Inhalt

 

Goethe, Schiller und die Goethezeit auf Google+

Goethes Italienische Reise, Rom

»Römische Elegien«

Begriffserklärungen

 

 VII.
 O wie fühl’ ich in Rom mich so froh! Gedenk’ ich der Zeiten,
    Da mich ein graulicher Tag hinten im Norden umfing,
 Trübe der Himmel und schwer auf meine Scheitel sich senkte,
    Farb’ und gestaltlos die Welt um den Ermatteten lag,
 Und ich über mein Ich, des unbefriedigten Geistes
    Düstre Wege zu spähn, still in Betrachtung versank.
 Nun umleuchtet der Glanz des helleren Äthers die Stirne;
    Phöbus rufet, der Gott, Formen und Farben hervor.
 Sternhell glänzet die Nacht, sie klingt von weichen Gesängen,
    Und mir leuchtet der Mond heller als nordischer Tag.
 Welche Seligkeit ward mir Sterblichem! Träum ich? Empfänget
    Dein ambrosisches Haus, Jupiter Vater, den Gast?
 Ach! hier lieg’ ich und strecke nach deinen Knieen die Hände
    Flehend aus. O! vernimm Jupiter Xenius mich!
 Wie ich hereingekommen, ich kann’s nicht sagen, es faßte
    Hebe den Wandrer und zog mich in die Hallen heran.
 Hast du ihr einen Heroen herauf zu führen geboten?
    Irrte die Schöne? Vergib! Laß mir des Irrtums Gewinn!
 Deine Tochter Fortuna, sie auch! die herrlichsten Gaben
    Teilt als ein Mädchen sie aus, wie es die Laune gebeut.
 Bist du der wirtliche Gott? O dann so verstoße den Gastfreund
    Nicht von deinem Olymp wieder zur Erde hinab!
 »Dichter! Wohin versteigest du dich?« – Vergib mir, der hohe
    Kapitolinische Berg ist dir ein zweiter Olymp.
 Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später,
    Cestius’ Mal vorbei, leise zum Orcus hinab.

   

„Hebe, die Göttin der Jugendlichkeit, hat einst den Heroen Herakles in den Olymp erhoben: nun wiederholt sich die Apotheose am Wanderer-Dichter in Rom, oder ists nur ein Irrtum, Hybris und dichterische Verstiegenheit? Nicht jeder Sterbliche, der der Gemeinschaft mit den Göttern gewürdigt wurde, blieb auf immer ihr Gast.“

(Perels 1997, S. 170)

Das Fach- und Kulturportal der Goethezeit