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Goethes Italienische Reise, Rom

Johann Wolfgang Goethe: »Römische Elegien«

Lesung mit Veronika Faber & Kurt Weinzierl
Musik: Johannes Faber

 

Zweite Elegie

Ehret, wen ihr auch wollt! Nun bin ich endlich geborgen!
   Schöne Damen und ihr Herren der feineren Welt;
Fraget nach Oheim und Vettern und alten Muhmen und Tanten;
   Und dem gebundnen Gespräch folge das traurige Spiel.
Auch ihr übrigen fahret mir wohl in großen und kleinen
   Zirkeln, die ihr mich oft nah der Verzweiflung gebracht,
Wiederholet politisch und zwecklos jegliche Meinung,
   Die den Wandrer mit Wut über Europa verfolgt.
So verfolgte das Liedchen Malbrough den reisenden Briten
   Einst von Paris nach Livorn, dann von Livorno nach Rom,
Weiter nach Napel hinunter und wär’ er nach Smyrna gesegelt,
   Malbrough! empfing ihn auch dort, Malbrough im Hafen das Lied.
Und so mußt’ ich bis jetzt, auf allen Tritten und Schritten
   Schelten hören das Volk, schelten der Könige Rat.
Nun entdeckt ihr mich nicht sobald in meinem Asyle,
   Das mir Amor der Fürst königlich schützend verlieh.
Hier bedecket er mich mit seinem Fittig. Die Liebste
   Fürchtet, römisch gesinnt, wütende Gallier nicht,
Sie erkundigt sich nie nach neuer Märe, sie spähet
   Sorglich den Wünschen des Manns, dem sie sich eignete, nach.
Sie erfreut sich an ihm, dem freien rüstigen Fremden,
   Der von Bergen und Schnee, hölzernen Häusern erzählt;
Teilt die Flammen, die sie in seinem Busen entzündet,
   Freut sich, daß er das Gold nicht wie der Römer bedenkt.
Besser ist ihr Tisch nun bestellt, es fehlet an Kleidern,
   Fehlet am Wagen ihr nicht, der nach der Oper sie bringt.
Mutter und Tochter erfreun sich ihres nordischen Gastes,
   Und der Barbare beherrscht römischen Busen und Leib.

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