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Goethe, Schiller und die Goethezeit auf Google+

Jutta Assel | Georg Jäger

Die Pontinischen Sümpfe
Bilder und Texte

Geschichtslandschaft | Mythologisierung
Stimmungsbilder | Ruinenromantik

Eingestellt: September 2019

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Ergänzend zu den Motiven aus der Campagna di Roma stellt diese Seite die Pontinischen Sümpfe südlich von Rom bzw. auf dem Weg von Rom nach Neapel vor. Lexikoneinträge erklären die geologischen Gegebenheiten, die zur Bildung der Sümpfe führten, und weisen hin auf die Geschichte der in der Antike einst blühenden Region, die vergeblichen Versuche der Trockenlegung des Sumpfgeländes und die Gefahr der Ansteckung mit Malaria. Der Schwerpunkt liegt auf den Überformungen durch "neue signifikatorische Akte" (Hartmut Böhme), die den Pontinischen Sümpfen eigene Bedeutungen verleihen. So erinnert Friedrich Sickler bei seinen Studienreisen antike Geschichte und Mythologie. In Gregorovius, der von Rom aus die Meeresküste entlang nach Süden wanderte, lösten die Sümpfe mit ihrem Urwald und den  halbwilden Büffelherden eine "Stimmung vollkommen mythologischer Natur" aus, die ihn an die Indianer Nordamerikas erinnerte. Mit dem Ölbild "Die Pontinischen Sümpfe bei Sonnenuntergang (1848, Erstfassung 1839) führt August Kopisch vor, wie sich die Landschaft bei Sonnenuntergang mit ihren Beleuchtungs- und Spiegeleffekten zu einem Stimmungsbild gestaltet. Stimmungsbilder wurden zu einer Spezialität des spanische Malers Enrique Serra (1859-1918). Wir zeigen einige freie Kompositionen von Fragmenten antiker Bauten und Skulpturen aus den Pontinischen Sümpfen, die halb versunken und überwuchert von einer üppigen, oft blühenden Vegetation und trotz ihrer meist kräftigen Farben Sinnbilder der Vergänglichkeit der menschlichen Kultur sind. Zur Gattung der "künstlichen Ruinen", die ihren Motiven nach den Stimmungsbildern aus den Pontinischen Sümpfen entsprechen, gehört die "Römische Ruine" im Park von Schönbrunn (erbaut 1778, gemalt von Ferdinand Georg Waldmüller 1832): ein dem Schein nach im Wasser versinkendes Bauwerk mit einer antiken Figurengruppe, eingebunden in die umgebende Natur.

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Gliederung

1. Die Pontinischen Sümpfe. Lexikonartikel
2. Goethe, Italienische Reise.
Von Rom nach Neapel durch die "Pontinischen Sümpfe
3. Friedrich Sickler: Das älteste Lazium, Laurentum, Lavinium (Auszüge)
4. Ferdinand Gregorovius: Idyllen vom Lateinischen Ufer (Auszug)
"Stimmung vollkommen mythologischer Natur"
5. Paul Grabein: Streifzüge in der Campagna (Auszug)
6. Stimmungslandschaften: August Kopisch und Enrique Serra
7. Kurzbiografie von Serra
8. Ferdinand Georg Waldmüller: Die "Römische Ruine" von Schönbrunn
9. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

Ergänzend siehe die Seite "Campagna di Roma"
www.goethezeitportal.de/index.php?id=2585

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1. Die Pontinischen Sümpfe
Lexikonartikel

Ernst Welker (1788-1857)
Blick von Velletri über die Pontinischen Sümpfe nach Terracina
Nach einer Reproduktion der Galerie Joseph Fach GmbH, (Oberursel im Taunus)

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Pontinische Sümpfe, die ungesunden sumpfigen Gegenden der Campagna di Roma am Mittelmeer, von Terracina's felsigen Bergen bis zum Thurm von Astora, in einer Breite von 2–3 M., 10 M. lang sich erstreckend. Sie sind von einzelnen Hirten, Jägern und Fischern aus den Apenninen bewohnt, welche jedoch die verpestete Ausdünstung auch nur einen Sommer ertragen; im zweiten wandern sie entweder aus, oder erliegen. Alle Austrocknungsversuche der alten Römer und vieler Päpste sind gescheitert, doch haben mehrere Canäle das Uebel gemildert. Papst Pius VI. ließ eine treffliche Heerstraße mitten durch die Sümpfe bauen, so daß der von Rom nach Neapel Reisende sie gleichsam durchfliegt, trotz dem aber oft unwohl wird. An einzelnen gut bestellten Stücken Landes und üppigen Weideplätzen fehlt es nicht; auch Wild und Wasservögel sind in Menge vorhanden.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8, 1837, S. 258.
Übernommen aus Zeno.org

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Pontinische Sümpfe (ital. Paludi Pontine, im Altertum Ager Pometinus), Sumpflandschaft in der ital. Provinz Rom, Kreis Velletri, erstreckt sich südöstlich von Rom von Cisterna bis Terracina in einer Länge von etwa 45 km bei einer Breite von 10–18 km, hat eine Fläche von etwa 750 qkm und wird südlich und westlich durch Dünen vom Tyrrhenischen Meer getrennt, während sie im O. von den Volsker Bergen (Monti Lepini) begrenzt wird. Das Gebiet bildet eine von N. nach S. nur sehr schwach geneigte Ebene, die dem Wasser ein äußerst geringes Gefälle darbietet und sich allmählich zu einem von der Malaria beherrschten Sumpfland umgestaltet hat. In den ältesten Zeiten der römischen Republik lagen hier 33 Städte; die durch Kriege und wirtschaftliche Not dezimierte Bevölkerung vermochte jedoch die Entwässerung des Bodens nicht mehr zu bewältigen, um so weniger als die Dünenbildung den Abfluss hinderte.

Der erste Versuch, das Sumpfland urbar zu machen, wurde wahrscheinlich von Appius Claudius (312 v. Chr.) unternommen, der die nach ihm benannte Heerstraße durch die Sümpfe leitete. Auch Cäsar, Augustus, Trajan, dann Theoderich ließen Arbeiten zu diesem Zweck ausführen, die von mehreren Päpsten, so von Bonifatius VIII. (um 1300), Martin V, (kl 17), Sixtus V, (1585) und Pius VI. (1778), aufgenommen wurden. Namentlich der letztgenannte Papst ließ Kanäle und Entwässerungsgräben (Fiume Sisto und Linea Pia) ziehen und die Appische Straße wieder instand setzen. Die Arbeiten hatten aber nicht den gewünschten Erfolg. Die aus dem Gebirge kommenden Wasserläufe (Amaseno u. a.), die viel Gerölle mit sich führen und plötzlichen Anschwellungen unterliegen, veränderten häufig ihr Bett, traten aus und bildeten mangels genügenden Gefälles fieberschwangere, mit üppigen Wasserpflanzen sich bedeckende Sümpfe. In ihnen hausen Herden schwarzer Büffel, die man zeitweise behufs Säuberung der Kanäle von der Vegetation durch die letztern treibt. Immerhin gibt es hier auch ausgedehnte Weiden und nicht unbedeutende Strecken Ackerland, Wald und Gebüsch. Etwa ein Viertel des Bonifizierungsgebietes, das 33,314 Hektar beträgt, ist bis 1897 trocken gelegt worden. Neuerlich hat v. Donat einen Plan zur Entsumpfung des Gebietes veröffentlicht, worin er namentlich peripherische Gräben zur Ableitung des Wassers in das Meer, Festhaltung der Regenmengen im Gebirge, Dammbauten, Pumparbeiten u. a. empfiehlt.

[Die Pläne von Donat wurden im Faschismus aufgenommen. Die Trockenlegung und Besiedelung ("città nuove") der Pontinischen Sümpfe von ca. 1930 bis 1940 war ein  propagandistisches Großprojekt unter der Diktatur Mussolinis.]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon. Sechste Auflage 1905–1909 (Digitale Bibliothek; 100) Berlin: Directmedia 2003. Eintrag "Pontinische Sümpfe", S.155581 f.

Siehe den Eintrag "Pontinische Ebene" in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pontinische_Ebene

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2. Goethe, Italienische Reise.
Von Rom nach Neapel durch die Pontinischen Sümpfe

Fondi, den 23. Februar 1787

Schon früh um drei Uhr waren wir auf dem Wege. Als es tagte, fanden wir uns in den pontinischen Sümpfen, welche kein so übles Ansehn haben, als man sie in Rom gemeiniglich beschreibt. Man kann zwar ein so großes und weitläufiges Unternehmen, als die beabsichtigte Austrocknung ist, auf der Durchreise nicht beurteilen, allein es scheint mir doch, dass die Arbeiten, welche der Papst angeordnet, die gewünschten Endzwecke wenigstens zum größten Teil erreichen werden. Man denke sich ein weites Tal, das sich von Norden nach Süden mit wenigem Falle hinzieht, ostwärts gegen die Gebirge zu vertieft, westwärts aber gegen das Meer zu erhöht liegt.

Der ganzen Länge nach in gerader Linie ist die alte Via Appia wiederhergestellt, an der rechten Seite derselben der Hauptkanal gezogen, und das Wasser fließt darin gelind hinab, dadurch ist das Erdreich der rechten Seite nach dem Meere zu ausgetrocknet und dem Feldbau überantwortet; soweit das Auge sehen kann, ist es bebaut oder könnte es werden, wenn sich Pächter fänden, einige Flecke ausgenommen, die allzutief liegen.

Die linke Seite nach dem Gebirg' zu ist schon schwerer zu behandeln. Zwar gehen Querkanäle unter der Chaussee in den Hauptkanal; da jedoch der Boden gegen die Berge zu abfällt, so kann er auf diese Weise nicht vom Wasser befreit werden. Man will, sagt man, einen zweiten Kanal am Gebirge herführen. Große Strecken, besonders gegen Terracina, sind mit Weiden und Pappeln angeflogen.

Eine Poststation besteht aus einer bloßen langen Strohhütte. Tischbein zeichnete sie und genoss zur Belohnung dafür ein Vergnügen, das nur er völlig zu genießen weiß. Auf dem abgetrockneten Terrain hatte sich ein Schimmel losgemacht, der, sich seiner Freiheit bedienend, auf dem braunen Boden wie ein Lichtstrahl hin und wider fuhr; wirklich war es ein herrlicher Anblick, durch Tischbeins Entzücken erst recht bedeutend.

Da, wo sonst der Ort Meza stand, hat der Papst ein großes und schönes Gebäude, als den Mittelpunkt der Fläche bezeichnend, aufrichten lassen. Der Anblick desselben vermehrt Hoffnung und Zutrauen für das ganze Unternehmen. Und so rückten wir immer fort, uns lebhaft unterhaltend, wohl eingedenk der Warnung, dass man auf diesem Wege nicht einschlafen dürfe, und freilich erinnerte uns der blaue Dunst, der schon in dieser Jahrszeit in gewisser Höhe über dem Boden schwebte, an eine gefährliche Luftschicht. Desto erfreulicher und erwünschter war uns die Felsenlage von Terracina, und kaum hatten wir uns daran vergnügt, als wir das Meer gleich davor erblickten. Kurz darauf ließ uns die andere Seite des Stadtberges ein Schauspiel neuer Vegetation sehen. Indianische Feigen trieben ihre großen, fetten Blätterkörper zwischen niedrigen, graulichgrünen Myrten, unter gelbgrünen Granatbäumen und fahlgrünen Olivenzweigen. Am Wege sahen wir neue, noch nie gesehene Blumen und Sträuche. Narzissen und Adonis blühten auf den Wiesen. Man behält das Meer eine Zeitlang rechts; die Kalkfelsen aber bleiben links in der Nähe. Diese sind die Fortsetzung der Apenninen, welche sich von Tivoli herziehen und ans Meer anschließen, wovon sie erst durch die Campagna di Roma, dann durch die frascatanischen, albanischen, velletrischen Vulkane und endlich durch die pontinischen Sümpfe getrennt wurden. Der Monte Circello, das Vorgebirg Terracina gegenüber, wo die pontinischen Sümpfe sich endigen, mag gleichfalls aus gereihten Kalkfelsen bestehen.

Wir verließen das Meer und kamen bald in die reizende Ebene von Fondi. Dieser kleine Raum fruchtbaren und bebauten Erdreichs, von einem nicht allzu rauhen Gebirg' umschlossen, muss jedermann anlachen. Noch hängt die Mehrzahl der Orangen an den Bäumen, die Saat steht grün, durchaus Weizen; Oliven auf den Ackern, das Städtchen im Grunde. Ein Palmbaum zeichnet sich aus und ward begrüßt. So viel für diesen Abend. Verzeihung der laufenden Feder. Ich muss schreiben, ohne zu denken, damit ich nur schreibe. Der Gegenstände sind zuviel, der Aufenthalt zu schlecht und doch meine Begierde allzugroß, einiges dem Papiere anzuvertrauen. Mit einbrechender Nacht kamen wir an, und es ist nun Zeit, Ruhe zu suchen.

Quelle:
Goethes "Italienische Reise" ist gedruckt und digitalisiert mehrfach verfügbar. Als Lese- und Studienausgabe empfiehlt sich u.a: Johann Wolfgang Goethe: Italienische Reise. Mit Zeichnungen des Autors hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Christoph Michsel (insel taschenbuch 175)  Frankfurt a.M.: Insel Verlag 1976. ISBN 3-458-31875-5

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3. Friedrich Sickler: DAS ÄLTESTE LAZIUM,
dessen vorzüglichste Städte, Tempel, Villen, Haine, Seen und Flüsse;
zur Erläuterung der Charte und der nachfolgenden Kupfer.
(Auszug)

Quelle:
Friedrich Sickler / Christian Reinhart: Almanach aus Rom für Künstler und Freunde der bildenden Kunst. Mit Kupfern und einer Charte. Kommentar von Eberhard Paul. 2 Bde und Kommentar. Leipzig: Edition Leipzig 1984. Neudruck des zweiten Jahrganges. Leipzig bei G. J. Göschen 1811. Hier S. 182-246.

"Gerade die Abhandlungen zur römischen Topographie sind das Ergebnis langjähriger Studienreisen, bei denen Friedrich Sickler an Ort und Stelle manche interessante Entdeckung gemacht hat, und bei denen ihm auch manche Identifizierung antiker Architekturreste gelungen ist. So ist den römischen Bauten in Lazium,Lavinium,  Ardea und Ostia reichlich Platz eingeräumt, meist in Verbindung mit einer Schilderung der landschaftlichen Reize und geologischen Besonderheiten." (Kommentarband, S.30)

Siehe auch F. Carlo Schmid: Die Landschaftsgraphik von Johann Christian Reinhart und seinem Umkreis. Berlin: Gebr. Mann Verlag 1998. ISBN 3-7861-1982-1 Darin: Radierungen für den "Almanach aus Rom".  S.308-312.

Über Ferdinand Sickler (1773-1836), Philologe und Altertumswissenschaftler siehe den Eintrag in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Sickler

Karte zum ältesten Lazium
(Tafel XIII)

[...] Bald darauf gelangt man auf eine Anhöhe, neun Miglien weit von Rom, wo der auf der Charte angegebene Weg nach dem Landgut des Plinius sich von der Ostienser Strasse trennte. Diese Anhöhe, die sich bis über Pratica hin erstreckt, ist halb aus vulcanischem Tuff und halb aus Seesand gemischt, und man bemerkt ganz bestimmt, dass sie als Dünenhügel von dem Meere einst hier emporgehoben wurde, in einer Zeit, die aller Geschichte vorangeht. Von ihr aus erblickt man noch einmal Rom mit dem stolzen Sanct Peter, dann aber zieht man abwärts durch einen dichten Gebüschwald gegen Ostia zu, wo man links den grossen Sumpf, von Millionen quackender Frösche und schreiender Wasservögel bewohnt, rechts aber die jetzt ganz vertrockneten Salinen antrifft, die Ancus Martius schon anlegen liess. Einige Schritte nun nur noch weiter, und wir sind in dem neuern Ostia.

Dieses neuere Ostia liegt von dem ältern gegen fünf hundert Schritte weit entfernt. Es hat ein Bisthum nebst einem befestigten Thurm, aber kaum eilf bis zwölf ärmliche Häuser, die während des Sommers, vom zwanzigsten Junius an, wo die schlechte Luft anfängt, so sehr von Einwohnern entblösst sind, dass kaum drei bis vier Menschen zurückbleiben, die dem Fiebertodt trotzen. Von ihm weg wandelt man, wenn man zu dem alten Ostia will, durch das uralte Bette des nahen Flusses; man durchgeht längst desselben diese ältere Stadt, und langt endlich an der Meeresküste an. Bei der Verfolgung des Weges in das älteste Lazium hat man nun unter zwei Wegen zu wählen. Der erstere ist der Weg an der Küste, der zweite ist der von Castel Fusano. Da aber der Küstenweg sehr unangenehm ist, so kehren wir wieder zurück und betreten den von Castel Fusano.

Dieser Weg führt, ehe man an diesen lieblichen Winteraufenthalt in der Fastenzeit des Prinzen Chigi ankommt, über einen grossen Theil des ausgetrockneten Sumpfes. Ein lieblicher Pinienwald, der in dem sandigen Boden trefflich gedeiht, und gegen die heissen Winde von grossem Nutzen ist, umgiebt das Landhaus, und erinnert durch seine Verbindung mit dem ferner liegenden Walde von Tre Fusano de Picchi an den antiken Hain des Picus. Wir ziehen an ihm vorüber und folgen einem kleinen sandigen Fussweg, auf dem man hin und wieder noch Überreste der Severianischen Strasse antrifft. Die Gegend, wo die Villa des Plinius sich befand, ist es, in der wir jetzo wandeln. Noch trifft man einige Ruinen von Gebäuden hier und da in dem Waldgebüsche an, aber keine von ihnen lässt sich mit Bestimmtheit als ein Überbleibsel jener durch die eigne Beschreibung ihres Besitzers so berühmten Villa annehmen, indem alle sicheren Anzeigen fehlen. Ihre von ihm angegebene Lage allein, zwischen Ostia und Laurentum, die Richtung der beiden Wege zu ihr von den Hauptstrassen an nach diesen beiden Städten, ihre ebenfalls angegebne Entfernung von Rom weist ihr diese Gegend an. [...]

Dem möge jedoch seyn, wie ihm wolle, die Gegend umher ist zu einer schrecklichen Wildnis geworden, in der nur wenige Menschen weilen, und wo bloss Herden von schwarzen Schweinen oder wilden Büffeln angetroffen werden, gegen die man nöthig hat, sehr auf seiner Hut zu seyn. Weiter fort führt der Weg im Meersande fort, auf einer Ufergegend, in der man links die vom Meer aufgeschobenen hohen Sandhügel, rechts aber das Meer selbst hat, das gewaltig heranbraust. Verschiedene kleine Bäche, die aus dem Gesträuchwald (Macchia) kommen, durchschneiden diese Sandwüste dann und wann, auch ertheilen einzelne Fischer, die in dem untiefen Meere bis über eine Viertelstunde weit in die Wellen gehen, und daselbst Tellinen, eine sehr kleine Muschelart, fischen, wo sie dann dem damit unbekannten Reisenden in der Ferne von riesenmässiger Grösse erscheinen, dieser Sandwüste noch einiges Leben und Bewegung. Diese Fischer sind auch Jäger, die längs der ganzen Küste bei Terracina ihre Netze aufgestellt haben, in denen sie im Frühjahre Millionen von Wachteln fangen, die auf ihrer eben so weiten als schnellen Reise von Afrikas Küsten hier ermattet niedersinken. Immer kommen diese des Morgens an, vor Sonnenaufgang, und man glaubt, dass sie zu der ganzen Reise nicht mehr als acht bis zehn Stunden Zeit gebrauchen, indem man sie am Tage nie auf dem mittelländischen Meere fliegen sah, sie wohl aber des Nachts nur bei Mondenschein bemerkte. Eine in der That ungeheure Schnelligkeit, indem der beste Segler nur in zwei und siebzig Stunden dieselbe Reise mit gutem Winde zu machen vermag!

Will man sich weiter in das Land verlieren, nachdem man die Dünen überstiegen, die reihenweise auf einander folgen, so wie es in der Charte angegeben ist, so bemerkt man zuerst ganz bestimmt, so wie in Ostia und in der heiligen Insel, dass das mittelländische Meer sich von diesen Küsten allmählig zurückzieht, und dass das Landgut des Plinius, dessen Mauern vom Meer bespült wurden, gegenwärtig eine Viertelstunde tiefer im Lande gesucht werden muss. Die erste Dünenreihe ist gewöhnlich unbewachsen, die zweite wie die folgenden sind schon mit Kräutern und Gebüsch bekleidet. [...]

In diesem äusserst fruchtbaren Boden würde jede Art von Gewächsen gedeihen, wäre nur das Land, in Ermanglung von Menschenhänden, nicht so ganz ohne Ackerbau und die Luft im Sommer nicht so ungesund! So sie es gegenwärtig ist, dient es nur zu einem Aufenthalt für weidende Heerden, für Stutereien, Wölfe, Füchse, Hasen, Stachelschweine, Landschildkröten, die in Rom häufig gegessen werden, Schlangen, eine Menge von Eidechsen und viele viele Arten von Geflügel, unter die sich manchmal der grosse und schöne Fiamingo verliert, wenn es sich aus Afrika hierher verirrt hat.

Einige kleine und grössere Thürme nur verkündigen von Zeit zu Zeit, indem man vorwärts dringt, an der Meeresküste die Anwesenheit einiger Wächter, die dazu bestellt sind, theils über die weidenden Heerden die Aufsicht zu führen, theils von den Einfällen der Corsaren Nachricht zu ertheilen. Zu diesen Thürmen gehört auch Torre Paterno, der auf der südlichsten Spitze des alten Laurentum steht. Wir ziehen an ihm vorüber, und finden sieben Miglien weiter, vierzehn Miglien ohngefähr von Ostia entfernt, dicht am Meere ein kleines Landhaus des Prinzen Borghese, nahe dem eine schöne Allee, die durch einen Wald von erhabenen Buchen, Eichen und  Licinen gehauen ist, zu dem auf den Hügeln liegenden Pratica, dem alten Lavinium, führt, das romantisch schön von seiner Höhe herab uns entgegen winkt. Indess bemerken wir noch einen weiten vor uns liegenden Platz, unfern von dem Thurm Vajanico, der in der Vorzeit die ältesten Völker Laziums so oft zu sich heranzog; wir lassen daher vorerst dieses merkwürdige Städtchen liegen und nähern uns demselben.

Gegenwärtig wird er das Campo Jemini genannt; ehemals hiess er Campus Veneris, von einem berühmten Tempel der Venus genitrix, den Aeneas bald nach seiner Ankunft in Italien seiner Mutter erbaute. Alle Völker im Lazium hielten in ihm jährlich ihre Versammlungen, und feierten das Andenken an die Ankunft des Phrygischen Helden mit grossen Ceremonien und Opfern. Die Ardeatiner aber hatten allein das Recht, die Priester dazu zu bestellen, weil er in ihrem Gebiete lag.

Lange Zeit hindurch war die Lage dieses Tempels unbekannt. Das Niederschlagen eines Waldes, der seine Trümmerhöhen bedeckte, gab die Gelegenheit zu seiner Entdeckung, die im Jahre 1802 geschah, und durch die Auffindung mehrerer Statuen reichlich belohnt ward. Diese Statuen, grösstentheils nach England verkauft, waren folgende:

1. Eine Venus, von griechischem Marmor, der berühmten, grossen capitolinischen, die gegenwärtig in Paris ist, an Form, Grösse und Schönheit sehr ähnlich. Ihr Kopf war besser erhalten, als der des Capitols, nur an den Händen und Füssen war sie etwas verstümmelt. Herr Abate Fea glaubt, sie sei so, wie die capitolinische, eine Copie der chigischen Venus, die ein Werk des Griechen Menophantes war. Ein Gypsabguss von ihr steht im Capitol und wird von den Künstlern mit Recht bewundert. Diese Statue nahm den Hauptplatz in dem Gebäude ein.

2. Eine Juno ohne Kopf und ohne Arme, zwölf Palmen hoch, von Cipollinmarmor.

3. Eine dreizehn Palmen hohe, weibliche Statue, sehr beschädigt.

4. Ein colossaler Junokopf von griechischem Marmor.

5. Der jüngste Sohn der Niobe, ohne den rechten Arm, dem in Florenz vollkommen ähnlich.

6. Ein linker Arm, zu dem die Statue nicht gefunden ward.

7. Ein Faun mit Bacchus als Knaben auf der linken Schulter, der Syrinx zur Seite und dem Ziegenfell auf dem Rücken, acht und eine halbe Palme hoch, von griechischem Marmor.

8. Der Torso eines Apollino, von griechischem Marmor.

9. Eine Jahrszeit, den Herbst vorstellend, liegend nach Art der Flussgötter mit einer Menge kleiner Genien, die sich mit der Weinlese beschäftigen, um sie herum. Sehr schön gearbeitet von griechischem Marmor. In dem Museum Pio-Chiaromontanum im Vatican. Grosse Statue.

10. Eine Jahrszeit, den Winter vorstellend, in derselben Lage, wie die vorhergehende, mit Genien, die mit Wasservögeln spielen. Ebenfalls gross und im Vatican.

11. Der Torso von einem Cupido.

12. Ein Fragment eines Basreliefs.

13. Der Torso eines erwachsenen Mannes.

14. Eine männliche Statue, neun Palmen hoch, mit einem Cornu Copiae.

15. Ein Torso.

16. Ein wohlerhaltener Mercurius, als Gott der Ringer, dem sogenannten Antinous, ehemals im Museum Pio-Clementinum, vollkommen ähnlich  und sehr schön. Sieben Palmen hoch.

17. Der Kopf eines Cupido mit einem Löwenfell bedeckt; griechischer Marmor.

18. Ein kleiner Torso.

19. Eine Kaiserstatue, aus der Zeit nach Constantin.

20. Eine Vase, von drei weiblichen Figuren getragen.

21. Zwei Fragmente von Basreliefs aus gebrannter Erde.

22. Ein zertrümmertes Capital einer Säule.

Übrigens fand man an demselben Orte noch eine achtzehn Palmen hohe Säule von Granit nebst vier anderen von Alabaster, die eine Palme im Durchmesser hatten. Sonderbar ist es, dass diese Statuen in einer langen, zum Tempel gehörigen Halle, alle umgestürzt, gefunden worden sind, was auf die Erschütterung durch ein Erdbeben schliessen lässt.

Von dem Campus Veneris nehmen wir den Weg nach Ardea, der ehemaligen Hauptstadt der Rutuler, die nahe am Numicus liegt, über den wir setzen müssen. Auf diese Weise haben wir dann den ganzen Landstrich durchwandelt, der in einer Ausdehnung von achtzehn Römischen Miglien oder sechs deutschen Stunden zwischen dem Tiber und dem Numicus liegt. In ihm war das älteste Lazium und besonders das Laurentiner Gebiet eingeschlossen, und in ihm fielen die Hauptbegebenheiten der sechs letzten Bücher der Aeneis vor. Nahe bei Ostia, zwischen dem Flusse, dem Meere und dem Sumpfe, in dem Pinienwald von Castel Fusano sind wir über die Lagerplätze des Aeneas und des Turnus gezogen. In Torre Paterno trafen wir das alte Laurentum, um das herum die Schlacht so oft tobte. Etwas weiter hin zogen wir durch die Gegend, in der Nisus und Euryalus, nach Virgil, den Tod gefunden haben. Darauf wandelten wir über das Schlachtfeld, auf dem Turnus gegen Aeneas im Zweikampf blieb, wahrscheinlich in dem bis zu Pratica sich erstreckenden Gesträuchwalde, nah bei dem See gleichen Namens, und endlich langen wir bei dem Strom an, in dem Aeneas während eines spätern Kampfes und eines grossen Gewitters ertrunken seyn soll. In diesem Raum befinden sich mehr landeinwärts der Hain des Picus nebst der alten Grotte der Sibylla, die in der Nähe des heutigen Solferata gelegen haben soll, das kleine Tempelchen der Anna Perenna, gegenwärtig Anna Petronilla genannt, und alle die anderen ältern Römervillen eingeschlossen, die auf der Charte angegeben sind. [...]

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LAURENTUM, GEGENWÄRTIG TORRE PATERNO
(Auszug)

Laurentum, jetzt Torre Paternum
Radierung, sign. C. Reinhart Roma 1810
(Tafel XIV)

Zur Zeit des ältern Plinius zählte man gegen drei und funfzig alte Städte in der Campagna di Roma, welche durch Menschenhand wie durch die Zeit so sehr zerstört waren, dass man kaum die Trümmer auffinden konnte, die ihre ehemalige Existenz bezeichneten. [...] Ein melancholisches Gefühl bemächtigt sich des wandernden Fremdlings, der, mit der Geschichte der Römischen Vorwelt schon seit seinem Knabenalter vertraut, diese Gegenden durchirrt und nach langem Suchen die Stätte endlich aufgefunden hat, auf der sich einst eine merkwürdige Stadt erhob, deren Namen und Schicksale ihm längst bekannt waren. Die sparsam aus der Nacht des Bodens aufsteigenden grauen Überreste von ihr erscheinen ihm als greise Geister, von dem Nebelflor der Vergangenheit umhüllt, die traurige Lehre von der Vergänglichkeit aller irdischen Dinge zu predigen. Ihr Anblick wirkt eben so stark auf sein Gefühl, als seine Wissbegierde durch ihn unterhalten wird.

Der Königssitz des Latinus ist verschwunden, auf seiner Stätte ist Torre Paterno noch übrig geblieben. [...] Der grösste Theil der übrigen Trümmer, die aber fast alle tief in die Erde versunken sind, befindet sich weit rings umher in dem Lande verstreut, und bestehen theils aus zerbrochenen Bogen einer alten Wasserleitung, aus den Überresten einer alten gepflasterten Strasse und einer Art von Porticus. Der Boden ist überall mit Bruchstücken von allerhand Arten  ausländischer, bearbeiteter Marmorarten, Porphyr, Granit und Serpentin bedeckt. Hie und da findet man Säulen und Knäufe; besonders aber macht sich ein grosses Gebäude durch eine Menge verschütteter Zimmer und Gewölbe auf dieser Seite kenntlich. [...]

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LAVINIUM, GEGENWÄRTIG PRATICA
(Auszug)

Lavinium, jetzt Pratica
Radierung, sign. C. Reinhart del. Romae
(Tafel XV)

Diese alte Stadt, deren Name ein Beweis der Galanterie des am luxuriösen Hof des Königs Priamus gebildeten Phrygischen Helden Aeneas ist, liegt sieben Miglien, ohngefähr zwei deutsche Stunden, von dem alten Laurentum entfernt. Sie thronte auf der Spitze eines sehr schönen, mässigen Hügels von länglicher Gestalt, der reich mit kraftvollen Castanienbäumen nebst anderen Gebüschen bedeckt, und von einem lieblichen Waldthale nach der Landseite zu umzogen ist, durch dessen Mitte ein friedlicher Bach sich schlängelt. Romantisch schön ist die Aussicht von ihr herab auf dieses Thal, die nahen, ihr gegenüber stehenden Hügel, auf die Gebirge von Albano, die weitgestreckte Küstengegend, in der man unzählige Weideplätze, Gebüschwälder und hinter diesen in der Ferne Torre Paterno bemerkt, und endlich auf das blauwogende, nur eine gute deutsche Stunde weit entfernte Tyrrhener Meer. Sie gewährt eine Aussicht von eigner Art, von der man in den angebauten Gegenden unsers Europa sich schwerlich eine Vorstellung zu machen vermag. Das schönste Fruchtland stellt sich in ihr dar, als gänzlich unbenutzt und nur in einzelnen Theilen von der Hand des Menschen kärglich bebaut. In der üppigsten Vegetazion wechseln Wälder ab mit Gebüschholz und grünen Weideplätzen. Neben der nordischen Eiche erhebt sich die südliche Pinie nebst dem Korkbaum, neben der Buche die Castanie, neben der Ulme die Stecheiche, und der stolze Lorbeer nebst der Myrte wachsen in wilder Unordnung mit dem Haselstrauche und dem Hollunder friedlich zusammen; als Gewächse mehrerer Climate reichen sie sich in geschwisterlicher Vertrautheit hier ihre belaubten Arme. In den bessern Zeiten der Vorwelt, wo die Luft im Sommer weniger durch schädliche Ausdünstungen und Winde verpestet ward, indem eine grosse Menge Menschen hier lebte, bot diese Gegend um die Stadt herum einen Sitz des Wollustgenusses dar, in welchem die zahlreichen Tempel der Venus an ihrem rechten Platze standen. [...]

Allein weder von diesen Tempeln, noch von anderen alten Gebäuden lässt sich in der Stadt noch die geringste Spur mehr erblicken. In den Strassen des kleinen Pratica wandelt man hie und da auf zertrümmertem Mosaikfussboden, Inscriptionen und architectonischen Marmorstücken. Höchst unbequem ist das Leben der Bewohner dieses neuern Städtchens. Im Winter lassen sich bis gegen fünf hundert Einwohner daselbst nieder, im Sommer hingegen bleiben aus Furcht vor der schlechten Luft kaum zwanzig zurück, so kühl ihre Lage und so reich ihre Vegetazion auch immer seyn mag!


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4. Ferdinand Gregorovius:
Idyllen vom Lateinischen Ufer (Auszug)
"Stimmung vollkommen mythologischer Natur"


Nun aber hört mit Nettuno die menschliche Kultur an dieser Küste auf, denn gleich hinter der Stadt beginnt die pontinische Wildnis. Der Buschwald zieht sich bis gegen Terracina hin. Kein Ort steht mehr am Strande, nur einzelne Türme steigen aus der romantischen Einsamkeit empor, jeder etwa zwei Millien von dem andern entfernt. Die schwermutsvolle Verlassenheit dieser Ufer und der Reiz ihrer Urwildnis ist wunderbar. Man möchte glauben, nicht mehr auf dem klassischen Strande Italiens, sondern an den wilden Küsten der Indianer Amerikas zu wandern. Das stete Rauschen der Meereswellen, die flimmernde Sommerluft auf dem immer flachen und weißsandigen Ufer, der endlose tiefgrüne Wald, der bis auf einige hundert Schritte nahe das Meer begleitet, das Klagegeschrei der Habichte und Falken, die still und hoch schwebenden Adler, das Stampfen und Brüllen wilder Rinderherden, Luft, Farbe, Ton, Gestalt von Wesen und Elementen verbreiten hier eine Stimmung vollkommen mythologischer Natur. [...]

Pierre Girard (1806-1872)
Oben: Im Wald von Porto d'Anzio
Unten: Im Wald von Nettuno

Alles Küstenland bis Terracina ist mit zahllosen Herden bedeckt, mit hoch und prächtig gehörnten Ochsen, Kühen und Stieren von derselben klassischen Gestalt, wie man sie lebend auf der Campagna von Rom sieht und in den Opferszenen am Fries des Parthenon dargestellt findet. Ihre Hörner sind fast drei Fuß lang, weit auseinander stehend, in den kühnsten Linien geschweift, dick, klar und schön gefärbt. Man sieht solche Hörner fast in jedem Hause im Süden als Amulette gegen den Malocchio, den bösen Blick, und ihre Abbilder im Kleinen trägt der Prinzipe an der Uhrkette, das Fischerkind an der Halskette. Die Ochsen sind scheu und wild und höchst gefährlich, nur der Hirt auf seinem Pferde weiß sie mit der Lanze zu schrecken. Aber noch weit gefährlicher sind die Büffel. Sie leben hier in Gehegen oder laufen wild umher; gern wälzen sie sich in Morasten wie das Schwein. Sie schwimmen mit großer Leichtigkeit. Wenn man die Pontinischen Sümpfe oder die Niederung von Pästum durchreist, so kann man diese schwarzen Ungeheuer rudelweise im Moor liegen sehen, woraus sie oft nur die plumpen Köpfe schnaufend hervorstrecken. Der Büffel hält den Kopf stets zur Erde und blickt tückisch von unten auf. Er gebraucht sein Horn nicht, weil dies wie beim Widder rückwärts gekrümmt ist. Aber mit der ehernen Stirn stößt er den Menschen um, welchen er verfolgt und erreicht, dann senkt er seine plumpen Knie auf seinen Leib und zerstampft ihm die Brust, so lange er noch einen Odemzug darin verspürt. Das fürchterliche Tier bändigt der Hirt mit dem Speer. Er zieht ihm den Ring durch die Nase, und so wird es vor den Karren gespannt, die schwersten Lasten, Steinblöcke und Stämme fortzuschleppen. Die Büffelkuh gibt aus ihrer Milch die Provatura, den Büffelkäse, welcher schwer verdaulich ist. Büffelherden bevölkern die Pontinischen Sümpfe, jene trostlosen und fieberfeuchten Reviere von Cisterna, Conca und Campo morto, wo selbst der Mörder nicht gefahndet wird, wenn er sich dort hinüber rettet; die Menschen aber, welche jene Büffelherden beaufsichtigen, fieberhaft und elend, leben selbst im Zustande der Verwilderung, fast den Indianern der Prärien zu vergleichen.

Ferdinand Gregorovius: Idyllen vom Lateinischen Ufer
[Bilder vom Strande bei Rom im Jahre 1854]
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=3583

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Zu den Radierungen von Girard schreibt Carl von Lorc auf Seite 64:

Die Radierungen von Girard "zeigen die Strandwälder, durch deren Urwalddickicht Gregorovius gewandert ist. Der Maler hat sie 1845 bei Anzio und Nettuno aufgesucht und die Staffage von Köhlern und Hirten mit den wilden Büffelherden an Ort und Stelle gezeichnet."

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5. Paul Grabein:
Streifzüge in der Campagna
(Auszug)

Paul Grabein: Streifzüge in der Campagna. In:  Westermanns Monatshefte, Heft 607, April 1907, S. 71-82.
Zu Paul Grabein (1869-1945), Journalist und Schriftsteller, siehe den Eintrag in Wikipedia: de.wikipedia,org/wiki/Paul_Grabein

[...] Wie eine stimmungsgewaltige, schwere Elegie ist diese Landschaft; eine stumme, aber gigantische Totenklage um versunkene Macht und Herrlichkeit. Langsam bücke ich mich nieder und hebe das weiß schimmernde Marmorbruchstück auf, das verloren zu meinen Füßen im blaugrünen Rasen liegt. Dann wandere ich träumend, gesenkten Hauptes den Weg zurück, den ich gekommen.

Die Sonne ist inzwischen hinter dem Horizont versunken, weit draußen im Meer, von dem jetzt plötzlich eine wohltuend frische Brise herüberstreicht. Der Abendhimmel zeigt auf zart blaßblauem Grunde leicht aufgesetzte, wagerecht liegende grauviolette Wolkenstreifen mit silbrigen Säumen. Nun senkt sich mit weichen Fittichen die Dämmerung aufs weite, einsame Land. Der Herdenton und der Vogelruf sind verstummt , kein Lebenshauch weit und breit; nur ein Mann steht in düsterer, scharfer Silhouette einsam drüben auf der Bodenwelle und schneidet mit der Sichel die dürren Ginsterstauden, um sie dem Besenbinder in die Stadt zu bringen.

Tiefer wird das Dämmern um mich her. Unwillkürlich beschleunigt sich mein Schritt, um den leisen Schauern der großen Einsamkeit zu entfliehen. Über dem alten Wachtturm drüben im Westen steht eine schwer aufgetürmte, düsterschwarze Wolkenwand; aber noch leuchten darunter, wie unter einem sich herabsenkenden gigantischen Eisenvorhang hervor, in tiefem klarem Emailleblau die Albanerberge. Wie darauf eingesetzte rosaweißspielende Opale und Perlen glitzern die Häuserschnüre der Castelli romani herüber ─ die kostbarsten Kleinodien im Schmuck der Campagna. [...]

Mitten im Herzen der Campagna liegt dies alte Ardäa. Hier tönt die stille Luft vom Hornruf der Hirten, die mit ihren Rinder-, Büffel- und Pferdeherden in Steppe und Wald ein wildfreies Leben führen. Nicht ungefährlich ist bisweilen das Begegnen mit diesen Nomaden. In der Nähe der Schilfhütten, darin sie hausen, springt wütend die Meute der großen, rauhzottigen weißen Wolfshunde den einsamen Wanderer an. Noch weniger geheuer ist es aber im dicht verwachsenen Buschwald drinnen, einem richtigen Ur- und Sumpfwald noch, wo seit Jahrtausenden ungehindert Eichen, Ulmen, Pappeln, Mastix, Schwarzdorn und Myrte wuchern, wo Morast und schier undurchdringliches Gerank dem Unkundigen bald Pfad und Steg verlegen. Keine Axt hat je in dieser Wildnis geklungen; nur das Feuer des Köhlers wütet bisweilen gegen Stamm und Busch, deren verkohlte Reste er dann einfach vom Boden aufsammelt. Er spart sich so die Mühe eines Meilerbaues. Die durch die Asche gedüngte Brandstätte ist aber in wenigen Jahren schon wieder mit üppigem grünem Gewucher bedeckt, und die fast tropische Vegetationskraft der Natur hier läßt bald auch den Wald wieder auf der Stätte erstehen.



Campagnabüffel und Hirten



Hirtenlager in der Campagna

Dieser Sumpfwald nun ist das Eden der schwarzgrauen wilden Büffel, die im Altertum schon aus Afrika hierher gebracht wurden. Namentlich in der heißen Sommerzeit flüchten sie sich vor Sonnenbrand und Insektenplage in den Schatten der gründämmerigen Wildnis und stehen den ganzen Tag lang in Sumpf und Wasser, bis an den Hals eingetaucht. Nur der mächtige Kopf ragt heraus, und mit dumpfem Schnaufen wendet er sich zu dem Fremdling, der sich etwa hierher in ihr Reich verirrt. Dann stiert das dunkelglühende Auge wild den Störenfried an, der wohltut, rasch von hinnen zu eilen, ehe es dem ungefügen Riesen der Wälder einfällt, seine Verfolgung aufzunehmen.

Selten nur ist hier der rettende Hirt gleich zur Hand. Denn die Herde zerstreut sich in dieser Wildnis oft stundenweit nach allen Seiten. Die Bovari sind daher beritten, auf mageren, struppigen, kleinen Steppenpferden, die aber äußerst ausdauernd und klimafest sind. Verwegen, wie rechte Banditen, sehen diese Hinterwäldler aus, die ihr Leben lang hier draußen tagsüber im Sattel und nachts auf hartem Lager unterm Schilfdach zubringen. Den spitzen Hut auf dem sonnverbrannten, struppigbärtigen Gesicht, den schwarzen Schafspelz angetan oder bei gutem Wetter, mit dem grünen Tuchfutter nach außen, über den Sattel geschnallt und in der Hand die Stachellanze ─ so streichen sie zwischen ihren ungeschlachten und oftmals aufsässigen Schutzbefohlenen in Steppe und Wald umher, bis sie abends die Herden zusammengetrieben haben und sich um die Lagerfeuer vereinen bei kärglichem Mahl  zu kurzer Rast.

Wer sich mit diesen wilden Gesellen etwas angefreundet hat, dem zu Gefallen veranstalten sie vielleicht auch einmal ein prachtvolles, grandioses Schauspiel, wie es sonst nur der Weltreisende weit drüben überm Ozean in den großen Prärien Amerikas zu sehen bekommt. An die zwanzig und mehr berittener Hirten versammeln sich dann, und unterstützt von Treibern zu Fuß und ihren zottigen Hunden, beginnen sie, eine der großen, weithin auf der Steppe verstreuten Herden im Halbkreis zu umzingeln. Ist dies geschehen, so geht mit wildem Hallo das Büffeltreiben vor sich.

Erst stutzen die ungeschlachten, riesigen Tiere, dann werden sie unruhig, ihr dumpfes, aufgeregtes Gebrüll erschüttert die Luft, und plötzlich  fährt der Schreck in einen von Ihnen ─ den Kopf zu Boden gesenkt, mit wildrollenden Augen, aufgeblähten Nüstern und den Schwanz hoch in die Luft geworfen, rast er los, von dem Treiberlärm weg nach der Richtung der großen Hürde zu, in der die Herde eingefangen werden soll.

Die Flucht des einen ist das Signal zum allgemeinen Davonstürmen, zu einer Estampada, wie sie die Prärien Amerikas nicht grandioser aufweisen können. Unter den Hufen der Hunderte von schweren Kolossen dröhnt und schüttert die Erde; so drängt in rasender Flucht die dicht zusammengedrängte Herde vorwärts, dem Pferch zu, verfolgt von den in Karriere wie toll hinterdreinsprengenden Hirten. Eine wilde Lust ist über Roß und Mann gekommen. Die mageren Steppenpferde fliegen wie Vollblutrenner über den Boden, von Sporn und Hallo der Reiter immer toller angetrieben, die wie Rasende ihre Lanzen schwingen, und malerisch wehen ihre aufgelösten Mäntel im Winde. [...]

Stundenlang ging es dann wieder durch die Heide, ohne einem lebenden Wesen zu begegnen. Dann und wann tauchten längs des Strandes dunkle Trümmer auf, halb eingestürzte, gewölbte Fundamente von antiken Villen, die hier einst in schimmernder Marmorpracht von Rom bis Neapel das blaue Meer gesäumt haben.

Dann hörte plötzlich Graswuchs und Heidekraut auf. Ein breiter, völlig unfruchtbarer Wüstenstreifen, nur weißer, sonngebleichter Sand, lag vor mir. Nach dem Lande zu grenzte Wald diese Öde ab; aber was für ein Wald! Graue, flechtenbewachsene, entlaubte Bäume waren es, reine Baumgerippe mit gespenstisch verkrüppelten Ästen, die sich wie dürre Fangarme nach dem einsamen Wanderer ausstreckten. Ihr Anblick flößte einen leisen Schauer ein. Und im angeschwemmten Meersande zu meinen Füßen seltsame Fundstücke: Holzsplitter, Teile von Schiffsgebälk, längst von der Sonne gebleicht, und nun gar ein halber zerrissener Schwimmgürtel aus Kork ─ der Auswurf der See nach Sturmestagen. Wer mochte in Todesnöten sich einst an diese morschen Planken, an diesen Rettungshalt, auf haushoch brandende Wogen treibend, geklammert haben, bis ihn die gefräßige Welle doch verschlang?

Eine unheimliche Stätte ist es hier in dieser Strandöde, über der es wie ein schwerer, dunkler Fluch lastet. Und unwillkürlich streift der Blick scheu zu dem finstern, massigen Kastell hinüber, das da wogenumschäumt vor uns an einer Felsklippe aufsteigt, als könnte von dort eine Antwort auf die heimliche Frage kommen: Was ist's mit diesem verwunschenen Winkel, in dem alles, was Leben heißt, verneint ist, über dem der Hauch erbarmungsloser Vernichtung schwer lastend liegt?

Und diese altersgrauen Mauern könnten wohl die Antwort geben; haben sie doch die finstere, falsche Tat mit angesehen, wie Mannestreue zum blutigen Hohn ward, wie Feigheit und Verrat einen jungen Königssproß der Henkershand auslieferten: Torre d'Astura heißt das Kastell da vor uns, und hier spielte der entscheidende Akt des blutigen Dramas, dessen unglücklicher Held Konradin war, der letzte der Hohenstaufen!



Der Torre d'Astura

Erläuterung: Konradin, der letzte männliche Staufer in direkter Linie, suchte sich nach der verlorenen Schlacht bei Tagliacozzo von Astura aus auszuschiffen, wurde jedoch von Giovanni Frangipane, einem Lehnsmann der Staufer, festgesetzt und an seinen Gegner Karl von Anjou ausgeliefert, der ihn 1268 im Alter von 16 Jahren in Neapel öffentlich hinrichten ließ.

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6. Stimmungslandschaften:
August Kopisch und Enrique Serra



August Kopisch
Die Pontinischen Sümpfe bei Sonnenuntergang (1848)
Öl auf Leinwand. Höhe 62, Breite 111 cm.

"Es handelt sich um die Neufassung einer neun Jahre älteren, gleich großen Komposition, die auf der Berliner akademischen Ausstellung 1839 stark beachtet worden und vom Kronprinzen angekauft worden war."

So beschreibt Kopisch seine Komposition: "Man sieht über die pontinischen Sümpfe in das tyrrhenische Meer, in welches die Sonnenscheibe soeben versinken will. Der purpurrote Scirokkohimmel wird von Überschwemmungswassern gespiegelt, welche der Fluß Nymphaeus zum Meere führt. Im Hintergrund zur Linken erhebt sich aus den schilfigen Ebenen das Vorgebirge Monte Circello [,] die vormalige Insel der Kirke, noch ferner eine der Ponza-Inseln. Zur Rechten des Flußes sieht man eine verfallene Wasserleitung aus den Zeiten der Caesaren; im Vordergrunde eine halb römische, halb mittelaltrige Burgruine mit rundem Thurm. Die Staffage bildet eine Heerde wilder Büffel, die von Ufer zu Ufer schwimmt."

Zitiert nach dem Bildindex der Kunst & Architektur:
https://www.bildindex.de/document/obj02510517

August Kopisch. Maler, Dichter, Entdecker, Erfinder. Hrsg. von Udo Kittelmann und Birgit Verwiebe. Dresden: Sandstein Verlag 2016, Kat.7. ISBN 978-3-95498-217-2. Darin:
Kat. 6. Beschreibung des Bildes, beigefügt einem Brief an den Sammler Joachim Heinrich Wilhelm Wagener vom 24. Dezember 1848.
Kat. 7. Die Pontinischen Sümpfe bei Sonnenuntergang, 1848. Ölgemälde.
Kat. 8. Blick auf die pomptinischen [sic] Sümpfe. Gedicht in Hexametern, beigefügt einem Brief an den Sammler Joachim Heinrich Wilhelm Wagener vom 24. Dezember 1848. Transkription auf S. 239:

August Kopisch
Blick auf die pomptinischen Sümpfe
(Hexameter)

Immer empor an dem römischen Bau in dem
Epheugerank hin! - /- Sieh die Zertrümmerung
baut uns Stufen: hinan, wir erreichen / Jetzo die
Zinnen des Thurms! - Hier ruh und genieße der
Aussicht! / Weit, unermeßlich erscheint sie
dem Blick und ringshin offen! - / Schau den
pomptinischen Sumpf: dort Kirkes Gebirg,
dort Ponza / Fern im tyrrhenischen Meer. -
Ins Gewog' sinkt flammend die Sonne: / Wäh-
rend Sciroccogewölk, durchleuchtetes, purpur-
gefärbtes, / Steiget und Blut ausgießt in den
Glanz allspiegelnder Wasser, / die, den Gebir-
gen entströmt, irr laufen im schrecklichen
Sumpfe. / Fast ein verschwimmender breitet er
sich am Saume des Meers hin, / Anders und
anders stets und - sinkt er in einem Jahrhun-
dert; - Gleich der athmenden Brust erhebt er
sich wieder im andern: / Heißt der pomptini-
sche noch, wie in Zeiten der Cäsarn, - da hatt'
er / Zwanzig bereits der Städte verschlungen
und oft im Beginn schon / Manch' weitreichen-
den Bau, wie das Wassergeleite des Nero: /
Dort zur Rechten, es stürzt bald völlig und
taucht in den Abgrund, / Samt viel anderen
Mühn. die spätere Zeiten verschwendet. /
Denn der Gebieter Neptun will hier nicht Werke
des Menschen, / Sein war der Grund vordem
und es donnerte hier sein Gewoge / Allüberall,
nur der Berg dort ragte als Insel der Wunder, /
Wasserumgürtet; es wohnte da die Zauberin
Kirke / Einsam im schönen Palast, im umwalde-
ten, und die ihr nahten / Wandelte sie in wildes
und zahmes Gethier; bis trotzend / Ihr Odys-
seus genaht und kühn die Gefährten befreiet. /
Herrlich lebt' er sodann bei der hehren melo-
dischen Göttin / Manchen Tag; ja den Erd-
umirrenden hielt sie ein Jahr durch / Mit stets
wechselnder Lust auf dem sonnebeschimmer-
ten Eiland / Jetzt sind die Städte der Menschen
allda, auch führet ein Weg hin / Aber zu Füßen
ist Sumpf, der schädlichen Dunst aussendet, /
Fieber und Pest, und wenig bewohnt ist rings
die Gegend / Außer von Schlangengezücht
und brüllenden Heerden der Büffel / Denn
die lieben Geström und schwimmen von Ufer
zu Ufer.

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Stimmungslandschaften
von Enrique Serra

Enrique Serra Auqué wurde bekannt durch seine Gemälde der pontinischen Sümpfe. Sie stellen Fragmente antiker Bauten und Überreste von Ornamentteilen und Skulpturen dar, Zeugen einer einst blühenden Kulturlandschaft, halb versunken und überwuchert von einer üppigen, blühenden Vegetation. Mit seinen Motiven von Verfall und neuem Leben, kontrastiert mit trockengelegten und gärtnerisch gepflegten Partien, untermalt mit stimmungsgeladenen  Beleuchtungseffekten erschafft der Künstler romantische, symbolische Landschaften.

Enrique Serra pinxit. Campagna Romana. Adressseite: Marke "Egemes", Ser. 1/I. Campagna Romana. Printed in Germany. Signet im Briefmarkenfeld: M im Flammenkranz [E. G. May & Söhne, Frankfurt a.M.] Nicht gelaufen.

 

Oben: Signatur unleserlich. Adressseite: Heinrich Serra, Römische Sumpflandschaft. Signet: T. S. N. [Theo Stroefer, Nürnberg] Gelaufen. Poststempel unleserlich.
Mitte: Im Bild signiert: Enrique Serra. Adressseite: E. Serra, Vergangene Pracht. Signet im Briefmarkenfeld: T. S., umrahmt [Trautmann & von Seggern, Hamburg] M. K. 808. Nicht gelaufen.
Unten: Im Bild signiert. Handschriftlich auf Rückseite: E. Serra: Campagna Romana 155. Auf festem Karton.


1. Bild von oben: Enrique Serra pinxit. Campagna Romana. Im Bild signiert. Adressseite: Marke "Egemes". Ser. 1/II. Campagna Romana. Printed in Germany. Signet im Briefmarkenfeld: M im Flammenkranz {E. G. May & Söhne, Frankfurt a.M.]. Nicht gelaufen.
2. Bild von oben: Im Bild signiert. Enrique Serra pinxit. Campagna Romana. Adressseite: Marke "Egemes". Ser. 1/IV. Campagna Romana. Printed in Germany. Gelaufen. Datiert und Poststempel 1907.
3. Bild von oben: Im Bild signiert. Enrique Serra pinxit. Campagna Romana. Adressseite: Marke "Egemes". Ser. 1/III. Campagna Romana. Printed in Germany. Gelaufen. Datiert und Poststempel 1907.
4. Bild von oben: Ohne Titel. Im Briefmarkenfeld: T. S., umrahmt [Trautmann & von Seggern, Hamburg] Serie 925. (6 Dess.) Nicht gelaufen.


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7. Kurzbiografie von Enrique Serra


Enrique Serra Auqué (Barcelona 1859 - Rom 1918), Figuren-, Landschaftsmaler und Illustrator, studierte Kunst bei Ramón Martí Alsina und Domingo Talarn Ribot an der Escuela de Bellas Artes de Barcelona. 1879 zog der 20-Jährige nach Rom, um das Kunststudium fortzusetzen. Dort lernte er Fortuny Mariano an der Academia Chigi kennen, mit dem ihm eine langjährige Freundschaft verband. 1883 wurde er Mitglied der römischen Academia di S. Luca.

Serra Auqué war in Rom sehr erfolgreich; einige seiner Werke gab Papst Leo XIII. in Auftrag. 1895 lieβ sich Serra Auqué in Paris, der damaligen Kunsthauptstadt Europas, nieder, wo er seine erfolgreiche Laufbahn fortsetzte. Sein Atelier wurde zum Treffpunkt für spanische Künstler, die sich in Paris auszubilden und Karriere zu machen hofften.

Eintrag in der spanischsprachigen Wikipedia, übersetzt von Anna Macías, stilistisch überarbeitet. Hier auch das Bildnis.
https://es.wikipedia.org/wiki/Enrique_Serra_Auqué

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8. Ferdinand Georg Waldmüller: Die "Römische Ruine" von Schönbrunn

Ferdinand Georg Waldmüller: Die "Römische Ruine" von Schönbrunn, 1832.
Öl auf Holz. Höhe 19, Breite 29 cm.

Bildquelle:
Unvergängliches Österreich. Ferdinand Georg Waldmüller und seine Zeit.
Katalog der Ausstellung in Villa Hügel, Essen, 1960. Katalog 184.

Um Fotos der "Römischen Ruine in Schönbrunn" zu erhalten, nutzen Sie bitte die googlesuche.

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Römische Ruine
im Park von Schönbrunn

Ursprünglich als „Ruine von Karthago“ bezeichnet, steht die Römische Ruine am Fuße des bewaldeten Schönbrunner Berges. Das von Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg entworfenes Ensemble wurde 1778 erbaut und ist gänzlich in die umgebene Natur - eine romantische Gartenkulisse - eingebunden.

Hohenberg schuf die Römische Ruine in Schönbrunn als vollständigen Neubau nach dem römischen Vorbild des antiken Vespasian und Titus-Tempels, dessen Überreste durch den um 1756 entstandenen Stich von Giovanni Battista Piranesi überliefert waren. Sämtliche Architekturteile des Bauwerkes, die Säulen ebenso wie die Reliefs, wurden unter der Anleitung des Hofarchitekten neu hergestellt.

Das Ensemble besteht aus einem rechteckigen Bassin, das von einem mächtigen Rundbogen mit seitlichen Mauerflügeln eingefasst wird und den Eindruck eines in den Boden versinkenden antiken Gebäudes erweckt. Zentrum der Anlage bildet der Rundbogen mit einem fragmentierten Architrav und Fries, der mit Reliefs von verschiedenen Opfergeräten nach römischem Vorbild geschmückt ist.

Im Bassin vor der Ruine befindet sich eine Figurengruppe der Flussgötter Donau und Enns, die Wilhelm Beyer schuf. Die hinter dem zentralen Rundbogen aufsteigende Waldschneise war ursprünglich in Terrassenstufen gegliedert, die eine Wasserkaskade simulieren sollten; sie führten zur Statue des Herkules, der mit dem dreiköpfigen Höllenhund Cerberus und personifizierten Lastern kämpft, während er bereits auf der besiegten schlangenköpfigen Hydra steht.

Beschreibung und Erläuterungen zitiert nach folgender Seite:
www.schoenbrunn.at/ueber-schoenbrunn/schlosspark/rundgang/roemische-ruine/

Literaturhinweise:
* Friedrich Dahm (Hrsg.): Die Römische Ruine im Schlosspark von Schönbrunn. Forschungen – Instandstetzung – Restaurierung (Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Band 8) Wien 2003.
* Hartmut Böhme: Die Ästhetik der Ruinen. In: Dietmar Kamper / Christoph Wulf (Hg.): Der Schein des Schönen. Göttingen: Steidl 1989, S. 287-304. ISBN 3-88243-088-5. Online:
www.hartmutboehme.de/media/Ruinen.pdf

"Die Ruine ist Zeichen dessen, was sie einmal als intakter Bau war, doch wächst ihr eine Schönheit zu, ein Surplus von Bedeutung, die in der Semantik der Gewesenheit nicht aufgeht. Die Ruine zeigt eine prekäre Balance von erhaltener Form und Verfall, von Natur und Geschichte, Gewalt und Frieden, Erinnerung und Gegenwart, Trauer und Erlösungssehnsucht, wie sie von keinem intakten Bauwerk oder Kunstobjekt erreicht wird."

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