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Die Weimarer Klassik

>> VON WEIMAR NACH ITALIEN UND ZURÜCK ... Goethe und die Weimarer Klassik

 

„Und du und Schiller ihr seid hernach Classische Schriftsteller – wie Horaz – Livius – Ovid und wie sie alle heißen ... was werden alsdann die Professoren Euch zergliedern - auslegen – und der Jugend einpleuen.“

                                                                                                 (Weihnachtbrief von Goethes Mutter an Goethe)

 

Und Goethes Mutter sollte Recht bekommen. Klasse Schriftsteller sind die beiden doch tatsächlich geworden. Die Literaturwissenschaftler zerbrechen sich die Köpfe über Leben und Werk und füllen Regalmeter in den Bibliotheken. Ihr Schüler stöhnt zuweilen, wenn euch auch nichts mehr eingebläut wird. Und unübersichtlich groß ist die Zahl der Sockel, von denen die beiden herabblicken. Classische Schriftsteller also, Schriftsteller ersten Ranges, Schriftsteller, die zum Vorbild wurden.

 

Georg Rietschel: Das Goethe und Schiller Denkmal vor dem Nationaltheater in Weimar

Goethe und Schiller auf dem Sockel vor dem Nationaltheater in Weimar

 

Soweit so gut, wo aber werden die beiden zu "classischen Schriftstellern" im Sinne einer literaturgeschichtlichen Epoche?

Unser Blick fällt erstmal auf den Älteren.

 

Ab in den Süden ...

Karlsbad, 1786, drei Uhr morgens, ein Tag im September beginnt – und es wird ein besonderer werden. Die Kurgesellschaft schläft, Goethe aber ist hellwach. Leise und unbemerkt und voller Gespanntheit stiehlt er sich aus seinem Zimmer, wirft sich, „nur einen Mantelsack und Dachsranzen aufpackend, in eine Postchaise“ und auf geht’s. Hier beginnt Goethes Italienreise – heimlich und inkognito - und damit zugleich eine der wichtigsten Epochen in der deutschen Literaturgeschichte – die Weimarer Klassik.

 

... und endlich in der Hauptstadt der Welt angekommen!

Zwei Monate ist Goethe unter dem Tarnnamen Möller unterwegs, bis er am 29. Oktober endlich in Rom ankommt. Und euphorisch ruft er aus: „Es ist alles, wie ich mir's dachte, und alles neu.“ Goethe, der Rom von den Zeichnungen und Kupferstichen, die im elterlichen Haus am Frankfurter Hirschgraben in der Diele hingen, kennt, der Italienisch vom Vater gelernt hatte, der mit den Werken der Alten, den antiken Mythen aufgewachsen ist, kann nun also sagen „Ja, ich bin endlich in dieser Hauptstadt der Welt angelangt!“ und meint damit nicht nur einen realen, sondern gerade auch einen geistigen Ort, der ihm von Kindheit an vertraut ist.

Weil aber zu allem Geistigen immer auch die Wirklichkeit gehört, lassen wir Goethe zunächst einmal Quartier beziehen und das Gepäck abstellen, bevor wir uns mit ihm auf den Weg machen und Neues finden.

Wie alle Reisenden aus dem Norden betritt Goethe Rom durch die Porta del Popolo und keine zweihundert Meter weiter bezieht er ein Zimmer zur Untermiete in der Via del Corso.

 

Goethe am Fenster, blickt hinaus auf den Corso

 

Oft wird er am Fensterrahmen lehnen und auf das laute Treiben in dieser vielbelebten Straße hinunterblicken. Er wird auf einem Stuhl sitzend ein Buch lesen oder in ausgelassener Fröhlichkeit auf dem Sofa liegend die Beine in die Luft strecken.

 

Goethe lesend auf dem Stuhl sitzend

 

 

Goethe und ein anderer auf dem Sofa

 

Von wem wir all dies wissen? Es ist Goethes Freund, der Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, der Goethe mit schnellen Strichen ganz spontan auf seinen Zeichenblock skizziert. Und so begegnet uns in diesen Zeichnungen ein Mensch, der weit mehr an einen Studenten als an den weimarischen Staatsmann erinnert, der er doch noch bis vor kurzem gewesen ist. Bevor Goethe nach Italien aufbrach, hatte er zehn Jahre dem jungen Herzog von Weimar, Carl August, gedient, hatte Karriere als Staatsmann gemacht, wusste zu repräsentieren und sich gemäß dieser Rolle respektabel und Ehrfurcht gebietend zu verhalten. Jetzt aber ist er in Italien und frei, befreit von sämtlichen Pflichten als Minister, frei für das Schöpferische, das Dichten. Er schreibt „ich zähle einen zweiten Geburtstag, eine wahre Wiedergeburt von dem Tage, da ich Rom betrat, ich lebe eine neue Jugend.“

Goethe, der die Jugendlichkeit bei sich wiederentdeckt, wird jetzt aber nicht mehr stürmer- und drängerisch, sondern klassisch dichten. Und auch diesen klassischen Dichter kennen wir von einem Bild, das bestimmt Tischbeins berühmtestes Gemälde und zudem programmatisch für die Klassik geworden ist. Wenn wir die römische Landschaft betreten, in der Goethe so lässig, halb sitzend, halb liegend in Pose gebracht ist, wird uns Vieles darin an eben diese Epoche heranführen.

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Goethe in der Campagna

 

Weitere Informationen zu Goethes Italienreise finden Sie hier im Goethezeitportal: http://www.goethezeitportal.de/wissen/projektepool/goethe-italien.html

 

 

 

Musik: Johannes Faber aus »Römische Elegien«

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