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Goethes Italienische Reise, Rom

Karoline Hornik

Stimmen zur »Italienischen Reise«:
Abreise bis Venedig

Stand: März 2007

 

1786 tritt Goethe die langersehnte Reise nach Italien an. Anonym entflieht er der Beengtheit, die ihn in Weimar zu erdrücken droht. Über den Brenner führt ihn sein Weg, dann an Trient, Verona, Vicenza vorbei bis zu Venedig, einem ersten Höhepunkt seiner Reise. Mehr als zwei Wochen verbringt er hier, entzückt von den Kunstschätzen, der Architektur, den Menschen und der Anlage der Lagungenstadt. 

 

 

Sehnsucht nach Italien

Goethes Entschluss, nach Italien zu gehen, entsprang dem Drang, sich aus der tiefen Krise zu retten, die ihn seit Jahren quälte. Es war die Krise des reifen Mannes, der die Kräfte und Ideen seiner Jugend aufgezehrt hatte und nun bedrängt wurde von einer Fülle neuer Einsichten und Pläne, ohne daß das angestaute innere Leben sich in künstlerischen Schöpfungen auszugeben vermochte [...]. Er mußte einen neuen Anfang machen, einer neuen Lehrzeit sich unterziehen. In welche Schule er zu gehen hatte, um seine dichterische Produktivität wiederherzustellen, war ihm längst klar. Nur die Gegenwart der großen Werke antiker Kunst, ihr Anblick konnte ihm geben, was er brauchte. Er mußte dorthin, wo 'der Grund und das A und O aller Kunst' noch aufbewahrt war: nach Rom.
(Viëtor 1949, 93) 


 
Man braucht nur Mignon's Lied 'Kennst du das Land' - welches er vor der Reise dichtete - zu lesen, um sich zu überzeugen, wie ekstatisch seine Vorstellungen von Italien waren und wie unwiderstehlich die Sehnsucht, die ihn dahin zog.
(Lewes 1857, 75) 


 
Die letzten Jahre vor der Reise konnte er kein lateinisch Buch mehr ansehen, keine Zeichnung einer italienischen Gegend, so daß Herder über ihn spotten durfte, er lerne all sein Latein nur noch aus Spinoza.
(Lewes 1857, 75)


 
Von Böhmen aus trat er am 3. September die große Reise an. Der Aufbruch geschah in tiefster Heimlichkeit, so daß die Reise wie eine Art Flucht aussah.
(Viëtor 1949, 96)


 
Da der Kampf schon einige Jahre lang gedauert hatte, sodaß er schon lange kein lateinisches Buch hatte anschauen dürfen, ohne zur Verzweiflung über das ferne Rom zu kommen, das ihm versagt war, so war der Durchbruch so plötzlich, der Abbruch so abrupt.
(Meyer 1951, 353)


 
Mit großer Eile entflieht er dem Vaterlande, als ob er unterwegs noch aufgehalten und nach Weimar zurückgezwungen werden könnte. Und wie er, um ganz sicher zu sein, jedermann (mit Ausnahme seines Sekretärs Seidel) seinen Weg verschweigt, so verbirgt er sich noch stärker, indem er auch seinen Namen wechselt und als Johann Philipp Möller über die Alpen reist.
(Bielschowsky 1914, 371) 


 
So faßt er den Entschluß, seine Weimarer Existenz plötzlich abzubrechen und die Pilgerfahrt nach Italien anzutreten. Dort hofft er, die ersehnte innere Wiedergeburt zu finden. Er zerschneidet entschlossen die Bande, die ihn mit seiner Vergangenheit verknüpfen. Er reist allein, inkognito, ohne Diener. Er betritt Italien über den Brenner, den Gardasee, Verona, Venedig, wo er sich vierzehn Tage lang aufhält; von dort reist er über Bologna nach Rom.
(Lichtenberger 1949, 83)

 

Durch die Ankunft genesend

Und nun wurde diese tiefe Unruhe gestillt. Die Klänge Italiens ertönten um ihn, Italiens Himmel umfing ihn, italienische Kunst erglänzte lockend auf allen Seiten. Er fühlte, seine Reise sei für ihn eine Wiedergeburt. Sein ganzes Wesen füllte sich mit Wärme und Licht.
(Lewes 1857, 76)


 
Allein und unter dem angenommenen Namen eines Kaufmanns Möller vor allen Störungen sicher, womit den Verfasser des Werther die Neugier seiner Bewunderer geimgesucht hätte, zog er vorüber an Orangenhainen und Weingärten, Städten, Bildsäulen, Gemälden und Gebäuden, und fühlte sich in dieser neuen Welt 'zu Hause und nicht wie im Exil.'
(Lewes 1857, 75)


 
Nun wurde der Vorhang zurückgeschlagen, und die Landschaft, die Menschen, die Bauten, die Bilder, die Statuen stellten sich dar, für die er seine Organe mit tiefer Ahnung vorbereitet hatte. 'Wie ein reifer Apfel, der vom Baum fällt', sei die Reise, schrieb er dem treuen Seidel aus Verona. Das lang entbehrte Gleichgewicht von innen und außen stellte sich her. Und damit wurde nun freilich alles, Glück und Unglück, Wert und Unwert, Neigung und Abneigung, völlig verändert.
(Staiger 1956, 10)


 
[...] als Genesender fühlte sich Goethe in der Tat von dem Augenblick an, da sein Fuß italienischen Boden betrat.
(Staiger 1956, 8)

 

In Venedig

In Venedig [...] scheint seine Freude geradezu fabelhaft gewesen zu sein, da ihm diese Stadt von Stunde zu Stunde aufhörte ein Wort zu sein und mehr und mehr ein Bild wurde. Die Kanäle, Lagunen, Gässchen, die stattliche Architektur, das bewegte Treiben des Volks waren ihm ein unerschöpfliches Entzücken.
(Lewes 1857, 79) 


 
Er bemüht sich, diese große Existenz nach allen Seiten zu erforschen. Er irrt durch das Gewirr von Gassen und Kanälen, er studiert die Paläste und Kirchen, die Bilder und Skulpturen, besichtigt die Schiffswerften und Strandbauten, besucht die zahlreichen Theater und beobachtet das Volk in allen seinen Lebensäußerungen in jedem Viertel und zu jeder Tageszeit.

Tiefen Eindruck macht ihm das Meer, das er zum ersten Male sieht. Bei dem ästhetischen Wohlgefallen an der grenzenlosen, in rhythmischem Wellenschlage pulsierenden Wasserfläche bleibt er aber nicht stehen, sondern sogleich lenkt sich seine Aufmerksamkeit auf die charakteristischen Eigenschaften der Strandpflanzen und der niederen Seetiere; und er freut sich, daß so vieles, was ihm bisher Museumsstück war, nunmehr Natur wird. -

Es war eine reiche Summe bedeutender, anziehender, lehrreicher Eindrücke, die er von der merkwürdigen Stadt empfing.
(Bielschowsky 1914, 378) 


 
Palladio! Palladio! schallt es uns immer wieder aus den Blättern des Tagebuchkapitels 'Venedig' entgegen.
(Bielschowsky 1914, 379)


 
Die Sonne Venedigs war im Untergehen. Aber noch immer war ihr Glanz groß genug, um auf den Reisenden einen unauslöschlichen Eindruck zu machen.
(Bielschowsky 1914, 376) 


 
Siebzehn Tage hatte der Aufenthalt in Venedig gewährt. Er hatte sie redlich ausgenützt, um das sonderbare, einzige Bild der Stadt genau in sich aufzunehmen.
(Bielschowsky 1914, 384)

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