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Johann Ludwig Tieck

Kurzbiografie

Johann Ludwig Tieck (* 31. Mai 1773 in Berlin – † 28. April 1853 ebd.), Sohn des Seilermeisters Johann Ludwig Tieck, freundete sich schon während seiner Gymnasialzeit mit Wilhelm Heinrich Wackenroder (1734-1798) an. Von 1792 bis 1794 studierte er an den Universitäten Halle, Göttingen und Erlangen und beschäftigte sich mit dem Werk Shakespeares, aber auch, unter dem Einfluss Wackenroders, mit der „altdeutschen“ Zeit. Die von Wackenroder und Tieck gemeinsam verfassten programmatischen Schriften „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ (1797) und „Phantasien über die Kunst“ (1799) propagieren eine im Religiösen gegründete Kunst. Sie schaffen eine Basis auch für Tiecks Hang zum Wunderbaren und zur Wahl historischer Sujets. Im Künstler-Roman „Franz Sternbalds Wanderungen“ (1798) versuchte Tieck die Aussöhnung altdeutscher und italienischer Kunstideale. Typisch romantisch erscheint das geradezu auf Eichendorff (1788-1857) voraus weisende Arsenal von Naturbildern und Techniken der Synästhesie. In Jena, wo er seit 1799 lebte, wurde er zum Mittelpunkt der dortigen Romantiker. Dann zog er auf das Landgut Ziebingen des Grafen Finck von Finckenstein in der Neumark, mit dessen Tochter Henriette der verheiratete Dichter eine Liaison hatte. Auf der Italienreise, die er in den Jahren 1805 und 1806 unternahm, lernte er die Schriftstellerkollegen Friedrich Müller gen. Maler Müller (1749-1825) und August von Kotzebue (1761-1819) kennen. Tieck hat in Italien zahlreiche Gedichte verfasst, in denen er seine Gefühle und Reflexionen über die bereisten Orte festhielt, quasi ein Tagebuch der Reise. Es sind reimlose und freirhythmische Gedichte, kleine Miniaturen und poetische Aquarelle. Nach der Rückkehr aus Italien lebte Tieck zunächst in Ziebingen, seit 1819 in Dresden, wo er als Rezitator großen Einfluss auf die dortige Literaturszene gewann. Ein letzter Nachhall der Italienreise findet sich im aktionsreichen Roman „Vittoria Accorombona“ (1840), der in der italienischen Renaissance spielt. Er folgte zwar 1842 einem ehrenvollen Ruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin, lebte dort jedoch in zunehmender Isolierung. Als er im April 1853 starb, war er bereits fast in Vergessenheit geraten.

Gunter Grimm






[90]

Sehnen nach Italien.

Soll ich in mir selbst verschmachten,
Und in Liebe ganz vergehn?
Wird das Schicksal mein nicht achten,
Dieses Sinnen, dieses Trachten
Immer unerhörend sehn?

Bin ich denn so ganz verloren,
Den Verstoßnen zugereiht?
O beglückt, wer auserkohren,
Für die Künste nur gebohren,
Ihnen Herz und Leben weiht!

Ach mein Glück liegt wohl noch ferne,
Kömmt noch lange mir nicht nah!
Freilich zweifelt’ ich so gerne, –
Doch noch oft drehn sich die Sterne, –
Endlich, endlich ist es da!

[91] Dann ohne Säumen,
Nach langen Träumen,
Nach tiefer Ruh,
Durch Wies’ und Wälder,
Durch blüh’nde Felder
Der Heimath zu!
Mir dann entgegen
Fliegen mit Seegen
Genien, bekränzt,
Strahlen-umglänzt:
Sie führen den Müden
Dem süßen Frieden,
Den Freuden, der Ruh,
Der Kunstheimath zu!



[114]

Verona.

Seid mir gegrüßt, du alte Veste,
Du schönes Land, ihr lieben Hügel,
Du schöner Strom,
Und all ihr zarten Erinnerungen,
Die wie frohe Kinder, mahnend, neckend,
Sinnig lächelnd um mich gaukeln,
Mir dies und jenes zeigen:
Den alten Dom,
Der Scaliger Grabmal,
Das weite Theater,
Der zärtlichen Julie Begräbniß,
Vor allen aber die Spuren
Des alten Helden
Dietrich’s von Bern.

[115] Ja, ich wähne die hohe Gestalt
Dort oben bei den alten Zinnen zu schauen,
Mir ist, ich seh die Heldenschule,
Die ihn kräftig, trotzig, muthwillig umringt,
Ihn Bruder, Vater, Lehrer, Fürst und Musterbild begrüßt.

Der greise Hildebrand
Ergeht sich im trostreichen Gespräch
Mit Wolfart und Dietlieb.
Die hohe Pracht der Niebelungen
Steigt verklärt aus den Wolken herab,
Und wie die Helden wieder schwinden,
Der holde Wahnsinnstraum
Dem Begeisterten entfleugt,
Klingen doch die vollen Töne,
Jenes alten deutschen Liedes,
Jener Starkmuth, die Lebenskraft
Nach im Ohr, und mir wird schwer
Die Thräne rückzuhalten.



[116]

Die Arena.

Wundervolles Prachtgebäu,
Das in herrlicher Vollendung,
Edlen Ebenmaßes, leichter Schönheit
Groß und würdig den Zeitläuften trotzt.
Als wärst du ewig,
So fest, gediegen, dir selbst genug.

Wie die Harmonie des Werkes
Mich erhebt und froh befriedigt,
Muß ich still doch in Verwundrung
Jene alte Zeit bedenken,
Da es Sitte und Bedürfniß war,
Wilde Thiere, Gladiatoren,
Sich im wilden Kampf zerfleischen
Und ihr Blut vermischt zu sehn,
In so edlem Gefäße fließen.

[117] Und wir!
Sind bei uns nicht auch die Bühnen
Schon vom Fürst und Staat geschützt,
Aufgethürmt und kostbar reich?
Zwar nur Schatten dieser Pracht,
Aber wie viel Leinwand, reich bemalt,
Seidenzeug und Gold und Flitter, –
Um die Armuth
Unsers Lebens
Abgespiegelt dort zu sehn.
Ist der Römer uns zu grausam,
Sind wir ihm gewiß zu kindisch,
Wenn er Blut in Freuden fließen sah,
Rinnt uns schwächlich Thrän’ auf Thräne,
Ueber wenig, über gar nichts,
Und wir nennen uns gebildet.



[138]

Anblick von Florenz.

Endlich den letzten Hügel hinauf,
Und unter mir
Das weite, blühende Thal,
Rings die Gebirge,
Die herrliche Stadt
Im Glanz der scheidenden Sonne.
Das Abendroth erglänzt
Im vielfachen Purpur
An den Felsen und die Gebäude
Brennen im Stral,
Und hundert Villen
Erglänzen fern und ferner.

[139] Der Himmel spielt mit Grün und Blau,
Und hüpfende Lichter
Lachen auf dem Strom.
Süße Dämmrung
Tritt aus dem Aether
Die Welt umfassend,
Und in schweigender Rührung
Empfängt uns die dunkelnde Stadt.



[149]

San Lorenzo und Bolsena.

Weithin öffnet sich die Gegend,
Unten glänzt ein blauer See.
Trümmer einer alten Burg
Blicken aus dem dunkeln dichten Eppich.

Wie der Weg sich senkt,
Steigen Inseln, Felsen aus dem Wasser,
Sanft verschmolzen,
Lieblich erhellt,
Als wenn der violblaue Duft
See und Insel und Fels
Löste in lieblichen Traum.

Ja, dies sind die lichten Formen,
Die warmen, heitern Töne,
Die der Zaubrer aus Lothring
So wundervoll schafft.
Der die Natur,
[150] Wie ein scherzendes muntres Kind
In das Wollustbad des Lichtes taucht,
Daß Wies’ und Wald
Und Fels und Strom,
Meer und Luft
Nur Eine Lust und Freude sind.

Und deiner dacht’ ich
Brittischer Freund,
Der mich nie verläßt,
Durch dessen Augen
Ich Welt und Menschen sehe,
Und dein blaues helles Gedicht
T w e l f – N i g h t  stieg vor mir auf,
In dem sich lustberauscht
Alle Gestalten
Im hellen Azur
Scherzend bewegen.



[151]

Erster Anblick von Rom.

Lange schon starrte mein Blick
Hinaus in Flur und Hügel,
Und immer nicht erschien der Wunsch,
Der sehnsüchtigen Seele.
Stille Träumerei umhüllte den Geist,
Da wendet sich plötzlich der Weg,
Und rechts erscheint der hohe Petrus-Dom,
Des Vatikans Pallast,
Und fern umher gestreut wie Hütten,
Die weltberühmte Stadt.

So ist der weite Weg nun überwunden,
Und endlich, endlich ist das erwünschte Ziel erschienen?
[152] Und wie ich mich sammle,
Mich und die Größe des Momentes zu fühlen,
Zerrinnt in Schmerz
Das kaum gehaschte Bild,
Und alle die alten edlen Erinnrungen
Entfliehn vor der drückenden, engen Gegenwart.
Wie klein ist der Mensch,
Wie arm im Schein des Reichthums!

Schon treten die Gebäude näher,
Schon heimathlicher wird Berg und Flur,
Von alten Gemälden
Erwacht in frischern Farben das Angedenken;
Hier schon die Brücke,
Die Straße der Vorstadt,
Und rascheren Trabes
Nähern wir uns dem Pappelthor.
Wir treten ein,
Vor mir der Platz und Obelisk,
[153] Die drei Straßen mit offnen Armen,
Ein nüchternes Licht
Erhellt unerfreulich
Tempel und Pallast.
Ich kann mich nur trösten,
Nun schnell in den Armen
Geliebter Freunde
Der Klage Laut ertönen zu lassen.



[157]

Das Pantheon.

Des Abends Kühle lockt mich herab,
Ich durchwandle die belebten Gassen,
Durch Geschrei und Kauf und Gespräch,
Und irre, dem Corso vorüber,
In unbekannte, dämmernde Straßen hinein.

Wie wohl thut das Umirren
Durch fremde, hochberühmte Stadt;
Jeder Stein wird zum Wunder,
Jeder ohngefähre Laut zum Mährchen.
Ich dränge mich durch den Menschenhaufen,
Und ein neuer, enger, voller Markt,
Liegt mit finstern Buden vor mir,
Das Gewühl des alltäglichen Lebens
Betäubt mein müdes Ohr,
Und plötzlich erhebt sich der Blick
Und schaut vor sich nahe und heilig
Den edelsten Tempel,
[158] So wohlbekannt aus Bildern,
So vertraut dem Herzen.
Offen ist das Thor der Säulenhalle,
Und wenige Betende knien hier.
Mich umfängt das harmonische Gebäu,
Und edle Gedanken
Wachsen mir licht im Geiste auf.

So ist im Leben
Das Göttliche oft
Dicht am Gemeinen,
Geringen, Alltäglichen,
Nur sieht es nicht das blöde Auge.
Tadle dies Niemand,
Wenn nicht immer große Vorhöfe,
Prachtvolle Plätze,
Weite reiche Ferne
Das Ueberirdische unsern Sinnen vorbereiten.
Wir lieben in vertraulicher Nähe
Das Himmlische zu sehn und zu fühlen.



[159]

Die spanische Treppe.

Viel schon seit Wochen
Verdank’ ich dir, du hohe Stiege,
Mein freundlicher Nachbar.
So wie die Gläubigen fromm
Dort am Lateran
Auf heiliger Staffel knien,
So nun seit Wochen
Wandl’ ich, wenn die heiße Mittagssonne
Brennend nieder scheint,
Die edlen Stufen auf und ab,
Schau mich oben um,
Erblicke unter mir Rom,
Und dort den Vatikan und Peters Dom,
Steige wieder hinab,
Und übe mich im ermüdenden Spiel,
Fast bis die Kräfte schwinden.

Schon fühl’ ich mich leichter,
Heitrer, kräftiger,
[160] Die Fesseln lösen sich gelinde,
Und dankbar schau’ ich hinauf
Zu meinem hohen Arzte.
Doch das Volk der Römer,
Die wie die Schlange die Sonne scheun,
Und weite Umkreise ziehn,
Dem Schatten folgend,
Schauen bedenklich,
Die Häupter schüttelnd,
Aus kühlen Räumen,
Und hinter vergatterten Fenstern,
Auf das deutsche Wunder.
Geht doch die Weltuhr jetzt
In allen Reichen
Neuen, niegesehenen Gang,
Wird man doch überall
Das Unerhörte gewohnt;
So sieht auch schon trägern Auges,
Der weniger Staunende
Mein Treppenbad ruhiger an.



[161]

Der Vatikan.

So oft ich wiederkehre
Von Rafaels hohen Werken,
Fühl’ ich mich reicher, kräftiger,
Der Muth des Herzens wächst,
Und mein ist diese Herrlichkeit.
Bin ich entfernt,
Brennt in mir wieder die Sehnsucht auf,
Die Himmelsschrift der Säle zu lesen,
Und näher, verwandter,
Wächst in meiner Seele
Die Schönheit frisch grünend üppig mir.
Wie so anders,
Als der Kranke zum erstenmal,
Mit Thränen der Wehmuth,
[162] Ohnmächtigen Gefühls
Von dort hernieder stieg.
Seid mir gegrüßt, ihr Genien,
Die ihr so huldreichen Sinnes
Freundlich den Schwachen
Wieder aufnehmt in euern heitern Kreis.
Wie viel Schmerz und Lust
Dank ich nicht euch, Himmelsgeschwister,
Kunst und Poesie!



[163]

Dankbarkeit.

Welch Betteln, welch Verfolgen,
Welcher freche Ungestüm!
Nur des Italiäners Phlegma
Weiß diese stürmischen Wogen zu beschwichtigen.

Schon ist es dunkel,
Müde schwank’ ich über den Corso
Der Heimath zu.
Erfaßt mich die Hand eines ehrbaren Alten,
Führt mich beiseit,
Erzählt sein Unglück, von kranken Kindern,
Von Mangel und Noth und den bittern Schmerzen
[164] Verschämter Armuth.
Ueberrascht, verlegen, da ich vom feinen Mann
Nicht dies Geständniß erwartet,
Gleitet ihm einige Paul in die Hand:
Er drückt die meine,
Ach! könnt ich, flüstert er mit Innigkeit,
Etwas thun für so edlen Geist!
Er hat den hinkenden Gang, den Stab gesehn,
Er faßt mich rüstig unter die Achsel,
Und bevor ich noch fragen,
Bejahen, verneinen kann,
Trägt er mich, führt er mich halb,
Die fünf, sechs schmalen Stufen hinauf,
Die an der Straße
Sich längst dem Hause ziehn.
Als ich nun oben
Gebückt und ängstlich schwanke,
Verneigt er sich tief,
Im Dunkel seinen Weg hinwandelnd.
[165] Kaum vermag ich scheu und tastend,
Zitternd, auf den Stab gelehnt,
Die Straße wieder zu gewinnen,
Die ich so seltsam verlor.

Geschieht nicht vieles so,
Wenn Manche wähnen
Gutes zu thun?



[168]

Campo Vaccino.

So oft mein Fuß hier wandelt
Vernehm’ ich Geistergeflüster,
Herab vom hohen Capitol,
Durch der Säulen Lockenhaupt,
An den Pallasttrümmern Cäsars.

Welche Welt lehrt aus dem Schutte,
Aus des Coliseums Wölbungen,
Vom Friedenstempel, und Titus Triumph,
Welche Sage wandelt noch Wunder sprechend
Unter diesen Bögen!

Hier müssen in heiliger Stimmung
Fürsten und Priester einhergehn,
Und der Denker, dem die Geschichte
Gottes Gegenwart furchtbar zeigt,
Furchtbar und tröstend,
Erschütternd und beruhigend.

[169] Schaut alle hier die schmerzlichste Wunde,
Die die Zerstörung schlug,
Und die noch immer blutet.
Hier spricht der zuckende Leichnam
Erhabne Worte.

Aber die Sterblichen
Wandeln ruhig dahin,
Und wohl ist Allen,
Daß ein lächelnder Genius
Ihnen schalkhaft die hüllende
Binde vor das Auge geheftet.



[207]

Ostern.

Endlich ist der Schmerz gelößt,
Und in Thränen der Rührung
Badet die Freude den jungen Fittig,
Und schwingt sich jubelnd der ewigen Liebe entgegen.
Kein Herz, das nicht schneller klopfte,
Kein Auge, das nicht heller glänzte.

Nur wer es empfand und lebte
Kann es wissen und aussagen,
In welche Wonne, in welche seel’ge Leiden,
Die Kunst vereint, verbrüdert,
Die Seele tauchte.
Wie das große, edle Gebäu,
Von den hehren Wänden die Bilder gottbegeistert,
In der Luft die Musik sich wiegend,
[208] Alle Töne Engel,
Die Farbenschöpfung Himmel,
Das irdische Herz erfaßten,
Gefangen führten,
In Leid verklärten,
Zur Lust neu schufen.

Endlich klingt der Trompetenton,
Der Kanonendonner hallt,
Das Bild am Altar ist frei,
Das Te-Deum erschallt,
Und die Auferstehung wird verkündigt.

Draussen segnet der fromme Greis
Die Tausende, die unter ihm knien,
Vom blauen Himmel bedeckt,
Vom Frühling mild gestärkt.

Ja wohl bist du, Rom,
Noch heut die Königin der Welt.



[209]

Villa Borghese.

Niemals veraltet dein Reiz,
So oft ich hier wandle.
Dank dem edlen Geiste,
Der das süsse Labyrinth erschuf
Und uns vergönnte,
Hier, wo aus grünen Bäumen
Bilder uns grüßen,
Wo Blumenpracht den Frühling ausgießt,
Und Duft und Farben spendend
Alle Sinne mit Zauber umstrickt,
Glücklich zu seyn.
Dort das sprudelnde Wasser,
Und in dem einsamen Raum
Unter Eppich und Ulmen versteckt,
Die niederperlenden Tropfen Kristalls,
[210] Die in Marmorbecken
Melodisch fallen und klingen:
Dazu der Turteltaube Liebesklage
Aus dichterem Gebüsch,
Den wilden Waldruf
Fremden Geflügels.
Wie oft schon trank ich hier das süßeste
Innigste Leben entzückt. –

Hier auch bist du gewandelt,
Edelster Genius,
Unsers Vaterlands Zier und Lust,
Göthe, deutscher herrlicher Sänger.
Hier, so verkündet die Sage,
Ward dein Lied vom Tasso gedichtet,
Und jedes lispelnde Blatt,
Der Lorbeer rauscht deinen Namen,
Die Springquellen reden von dir,
Und ein Geisterschauer
[211] Fliegt über mir hinweg
Und säuselt noch heilig in den fernen Pinien.

So les’ ich täglich die alte Welt,
Stein und Boden und Fluß,
Himmelsbläue und Baum
Reden von ihr.
Des Mittelalters Wunder,
Die Kraft der Religion,
Die Helden der Vorzeit,
Treten sichtlich vor mich hin,
Mit Glanz umflossen.
Schwebt mir Rafaels Schatten
Grüssend vorüber,
Er inmitten der Schaar
Der begeisterten Dichter und Bildner,
Erwiedr’ ich mit Thränen den Gruß.
Und nun noch muß mir die süßeste, lieblichste
Schönste Erinnrung begegnen,
Deine hohe Gestalt,
Du mir von Kindheit befreundet,
Vorbild und Muster,
In dessen Lied mir der trunknen
Begeistrung Quelle rauscht,
Du, der den Muth der Brust mir weckst,
Und, Unerreichbarer, im Kampf der Liebe
Das frohe Gefühl mir wieder
In Beschämung wandelst.



[220]

Olevano.

Müde bin ich angelangt,
In diese Bergeinsamkeit,
Umstarrt von nahen und fernen Felsen,
Vor mir die dunkle kleine Stadt,
Drüben am zackigen Gipfel
Hängend die Burg.
Und der Vollmond
Leuchtet vom klaren Himmel,
Und wie ich schlummre,
Tönt helles Gelächter
Und Ton von Zittern
Und tanzendes Gaukeln
In meinen Schlaf,
Vom Vorsaal herüber.
[221] So weich, so warm, so hell
War noch keine Sommernacht,
Kein Schlummer so süß,
Keine Störung des Schlafes
Je so erfreulich,
Denn wie ich das Auge
Matt halb öffne
Stralt im Glanz das Gebirge,
Der Mond vom reinen Himmel,
Der Scherz der Mädchen und Freunde,
Und lächelnd schlummr’ ich wieder ein.



[228]

Auf der Reise.

Vom Wege verirrt,
Vom Sturm bedrängt,
Vom Regen durchnäßt,
Such ich hier Schutz
In dieser ländlichen Behausung.
Man versorgt Diener und Pferde,
Erquickt den Müden
Mit Wein und Speise,
Bauern oder Pächter scheinen die freundlichen Wirthe:
Sie fragen nach Deutschland,
Deß Name kaum in diese Einsamkeit drang,
Sie klagen, als das Gewitter still,
Und ich sie verlasse,
Ja zürnen, daß ich die Gastfreiheit
Ihnen vergelten will. –

[229] Bin ich noch in Italien?
Wo auf der großen Straße
Gesindel und galant’ uomini
Sich unverschämt an mich drängen,
Zu betteln, zu prellen,
Fast mit Gewalt zu rauben?

O ihr stillen, lieblichen Thäler,
Ihr schönen, wilden Gebirge,
Wann, wann kehr’ ich dankbar euch zurück?



[230]

Subiaco.

Süße, liebliche Wildniß.
Deine Berge, dein Kloster oben,
Die Cypressen, die Thäler hier,
Werden nie aus meiner Seele schwinden.
Hoher Gedanken, schöner Bilder Erinnerung,
Wunder der Natur,
Weile gastlich in meiner Phantasie,
Wenn wieder Sand und Föhren
Mich geistlos umstarren,
Und ein Lächeln zweifelnd
Bei Schilderungen der Natur
Des Entzückten spotten möchte.

[231] Hier dichtet die Erde,
Dort schläft sie kaum,
Befangen, angstvoll,
Ringt sie nur nach Dasein:
Und goldne Abendwolken
Und glühend Morgenroth
Schweben nur als Kranken-Träume
Ob der Verscheidenden.



[233]

Tivoli.

Lacht ihr mich an, ihr jauchzenden Wasserbäche,
Wie ihr klingend zwischen Oelbaum und Blumen niederjubelt?
Springt und sprudelt, ihr Uebermüthigen,
Der duftende Wald hallt eure Töne nach,
Und Baum und Fels, und Himmel und Strom Ein Freudengesang.
Gegrüßt sei mir, du du Mäcenas tönendes Haus:
Grotte Neptuns, voll Wellenmusik und Regenbogen;
Wie ich hier in Blumen wandle, ruhend liege,
Mich entzücke, und wieder Welt und Natur vergesse
Im süssesten Traum –
Saht ihr schon je, ihr klingenden Gestade
Einen so glücklichen Wandersmann?

[234] Doch schon winkt mir
Roma’s erhabene Kuppel
Zurückzukehren,
Und bald, in wenigen Tagen,
Schon steht der Abschied an der Thür,
Entflieh ich diesem Himmel.



[235]

St. Peter und Paul.

Mit Flammen und Flämmchen,
Und buntem Feuer,
Der auskrachenden Girandola,
Hat mich die Engelsburg,
Mit wundersamer Erleuchtung
Sankt Peter entlassen.
Still und seufzend
Sag’ ich dir, Roma, Lebewohl,
Du sendest mich gesunder
Und froher der Heimath wieder.
Aber du selber erkrankst,
Und bald, so fürcht’ ich,
Weht von dem Schloß
Die dreifarbige Fahne.
Möge der Mondregenbogen,
Das Wunder, das ich jüngst gesehn,
Dir und deinem frommen Hirten
Gutes bedeuten.



[236]

Abschied von Rom.

Noch fühl’ ich der theuren Schwester brennende Thräne,
Und den liebenden Druck des zärtlichen Bruders,
Nacht umfängt mich und birgt den Freunden
Die tiefe Bewegung meiner Brust.

So war denn auch diese Lebens-Aera geschlossen?
Brause nur Rom, mit deinen Brunnen,
Wie Schluchzen klingt es mir herüber,
Da vernehm’ ich selbst das Donnern
Der großen Fontana di Trevi,
Bei der ich oft in Nächten verweilt,
Der ich mich viel am Tage gefreut,
Lebt wohl, ihr Plätze, ihr Säulen,
Du großes verstörtes Haus, jetzt Heiligthum,
Du Coliseum, das ich noch jüngst
[237] Beim Glanz des Vollmonds durchschritten,
Deine Gewölbe besucht, als die Freunde
Ueberkletternd den Eremiten weckten.

Du Sankt Peter, nie seh’ ich dich wieder,
Edler stets, und größer, majestätischer und heiliger,
Aber auch erfreulicher, behaglicher, umfängst du den Wandrer,
Je öfter er deinen königlichen Raum besucht.

Schon sind wir durch das Thor. –
Da denk’ ich des Vatikans
Und der göttlichen Dichtungen Rafaels,
Der erhabnen Sistina,
Und auch des heimlichen Stübchens oben,
Wo in der stillen Einsamkeit
Ich die Pergamente las und in Lust mir vieles schrieb,
Indeß durch die heiße ruhende Luft
Ein ferner Ambos und Hammer lieblich erklang.
Wie oft sah ich dann rückkehrend die Götterbilder,
Und die freundlichen Logen. –

[238] Alles versinkt jetzt hinter mir:
Noch glänzt im innern Auge das farnesische Gartenhaus,
Die Blumendichtung von Amor und Psyche,
Und die trunkne Galathea;
Wen hier nicht Lebenslust anlacht,
Heiterkeit und Muthwill grüßen,
Der entsage der Kunst und Farbe.
Aber auch Lebewohl dir,
Pallast Farnese,
Wo ich gelernt in herrlichen Bildern
Des Carracci Dichtung bewundern;
O was nenn’ ich, was verschweig’ ich,
Das Gedächtniß ermüdet,
Alle die Wunder, die großen Erinnerungen,
Aller der Steine und Tafeln Pracht,
Des Erzes Bildwerk wiederzusagen.

Mit kindlicher Rührung pilgerte ich auch zu dir,
Grabmal der Cäcilia Metalla,
Das ich mit seinen wilden Ruinen umher
Schon längst in frühen Träumen beschrieb,
[239] Und oft in Gedanken damals
Vor der Porta Sebastiana mich erging.

Nun vernimmt mein Ohr nicht wieder
Den heiligen Gesang, dich Palestrina,
Der du wie mit Engelsfittigen
Dich in dem Born des Paradieses tauchst,
Aufrichtest du dich im klaren Morgenlicht,
Schüttelst die großen farbigen Schwingen,
Und nieder fließen die Tropfen
In hellen, reinen Himmelstönen.

Ungern auch vermiß ich die heitern Klänge,
Das bewegte Leben der Opern und Theater,
Von den Franken noch heftiger aufgeregt.
So vollendet seh ich vielleicht das Lustspiel nie mehr,
Wie es diese Frauen und Jünglinge zeigten,
Und der treffliche Perthica.

Vielleicht auch seh ich nie die Künstler wieder,
Die in vielen Stunden mich erfreut.
Dich vor allen begrüß’ ich, edler Freund,
[240] Dich, treflicher [!] Schick, dein freundliches Gemüth,
Dein klarer Sinn wird schöne Gebilde dichten,
Wenn die Parze dir den Lebensfaden spinnt,
Vollende dein Apollo unter den Hirten,
Welcher verkündigt, was du vermocht.

Schon erhebt sich der Tag
Und weit hinter uns liegt Rom,
Auch mein Freund ist ernst,
Der mit mir nach Deutschland kehrt,
Der mit allen Lebenskräften
Sich in alte und neue Kunst gesenkt,
Der edle Rumohr,
Deß Freundschaft ich in mancher kranken Stunde
Trost und Erheitrung danke.



[241]

Orvieto.

Auf steinigem Wege
Ist der Wagen gebrochen,
Und müd’ und ermattet
Wandern wir den Fels hinauf
In der glühenden Hitze.
Endlich – was brennt da droben über dem dunkeln Wald? –
Es ist der Wunderdom
Mit Bild und goldner Mosaik geschmückt.
So leuchtet ein Goldpokal freundlich
Dem dürstenden Zecher entgegen,
Und sein Auge trinkt schon vor der Zunge.

Nein, nicht dir allein
Frommer Johann von Fiesole,
[242] Oder dir, hoher Signorelli, wird hier gehuldigt.
Ei, wie mundet hier der leichte, liebliche Wein,
Den ich in Rom fast verschmäht,
Mit dem Genuß wächst das Verständniß.
So hat doch jedes Wort und jeder schöne Vers
Im Gedicht des Lebens
Die rechte Stelle, wo sie verstanden werden.



[243]

San Lorenzo.

Immer haßt’ ich fast unbillig
Jene freien, hitzigen Jägersleute,
Die mit dem Auge wie mit geladner Büchse
Busch und Wald und Fels so gierig durchstreifen,
Und jede schöne Gegend wie Wildpret schießen,
Im Ranzen des Bewußtseyns dann nach Hause tragen,
Und eben wie ächte Jäger
Den ruhigen Layen
Mit unendlichem Geschwätz ermüden.
Spott und Tadel hat sie oft verfolgt,
Und sie hinwieder schalten mich den trägen
Widersacher der Natur.

Aber heute will ich meinem Genius schmeicheln,
Still und warm ist die Sommernacht,
Der volle Mond leuchtet vom klarsten Himmel,
[244] Ich lasse das dumpfe Haus und das Bett
Und weihe die Stunden dem Gefühl und der Beschauung.
Wie ich hinaus vor das Städtchen trete
Liegt unter mir die reiche, weite Landschaft,
Kenntlich, wie ein Räthsel mit Schatten und Gold umsponnen,
Der See leuchtend, ein zweiter Himmelsplan,
Und Fels und Burgtrümmer, und grüner Berg, –
Wie sehnt sich mein Herz, dies alles zu fühlen,
Mir den Einklang zu bewahren,
Und wie ich träum’ und sinne
Erwachen, wie im Nest die jungen Nachtigallen,
Lieder in meinem Busen, und den Klang, das geflügelte Wort
Sucht nächst der Thräne die Sehnsucht.

Da poltert’s in der Ferne aus der Stadt heran,
Und murrend scheltend naht eine gemeine Gestalt,
Der erste Trunkne, den ich in Italien sah;
Ha! gut! schreit er, auf mich zu in Eile taumelnd,
[245] Daß ein vernünftiger Mensch noch wach ist,
Dem ich meinen Fall erzählen, der ihn richten kann.

Breit und stotternd, zornig, prahlend,
Trägt er mir im Bauerndialekte
Seinen Zank mit Wirth und Camerieren,
Sein erlittnes Unrecht vor, und wie sehr
Man die Ehre ihm gekränkt.
Meine herrlichen Minuten und Stunden
Werden mir schlimm entweiht,
Mond und Sterne scheinen zu verblassen,
Wie ich mich weigre muß ich sprechen,
Ihn besänftigen, Recht ihm geben,
Wandelnd, scherzend kehr’ ich mit ihm heim,
Und es gelingt die Ueberredung
Daß er in sein Bett will kehren,
Hier im Nebenhause, bei den Ställen.
Alles liegt im tiefen Schlaf schon,
Abschied zärtlich, noch aus dem Fenster
Lebewohl ruft er mir zärtlich nach.

[246] Zurück kehr’ ich zu meiner holden Einsamkeit,
Verzeihung flehend dem Genius der Nacht,
Einladend wieder die süßen Träume,
Die mit dem bunten leichten Gefieder
Vor dem widrigen Geschwätz entflohn.
Schon kehren die Verscheuchten wieder,
Und ein süßes Gekose,
Gesang und Stammeln, verständlich und geheimnißvoll
Rauscht das Gespräch des Innern;
Wie liebliche Waldbäche klingen
In Nacht und Stille, Stimme und Rauschen zugleich,
Stammelnde Melodie, die wie im Schlummer
Sich selber vergißt, und jauchzend das Wort dann wiederfindet.
Und wieder keucht und schnaubt heran
Das nächtliche Ungethüm:
Kann man im Bette verharren,
(So schreit er schon aus der Ferne)
Bei so herrlicher Zeit?
[247] Und wenn man draußen einen Freund weiß,
Einen verständigen, edlen Mann,
Der mir so schön Recht gegeben,
Und der fast eben so gern als ich selber spricht?
Fahr du Bette dann wohl,
Denn noch Manches vergaß ich,
Was Sie gar sehr belehren,
Und noch die Sache in neuen Gesichtspunkt rücken wird. –

O all ihr Götter! (seufz’ ich heimlich)
Ihr Najaden und Dryaden,
Und ihr des Gebirges Pfleger,
Warum straft ihr mich so hämisch,
Daß ich wohl manchmal,
Doch immer nur in Unschuld,
Eure zu eifrigen Jünger verlacht!
Wißt ihr doch selbst,
Wie ganz mein Herz euch pocht und fühlt.

Schon ist das beste Geschwätz im rauschenden Gang,
[248] Ich lobe, bestätige, rechtfert’ge, tadle die Andern,
Aber zäher diesmal noch und unerbittlicher
Will er im Freien verbleiben.
Mit der Lüge endlich
Daß ich mich zum Lager fügen wolle,
Geht er mit mir zurück.
Wieder Betheurung der Freundschaft,
Bitten, ihn nicht zu vergessen,
Seine Freude, derlei trefflichen Mann
Gefunden zu haben an mir, –
Noch von innen grüßend, stolpert er
Die enge, steile Treppe hinauf,
Und (o Wonne) einen Riegel gewahr’ ich
Die Thür’ von außen zu schließen.

Zurück geh ich zum See und Himmel,
Schon wankt die Nacht, wie der Dämmrung weichend,
Schon rauschen die Bäume, nun den Morgen ahndend:
Wie schändlich, klag’ ich, ist mir die herrliche Zeit geraubt,
[249] Die ich so eigen meinem Gaumen zubereitet?
Doch die letzten funkelnden Reste des Nachtweins
Will ich ungestört nun nippen und schlürfen.
Und kaum gedacht, ist das Gespenst auch wieder da. –
Ich halt’s nicht aus, so ruft er, mein waches Ehrgefühl,
Meine Kränkung und schmerzliche Verletzung,
Halten alle Sinne munter!
Und, sonderbar, – ich konnte die Thür nicht öffnen –
Da bin ich, mit mancher Gefahr,
Zum Fenster herabgestiegen.
Sind wir doch wieder beisammen,
Vergessen in der Freundschaft
Sei alle Noth!

So schwatze denn, du Höllischer!
Du von Dämonen gesandt!
Was kümmert mich Natur und Herz und Gefühl?
[250] Ist doch der Teufel persönlich neben mir,
Der alles Göttliche verkümmert.

Wieder vom Wirth und seinen Dienern
Wird erzählt, – schon dämmert der Tag –
In den Ställen rühren sich die Maulthiere schon,
Die Vetturine beten leise und fluchen laut,
Er wird von einem Camraden gerufen, –
Den letzten Händedruck empfang’ ich vom Scheidenden, –
Und wach’ klopf ich den Kaffeeschenken,
Der endlich öffnet, in seinem Laden
Erquick’ ich mich lachend von den Leiden
Der bösen Nacht.



[251]

Siena.

Wie ich wieder auf die Gasse trete,
Aus dem hellerleuchteten Saal,
Ist mir, als sei ich gewürdiget worden,
Eine Götterversammlung zu schaun.

Oft schon vernahm ich in Rom
Des Improvisatoren Kunst,
Und mehr oder minder gerührt,
Erfreut, gelangweilt oft,
Verließ ich die Academie.
Ein Aufruf zieht mich heut in diese Zimmer,
Und ein Jüngling wandelt sinnend auf und ab,
Allgemach füllt sich der Raum,
Und Herren und ältliche Frauen,
Vor allen aber junge blühende Mädchen
[252] Schmücken die Sessel umher.
Vor mir prangen zwei Schönen,
Daß das Auge geblendet
Von glänzenden Schultern, Nacken und Brust
Scheu sich niederschlägt und immer wieder
Dem Quell des Glanzes entgegen eilt.
Aber welche Schönheit der Form!
Pallas wähn’ ich, und Juno zu schaun,
Des Olympus Götterbilder.
Und wie ich frage und scheu nur antworte,
Erglänzt im freundlichen Gespräch
Der edle Geist im geflügelten Wort,
Von glänzenden Lippen und Augen.

Jetzt beginnt des Sängers Lied,
Der Kampf und Tod der thebanischen Brüder,
Eteokles und Polynikes, wird
Ihm zum Thema gewählt.
Leichte Accorde des Flügels begleiten die Rede,
Und er hebt an:

[253] Erst, wie die Zwietracht sie entfernte,
Die Sprossen des schuldbelasteten Bettes,
Des eigenen Vaters Söhn’ und auch Brüder,
Dann wie die Furie eifriger schon
In Haß und Wuth den Widerwillen wandelt.
Endlich beginnt der tödtliche Kampf,
Jeder bereit den blutsverwandten Gegner
Zu den Schatten hinab zu senden.
Panzer und Schilde schirmen zuerst
Das Bruderherz gegen des Bruders Schwerdt,
Doch endlich fängt der Leib
Die rothen Wunden auf,
Keiner will merken wie mit dem Blut
Die Kraft ihm entströmt,
Jeder trotzt der eignen Schwäche und höhnt den Schmerz,
Facht doch des Feindes Augenglanz
Den matter brennenden Haß,
Daß er nicht erlösche.

[254] Der tödtliche Stahl hat schon sie durchbohrt,
Der jüngere stürzt zuerst,
Der ältere ihm nach, mit Lächeln im Antlitz,
Als hätt’ er gesiegt,
Regungslos liegen sie da,
Zwei athmende Leichen,
Kein Schwerdt erreicht das andere mehr,
Kein Arm mehr zuckt,
Die Blicke suchen sich feindlich im Todesdunkel,
Und nur der Wille noch schlägt und mordet,
Der Seufzer verwünscht noch;
Jetzt athmen sie das letzte Röcheln,
Und die beiden Blutströme
Rinnen in einander,
Nur Eine Röthe:
Ist es neuer Kampf und nach dem Tode Wuth,
Ist es die Sühne des Bruderherzens?

Es wuchs die Stimme mit jedem Vers,
Begeistrung erhob den trunknen Jüngling,
[255] Sein Auge Feuer, Wohllaut sein zitternder Mund,
Nicht sann er mehr, nicht kannt’ er
Die Flammen, die aus seinem Busen sprühten.
Und Aller Augen im Saal
Erglänzten hell wie die seinen,
Und Thräne fiel auf Thräne
Aus den schönsten nieder.

Wie? Auch Pallas und Juno weinen?
Da sah ich in ein liebliches Bad,
In welchem Amor die Flügel netzte,
Da senkt er seinen Pfeil in’s Thränenlächeln,
Und ich mußte entfliehn,
Denn niemals soll ein Sterblicher
Den Kampf mit Göttern wagen.



[256]

Florenz.

Schon als Heimisch-Bekannter
Grüß’ ich deine Stein’ und Häuser wieder,
Du Wiege Italischer Kunst,
Du dem Deutschen verwandtes Land.
Schaaren an Schaaren wandeln die armen
Gequälten Spanier,
Und seufzen in der Ferne
Nach der verrathenen Heimath.
Freundlich scheinen sie nicht gestimmt,
Und aus verzerrtem Verdruß
Blickt entstellt Castiliens Stolz.

Unfern dem Dome such’ ich ein Haus,
Da schreitet ernst und feierlich
Mit dreiecktem Hut und Tresse,
[257] Einen langen Degen schleppend,
Mit ellenbreitem Stichblatt,
Mit zinnernen Schnallen, die rund
Den Schuh und Fuß umgittern,
Ein ernster Mann gemessen auf und ab.
Ist er ein Pförtner? Ein Castellan?
Wo find’ ich, red’ ich ihn freundlich an,
Wohl den und den Pallast? –
Prüfenden Blicks betrachtet er mich,
Wirft das Haupt zurück
Und stemmt die beiden Hände auf seine Hüften;
Nach langer feierlicher Pause
Beginnt er im schlechten Italiänisch:
Ist es mir, als Castilianer,
Nicht Strafe des Himmels für Sünden genug,
Daß ich im verfluchten Lande
In der noch verfluchteren Stadt
Hier auf dem allerverfluchtesten Platz muß Wache stehn?
[258] Ihr verlangt auch noch, ich soll
Euren mehr als allerverfluchtesten Pallast kennen?

Da sah ich meinen Irrthum,
Und bat den Hochergrimmten
In spanischer edelster Mundart
Er möge mir verzeihn.
Und wie ich ihn öfter Usted genannt
Und Castilien und das Volk gepriesen,
Ward der Alte freundlich
Und klagte in Menschentönen
Sein Leid und Ungemach.
Am Abend sahn wir uns wieder,
Und tranken im guten Florentiner
Unsrer neuen Freundschaft.



[259]

Der Spaziergang.

Den Berg, der den Florentinern
Immerdar vor Augen schwebt,
Sind wir heut erstiegen,
Das alte Fiesole zu besuchen.
In dem Kloster dort erlabten uns Gebilde
Von Giotto und dem frommen Johann,
In der Bücher Pracht.
Doch endlich sind wir höher geklimmt,
Zur Spitze hinauf,
Wo unter Cypressen
Einsam das Kloster der Franziskaner ruht.

Ein kalter Wind durchsaust die Berge,
Nach dem Gewitter ist die Gegend trübe,
[260] Weit umher ergeht sich hier der Blick
Ueber Felsen weg durch Thäler hin,
Und zu den Füßen liegt Fiesole und Florenz.

Wie wir mit den Mönchen gespeist,
Erbietet man sich zu unserm Ergetzen,
Da das Wetter rauh und unfreundlich,
Mit uns Schach zu spielen.
Meine Gefährten treten beschämt zurück,
Und ich, überrascht, als der Einzige
Der die Kunst versteht und übt,
Erbiete mich, der Landsmannschaft Ehre zu retten.
Doch selbst seit der Kindheit
Hab’ ich kaum den Stein berührt,
Und nie hab’ ich mehr von der Weisen Ergötzung
Gefaßt als nur die Züge.
Der klügste, gewandteste Pater wird mir
Als Feldherr gegenüber gestellt,
Ein feiner Kopf, so freundlich-schön
Wie man ihn wohl auf alten Bildern sieht.

[261] Der Kampf beginnt: –
Und ich, nur in Aengsten,
Nicht gleich die schlimmsten Blößen zu geben,
Ziehe, im Zagen mit zaudernden Unwissen,
Und rings die andern,
Alte wie Junge
Erwundern mein kluges, feines Spiel,
Der Feldherr selber
Weiß kaum sich zu wehren,
Und ich verstehe selbst von meinen Listen nichts.
Lob auf Lob, Bewundrung, laute,
Ermuthigt mich, und trunken, erhitzt
Such’ ich mir eines Planes bewußt zu werden.
Schon giebt man den Pater verlohren,
Und ich strebe tantalisch vergeblich
Zu sehn, die Einsicht nur etwas zu gewinnen,
Doch nur mechanisch rückt der Finger die Holzgestalten.

[262] Man sagt, in drei Zügen sei ich der Meister,
Da verläßt plötzlich der Genius den Blinden,
Und lautes Gelächter statt der Ehrfurcht
Umschallt und beschämt mich,
Denn wie ich rücke spiel’ ich mich selber
In wenigen Zügen matt,
Und rings die Versammlung
Begreift so wenig
Die hohe List, wie jetzt die Einfalt.

So erzählt man, daß der große Condé
Als Meister begann
Und beschloß als Schüler.



[263]

Der Charlatan.

Wie ich niedersteige von der Academie
Und über den Platz des Pallastes gehe,
Gewahr ich schon aus der Ferne hoch zu Pferde
Einen umstreifenden Doktor und Wunderthäter,
Der durch das Land, die Dörfer und Städte streift,
Am Sattel hängend neben ihm die Apotheke,
Arcana und miraculöse Mixturen.
Um ihn sind Bürger und Bauern versammelt,
Und er preist die hohe Kraft seiner Werke.
Wie ich langsam und lächelnd näher schreite,
Erfreut den Wundermann zu hören und zu sehn,
Ruft er plötzlich lauter und feuriger:
[264] Und wollt ihr mir nicht glauben, so seht dahin,
Dort kommt einer meiner Patienten,
Noch hinkt er ein weniges, aber von welcher Gicht,
Von welcher Lähmung ich den edlen Mann geheilt,
Läßt sich kaum schildern, und nicht genug rühmen die Kur.
Alle betrachten mich staunend,
Doch ich, zürnend zum Propheten gewandt, erwiedre:
Soll ich Hörer seyn und Zuschauer eurer Comödie,
Müßt ihr mich nicht selbst als Person auftreten lassen.
Er, ohne gestört zu seyn, fährt fort,
Und noch aus der Ferne vernehm ich:
Seht ein Beispiel von der Menschen Undankbarkeit,
Nicht Wort will er es nun haben, was ich an ihm gethan,
Aber er komme mir nur zum zweitenmal,
[265] Da wird kein Mittel für ihn in allen meinen Schachteln seyn:
Drum kauft, ihr Landesgenossen, kauft für Weniges
Heil, Gesundheit, Schmerzlosigkeit, heitern Geist,
So lang’ es euch von mir noch so gut geboten wird.



[266]

Gemälde-Handel.

Wo man nur wandelt, steht und schaut,
Sind auch die geschäftigen Mäkler bereit,
Dem Fremden, den sie unerfahren wähnen,
Bilder und Kupfer aufzuschwatzen.

Mein Freund hatte heut in froher Laune
Doch Mühe genug einen Schwätzer abzuschütteln,
Indem wir auf der Gasse sprechen, uns gegenüber
Ein helles glänzendes Ladenschild eines Barbiers,
Auf dem schöne Damen in bunten seidnen Gewänden
Sich von zierlichen jungen Gesellen die Haare schneiden,
Den Kopfputz sich, den hochgethürmten, ordnen lassen.
Auf dem andern Schilde sitzen die Scheerensbedürftigen,
[267] Und seifend oder schabend vor ihnen die Gehülfen,
Alle grell und bunt und lustig anzuschaun.
Als uns der Mäkler verläßt, ruft der scherzende Freund
Launigt doch mit Ernst in allen Mienen:
Lieber ja als jene betrügerischen kauf’ ich diese Tableaus.

Das hört ein Junge des Perükenmachers,
Der schon neugierig in unsrer Nähe geweilt,
Er macht sich herbei, ängstlich erst und dann vertrauter,
Spricht und grüßt und lobet, und glaubt nun endlich
Den Deutschen zu kennen und schon im Netz zu haben,
Daß sich am Abend der Vater seiner Klugheit bedanken muß.
Sammeln Ihr Gnaden? – O ja, mein junger Freund! –
Für Ihre Güter, Excellenz. – Gewiß, mein Bester!
[268] Und Sie würden solche Darstellung nicht verschmähn? –
O nein, ich liebe mir bunte muntre Farben,
Und euer Italien ist so voll der Kunst,
Wohin man sieht, lacht einem Gebild entgegen. –
Wir sind, Gnädigster, als Kunstbegabte berühmt,
Der Florentiner vor allen in ganz Italien. –
Doch seid Ihr theuer, mein Freund, mit guten Sachen. –
Wie’s kommt, Excellenz, die schönen Bilder da
Ließe mein Vater um mäßigen Preis. –
Auch ist es Schade, mein Sohn, derlei Glänzendes
Der Sonne und Luft so thöricht auszusetzen. –
Bei dem Gnädigsten würden sie ewig dauern,
Man firnißt sie neu, so ist noch nichts daran verlohren. –
Aber der Preis? – Wir würden schon einig werden. –
Trennt sich der Vater nicht ungern von ihnen? –
Er wird sie vermissen. – Allein, wenn ich sie erstehe,
[269] So müßt ihr mir auch den Gegenstand erklären:
Sagt, sind die Figuren aus der Mythologie entlehnt,
So nennt mir die Götter, die sie repräsentiren:
Oder ist die Sache christlich, so sind es wohl Märtirer,
Die dort gequält so ergeben für den Glauben dulden.

Da sah der Bursche den Freund mit großen Augen an,
Merkte, daß diesmal der Italiäner der Gehänselte sei,
Wollte erst empfindlich thun, doch lachte er dann,
Und mit den Worten: Excellenz sind ein Schelmchen!
Lief er mit einem Sprunge über die Gasse in’s Haus.



[270]

Pisa.

Von frühester Kindheit
Stieg bei deinem Namen, altes Pisa,
Auch Ungolinos Schreckgestalt vor mir auf,
Die Entsetzens-Gruppe des Vaters mit den Kindern,
Im finstern einsamen Hungerthurme,
Wie Gerstenberg uns mit unbegreiflicher Stärke,
Und übermenschlicher Kraft und Fassung,
Die Scenen des Grauens geschildert hat.
Aber längst ist Straße wie Thurm vernichtet,
Und der Raum der Unthat genommen,
Die einst den Fluch auf Pisa herabrief,
Und Dantes scheltend ernstes Wort.

Dafür besuch’ ich den Kirchhof nun,
Und an den hohen Wänden der edeln Halle
[271] Leuchten mir Benozzo’s Lebensbilder
In lachenden Farben, in muntrer Tracht,
In bedeutsamen Mienen, und mit heiterm Sinn entgegen.
Der Mystik der ältern Welt gegenüber,
Dem finstern ernsten Sinn der Vorzeit
Sind hier die Geschichten des alten Bundes
In wahre menschliche Comödie verwandelt.
Auch heitre Lust spricht ernsten Sinn aus,
Und des Lebens Glanz
Von diesen Wänden auf den Todten-Acker stralend,
Tröstet sie mit heiligem Scherz die Verwesung;
Und die alte fromme Sage,
Weil sie kindlich und menschlich ist,
Erträgt des edeln Künstlers Laun’ und Muthwill,
Und lächelt sich selbst an wohlgefällig.

Dein wunderbares Bild, Orgagna,
Ueberrascht mich, so sehr ich es zu kennen glaubte.
[272] Diese Figur des Todes,
Nicht Mann, nicht Weib, nicht alt, nicht jung,
Fliegend, blaß, entstellt, im schweren Gewand, –
Warum nicht ward sie festgehalten,
Und statt des unbedeutenden Gerippes,
In neue Formen von Bildnern gesetzt?

Ich trete wieder zur Straße hinaus,
Und vor mir neigt sich der schiefe Thurm,
Als wollt’ er die Reisenden grüßen oder höhnen.



[273]

Livorno.

Die Sonne sinkt, und über dem Meeresspiegel
Tanzen die bunten Lichter, sich küssend, hin;
In der sanften Gluth liegt Elba vor mir.
Wie die Schiffe mit vollen Segeln vorüber gleiten,
Wie der stille Flug der Seevögel leuchtet,
Und im Widerschein die fernen Häuser glänzen,
Frag’ ich mich: warum denn in der abendlichen Stille
Rührt dich so innig das nahe verhallende Gespräch,
Dort der verklingende Gesang der fremden Menschen,
Und die schreienden Vögel flattern über dem sanft rauschenden Meer?
[274] Wie ein Echo wiederklingt die Töne die wiederhallende Brust,
Und alles scheint mir Abschied und Sehnen nach Ruh’ und Schlaf;
Todesgedanken tauchen süß und wollüstig
Auf aus dunkler Tiefe, und der Wehmuth Strom
Lockt den Schwindelnden, hin zu fahren auf ihm
Und bald auf räthselhaftem Ufer zu landen.



[275]

Reise nach Lucca.

Welch süßes Athmen! Welche Luft!
Wie hebt sich die Brust, nur mehr und immer mehr
Der zarten Wellen zu trinken,
Die mit Gedüft des Oelbaums getränkt,
Mit der blühenden Myrthe Wohlgeruch,
In Wollust alle Sinne tauchen,
Und elysisch über das Land
Ein Meer von Wonne sich gießen.

Kann es dem Schiffer lieblicher dünken,
Wenn von Indiens Küsten herüber
Die gastlichen Lüfte der Gewürze Blüthenduft
Ihm auf sein wanderndes Schiff hinstreun?

Warlich, was die Rose unter den Blumen,
Was der Alertico unter den Weinen,
Ist diese Himmelsluft gegen die der übrigen Welt.



[276]

Lucca.

Ein Kirchenfest versammelt vor das Thor
Zum regen Gedränge die Bewohner der Stadt,
Da glänzt Atlas- und Seidenkleid
Im Abendschimmer auf dem grünen Rasen.
Frohes Getümmel und Kinderjauchzen,
Und Jünglinge wandeln und suchen den Blick
Der schöneren Augen.

Ha! diese edle Gestalt in grüner Seide,
Wandelnd an der Seite des entzückten Bräutigams,
Ueberglänzt sie alle an Frische, Schönheit und Augenglanz,
Wie sie im leichten Gespräch die vollen Lippen
Holdselig lächelnd öffnet,
Sprühen blitzend durch das Corallenroth die Lichter der Perlenzähnchen,
[277] Und alles an ihr, Geberde, Gang und Stimme
Erklingt wie Musik und nimmt mein Herz gefangen,
Daß ich den Bräutigam beneidend fast ihn hasse,

Da nimmt die Himmlische aus ihrem Körbchen,
Große lombardische Nüsse,
Und beißt sie laut krachend hinter rother Lippengluth
Mit den Perlenzähnchen auf.

O Bräutigam! ärmster der Menschen!
So rief ich entfliehend. –
Wohl hört man von Sirenen, Vampyren, Empusen,
Und anderm tollen Zaubergespuk,
Das dämonisch sich der Männerherzen
In täuschender Gestalt bemächtigt;
Und ich war (furchtbar!) nahe der grausen Gefahr
Bethört zu lieben eine Nußknackerin!



[278]

Bologna.

Seit ich Florenz verließ
Vermiß’ ich Italien,
Alle Berge dünken mir klein,
Alle Formen der Landschaft beengend:
O wie sehnt sich mein Auge nach dir
Du erhabene römische Ferne,
Mit deinen hochschwebenden Gebirgen,
Der weiten, ausgedehnten Landschaft.

Todt nennen sie deine Natur?
Noch immer ruhen, wie liebliche Träume,
Deine dämmernden Gestalten vor den Augen meines Geistes,
Und wie man nach langem, innigen Gespräch,
In der Versammlung der Fremden den Freund vermißt,
So erseufz’ ich nach Roms Gegenwart
Wenn man mir dieses wohl und jenes schön will nennen.



[279]

Parma.

Hier war mein Herz schon längst,
In deiner Heimath, o lieblichster Correggio,
Jetzt betret’ ich die Bühne deiner Kunst, Holdseliger,
Du, von allen Musen und Grazien,
Von den Göttern geliebter froher, herrlicher Allegri!

Schon seit Jahren nährt mich deiner Begeistrung Wein,
Wie oft schaut’ ich in Träumen dein edles Schaffen,
Sprach mit dir, vernahm den Ton deiner Stimme,
Gerührt von deiner Freundlichkeit erwacht’ ich.

Hier nun, wo dein hoher Geist
Zwei Tempel mit Pracht und tiefen Sinn geschmückt,
Fehlt mir fast in brünstiger Liebe
Die Kraft und Ruhe, deine Rede ganz zu vernehmen.

[280] Welcher Genius hat dir alle Schätze entriegelt?
Alle Gebilde der Welt traten dir entgegen,
Und gaben sich dir zu eigen, und freundlich
Hast du mit ihnen die frohe Haushaltung getrieben.

Das war ein muntres Getümmel,
Als die lachenden Engelchen dir die Farben reichten,
Hohe Geister dir als Modell in ihrem Adel standen,
Und Musik des Himmels dazu mit Macht erklang.

Sage doch Keiner, er habe Italien gesehn,
Rühme sich Keiner, ihm sei das Höchste vertraut,
Wähne doch Niemand, das Geheimniß der Kunst geahndet zu haben,
Der dich nicht, Parma, und deinen Dom besucht.



Quelle:
Ludwig Tieck. Gedichte. Dritter Theil. Dresden bei P. G. Hilscher, 1823.

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