| August Kopisch |
Kurzbiografie
August Kopisch (*26. Mai 1799 in Breslau – †6. Februar 1853 in Berlin), der einer wohlsituierten Kaufmannsfamilie entstammte, befasste sich nach dem Besuch des Breslauer Magdalenen-Gymnasiums, das er als Sechzehnjähriger verließ, intensiv an den Kunstakademien in Prag, Dresden und Wien mit Malerei. Ein Handbruch, den er sich beim Schlittschuhlaufen zugezogen hatte, zerstörte die Aussicht auf eine Karriere als Maler. Der musikalisch talentierte – Kopisch spielte mehrere Instrumente – und auch sehr sportliche junge Künstler begab sich nach dem Unfall 1824 zu einem Genesungsurlaub nach Italien, wo er fünf Jahre bleiben sollte. In Rom pflegte er vorübergehend Kontakt zu den Deutschrömern, zog aber das quirlige süditalienische Alltagsleben in Neapel vor, wo er, nicht nur die italienische Sprache, sondern auch „napoletano“ beherrschend als „Don Augusto Prussiano“ von neapolitanischen Freunden wie Gaetano Donizetti (1797-1848) oder dem Komödiendichter und beliebten Pulcinella-Darsteller Filippo Cammarano (1764-1842) wert geschätzt wurde. Aus Kopischs Affinität und Sympathie zu seiner Wahlheimat und der „Napoletanità“ entstanden enge Beziehungen zu den örtlichen Schauspielertruppen, deren Stücke er inszenierte, originelle Übersetzungen und anmutige Volksliedsammlungen. Als vorzüglicher Schwimmer unternahm er bei einem Aufenthalt auf Capri im Sommer 1826 mit dem Malerfreund Ernst Fries (1801-1833) einen für die Tourismusbranche folgenschweren und erfreulichen Abstecher in die als verwunschen geltende Grotta Gradula. Von nun an folgten dem „Entdecker“ der „Blauen Grotte“ unzählige Touristenströme per Boot, um sich an ihren faszinierenden Blautönen zu ergötzen. 1827 bestieg der unerschrockene Kopisch den Ätna. Die Begegnung mit August Graf von Platen (1796-1835) im gleichen Jahr war für Kopisch literarisch inspirierend und produktiv, die heftige Freundschaft mit dem hochneurotischen Grafen währte allerdings nur kurz. 1829 kehrte Kopisch nach Breslau zurück und wurde 1833 vom preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (1795-1861), einer Bekanntschaft aus Neapel, in das Hofmarschallamt nach Berlin berufen. Im Winter 1837/38 reiste Kopisch ein weiteres Mal nach Italien. 1840 beauftragte der nunmehrige König Friedrich Wilhelm IV. Kopisch mit dem Verfassen der Geschichte der königlichen Schlösser und Gärten bei Potsdam – ein langfristiges Projekt, dessen Veröffentlichung im Jahre 1854 der nun auch als Historiograph tätige Dichter und Übersetzer („Göttliche Komödie“, 1843) nicht mehr erlebte. Der „Entdecker“ der „Grotta Azzurra“ und Erfinder der Heinzelmännchen („Die Heinzelmännchen zu Köln“, 1836) erlag 1853 einem Schlaganfall. Kopischs lyrisches Werk zeigt eine an Sagen, Märchen, Volkslieder und Schwänke anknüpfende heitere Volkstümlichkeit. Besonders die kleineren Prosawerke erzählen von seiner herzlichen Zuneigung zu Italien.
Yvonne-Patricia Alefeld
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* 15. Am Vorabend der Hochzeit.*)
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Ueber die Alpen südwärts Wallet Orangenduft. Komm, o komm herüber! Hallet die blaue Luft;
Kehr zu der Pracht der Städte, Kehr zu dem kühlen Meer, Aloe, Rosen, Myrten Blühen am Strand umher.
Und schon ertönt die Zitter Dort in die Mondennacht, Die manch Kind am Fenster Liebend und bang verwacht.
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*) von Mathilde Meyer mit Otto Völker, gefunden von Frau Kl… als Albanerin.
[399]
Ach, was hielt Dich wieder Hier in dem Winterland, Hätte Dich holde Liebe Liebe nicht festgebannt?
Halte Euch denn die Liebe, Liebe, die nie entläßt: Sei sie Euch Hesperiens Ewiges Frühlingsfest!
[411]
* 5. Historisches Weinlied.
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Oft überstieg um ein gut Glas Das deutsche Volk den Alpenpaß, Und – war’s gefunden, Es ließ sichs munden, Und scheute drum nicht Kampf, nicht Wunden.
Da dachte Kaiser Probus so: Hat Wein das Volk, so ist es froh; Pflanz’ Wein ich drüben, Bleibt’s weg von hüben; Laßt es uns dort im Weinbau üben!
Er kam und sprach: Probirt einmal, Ob Wein hier wachs’ um Berg und Thal. Es wird probiret, Man reüssiret: Hoch lebe Probus, der’s probiret!
Doch half’s ihm nichts; denn hier wie dort Trank Deutschland doppelt fort und fort, Ließ unter Singen Und Römerklingen Das römsche Reich wie Glas zerspringen.
[412] Das Reich ward römisch-deutsch erneut, Verging zuletzt auch mit der Zeit; Doch nicht das Singen Und Jubelklingen, Noch mancher Römer wird hier springen!
Moral.
Zweimal verging das römsche Reich, Das Trinken – bleibt sich immer gleich: Mit Sorgenbrecher Gefüllt den Becher, Lobt Probus Probe noch der Zecher.
Zusatz für Politiker.
Und trinken wir auch römschen Wein, Braucht drum das Reich nicht röm’sch zu sein! Wird’s deutsch probiret, Traun, es floriret. Hoch leb’ der Probus, der’s probiret!
Quelle: Gesammelte Werke von August Kopisch. Erster Band. Berlin 1856.
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* 21. An den Grafen August von Platen.
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Dein holdlautender Sang welcher mit edlem Flug, Wie ein Pfeil den die Kraft Amors gesendet, mein Herz traf und dem Leibe Ruh nahm Und Entzückung der Seele gab –
Ach was nimmer die Brust kummerbedrängt gehofft, Was schon längst in das Grab täuschender Liebe sank – Hebt neu er empor! – Erfüllt wird Der begeisterten Thräne Wunsch. –
Sieh, ich hab dich erkannt, als ich dein Lied ersah Groß hinschreiten zum Thron, kühnester Worte Speer’ Entsenden – vergeblich niemals, Da den Musen geliebt du bist. –
Weil Du selbst sie gereicht, drück ich die edle Hand Ach, wie gern an das Herz! lindernd die Qual die mir Gab Liebe; da sie den Lustkelch Mir vom Saume der Lippen riß.
Ach, wie fühlt’ ich dir ganz gleich, – bis die Liebe mich Einst zur Leiche verkehrt, täuschend mein volles Herz, Und stürmendes Leid den Wohllaut Den zerrissenen Saiten nahm! –
[63] Laß mich dir nun vereint suchen die hohe Bahn Die kein sterblicher Fuß wandelt den Erdenstaub Belastet, die ewiger Schönheit Unerschöpfliche Quellfluth netzt!
Laß uns dann in die Fluth in die belebende Wie in Lethes Geström senken was sterblich ist; – Auch Leid der getäuschten Brust nehm Nun die bergende Fluth hinweg! –
Laß uns schweifen umher! Was nur das Herz begehrt Beut Parthenope reich fühlenden Sinnen. Schau Dort Rebengeschmückten Seestrand Schön geschwungen wie Schwalbenflug!
Laß uns pflücken die Luft welche die Hore beut Eh uns eilend ihr Arm trennt! Nun vereint uns noch Fruchtland, das, wie Sannazar sang, Von dem Himmel zur Erde fiel.
24 Juli 1827.
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22. An Denselben.
Im März 1828.
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Nun länger nicht mehr halte dich Roma fest In hohen Mauern, wenn zu entzücktem Lied Dir je Neapels Meergestade Flügel verliehn, wo die Brandung mitsingt.
Nun spiegelt, Freund, sich schöner im schönen Golf Der Ufer Prachtbild, wogend der Berg Vesuv, Der laut erdonnernd hoch die Stirn hebt Prangend im Schmucke der Feuerkrone.
Am Tag entblüht ihm, wie die Hortensia An Blüthe Blüth’ aufwölbet, so Qualm an Qualm, Der Schwänen gleich zum Himmel aufschwillt, Farbiger quellend in Asche hinsinkt.
Anzeichen viele sandte die Erd’ empor, Gewölk, gedehntes, lag um die Berge rings, Weissagend murrte tief die Erde Schreckend des dampfenden Munds Umwohner.
Vergebens zog den Eimer ihr Seil empor Aus Felsenbrunnen, dürstender sanken sie Der Heil’genbilder Knie umfassend, Aengstlich erwartend des Himmels Rathschluß.
[65] Zuerst emporschlug nächtliche Gluth am Hang, Wo einst, an Rebenseilen, des Spartacus Gen Rom empörter Schwarm herabkam, Stürzend wie Lava zu Glabrus Lager.
Doch nun des Schlundes Nabel enttobt die Gluth, Erbaut im Berg den Berg; in die Mondesnacht Aufwallet weitgeschaut die Lohe, Heftig erreget im Sonnenaufgang.
Die lange schlief, sie schaut, von dem Aschenbett Erstanden neu, wer rings die Gestad’ umwohnt, Wen reich Neapels Ufer aufnährt Oder der duftende Wald Surrentums;
Wer hoch um Capris hang die Olive baut, Wer Procidas, wer Ischias Traube trinkt – Sorgloser nun, da Todessturz ihm Weniger drohet; die Erde ruht nun.
Sie leuchtet hoch dem Fischer zu seinem Fang, Der nächtlich auswirft maschiger Netze Trug; Und wundernd hemmt der muntre Delphin Rollenden Tanz und erstaunt verweilt er.
Von fernem Land hersegelnde Männer schaun Des hohen Leuchtthurms wehende Gluth entzückt, Mehr Flügel bindet ihre Sehnsucht Hoch an dem Mast des umschäumten Kieles.
[66] Und rascher antreibt mühender Rosse Zug, Umlenkend, wer schon eilte dem Norden zu; Zu schaun das Wunder klimmt der Fremde Kühner, entzückt, an den Rand des Unheils:
Wo brüllend aufsteigt fliegender Steine Strom; Den Schlund erfüllt ihr prasselnder Sturz, es trieft Träg über sie der Lava Gluthschaum, Höher und höher im alten Rachen.
Wo einst hindurchbrech’ ihre gehäufte Last, Ob Stadt, ob Rebenhügel bedroh’ ihr Guß, Ob neu verhüllt Pompejis Wunder Fliehen der grabenden Männer Eisen –
Wer sagt es, wer der Sterblichen schwebt hinein? Wes Auge wandelt nimmer versenkt hin durch Der Feuerhöhlen tiefe Gassen, Daß er uns künde des Wehes Ausgang?
Ich will hinangehn, nahe die Pracht zu schaun, Will festgebannt dort, selig im Schrecken stehn; Ob unter mir der Berg einschmölze, Staunend, entzückt in der Gluth verschwänd’ ich!
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23. An denselben.
Aus Neapel 1828.
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Wem der Gottheit Liebe des Auges Lichtkreis Nährt mit Sehnsucht ewiger holder Schönheit, – Sel’ge Kraft hebt über die Sorg’ empor ihn Känpfender Menschheit. Da allein nur Ewiges ihn erfreut, nie Klagt bethränt er eitelen Glückes Fall nach: Welches Leid ihn hemm’, es erhöhet ihm nur Klimmenden Ruhmgang. Wie die Stromfluth, welche die Thale durchirrt, Auf dem Irrpfad andere Fluthen aufnimmt, Schwillt, gehemmt, umbeugend die Macht ihm hochauf, Voller genährt nun. Sein Gedank’ ist bald in der Bienen Schwarmflug, Honig sammelnd, süßesten, aus dem Duftkelch, Bald in Adlers Auge, der über Sturm sich Schwingt wo die Luft schweigt. Jung emporblüht ihm was die Zeit gewelkt hat. Seinem Nachttraum nahet verbrauster Vorwelt Weise Schönheit, lange verfall’ne Städte Heben in Pracht sich. [68] Wie Homeros arm, an die Pforte pocht er; Doch, beginnt sein Lied von der Fürsten Kampfmüh’n, Scheint ein Gott er, – ihm zu den Füßen dünkt es Wallendes Traumspiel. Rath ertheilt er, helfenden, wie des Lastschiffs Edler Kielbau, Wogen zertheilend, hinträgt Einem Kriegnoth-leidenden Meereseiland Nährenden Vorrath; Wie zur Aussaat Samen ein Fürst hinausschenkt, Wenn wo mislang herbstlichen Mähens Eintrag, Daß nicht leer steh seiner beglückten Volkmacht Irgend ein Fruchtfeld. Was er austönt schmücket erhabner Anmuth Edler Duftkranz: heilig geordnet schwebt es, Neigend sanft zum Munde den Kelch, er trieft von Göttlicher Weisheit. Wenn er Wohllaut holden Gesangs ihr zuweht, Leichter aufschwingt Freude der Flügel Reinheit; – Leid vernimmt ihn, mild in erhöhter Menschheit Thränen entschläft es! Alter naht ihm nimmer zu Qual, es haucht ihm Sel’ge Klarheit, wenn des bewegten Lebens Wolke hinsank: wie dem Orkan erquickend Süßes Gedüft folgt. Sein Gesang bleibt, gleich der umtanzten Linde: Lange schwand wer senkte den Sproß, – der Baum lebt Blühend, jahrreich, seiner Verästung Laub schirmt Reigen der Nachwelt. [69] Platen, auch uns nähret der holden Sehnsucht Ew’ge Kraft auf – inniger tönt ins Herz Dir Was am Busen Dir in entzückten Thränen Schweigend ich aussann. Als zuerst mein Auge geruht in Deinem Freundesanblick: wie in dem Spiegel sahn wir Beide selbst uns: innige gleiche Sehnsucht Ewige eint uns! Unser Bund umwölkte sich zwar – doch nur wie Feuer, das zu heftigen Sturmes Hauch facht, Erst umdampft kämpft, dann in befreiter Klarheit Reichlicher aufflammt. Gramentlöst fliegt selig die Seel’ empor mir, Schläng’ ein Epheu gern um Deine fest sich! Komm, die See singt rings am Gestad Homeros Alten Gesang noch! Laß, o laß nun wimmeln von Kunst die Prunkstadt Jenem Volk, das Götter und Tempel heimtrug, Wie der Hindin Junge der Leu sich heim zum Spiele der Brut schleppt: Welches, Kreis um Kreis, Colosseums blut’gen Schlund umsaß und, froh des Gewürgs, emporschrie Wenn der Vesta Mädchen den Finger regend Helden den Tod gab. Komm, o komm! laß griechische Lut umwehn Dich! Capris Felshaupt, Aeolos Land vorüber Trage sanft uns eilende Woge nach der Siculer Eiland: [70] Wo in Halbnacht hell der Orange duftend Goldgestirn glimmt, Feigen-umhangne Höhlung Glut abwehrt, wo viel Oleander blühend Jeglichen Strom kränzt; – Wo versenkt manch grünender Stein Gesang tönt; Wo, gestürzt in Trümmer, der Säule Prachthaupt Aloen umblühen, wie Sommerfalter Sagen umschwärmen. Komm wo Pindar einst zum beschneiten Aetna, Ringsumdampft, klomm, Großes ersann und tönend Aus dem Füllhorn männlicher Charis hingoß Staunendem Volkschwarm. Komm, o komm wo ionische Flut hinanwallt Um den Fels Orthygias, andern Himmels Heitre spiegelnd. Nimmer getrennt verein’ uns Göttliche Huld nun! Nähre Mitwelt uns und erhabne Vorwelt: Wie das Lenzlaub knospet der Raupe, die um- sponnen einschläft, träumt und geflügelt prachtvoll Schwebt in die Zukunft!
[204]
* 5. Die schöne Nacht in Rom.
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Welch heitrer Himmel, welche schönen Sterne! In solcher Nacht stiehlt man die Mädchen gerne, Und die sie stehlen nennet man nicht Diebe; Man sagt: die armen Jungen thun es aus Liebe!
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* 3. An Platen
Am 3. August 1827.
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Hoch füll, höher ihn an – träufelnd von Labungen Reich mir, Liebe, den Kelch! – Fittiche gieb! Ich will Hineilen, geliebte Lippen Die verschmachten zu netzen gehen. – Wie? auf einsamer Bahn, nächtlicher, fliehst Du Freund? – War kein Auge Dir treu welches in Deins geblickt, Daß liebenden Blick Du nun, ach, Wie vergiftete Pfeile fliehst? Kränzt Flucht Männer mit Ruhm? – scheint ein erhabener Mann Dir C a t o, der schwer Freunde betrübt, da er Aufriß den Verband der Wunden Den ihm Liebe gelegt ums Herz? War groß Ajax da er gegen sich selbst getobt? O, wie bringt es mir Weh, schau ich Dein finstres Aug Anstarren der Erde Unheil Vom Gorgonischen Blick versteint! –
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* Folgende vier Gedichte sind erst am Schlusse des Druckes dieses Bandes dem Herausgeber zugesendet.
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Sieh, viel Andre mit Dir fühlen der Zeiten Noth, Schau’n Thorheiten erzürnt, möchten vereint mit Dir Aufschreien, wie einst Kassandra Auf die Zinnen von Ilion Trat, Weh-drohenden Sang tönend; – doch ungehört Blieb was strafend der Gott ihr in den Mund im Zorn Gab; denn ihr gewaltig Wort war Für der Sterblichen Ohr zu groß. Ach, und schrecklich verlacht, weinte die Seherin! – Gab Flucht Linderung ihr als sie die Menge ließ, Wenn innerstes Heiligthum sie Der erzürneten Gottheit, barg? – Nur hochschlagender Brust naht so erhabnes Leid! – Weit ist größer der Sinn welcher das Leid bekämpft, Mit ruhigem Arm der Hydra Die entsetzlichen Häupter mäht Die stets wachsend erneut kommender Tage Hand. – Stets war also die Welt. Werke der Menschen, ach, Bald ebnet der Zeiten Pflugschaar Die vergänglichen! – Neues sä’t Zukunft. – Menschlicher Kraft Gipfel erreicht nur der Des stillschaffender Sinn – gegen sich selbst allein Streng, Anderen milde – pflegt was Ihm verliehen der Gottheit Huld. Zwar viel stäubet dahin, ihm aus der Hand dahin; Doch stät bleibet sein Herz, mild in der edlen Brust, Und heiter in eigner Fülle Der erhabenen Seele Blick. – [317] – O, laß bannen den Geist welcher in Nacht Dich führt, Komm zum Licht, das allein Blüthen ernährt, zurück! Wegwerfend den Haß, entzücke Die Dich lieben, mit Liebe nun! Ach, gleich lieblichem Lenz, lockt ein beglückter Geist Aus Eis Blumen hervor welche kein Aug gehofft: Auf Wangen geliebter Freunde Wie erblühet ihm süß’re Luft!
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* 4. An denselben.
Neapel 5 Februar 1828.
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Nicht wähne kalt mich, da ich geliebt Dir, so lang entfernt bin; aber vernimm, Roma lockt später mich noch, ernst zu schaun Wie der Trophä’n Trümmer versinkt.
Mich hält noch süß Parthenopes, ach, Der Sirene nie freilassender Arm! Schon entflohn, lockt sie mich stets neu zurück, Andere Luft faltet sie auf:
Ob tief die Brust holdflötender Sang Donizetti’s treff’, ob schwebender Tanz Mich erfreu’, lachende Luft Komos bring’ Oder die laut lärmende Stadt.
Und neu erwacht, frisch blühend, mir nun Und mit Reiz geschmückt am Leben die Luft! Dunkeln Grams Schneckengehäus fällt, und tief Wirft es hinab edlerer Sinn.
[319] Ja, neu bespannt tönt voller empor Mir die Leier; stark wird treffen ihr Pfeil, Nun da Sieg-prangender Geist sendet ihn, Welchem der Sieg stählte die Kraft!
Wie Bienen saug’ ich Süßes allein: Nicht die Sage schreckt mich, „Ischia beb’ „Meerumwogt“; – drohe mir auch Tod, es blüht Nah der Gefahr voller das Glück!
Auch Dich schon hebt sehnsüchtige Lust Zu dem Golf zurück, wo Barken im Port Früchtevoll landen und uns hellen Rufs Fragen: „wohin? Herzchen wohin?“ –
So komm und laß uns schaukeln die Wog! – Des erhabnen Lieds hochragende Blum’, Engvereint, pflücken in Luft wir; o komm Liebend an mein liebendes Herz!
Und wenn Saturn allmächtigen Arms, Da empor sie schwebt, Schönheit in dem Flug Hemmt, o komm, schwärme mit mir weit zurück Tief in den Kelch goldener Welt! –
Quelle: Gesammelte Werke von August Kopisch. Zweiter Band. Berlin 1856.
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6. Der Longobarden Grenzstein.
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Authari mehrte gewaltig der Longobarden Reich, Vom Fuß der Alpen nieder war ihm kein Andrer gleich: Sie fielen mit Mauern und Burgen und hielten ihm nicht Stand, Von den Alpen bis nach Reggio ward sein das schöne Land. An Landes End, im Meer, steht eine Säule wellengeschlagen, Dahin ließ Authari der König von seinem Rosse sich tragen, Und schwamm hinüber und rührte sie mit dem Speer: „Die sei der Longobarden Grenzstein im Mittagmeer.“
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18. Graf Roger auf Scilla.
(Zu einem Epos: „Die Normannen in Sicilien.“)
Graf Roger sah vom Thurme Des dunkeln Scillafelsen Hinüber nach Sicilien, Wo nun die Sarazenen Der Erbe Früchte lasen: In seinem Herzen dacht’ er Der Noth bedrängter Christen. –
Da sah die Fee Morgana Den wunderschönen Helden; Von Lieb’ entbrannt erschien sie In ihrem Zauberwagen: „Komm mit mir nach Sicilien! Beschau das reiche Land dir Mit allen seinen Burgen.“ – Held Roger aber sagte: „Zu Schiff und Rosse fahr ich Und nicht in Zauberwagen!“
[61] Nun schwang den Stab Morgana Und sprach: „So hab’ es leichter!“ O welch Wunder sah nun Der kühnste der Normannen: Herüber kam das Land ihm Mit allen seinen Bergen, Mit allen seinen Städten, Mit Strömen und mit Feldern. Messina sieht er staunend Nun hoch vom Aetnagipfel, Ringshin die ganze Insel. Nun, in Olivenwäldern, Umsingen ihn Cicaden; Auf Syracusens Trümmern Nun sieht er Rinder weiden; Nun summen Bienenschwärme Um ihn am Hyblaberge; Nun schaut er Alicatas Goldwogige Aehrenfelder; Nun reiche Handelstraßen, Getümmel von Kameelen! Und prangend kommt Palermo In Hesperidengärten Mit schimmernden Pallästen Uns tausend bunten Schiffen! So schwebet alles Land ihm Bis Trapani herüber, Bis zu dem letzten Berge, Auf dem Cytherens Tempel Erbaut im Zauberwalde. –
[62] Da sprach die Fee Morgana: „Bleib hier mit mir zu wohnen! Sei du Siciliens König, Ich will es und mich selber Dir ganz zu eigen schenken.“
Held Roger aber sagte: „Nicht will ich Land von Feen Durch Minne mir gewinnen, Doch darum kämpfen will ich In Christengottes Namen, Bis ich sein heilig Banner Gepflanzt auf Thürm’ und Mauern.“ – Als Roger so gesprochen, Zerstob der bunte Zauber: Berg, Städte, Ström’ und Felder Hinunter in die Meerflut. – Da lag Sicilien ferne.
Morgana rief: „O wehe, Wie viele Jahre wirst du Nun schwere Schlachten kämpfen!“ – „Muß ich viel Jahre kämpfen, So ist’s der Helden Sitte In langem Streit zu dauern.“ – Damit verschwand Morgana, Und ihre Thränen fielen Hinunter in die Wirbel Der tobenden Charybdis. – Wie vieles Weh entstand da! –
[63] Er aber stieg vom Thurme Des schwarzen Scillafelsen; Zu seinen Schiffen ging er; Der Helden Muth zu höhen, Ließ er Drommeten schmettern. Da schwollen hundert Segel, Zu tausend Siegen flogen Sie stürmend nach Sicilien.
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1. Vor Neapel.
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Kühlung bietend eröffnet dort Ein Lustgarten den Blick über das weite Meer – Das hellschimmernden Glanz verstreut! Dorther funkelt die Stadt, ach und die schönste Stadt! Sieh, der Bäume Gezweig umhangt Festlich wechselndes Licht bunter Laternen Glut; Oleander erhellt es und der Palmen Pracht. Hoch im himmlischen Blau hanget der Silbermond Und umscheint des Vesuvs Gewölk, Das wie Flocken dahin flieht in dem milden Hauch! –
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* 2. Schwärmerei für Sorrent.
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Um Sorrent rauschet das Meer auf! Hoch hör’ ich es rauschen durch meine Träume, Es rollt zu den Füßen der Stadt das Geschäume, Badgrotten erfüllend und tiefe Geklüfte. Und die Felsen herab, zu schwer für die Lüfte, Wie fließen wie wehen Orangengedüfte! Sie verströmt der Wald, der droben erblüht, Wo die Seeluft kühlt wenn die Sonne glüht, Wo Neapel man schaut und den Berg Vesuv, Wo man staunet der Welt, die der Geist erschuf, Das urewig stralende Wunder! –
Um Sorrent rauschet das Meer auf! Stets rauscht es und ruft: Wie verträumst du das Leben? Komm her und genieß was die Stunden geben! Wo anders hast du nur halbe Gedanken, Die weit in die Ferne verstäubend schwanken: Komm, laß von der Gegenwart ganz dich umranken! Wer Sorrentos trauliches Ufer schaut – Ihm ist wie dem, der errungen die Braut, Der entzückt, von den Armen der Holden umstrickt, In ihren Augen die Lieb’ erblickt, Das urewig stralende Wunder! –
[177] Um Sorrent rauschet das Meer auf! Und Göttergeschenke blühen unzählig! Doch schüf’ mich die Seligkeit jetzt nicht selig, Nicht selig, wie sonst, durchstreift’ ich alleine Cicadendurchsungne duftathmende Haine Und die blühende Welt der Schimmer und Scheine. – Doch ach, wie gern dort schwärmt’ ich, wie gern Mit Seele, die von Sorrent auch fern! Dann fiel’ mir hernieder vom Himmel ein Stück, Es umsinge mich dann paradiesisches Glück, Das zu fern mir entrückete Wunder! –
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* 3. Aus Sorrent.
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Hier auf der Höh von Sorrent stand Zeus fernleuchtender Tempel, Wo jetzt Trümmer vergehn des Klosters San Giovanni Sturz nach Sturz seit der Orden verging der den Pilgern ein Schirm war. Willst du den Namen des Orts? Il deserto heißt er, die Wüste; Frägst du nach mehr, weiß niemand mehr dir zu sagen. Längst unbewohnt um den räumigen Hof ist die Menge der Zellen, Und die Zisterne verfällt nun, nimmer vom Regen erfüllet Seit die Dächer gestürzt und die leitenden Rinnen verschlämmt sind. Ziegen nur klettern umher und dann und wann ein Fremder Reizender Schau begierig in vier schönbordige Golfe. Du auch stiegest herauf durch wölbende Grotten des Strandes Wogenerfrischt aufwärts zu Sorrents hesperische Hochflur, Ueber die Conti sodann Sant’ Agatas Kirche vorüber. Aber zu Füßen nun ruhet dies all mit Goldfruchtgärten im Frühduft, Lieblich schimmern hervor aus dem Grün der Berg’ aufblühende Kräuter; [179] Nah vor dem Angeloberg, der ragend rechtshin und linkshin Netzt steilklippig den Fuß in des Meers anrollender Brandung Die von Pästum der Süd, von Neapel der Nord herwehet. Linkshin raucht der Vesuv und thürmt Glutasche zum Kegel, Hebend das Haupt aus des Sommergebirgs vielzackigem Halbkreis, Bald einstürzend und halb aufsteigend verfliegt sie ins Land hin Oder ins Meer mit den Ufern des Golfs die sie bildet und ändert. Städte bekränzen sie rings: denn es lockt fruchtbringende Flur hier. Ob Herculanum in Glut er verhüllt einst, ob er Pompeji, Stabiä auch mit Asche verschwemmt: nie endet der Neubau Keckaufblühender Städt’ und Vignen, und immer und immer Fesselt Parthenope noch mit Sirenenschöne den Schiffer. Siehe, dahinter in Ferne verwehn die Reih’n der Abruzzen. Wende dich links und Bajä’s Golf theilt üppig die Arme Dort wo Lucull Meergrotten gewölbt und Villen gebaut hat, Nahe Puteoli’s Stadt: dort landete Paul der Apostel Wahrheit bringend ins Reich der schönaufschmückenden Sage: Denn wie Bienen durchschwärmen die Flur, so schwärmt hier die Dichtung.
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* 4. Erstes Erblicken Siciliens.
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Wie dem Flutumfang im Geschäume Kypris Um Gestad’ enttaucht’, der Gelocke Träufeln Drückend, anmutvoll – es erschwoll in Wohllust Blumen die Anfurt:
So dem Seeaufruhr, in der Nacht empört mir, Da den Sturmandrang mit erhabnem Walten Sonnenaufgangglut nun gestillt, entsteigt der Siculer Eiland!
Das im Tanz herschwebt, in der Berge hohen Kronen, allumgrünt den beschäumten Felsfuß. – Sei gegrüßt, dreimal mir gegrüßt, im Weltall Leuchtender Schmuck du!
Sei gegrüßt Aetna! um beschnei’te Zacken Schüttet Dampf dein Mund, ich gewahr es, fern dir Hochgewiegt. Rings tanzt der Delphine Chor weit- brausende Reigen.
Nun ertönt mir nah o Kamöne dein Ruf Wo die Flut abrollt am Gestein Imeras, Wo im Tanzlachspiel du zuerst in Schlummer Sorgen geschaukelt.
[181] Führe du mich, du im ersehnten Land, dort Um die Bergabgehäng’ in die dunkle Auflur Wo die Luftschalmei um beblümter Waiden Herden emporhallt!
Lehr in Klag erhöhen die Seel’; ich weiß, am Boden nie flieht hin der Kamöne Thräne, Die beseelt aufstrebet, gesä’ter Keim zu Blühendem Ruhmglanz!
[182]
5. Teufelsgärten.
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Bei Messina an dem Strande Siehet man oft Feengärten Schön wie lauter Paradies; Freundlich locket Fee Morgana Wohl gestaltet uns hinein: Ist man innen, so vergehn sie, Und man sinkt hinab zur Hölle.
[183]
* 6. Anapios und Amphinomos.
(Fragment.)
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O Catania, du kühne Inselstadt im Lavameere, Hebst du neu verjüngt das Antlitz lächelnd des Geschickes Schwere? Stellst du wieder neue Gassen auf die hingestürzten alten? Wird die Last der Aetnafluren nun den grimmen Typhon halten?
Wird wie vormals, die vom Schneehaupt zu des Berges Füßes eilen, Wird ein Gott der Feuerströme wilde Wogen wieder theilen, Welche einst der Stadt Verderben drohend nahten hoch ergossen, Doch an jenes Tempels Mauern umgewandt ins Meer geflossen?
Oder hoffst du dass der alte schöne Segen sich erneue, Der vor Zeiten hier gewaltet wegen zweier Söhne Treue? Zu Amphinomos enttragt mich, zu Anapios, ihr Musen, Laßt im Liede mein Entzücken strömen in der Hörer Busen!
Ihre Eltern früh verlassend, zu Dianens hohem Feste Eilen sie nach Syrakusä, wo geladen sie als Gäste, Und es ist die erste frohe Tagereise fast geendet, Als Amphinomos sich rückwärts und zum Bruder also wendet:
[184] „Sieh den Aetna! sieh den Aetna! wie er seine Wolke thürmet, Wie dem hohen Zackengipfel die empörte Glut entstürmet! Sieh, Catania verhüllet Nebel wo die Eltern weilen! Fürchterlich erdröhnt die Erde! Bruder laß zurück uns eilen!“ –
„Laß zurück uns eilen!“ tönet ihm Anapios entgegen, „Laß in dieser Zeit der Nöthe uns der greisen Eltern pflegen.“ Rückwärts fördern sie die Tritte; wie sie nahen wächst ihr Bangen, Dichter sinket Dampfgewirbel um des Fruchtgebirges Prangen.
Aus dem ringsumschneiten wüsten hochgezackten Aetnarachen Trägt die Lohe glühe Felsen mit des fernen Donners Krachen, Blutig sinkt im Dampf die Sonne bis sie Finsternis verschlinget, Während aus den Schneegeklüften helle Feuerwoge dringet.
Aus des Bergs geborstnen Seiten quellt sie, die gestürzten Wände Fern enttragend durch der Schluchten schwarze Tiefen, eilt behende Zu den Hirtenthälern, brechend durch den Kranz der Eichenwälder, Unaufhaltsam tiefer rollend über Ceres goldne Felder.
Ueber Bacchos grüne Gärten tobend mit gewaltger Schnelle, Ueber Oel-umblühte Städte wälzet sich die Feuerwelle; Endlich tief hinabergossen in Catanias Gebreite: O, wie sieht das Volk geängstet nach des finstern Meeres Seite!
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7. Der Klausner von Lipari.
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Der Klausner. Ihr sturmverschlagnen Männer, die Ihr betet in meiner Klaus’ allhie, Zieht ab getrost von Lipari.
Wohin ihr gehrt, ohn’ andre Noth Kommt ihr im andern Morgenroth, – Doch Herr Theoderich ist todt.
Die Schiffer. Todt läge der gekrönte Held? O, saget an, wer in der Welt Hat diese Botschaft euch bestellt?
Der Klausner. Die Seele sein in traur’gem Mut Sah schweben ich über Meeresflut, Gebunden entgürtet und entschuht.
Johann der Papst und Symmachus Geleiteten ihn zum Höllenfluß, Wo ihren Tod er büßen muß.
[186] Am hellen Tage schwebten sie Vorüber hier an Lipari Zum flammenrothen Stromboli.
Einst ließ er würgen sie mit Pein, Sie stürzten ihn in den Schlund hinein, Und gingen drauf zum Himmel ein.
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8. Rom.
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Immer empor an dem römischen Bau, in dem Epheugerank hin! Sieh, die Zertrümmerung beut uns Stufen! – Hinan wir erreichen Jetzt die Zinnen des Thurms! hier ruh und genieße der Aussicht: Weit, unermeßlich erscheint sie dem Blick und ringshin offen! – Schau den pomptinischen Sumpf: dort Kirkes Gebirg, dort Ponza Fern im thyrrhenischen Meer. Ins Gewog sinkt flammend die Sonne, Während Sciroccogewölk, durchleuchtendes, purpurgefärbtes, Steiget und Blut ausgießt in den Glanz allspiegelnder Wasser, Die den Gebirgen entströmt irrlaufen im schrecklichen Sumpfe. Fast ein verschwimmender breitet er sich am Saume des Meers hin, Anders und anders stets, und – sinkt er in einem Jahrhundert, Gleich der athmenden Brust erhebt er sich wieder im andern: Heißt der pomptinische noch wie in Zeiten der Cäsarn: da hatt’ er [188] Zwanzig bereits der Städte verschlungen und oft im Beginn schon Manch weitreichenden Bau, wie das Wassergeleite des Nero Dort zur Rechten: es stürzt bald völlig und taucht in den Abgrund Samt viel anderen Mühn, die spätere Zeiten verschwendet; Denn der Gebieter Neptun will hier nicht Städte der Menschen. Sein war der Grund vordem und es donnerte hier sein Gewoge Allüberall; nur der Berg dort ragte als Insel der Wunder Wasserumgürtet; es wohnete da die Zauberin Kirke Einsam im schönen Palast im umwaldeten, und die ihr nahten Wandelte sie in wildes und zahmes Gethier, bis trotzend Ihr Odysseus genaht und kühn die Gefährten befreiet. Herrlich lebt er sodann bei der hehren melodischen Göttin Manchen Tag; ja den Erdumirrenden hielt sie ein Jahr durch Mit stets wechselnder Lust auf dem Sonnebeschimmerten Eiland. Jetzt sind Städte der Menschen allda, auch führet ein Weg hin: Aber zu Füßen ist Sumpf, der schädlichen Dunst aussendet, Fieber und Pest, und wenig bewohnt ist rings die Gegend Außer von Schlangengezücht und brüllenden Herden der Büffel: Denn die lieben Geström und schwimmen von Ufer zu Ufer.
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* 9. An G. G.
Freund! hold leite die Gottheit dich, Heimat wieder zu schaun! walle beglückt dahin! Sehnsucht zwar, sie entlockt dich nicht Aus Parthenopes weich haltendem Zauberarm, Die schwerleidenden Leib die einst Mildaufrichtender Hand wieder emporgepflegt: Aus allreicher Natur entführt Schicksal, drängendes, dich öderen Wüsten zu Wo mühvollere Last der Mensch Wälzend, näher der Noth, ferner dem Schönen wohnt, Und dein harret erneut die Schau Die schon früher den Sinn jungen Gemüths empört; Auch fernfliehender Jahre Glanz Quälend bringt er dem Blick tieferen Thränenschmerz; Zukunt senket um ihn herab Nur von Sorge bewegt dunkeles Gramgewölk, Das, wenn nahet die Heimat dir, Sinkt, wie trüber die Luft, nächtlicher, nächtlicher. Und die Seele des Freundes späht, Ach von dir nun getrennt, hebenden Weisen nach. Fliegt ihr Bienen der Musen aus, Honig bringet im Flug scheidendem Freundeskuß. [190] Sagt ihm, der mir geliebt entflieht, Daß mein liebender Geist immer ihm nahe folgt, Wie hier oft in Gesprächeslust Viel gleichredendes Wort innig geeinet sich; Sagt ihr Boten der Musen ihm, Wie im Busen mir voll blühe der Hoffnung Licht: Daß sein helleres Auge bald Nicht mehr streng in der Zeit dunkelnden Spiegel hin- Starre, welche gesittigt floh. Nein, den klimmenden Fuß höher nun schwing empor, Den erfahrenen Fuß, dem nur Steigen lachende Lust frohen Gelingens bringt. Was von Nebel verhüllet dein Harr’, o sage mir, wer kündet vorher das an? Sein ja waltet des Himmels Herr, Deß Wort formte des Alls rollende Weltenpracht, Dessen Priester du rühmest dich, Wenn sein athmender Geist mächtiger dich erhebt Und ausspendet von deinem Mund Weithinblühenden Heils volle gedrängte Saat. Einst wenn lange dich Nord umweht, Stralt in höherer Lust liebend das Auge dir. Wenn nach Süden der Kranich schwebt, Hochhin über den Fall herbstlichen Laubes schwebt, Folgt dein sehenden Geist dem Flug Wo Parthenope ruht, Zierde der Fruchtgebirg, Wo anwallet der Fluten Tanz, Der dich trug zu Sorrents und Pithecusas Duft, Weilt dein liebender Sinn erneut, Nippt er jeglicher Lust. Ueber die Blumen schwebt [191] Dir auch nahe des Freundes Laut, Der vom Dufte genährt wogender Zauberbucht Dann viel holdere Lieder formt: Dem dein tadelndes Wort süßes Geschenk erschien, Mehr als schmeichelndes Lob geliebt Das mit flüchtigem Sinn andere Lippen bot; Dem Glück-quellend die Stunde war Wo dein zögernder Mund feuriges Lob ergoß: Tief nachsinnendem Geist entsprüht, Flammt es mir in der Brust, zündet es fort und fort. Wenn ich sende des Liedes Pfeil, Stets klangreicheren Flugs hebend der Seelen Herz, Dräng mein liebender Kampf dahin Wo hinlockt das Wort heiligen Mundes Ruhm, Wo harmonischer Liebe Laut Weisheitvoller Gewalt immer geeint ertönt!
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10. Abschied von Neapel.
An seine Mutter.*
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Nicht viel goldener Monde werden aufglühn an des Himmelblaus Prachtwölbung, in des Golfs ergoßnem Glanzmeere zerrinnende; Nicht oft wird des Vesuves Donner aufwälzen den blut’gen Dampf Und hinschnei’n des Gewölkes Asche; oft leuchten Sorrentos Höhn Nicht mehr über der blauen See: so naht änderndes Schicksal mir, Das neu mich in der Väter Haus zurückleitet vom fernen Strand Durch Fruchtgärten Italias und Eiszacken der Alpenschlucht Bis wo wogenumströmt die Stadt die vielthürmige rauchend prangt! Kein Unwürdiger denk ich dann zu ruhn, Mutter, an Deiner Brust, Ueberwallet von Freudenthränen will küssen ich Deinen Mund,
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* Neapel den 5 August 1829. „Eben über das schwankende Meer von Sorrent herüber gekommen, ergreife ich in Eil’ die Feder, Dir zu Deinem Geburtstage herzlich Glück zu wünschen, und will versuchen etwas zu improvisiren was Dir gefallen möge. Noch schwankt der Boden um mich her, und ich weiß nicht recht wie es gehen wird. Ich flechte ein was ich aus meinem Fenster sehe.“
[193] Und was frühere Zeit an Sorgen brachte, verschwinde dann Ganz in einer Umarmung! Freundlich auch, denk’ ich, empfänget mich, Wer von allen Geschwistern mich verkannt achtend gering mein Thun, Das tiefernst zu erhabnem Ziele hinklimmt in Verborgenheit, Dem Alltäglichen feindlich, nimmer Lob suchet vom Mund des Tags: Nur des eigenen Busens Richterwort lauscht es. – Und nicht betrog Mich die leuchtende Stimme! Mächtig regt meiner Erfindungen Kraft der Hörenden Seel’ empor; weil sie aus tiefem Schatz Wahrheitkundig mein strenger Geist heraufschöpfet mit ernster Wahl, Von wohllautender Lippe dann herabschüttet, wie Blüthenschnee Reichlich träufelt ein Frühlingsbaum und Luft duftet ins Menschenherz Während reifend die Frucht am Zweige schwillt – Aber dem Wiedersehn Voran eile mein Lied, wie Lerchensang, künde der Sommerzeit Allerfreuliches Nahn und, Mutter, sei diese Verkündigung Dir ein süßes Geschenk! Schon glänzt, ich weiß es, an der Wimper dir Hell der künftigen Freude Thräne, wie mir sie im Auge schwebt.
Quelle: Gesammelte Werke von August Kopisch. Dritter Band. Berlin 1856.
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