlagzeugerin Robyn Schulkowsky, dem Cellisten Wolfgang Sellner, der Tänzerin Henrietta Horn, dem Eickhoff Werkschor, dem Indigo Streichquartett, der Malerin Klaudia Anosike und der Arbeit mit seiner Rockband Thomas & The Fire, beschäftigte sich Thomas in dieser Zeit mit der Lyrik von Johann Wolfgang Goethe.

 

Jens Thomas schreibt in seinem CD-Booklet:

Im Februar 2005 lag im Münchner Hotel Advokat ein kleines Diogenes Bändchen mit einem dieser altmodischen Stilleben als Cover und dem Titel "Die schönsten Gedichte von Goethe". Da ich komplett Goethe- frei durch die Schule gekommen war, schlug ich also unbekümmert eine Seite auf und las:

Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

Das traf mich. So treffend beschrieben, dieses unendliche Verwandeln des eigenen Selbst, der Lebensumstände. Neue Abschiede, alte Zusammen- und Aufbrüche, das Neue noch ohne erkennbare Form, das Alte schon fort. Wandel sah ich da beschrieben, das grundsätzliche Lebensprinzip und die leidenschaftliche Hingabe an diesen Prozess. Und vor allem hörte ich einen Refrain und ich hatte das Gefühl, das hier ein Text ist, der es wünscht als Song gesungen zu werden. Ein deutscher Text welcher ein Gefühl, eine Stimmung vermittelt, wie vielleicht ein Song von Neil Young, und der nicht Alltag beschreibt, sondern sich traut, eine Art geerdete Spiritualität zu fordern.

Und das ist Goethe?

Kurz darauf traf ich Saam Schlamminger, der mir über die Beschäftigung Goethes mit dem Islam erzählte, und der den Schmetterling, der im Licht verbrennt, als ein Motiv der islamischen Mystik beschrieb. Der deutsche Klassiker als Kenner des Koran? Als spiritueller Geist, als Gläubiger ohne Kirche? Goethe als Mystiker, als einer der von der Seele spricht, und so dem puren Materialismus widerspricht?

Viele Gedichte fand ich zum Singen im Diogenes-Bändchen und dann einige davon im West-Östlichen Divan wieder.

Sogenannte Sekundärliteratur versuchte ich auch zu lesen, blieb aber stecken. Ich merkte, dass es die Verse selbst sind, die mich so berühren. Manche erscheinen mir wie Beschwörungen, die davon singen, dass Glauben und Spiritualität nicht Sache religiöser Institutionen, sondern Angelegenheiten des Herzens sind.

Goethes Gedichte erinnern mich daran, dass die Einzigartigkeit des Menschen in seiner schöpferischen Kraft liegt. Fühlen und Denken, Ideen entwickeln und Energie spüren, Visionen und Ahnungen haben zu können, das bedeutet, verbunden zu sein mit einer Welt, die nicht materiell ist.

Diese unsichtbare Ebene ist nicht mess-, aber sehr wohl wahrnehmbar. Egal ob sie Seele oder Gott genannt, im "Gegenraum" (Beuys) oder in der "Anderswelt" (im schamanischen Kontext) geortet wird. Sie macht uns zu ganzen Menschen. Ohne sie gäbe es keine Kunst, keine Kultur, keine Lösungen für praktische Probleme, ja nicht einmal ein vorrausschauendes, planendes Denken.

Und doch wird diese Kraft in vielen Teilen unseres Lebens praktisch ausgeschlossen. Denn sie ist nicht sicht- und nicht planbar. Sie teilt nicht in Schubladen ein, sie öffnet und kennt keine Grenzen. Sie könnte den reibungslosen Ablauf des täglichen Betriebs stören. Ihr Wesen ist subversiv und sie ist gefährlich für das Festgelegte und angeblich Unveränderbare. Auch für das, was uns als geradezu Natur gegebene Ordnung verkauft wird. Der Kapitalismus, der zur Religion geworden ist und Arbeit reduziert auf ein Funktionieren des Körpers oder des Gehirns als Maschine mit ein wenig "Sozialkompetenz".

Dieser pure Materialismus ist der Tod der Kreativität. Wir sind getrennt vom Wesentlichen. Von unserem Wesen. Unseren Geistern, die wir nicht mehr kennen und die uns doch nicht loslassen, wenn wir sie nicht würdigen. Unseren Ahnen und ihrer Weisheit. Von uns selbst. Alle spüren, das etwas fehlt.

Es fehlt die Seele. Denn sie macht uns einzigartig individuell und zugleich mit allem verbunden. Das Kapital ist nicht in den Händen von einigen, die viel Materie ihr eigen nennen. Das Kapital ist unsere schöpferische Kraft.

Zu hören ist Jens Thomas' musikalische Interpretation der Gedichtszeilen Goethes aus dem "Ost-Westlichen-Diwan" über den persischen Dichter Hafis. Die CD "Goethe! Gesang der Geister" von Jens Thomas ist zu beziehen über: http://www.recordsnordic.de/

Kontakt und Informationen über Jens Thomas über:
www.jensthomas.com

>> Zum Interview mit Jens Thomas innerhalb des Jugendprojekts!

Konzert-Booking:
info@jensthomas.com

 

 

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