Goethes Italienische Reise
Taormina
6. Mai 1787 Über Aci Castello nach Taormina. Ersteigung der Felsenwände bis zum Gipfel, wo ein Amphitheater aus dem 2. Jh. steht.
»Gott sei Dank, daß alles, was wir heute gesehen, schon genugsam beschrieben ist, mehr aber noch, daß Kniep sich vorgenommen hat, morgen den ganzen Tag oben zu zeichnen. Wenn man die Höhe der Felsenwände erstiegen hat, welche unfern des Meeresstrandes in die Höhe steilen, findet man zwei Gipfel durch ein Halbrund verbunden. Was dies auch von Natur für eine Gestalt gehabt haben mag, die Kunst hat nachgeholfen und daraus den amphitheatralischen Halbzirkel für Zuschauer gebildet; Mauern und andere Angebäude von Ziegelsteinen, sich anschließend, supplierten die nötigen Gänge und Hallen. Am Fuße des stufenartigen Halbzirkels erbaute man die Szene quer vor, verband dadurch die beiden Felsen und vollendete das ungeheuerste Natur- und Kunstwerk.
Setzt man sich nun dahin, wo ehmals die obersten Zuschauer saßen, so muß man gestehen, daß wohl nie ein Publikum im Theater solche Gegenstände vor sich gehabt. Rechts zur Seite auf höheren Felsen erheben sich Kastelle, weiter unten liegt die Stadt, und obschon diese Baulichkeiten aus neueren Zeiten sind, so standen doch vor alters wohl eben dergleichen auf derselben Stelle. Nun sieht man an dem ganzen langen Gebirgsrücken des Ätna hin, links das Meerufer bis nach Catania, ja Syrakus; dann schließt der ungeheure, dampfende Feuerberg das weite, breite Bild, aber nicht schrecklich, denn die mildernde Atmosphäre zeigt ihn entfernter und sanfter, als er ist.
Wendet man sich von diesem Anblick in die an der Rückseite der Zuschauer angebrachten Gänge, so hat man die sämtlichen Felswände links, zwischen denen und dem Meere sich der Weg nach Messina hinschlingt. Felsgruppen und Felsrücken im Meere selbst, die Küste von Kalabrien in der weitesten Ferne, nur mit Aufmerksamkeit von gelind sich erhebenden Wolken zu unterscheiden.
Wir stiegen gegen das Theater hinab, verweilten in dessen Ruinen, an welchen ein geschickter Architekt seine Restaurationsgabe wenigstens auf dem Papier versuchen sollte, unternahmen sodann, uns durch die Gärten eine Bahn nach der Stadt zu brechen. Allein hier erfuhren wir, was ein Zaun von nebeneinander gepflanzten Agaven für ein undurchdringliches Bollwerk sei: durch die verschränkten Blätter sieht man durch und glaubt auch hindurchdringen zu können, allein die kräftigen Stacheln der Blattränder sind empfindliche Hindernisse; tritt man auf ein solches kolossales Blatt, in Hoffnung, es werde uns tragen, so bricht es zusammen, und anstatt hinüber ins Freie zu kommen, fallen wir einer Nachbarpflanze in die Arme. Zuletzt entwickelten wir uns doch diesem Labyrinthe, genossen weniges in der Stadt, konnten aber vor Sonnenuntergang von der Gegend nicht scheiden. Unendlich schön war es zu beobachten, wie diese in allen Punkten bedeutende Gegend nach und nach in Finsternis versank.«
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Jutta Assel und Georg Jäger: Taormina: Land und Leute. Auszüge aus Reisebeschreibungen der Goethezeit
und Motive auf alten Postkarten
(München September 2012)
Die Reisenden der Goethezeit besuchten Sizilien vor allem wegen seiner antiken Denkmäler. Doch interessierten sie sich auch für Land und Leute; so frugen sie nach den Gründen der Armut in einem so fruchtbaren und einst so reichen Land, nach den sozialen Ursachen und den gesellschaftlichen Folgen der zahlreichen Klöster, ihnen fiel die faktische Leibeigenschaft der Bauern auf usw. Ihre Beobachtungen fügten die Reisenden zu einem "Nationalcharakter" der Sizilianer, d.h. deren Charaktermerkmalen, Auftreten und Sitten, deren Tugenden und Laster zusammen. Dabei gingen die Reisenden zumeist kritisch vor, sie brachten zwar Klischees aus ihrer nordischen und zumeist protestantischen Heimat mit, wie die vom 'sinnlichen' Süditaliener, der in den Tag hineinlebt, oder den noch unverdorbenen Bergbewohnern, kritisierten und korrigierten sich jedoch im Zuge ihrer Beobachtungen. Die sieben Auszüge aus Reisebeschreibungen der Goethezeit dokumentieren zusammen mit zahlreichen alten Bildpostkarten Leben, Tätigkeiten und Trachten der Sizilianer in und um Taormina.
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Jutta Assel und Georg Jäger: Taormina: Der Ätna.
Ansichten auf alten Postkarten und Reisebeschreibungen
(München September 2012)
Unter zehn Reisenden, schätzt Wilhelm Waiblinger, gelingt die Besteigung des Ätna "kaum einem" - auch Goethe begnügte sich mit dem Doppelgipfel des Monte Rosso. Wem die Besteigung gelang und wer einen Blick in den Schlund warf, der konnte mit dem Landschaftsmaler Graß sagen: "nun war der ganze Ätna mein; nun war ich in Sizilien gewesen." Das Goethezeitportal veröffentlicht Ausschnitte aus acht Reisebeschreibungen der Goethezeit, darunter die bekannten Schilderungen von Brydone, Riedesel und Seume. Beschrieben werden die Mühen des Auf- und Abstiegs, die drei Vegetationsgürtel um den Berg, die Lavaströme, Stein- und Aschenfelder, der Hauptkrater mit seinen zahlreichen Nebenkratern, Schutzhütten und -höhlen etc. Die Aussicht und insonderheit den Sonnenaufgang vom Gipfel zu schildern - den Blick über Siziliens Küste bis nach Kalabrien - reichten den Reisenden die Worte nicht. "Man glaubet der Natur zu gebieten, und scheint über die Menschheit erhaben, wenn man sich über alles, was sterblich ist, so hoch empor siehet", schreibt Riedesel, und Waiblinger notiert: "Ich glaubte zu sehen, wie Gott die Welt schaffe." Die Reisebeschreibungen werden ergänzt durch alte Ansichten vom Ätna, sowohl von Taormina wie von Catania aus, mit Fotodokumenten des beschneiten, stets rauchenden Vulkans, von Eruptionen und zerstörerischen Lavaströmen.
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Jutta Assel und Georg Jäger: Taormina: Ort, Theater, Umgebung. Ansichten auf alten Postkarten und Reisebeschreibungen
(München Juni 2012)
Nach dem antiken Theater stellt das Goethezeitportal die Stadt Taormina mit ihrer Umgebung vor. Die Motive umfassen Gesamtansichten, den Dom mit seinem Brunnen und dem Wahrzeichen der Stadt: der Zentauressa, Kirchen und Paläste - darunter der Palazzo Corvaia, Palazzo Ducale S. Stefano und Badia Vecchia in einem Mischstil aus gotischen und arabischen Elementen -, Ansichten der Stadt mit weiteren Denkmälern aus der Antike und der Zeit der Sarazenen, der Küste mit der Felseninsel Isola Bella, Capo S. Andrea und Capo Taormina sowie Castel Mola, über der Stadt auf einem Felsen. Auszüge aus vier Reisebeschreibungen der Goethezeit, darunter eine detaillierte Beschreibung des antiken Theaters, dokumentieren den damaligen Wissensstand wie auch die herrschenden Meinungen. Besucht wurde "die unglückliche, spitzbübische Stadt Taormina", "das verrufenste, ödeste und düsterste Nest " (Kephalides), allein um des Theaters und der Aussicht auf den Ätna wegen. Den meist norddeutsch und protestantisch geprägten Reisenden fiel die Armut der Bewohner und deren Mangel an Industriosität, d.h. "Selbstdenken", Thätigsein" und "Verbeßrung" auf (Bartels), sie prangerten das Mönchswesen und die Bettelei mit dem Leben in den Tag hinein an. Erst im Zuge des Tourismus wurde die Romantik des Ortes entdeckt, wie sie die alten Postkarten herausstellen.
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Jutta Assel und Georg Jäger: Taormina: Das antike Theater. Ansichten auf alten Postkarten und Reisebeschreibungen
(München Juni 2012)
Die Sizilienreisenden der Goethezeit besuchten Taormina wegen des gut erhaltenen antiken Theaters, das auf einem Felsen über den Ort gelegen ist und eine fantastische Aussicht gewährt auf das Meer, die Küste und den rauchenden, schneebedeckten Ätna; sie genossen insbesondere Sonnenaufgang und Sonnenuntergang von den obersten Sitzen des Theaters. "Aetna! wer malt dein Bild, wo die Natur dich in deiner vollen Hoheit und Größe malt! Solche Töne und Tinten mischt keines Künstlers Hand, und so malt kein Sterblicher", schreibt der Maler Carl Graß. Das Goethezeitportal publiziert Auszüge aus vier Reisebeschreibungen vom späten 18. bis ins frühe 19. Jahrhundert, darunter Goethes "Italienische Reise", und dokumentiert mit 25 Ansichten den "touristischen" Blick auf das Theater in den verschiedenen Ausgrabungszuständen und vom Theater auf den Ort, die Küste und immer wieder den Ätna. In Vorbereitung sind weitere Seiten zur Stadt, zur Besteigung des Ätna und über Land und Leute.
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