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Goethe, Schiller und die Goethezeit auf Google+

Jutta Assel | Georg Jäger

Palermo
Folge II: Die Baudenkmäler

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Panorama

Palermo. Panorama della Città visto dall' Osservatorio. Verlag Stengel & Co., Dresden

Palermo. Panorama colla Cattedrale e Monte Pellegrino, preso dall' Osservatorio del Palazzo Reale, Druck E. Pinkau & Co., Leipzig

Palermo - Panorama del Palazzo Reale. Giovanni Bucaro, Palermo

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Oben: Palermo. Panorama della Città visto dall' Osservatorio. Stengel & Co., Dresda 13954. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Mitte: Palermo. Panorama colla Cattedrale e Monte Pellegrino, preso dall' Osservatorio del Palazzo Reale. Adressseite: Stampata nelle officine E. Pinkau & Co., di Lipsia. 203. Im Briefmarkenfeld: SNTH. Nicht gelaufen.
Unten: 20 - Palermo - Panorama dal Palazzo Reale. Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fot. Grassi. Fotocelere Torino. Nicht gelaufen.

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Historischer Lexikonartikel
(1839)

Palermo mit 170,000 Einwohnern die Hauptstadt der danach benannten Intendantur oder Provinz und der Insel Sicilien, liegt an der Nordküste derselben am Flusse Oceto und im Hintergrunde eines kleinen Meerbusens, welchen an der Westseite das schroff und zackig aufsteigende Vorgebirge Monte Pellegrino, auf der Morgenseite das Vorgebirge Zofferano begrenzt.

Eine schöne Hügelreihe erhebt sich hinter der reizenden und durch Namen, wie »die goldene Muschel«, »das goldene Thal« gepriesenen Ebene, in welcher die zum Teil sehr regelmäßig gebaute Stadt sich ausbreitet. Diese erstreckt sich nicht bis dicht ans Meer, sondern zwischen diesem und der Stadtmauer befindet sich ein breiter, mit einer Quadereinfassung versehener, des Abends vorzüglich einladender Spaziergang, la Marina genannt, der östlich zu einem öffentlichen Garten, la Flora oder Villa publica, führt.

Mitten in der Stadt kreuzen sich die beiden Hauptstraßen und bilden einen von schönen Gebäuden eingefassten, achteckigen Platz, von dem man die vier Haupttore sieht. Viele der übrigen Straßen sind jedoch eng und krumm und man sieht viel Häuser mit geschmacklos bunten Zierathen. Das königliche Schloss, die Domkirche mit den Grabmalen Kaiser Heinrich VI. und Friedrich II., das Zeughaus, der erzbischöfliche Palast, das Rathaus und einige Klöster, sowie das große Hospital gehören zu den merkwürdigern Gebäuden. Westlich von der Stadt liegt bei der Vorstadt St.-Lucia der große Hafen, den auf einer Seite ein Molo, auf der andern ein Kastell beschützt; den östlicher und an der Stadt gelegenen kleinen Hafen können nur kleine Fahrzeuge benutzen.

Palermo ist der Mittelpunkt der Industrie und des Handels von Sicilien, der Sitz eines Erzbischofs und einer 1394 gestifteten Universität. In den heißen Tagen des Sommers sind es vorzüglich einige von Bäumen beschattete Springbrunnen und die eleganten Buden der Verkäufer von Eiswasser, neben denen auch die herrlichsten Südfrüchte zierlich aufgeschichtet zum Genusse einladen, welche dem Wanderer kühle Ruhepunkte in den Straßen darbieten.

Die Begründung Palermos wird phönicischen Colonisten zugeschrieben, sein alter Name Panormos deutet aber mehr auf griechische Erbauer. Die Karthager hatten daselbst eine Hauptstation ihrer Flotten und auch zur Zeit der Römer blieb Palermo eine wichtige Stadt, unter den Vandalen, Sarazenen und Normannen aber war es, wie noch jetzt, die Residenz der Fürsten oder Statthalter der Insel. Von den dort häufigen Erdbeben erlitt es nur zweimal, am 1. Sept. 1726 und am 5. März 1823, bedeutenden Schaden.

Quelle:
Bilder-Conversations-Lexikon. 1. Auflage Leipzig: F. A. Brockhaus 1837 – 1841. Neusatz und Faksimile (Digitale Bibliothek; 146) Berlin: Directmedia 2006. Eintrag "Palermo", S. 10.418-10.420. Redigiert, Absätze eingefügt.

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Inhalt

Neben- und Miteinander der Kulturen und Baustile | Historischer Stadtplan von Palermo | Der Dom der Heiligen Rosalia in Palermo mit den Gräbern der Hohenstaufen | Hermann Lingg: In Palermo's Dom | S. Giovanni degli Eremiti | Martorana | Palazzo Reale, Cappella Palatina | Arabische Architektur: Die Cuba und die Zisa | Adolf Friedrich von Schack: La Zisa bei Palermo | Palazzina oder Casina Cinese | Weitere Baudenkmale (Kirchen, Straßen, Plätze etc.)

Die Bilder sind den Textausschnitten zugeordnet. Rechtlicher Hinweis mit Kontaktanschrift am Ende der Seite.

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Neben- und Miteinander
der Kulturen und Baustile

Vier Sprachen haben in der Normannenperiode die gleiche offizielle Geltung: die griechische, lateinische, arabische und französische; aus drei Quellen schöpft das öffentliche Recht seine Aussprüche: aus dem Justinianischen Codex, aus dem Koran und den normannischen Gewohnheiten; eine dreifache Zeitrechnung: seit der Erschaffung der Welt, seit Christi Geburt und seit den Hedschra ist im Gebrauche. Es spricht sich darin ein friedliches, gleichberechtigtes Nebeneinanderleben der verschiedenen Stämme und Kulturweisen aus, die auch sonst bestätigt wird. [...]

Der Schluss liegt nahe, dass auch auf künstlerischem Gebiete ähnliche Verhältnisse walteten, auch hier die verschiedenen Kulturkreise sich berührten und kreuzten, zumal wir auch in der unmittelbaren Nähe von Kunstwerken auf das gleiche Recht der verschiedenen Landessprachen stoßen, die Inschriften, welche die Bilder begleiten, in Säulen gehauen sind, an Architekturgliedern sich hinziehen, bald der lateinischen, bald der griechischen, bald endlich der arabischen Sprache entlehnt sind. Ein gleichmäßiger Anteil der verschiedenen Nationalitäten an der künstlerischen Tätigkeit, welche sich namentlich in der Hauptstadt im zwölften Jahrhundert entwickelt, wird in der Tat allgemein zugestanden, in der Mischung byzantinischer, arabischer und normannischer Elemente ihre hervorragendste Eigentümlichkeit erkannt.

Quelle:
Anton Springer: Die mittelalterliche Kunst in Palermo. Bonn: Adolph Marcus 1869 (Digitalisierung durch Google), S. 3. Rechtschreibung und Zeichensetzung dem heutigen Stand angeglichen. - Über den Kunsthistoriker Anton Springer (1825-1891) siehe die Einträge in der ADB und NDB sowie in Wikipedia.

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Historischer Stadtplan von Palermo

Historischer Stadtplan von Palermo

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Quelle:
Unteritalien und Sizilien von Th. Gsell Fels (Meyers Reiseführer) 4. Aufl. Leipzig: Bibliographisches Institut (1902), Stadtplan vor S. 257.

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Der Dom der Heiligen Rosalia in Palermo
mit den Gräbern der Hohenstaufen

Palermo. Cattedrale - Lato Occidentale. G. Valdes, Palermo

Palermo. La Cattedrale. Giovanni Bucaro, Palermo. Cesare Capello, Milano

Palermo - La Cattedrale (ricostruita dal 1169 al 1185. Bucaro Gaspare, Palermo

Palermo - La Cattedrale. Ed. A. Traldi, Milano

Palermo - Cattedrale - Statua di S. Rosalia

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1. Karte von oben: Palermo. Cattedrale - Lato Occidentale. G. Valdes, Palermo. 22462. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: Palermo - La Cattedrale. Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Signet: Cesare Capello, Milano. 8. Nicht gelaufen.
3. Karte von oben: Palermo - La Cattedrale (ricostruita dal 1169 al 1185). Adressseite: Bucaro Gaspare - Palermo. Nicht gelaufen.
4. Karte von oben: Palermo - La Cattedrale (particolare). Adressseite: Ed. A. Traldi - Milano. Nicht gelaufen.
5. Karte von oben: Palermo - Cattedrale - Statua di S. Rosalia. Adressseite, Signet: ZBP in Dreieck. 38. Serie 2a N. 36. Nicht gelaufen.

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Der Dom zeigt sich in vollem Glanze der Sonne und seines eigenen leuchtenden Gesteines dem überraschten Blicke! Dieses für die Geschichte der Kunst höchst wichtige Baudenkmal mit seiner üppigen dekorativen Entfaltung macht von dem weiten, freien, von herrlichen Palästen umgebenen, mit Statuen gezierten Platze aus gesehen eine bei weitem mehr malerische, als architektonische Wirkung. Pracht, Entwickelung und Reichtum der Phantasie müssen hier die organische Einheit eines Gedankens ersetzen, ja lassen diesen Mangel auf Augenblicke vollständig vergessen.

Vorherrschend erkennbar ist das arabische Bauelement, in dem reichen Ergusse einer glücklichen, südlichen Phantasie, fein und prächtig zugleich in der Mannigfaltigkeit verschlungener Bogen, den zierlichen Zackenzinnen, den mit Gold, Blau, Grün und Rot gemalten Mustern, in der Laune und der übermütigen Gestaltung des Details, während dagegen in der Anlage und dem eigentlich architektonischen Gedanken byzantinischer Stil sich geltend macht.

Dazu kommt noch ein drittes, von den Normannen herrührendes Element, sichtbar in den sich keck und frei in die Höhe erhebenden beiden Türmen, welche sich hier mit dem Körper des eigentlichen Kirchenbaues verbinden, sichtbar ferner in einzelnen Teilen des Baues, wie z.B. den unter dem Zinnenkranze hervorragenden Bogenpfeilerchen, den durchschneidenden Spitzbogen der Außendekoration, welche die Araber freilich auch sich zu eigen gemacht hatten.

Der Gesamteindruck ist ein heiterer, ja festlicher. In wechselndem Spiele gaukeln hier die Gedanken und Gebilde dreier verschiedener Kunstepochen, haschen, fliehen sich, um dort in liebender Umarmung sich zu vereinigen.

Quelle:
Palermo. Erinnerungen von Andreas Oppermann. Breslau: Eduard Trewendt 1860 (Digitalisierung durch Google), S. 283 f. Rechtschreibung und Zeichensetzung dem heutigen Stand angeglichen.

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Palermo. Via Matteo Bonello. Libreria Reber, PalermoCattedrale Palermo. Verlag Stengel & Co., Dresden. Misch & Co's Touro Graphs.

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Links: 4 Palermo - Via Matteo Bonello. Libreria Reber - Palermo. Nicht gelaufen.
Rechts: Cattedrale Palermo. Adressseite: Stengel & Co., Dresden 19755. Misch & Co's "Touro Graphs". Series No. 388 Palermo 2. Nicht gelaufen.

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In Palermo zeugen nicht bloß zierliche Ornamente der Bauwerke, auch die Gärten mit Südfrüchten von der glücklichen, aber vergänglichen Kultur der Mauren und der Pracht ihrer Nachfolger, der zugleich orientalisch-träumerischen und nordisch-kräftigen Normannen, so die Kathedrale von Monreale und der Palazzo Reale mit der Cappella Palatina.

Auch der Hohenstaufenzeit steht man im Dome von Palermo leibhaftig gegenüber: dort ruht neben andern Gliedern seines Geschlechtes der gewaltige Kaiser Friedrich II., vielleicht die größte Gestalt des ganzen Mittelalters, denn sein Haupt ragte über die am Boden lagernde Nebelschicht jener Zeiten in die Helle natürlich-menschlicher Empfindung hinauf: er liegt in einem Sarkophage von rotem Porphyr, den vier Löwen tragen und ein Baldachin wie ein Tempeldach bedeckt, neben ihm in ähnlichen Särgen sein Vater Heinrich VI. seine Mutter Constanze und deren Vater König Roger. - Alles in übermenschlichen Verhältnissen, als wäre hier die Grabstätte jener göttergleichen Kämpfer und Stifter, von denen keine Geschichte, nur der Mythos erzählt.

Dass auch die aragonische und spanische Herrschaft und die der feudalen Barone sich noch jetzt in Häusern, Brunnen und Bildsäulen verkörpert, lehrt jeder Schritt durch die größeren sizilischen Städte; wie aber das achtzehnte Jahrhundert und die Regierungskunst Neapels sich zu den Traditionen der Insel verhält, dafür gibt es ein besonders sprechendes Beispiel: wir meinen die im seichtesten rationalistischen Stil trotz lebhaften Widerspruchs der Palermitaner auf die Zinnen des wunderbaren Domes der h. Rosalia gesetzte Kuppel.

Quelle:
Victor Hehn: Italienische Reise. München: Albert Langen [1924], S. 203 f. - Über den Kulturhistoriker und Goetheforscher Victor Hehn (1813-1890) siehe die Einträge in der ADB und NDB sowie in Wikipedia. Mitte Mai 1839 brach Hehn von Berlin aus zu seiner Italienreise auf.

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Palermo - Cattedrale - Tomba di Constanza La Normanna (1198). Giovanni Bucaro, PalermoPalermo - Cattedrale - Tomba Imperatore Federico II (1250). Giovanni Bucaro, Palermo

Ramberg, Friedrich II in Palermo (1215-1250). N.S. Volkswohlfahrt, Winterhilfswerk des Deutschen Volkes 1933/34

Hermann Wislicenus, Hofhaltung Friedrichs II. in Palermo, Nach dem Gemälde im Kaiserhause zu Goslar

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Oben links:328 - Palermo - Cattedrale - Tomba di Constanza La Normanna (1198). Adressseite. Signet: Tanna Nopmi im Kreis, mit Medusenkopf, Schlangenhaar und 3 Beinen. B. G. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere. Vera Fotografia. Nicht gelaufen.
Oben rechts: 321 - Palermo - Cattedrale - Tomba Imperatore Federico II. (1250). Adressseite: B. G. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere Torino. Di A. Campassi - Via Marochetti 41 - 1932 XI. Vera Fotografia. Nicht gelaufen.
Mitte: [Ohne Titel] Adressseite: Ramberg. Friedrich II. in Palermo (1215-1250). Hrsg. von der N. S. Volkswohlfahrt. Winterhilfswerk d. Deutschen Volkes 1933/34. Mit Genehmigung von Franz Hanfstaengl, München. Nicht gelaufen.
Unten: Wislicenus: Hofhaltung Friedrichs II. in Palermo. Nach dem Gemälde im Kaiserhaus zu Goslar. XXIV. Julius Brumby Verlag, Goslar. 8. Nicht gelaufen.

Zum Historien- und Genremaler Arthur Ramberg (1819-1875) siehe die Einträge in ADB und Wikipedia.

Zu Hermann Wislicenus (1825-1899) und seinem Zyklus im Kaisersaal zu Goslar siehe den Eintrag in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Wislicenus

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Hermann Lingg
In Palermo's Dom

Orgelklang und Gesang durchwogen
Den Dom und seine Säulenpracht,
Die hohe Wölbung und der Apsis Bogen;
Vom Meer her rollt gewitterschwer die Nacht.

Durch bunte Fenster, dämmerhell, nach innen
Dringt noch ein letzter Sonnenschein
Und strahlt auf Gold und Edelstein,
Auf Heil'genbild und schöne Beterinnen.

Ihr Töne wogt so fromm und ernst dahin!
Ich seh' mit euch aus längst verklungnen Tagen
Zum säulengetragenen Baldachin
Heranziehn geistbeschwingte Scharen
Und an den Grüften niederknien.

Hier ruhen sie, die auf Siziliens Thron
Den Königsgoldreif um die Stirn getragen,
Den stets im Kampf errungnen Siegeslohn,
Hier ruhen sie in Porphyrsarkophagen.

In Frieden ruht hier Roger, der Normanne,
Und Kaiser Heinrich und nach langem Streit
Sein großer Sohn, die Sonne jener Zeit,
Der noch im Tode ringend mit dem Banne,
Der Tücke seiner Feinde nur erlag –
Behütet, Löwen, seinen Sarkophag!

Wo bei des Doriers Bau das rasche Zelt
Der Punier band und über beider Fall
Der Römer trat und eine Welt
Von Prunk und Stolz umspann die Völker all',
Wo nahend mit dem sturmerprobten Schiff
Der Normann kühn vom Land Besitz ergriff,
Da hält nun Hof in niegeseh'ner Pracht
In höchstem Glanz des deutschen Kaisers Macht.
Ihm huldigt Meer und Berggebiet,
Der Normann weicht, der Sarazene kniet,
Und unter Dornen schmückt, lorbeerumlaubt,
Die Krone von Jerusalem sein Haupt.

O wie viel Glanz und Größe ruht verschlossen
Im Sarg mit ihm, welch minnefroher Stunden
Erinnerung – und welcher Wunden!
Wie viele Tränen wurden da vergossen,
Als Kron' um Krone, Macht um Macht zerfiel,
Als Haupt um Haupt dahinsank! O wie viel
Der herbsten Tränen vor dem Leichentuch
Geweint von holden Frau'n in Klaggewanden!
Wie mancher Hass ist und wie mancher Fluch
Hier, knirschend ins Gebet, vor Gott gestanden!
Wie manches Wort, das nur von Rache sprach,
So dunkel, schwer und wie in Blut getaucht!
Wie mancher Seufzer übers Meer gehaucht,
Der klagend sich an diesen Mauern brach!

Ein letztes Echo, bis auch dies verhallt,
Wenn hie und da ein Pilger noch vom Norden
Zur Gruft der Hohenstaufen wallt
Und fragt: Was ist aus deinem Reich geworden?

Es blitzt – erschütternd folgt ein Donnerschlag –
Behütet, Löwen, seinen Sarkophag!
Und Blitz auf Blitz. Da, an den Kirchenwänden,
Hineingeschrieben wie von Geisterhänden,
Zeigt in Arabiens Schrift sich Spruch an Spruch
Und, wie von Rosen süßer Wohlgeruch,
So strömt von diesen Zeichen ein Arom
Der weisheitsreichen Dichtung durch den Dom!
»Schlaft wohl in heil'gem Schweigen, bis auf Erden
Beim Schalle der Posaunen zum Gericht
Die Toten ihrer Gruft entsteigen werden!
Denn der geschieden hat von Nacht das Licht
Und ließ aus Nichts hervor die Schöpfung gehen,
Lässt auch vom Staube wieder auferstehen.« –
Behütet bis zu jenem letzten Tag,
Behütet, Löwen, seinen Sarkophag!

Quelle:
Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek) Berlin: Directmedia Publishing 2005, S. 356.891-356.893. - Über den Dichter Hermann Lingg (1820-1905) siehe den Artikel in NDB sowie den Eintrag in Wikipedia.

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S. Giovanni degli Eremiti

Palermo - Chiostro e Chiesa San Giovanni degli Eremiti. Giovanni Bucaro, Palermo. Fotocelere di A. Campassi, Torino

Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti

Palermo. F. Galifi Crupi, Fotografo, Taormina

Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti, costruita nel 1132. Bucaro Gaspare, Palermo

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1. Karte von oben: 21 - Palermo - Chiostro e Chiesa San Giovanni degli Eremiti (Sec. XII). Adressseite, Signet: Tanna Nopmi im Kreis, mit Medusenkopf, Schlangenhaar und 3 Beinen. B. G. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere di A. Campassi - Torino Via Marochetti 4 - 1937 - XV. Vera Fotografia. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti. Adressseite: Signet Fotocelere im Briefmarkenfeld. Nicht gelaufen.
3. Karte von oben:  [Ohne Titel] Adressseite, Stempel: Palermo. F. Galifi Crupi, Fotografo, Taormina. Nicht gelaufen.
4. Karte von oben: Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti, costruita nel 1132. Adressseite: Bucaro Gaspare - Palermo. Nicht gelaufen.

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Eigentümlich ist der Grundriss von S. Giovanni, welcher gewöhnlich auf die Form eines lateinischen Kreuzes zurückgeführt wird, in Wirklichkeit aber nur ein einschiffiges Langhaus mit vorliegendem schmalen Querschiff bildet.

Das Langhaus zerfällt in zwei quadratische Abteilungen, welche durch einen auf vortretenden Wandpfeilern ruhenden Spitzbogen voneinander getrennt werden. Ein mittleres größeres und zwei kleinere Quadrate zeigt das Querschiff, dessen östliche Mauer nur von der Hauptapsis durchbrochen wird, während die Seitenapsiden als einfache Wandnischen behandelt sind, nicht über die Flucht der Mauer heraustreten. Jeder dieser fünf Räume ist mit einer Kuppel bedeckt, in der Art, dass über dem Quadrate von tragenden Bogen und Mauern ein Gesims vorkragt, auf welchem sich Spitzbogen, je einer in der Mitte jeder Seite und ein schräger in der Ecke, von Seite zu Seite übergreifend, im Ganzen acht gegliederte Bogen erheben. Durch dieses Achteck wird das Quadrat zur Kreislinie der Kuppel hinüber geleitet, dem letzteren ein unmittelbares Auflager gewährt.

Weicht schon das schmucklose Innere, die herbe Betonung der Konstruktion in S. Giovanni ganz und gar von den herkömmlichen Kirchenformen ab, so versetzt vollends die äußere Architektur der Kirche den Beschauer in den fernen Orient.

Die Umfassungsmauern aus gutgefügten Hausteinen schließen mit einem einfachen horizontalen Bande ab; keine schräge Linie vermittelt die Kuppel mit den übrigen Bauteilen; die nackte Kuppelschale steigt unmittelbar über die horizontale Umfassung empor, ebenso wie die Steindecke der übrigen Bauteile jeder weiteren Überdachung entbehrt. Eine Kuppel krönt auch den viereckigen Turm, dessen oberes Stockwerk durch einen mächtigen Spitzbogen gegliedert wird. Die Kuppelkonstruktion an sich bietet ebenso wenig wie die Spitzbogen etwas Auffälliges dar, das Eine wie das Andere wiederholt sich noch oft in Palermo. Wenn die nackten Kuppelschalen anderwärts dem Auge weniger entgegen treten, so erklärt sich dieses durch den Umstand, dass in späteren Jahrhunderten gewöhnlich ein Notdach über die Kuppel gesetzt wurde, um dieselbe von dem Regen besser zu schützen.

Auffallend ist die Anhäufung der überhöhten Kuppeln, die Benutzung der Kuppel als Krönungsglied für den Turm. Ähnliche Beispiele dafür findet man nur im Orient, und zwar desto häufiger und ähnlicher, je tiefer man sich in den Orient begibt.

Quelle:
Anton Springer: Die mittelalterliche Kunst in Palermo. Bonn: Adolph Marcus 1869 (Digitalisierung durch Google), S. 12 f. Rechtschreibung und Zeichensetzung dem heutigen Stand angeglichen. - Über den Kunsthistoriker Anton Springer (1825-1891) siehe die Einträge in der ADB und NDB sowie in Wikipedia.

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Palermo S. Giovanni degli Eremiti - Il Chiostro e la Moschea. Giovanni Bucaro, Palermo. Fotocelere, TorinoPalermo - S. Giovanni degli Eremiti. Verlag Stengel & Co, Dresden. Misch & Co's Touro Graphs
Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli eremiti. Il chiostro. Ed. AlinariPalermo - S. Giovanni degli Eremiti. Chiostro. Grafia, Sezione Edizioni d'Arte, Roma

Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti. Il Chiostro. Ed. Alinari

Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti. Giovanni Bucaro, Palermo. Cesare Capello, Milano

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1. Reihe von oben, links: Palermo - S. Giovanni degli Eremiti - Il Chiostro e la Moschea (Sec. XII.) Adressseite: B. G. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere Torino. Nicht gelaufen.
1. Reihe von oben, rechts: Palermo - S. Giovanni degli Eremiti. Stengel & Co., Dresden 19751. Adressseite: Misch & Co's "Touro Graphs", Series No. 388 Palermo 3. Nicht gelaufen.
2. Reihe von oben, links: (Ed.ne Alinari) N. 19538 Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli eremiti. Il chiostro (XII. sec.). Nicht gelaufen.
2. Reihe von oben, rechts: [Ohne Titel] Adressseite: Palermo - S. Giovanni degli Eremiti. Chiostro. Particolare. Signet. "Grafia" - Sezione Edizioni d'Arte - Roma. 73149. Nicht gelaufen.
Vorletzte Karte: (Ed.ne Alinari) N. 19537 Palermo - Sicilia. Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti. Il Chiostro (XII. sec.). Nicht gelaufen.
Letzte Karte: Palermo - Chiesa di S. Giovanni degli Eremiti. Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Signet: Cesare Capello Milano. Im Briefmarkenfeld: 18. Nicht gelaufen.

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Der kleine Garten und Kreuzgang dieser Kirche [S. Giovanni degli Eremiti] ist wie ein Edelstein zwischen den engen, staubigen, schmutzigen Gassen. Wer ihn durch ein Tor und einen schmalen Vorgarten betritt, fühlt sich plötzlich versetzt in eine andere Welt, in eben jene Märchenwelt der Mosaiken in der Martorana und im Palaste, deren Stilisierung so zauberisch verwandelt. Zierliche Doppelsäulchen, an denen noch die buntglänzenden vielfältigen Mosaikmuster zu erkennen sind, die sie einst über und über bedeckt haben, stehen auf einer rings um den quadratischen Garten laufenden niedrigen Balustrade und tragen hohe schlanke Spitzbögen.

Im Gärtchen wuchern alle Arten bunt blühender Stauden halbwild durcheinander, Apfelsinen- und Zitronenbäume hängen aus dem dunkelglänzenden Laub ihre goldenen Früchte über den Fremdling, Rosen ranken in sanft geschwungenen Trieben am Mauerwerk hin, eine Palme breitet ihre schattenden Fächer über Wildnisse von Fuchsien, Calendula und bläulichen Himmelsblümchen, die an der Mauer hin klettern, riesige Opuntien und der hellgraue Stamm eines Feigenbaums ragen friedvoll nebeneinander aus der Wildnis in das Sonnengeflimmer. Ein Bäumchen tropft korallenrote Blütentrauben über die unerschöpfliche Fülle.

Hebt sich aber der Blick, so findet er über dem Grün und eingerahmt vom grünbestickten Himmelsblau weißes Gemäuer, das in streng kubischen Formen getürmt ist und, aus den Kuben wachsend, die erhöhten, seltsamen rötlichen Halbkugeln der Kuppeln, die das Dach der Kirche und den Hut ihres schlichten sachlich klaren Turmes bilden.

Quelle:
Otto Gmelin: Italienfahrten. Erlebtes / Geschehenes / Gedachtes. Jena: Eugen Diederichs 1940, S. 83f. - Über den Schriftsteller Otto Gmelin (1886-1940) siehe den Eintrag in Wikipedia.

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Martorana

Palermo - Martorana e S. Cataldo. Edit. Brunner & Co., Como

Palermo. Il Duomo

Palermo - Chiesa della Martorana, costruita nel 1143. E. Bergami, Editore - Napoli

Palermo. Interno della Chiesa della Martorana. Verlag Dr. Trenkler Co., LeipzigPalermo - Chiesa della Martorana, L'interno. Giovanni Bucaro, Palermo

Palermo - Chiesa della Martorana. G. Antiocheno ai piedi di Maria Vergine. Libreria Reber, Palermo

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1. Karte von oben: Palermo - Martorana e S. Cataldo. Adressseite, Signet: Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf. 9008. Edit. Brunner & Co., Como. Wiederholung des Signets im Briefmarkenfeld. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: Palermo. Il Duomo. Ungeteilte Adressseite. Nicht gelaufen.
3. Karte von oben: Palermo - Chiesa della Martorana, costruita nel 1143. E. Bergami, Editore - Napoli. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Reihe, links: Palermo. Interno della Chiesa della Martorana. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 21 498. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Reihe, rechts: Palermo - Chiesa della Martorana (L'interno). Adressseite: G B R [Giovanni Bucaro Palermo] 017769.] Gelaufen. Poststempel unleserlich.
Letzte Karte: 19 - Palermo - Chiesa della Martorana. G. Antiocheno ai piedi di Maria Vergine (mosaico). Libreria Reber - Palermo. Nicht gelaufen.

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Häufiger kehrt ein anderer Typus wieder, bei welchem die unmittelbare byzantinische Herkunft durchaus nicht zweifelhaft ist. Vier Säulen, durch überhöhte Spitzbogen mit einander verbunden, umspannen ein mittleres Quadrat, über welchem sich in der bereits oben angegebenen Weise die Kuppel erhebt. Von diesen Säulen gehen auch noch in der Achsen- und Querrichtung Spitzbogen aus, welche kleinere rechteckige Gewölbefelder umschließen, so dass die Kirchen in der Breite drei Schiffe, in der Länge drei Gewölbefelder enthalten, an welche sich noch die Apsiden, meist von geringer Ausdehnung lehnen. Ein mittlerer von Säulen getragener Kuppelraum, allseitig von kleineren Gewölbefeldern oder Travéen umgeben, macht den Kern der Anlage aus, für welche sich das Vorbild in Byzanz z.B. in der Kirche Theotokos nachweisen lässt und die in Palermo wiederholt angewendet wurde.

Nach diesem Plane wurden die Kirchen: S. Maria dell' Ammiraglio oder Martorana (1143), S. Cataldo (1161), S. Giacomo la Mazara und S. Antonio (beide von ungewissem Alter), gebaut.

Die Martorana, eine Stiftung des Großadmirals Georg Antiochenus, hat allerdings durch einen späteren Umbau und Anbau ihre ursprüngliche Gestalt eingebüßt. An die Stelle der alten Apsis trat 1684 ein viereckiger Chor, ausserdem wurde in verschiedenen Zeiten die Kirche nach Westen hin erweitert, derselben noch eine breitere und eine schmalere Travée und eine durch eine Säulenreihe quer geteilte Vorhalle vorgesetzt. Ebn-Giobair (1) rühmt in seiner Reisebeschreibung die Fassade als die schönste Arbeit von der Welt, die Wände im Innern beschreibt er als strahlend von Gold und mit reichem Mosaikschmuck bedeckt, auch die Glassonne, welche das Auge blendet und den zierlichen Glockenturm, welcher auf Säulen ruhte und mit einer Kuppel (also ähnlich wie in S. Giovanni) schloss, hebt er preisend hervor. Der Glockenturm, früher isoliert, jetzt durch die Vorhalle mit dem Kirchenkörper unmittelbar verbunden, besitzt nicht mehr die Kuppel, seine oberen Stockwerke sind in spätern Zeiten des Mittelalters (wahrscheinlich im vierzehnten Jahrhundert) umgebaut worden. Auch die Glasmalereien sind verschwunden, an die Stelle der Mosaiken sind an den untern Wänden die  prunkvollen aber geschmacklosen Inkrustationen getreten, mit welchen das vorige [18.] Jahrhundert alle Kirchen Palermos verschwenderisch ausstattete, und von der Façade, die bei der Erweiterung der Kirche niedergerissen wurde, dürften sich als einzige Reste die beiden Mosaikbilder König Rogers und des Admirals zu Füßen der Madonna erhalten haben. Ihre gegenwärtige Aufstellung, gleichsam als Altarbilder, ist gewiss nicht die ursprüngliche, und ihre Bestimmung als Teile des Façadenschmuckes dem Herkommen entsprechend.

So vielfachen Veränderungen auch die Martorana unterworfen wurde, so bedarf es doch keiner besonderen Anstrengung der Phantasie, um ihre ursprüngliche Gestalt sich anschaulich zu machen. Die Grenzen des alten Baues werden durch das Mosaik in den Gewölben und auf dem Fußboden deutlich angegeben. Nur der quadratische Kuppelraum, und die beiden nächstliegenden Travéen, zeigen den Mosaikschmuck; dieser erstreckt sich also nur, soweit der echte alte Centralbau reicht, welcher nur durch die Spitzbogen von seinem byzantinischen Vorbilde sich unterscheidet. Die Säulen, welche Kuppel und Gewölbe tragen, rühren von einem älteren Baue her, sie haben verschiedene Höhe und nicht denselben Durchmesser. Um sie auf eine gleiche Höhe zu bringen, musste bei den Säulen östlich vom Kuppelraume dem Kapitäle noch ein Aufsatz gegeben werden, bei den Säulen westlich von der Kuppel half man sich, indem man den Schaft aus zwei Stücken von verschiedenem Diameter zusammensetzte, wobei die Basen der Säule verloren gingen. Die Travéen, welche sich unmittelbar an die Kuppel anschließen, haben Tonnengewölbe, während die übrigen Räume in den Seitenschiffen mit einem steilen Kreuzgewölbe bedeckt sind.

Die benachbarte Kirche S. Cataldo, dem Postamte einverleibt, in welcher gegenwärtig die Postboten die Briefe sortieren, zeigt die gleiche Anordnung wie die Martorana, mit der Eigentümlichkeit, dass die mittleren Kuppel nicht von Tonnengewölben, sondern gleichfalls von Kuppeln begrenzt wird. [...]

Der Turm der Martorana zeigt im untersten Stockwerke einen wuchtigen Quaderbau, welcher in der Mitte jeder Seite von einem einfachen spitzbogigen Eingang unterbrochen wird. Der Spitzbogen ruht auf zwei Säulen, welche an den Ecken des Einganges eingelassen sind und korinthische Kapitäle tragen. Ein breites Friesband, mit schwarzen und weißen Arabeskenmustern eingelegt, scheidet das untere Stockwerk von dem zweiten, das auf jeder Seite ein gekuppeltes Spitzbogenfenster aufweist. Ein feines Mosaikband rahmt jede Fensteröffnung ein, ebenso den großen Umfassungsbogen, der außerdem als Hauptglied aneinander gereihte Halbzylinder, eine förmliche Bossage besitzt. Inkrustierte Sterne und vertiefte Kreise, die ursprünglich wohl auch im Farbenschmucke prangten, belegen die übrige Fläche. Das dritte Stockwerk springt in das Achteck um mit abgerundeten Ecken oder Halbtürmen, die von Spitzenbogenarkaden umsäumt werden. An den Hauptseiten wiederholt sich die Fensterordnung des zweiten Stockwerkes. Das vierte Stockwerk, vom dritten durch eine Reihe kräftiger Machicoulis getrennt, ist dem letzteren in allem Wesentlichen gleich. Die Verwandtschaft dieser Turmanlage mit den Türmen des Domes von Palermo tritt klar zu Tage.

Die Klostergebäude der Martorana [...] zeigen noch Reste der ursprünglichen Anlage; außer einzelnen mosaicierten Säulen ist namentlich eine kleine Kapelle mit einem auf vier Säulen ruhenden offenen Vorraume hervorzuheben. Die Türpfosten der Kapelle sind mit Holzleisten bekleidet, deren Arabeskenschmuck die berühmten Türflügel der Martorana weit überragt, zu den schönsten Arbeiten dieser Gattung gehört.

Anmerkungen:
(1) Der arabische Geograph und Reiseschriftsteller Ibn Dschubair oder Ibn-Giobair (1145-1217) hielt sich 1184/85 in Palermo auf und berichtete über die Stadt.

Quelle:
Anton Springer: Die mittelalterliche Kunst in Palermo. Bonn: Adolph Marcus 1869 (Digitalisierung durch Google), S. 14 f. und Anmerkungen 17 und 18. Rechtschreibung und Zeichensetzung dem heutigen Stand angeglichen. - Über den Kunsthistoriker Anton Springer (1825-1891) siehe die Einträge in der ADB und NDB sowie in Wikipedia.

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Palazzo Reale
Cappella Palatina

Palermo - Il Palazzo Reale. Verlag Dr. Trenkler Co., Leipzig

Palermo - Palazzo Reale. Bucaro Gaspare, Palermo

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Oben: Palermo. Il Palazzo Reale. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 16 783. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Unten: Palermo - Palazzo Reale. Adressseite: Bucaro Gaspare - Palermo. Nicht gelaufen.

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Palermo - La Cappella Palatina. Edizione A. Reber - Libreria, PalermoPalermo - Palazzo Reale. Capella Palatina. Ediz. Francesco Verderosa, Palermo

Palermo - Palazzo Reale - Cappella Palatina vista dall' Altare. Giovanni Bucaro, Palermo

Palermo - Cappella Palatina - Adamo ed Eva - Mosaici. Giovanni Bucaro, Palermo. Fotocelere Torino. Di A. Campassi

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Obere Reihe, links: Palermo - La Cappella Palatina. Adressseite: Edizione A. Reber - Libreria - Palermo. Nicht gelaufen.
Obere Reihe, rechts: Palermo. Palazzo Reale. Capella Palatina. Ediz. F[rancesco] Verderosa, Palermo. Adressseite: Purger & Co., München. Photochromiekarte 2304. Nicht gelaufen.
Vorletzte Karte: Palermo - Palazzo Reale - Cappella Palatina vista dall' Altare. Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] 022. Nicht gelaufen.
Letzte Karte: 116 - Palermo_ Cappella Palatina - Adamo ed Eva - Mosaici (Sec. XII). Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere Torino. Di A. Campassi - Via Marochetti 41 - 1933 - XI. Nicht gelaufen.

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Am Tag der Ankunft war ich ganz erfüllt von einem einzigen Wunsch: Ich wollte die Cappella Palatina sehen. Man hatte sie mir als das Wunder aller Wunder geschildert.

Die Cappella Palatina ist das schönste, seltsamste religiöse Kleinod auf der Welt - erträumt aus dem menschlichen Geist und ausgeführt von Künstlerhänden, steht sie eingeschlossen im wuchtigen Gemäuer des Palazzo Reale, einer alten, von den Normannen erbauten Festung.

Diese Kapelle hat keine Außenansicht. Man betritt den Palazzo und ist sogleich verblüfft von der Eleganz des säulenumstandenen Innenhofs. Eine schöne Treppe mit geraden Stufenvorsprüngen bildet eine ebenso unerwartete wie effektvolle Perspektive. Gegenüber dem Eingangsportal durchbricht ein weiteres Portal die Palastmauer nach dem weithin gebreiteten Land hinaus und eröffnet urplötzlich den Ausblick auf einen tiefen, schmalen Horizont. Durch die harte Kontur dieser Öffnung, die den Blick einfängt und unwiderstehlich fortreißt zu dem blauen Gipfel des Berges, weit, weit da draußen über einem riesigen Orangenhain, fühlt sich der Geist hinausgeschleudert in unendliche Gefilde und grenzenlose Träume.

Wenn man sodann in die Kapelle eintritt, bleibt man zunächst wie angewurzelt stehen angesichts eines solchen Wunders, das man noch gar nicht richtig erfasst hat, während man schon von ihm überwältigt ist. Die gedämpft farbige, unwiderstehlich ergreifende Schönheit dieser kleinen Kirche, die das vollkommenste Meisterwerk ist, das man sich denken kann, versetzt den Beschauer in bewunderndes Staunen vor diesen mit großflächigen Mosaiken auf Goldgrund bedeckten Wänden, die in sanfter Helligkeit schimmern und den ganzen Raum in ein gedämpftes Licht tauchen. Die Phantasie des Betrachters wird in biblische, gottnahe Gefilde entführt, wo man in einem feurigen Himmel all die Gestalten erkennen kann, die mit dem Leben des Gottmenschen in Beziehung gebracht worden sind.

Was die Wirkung dieser sizilianischen Baudenkmäler so ungemein steigert, ist der Umstand, dass die in ihnen verkörperte dekorative Kunst auf den ersten Blick stärker ist als die Kunst der Architektur.

Die Harmonie der Linien und Maße ist nur der Rahmen für die Harmonie des Details. [...]

Die Männer, die diese helldunklen Kirchen erdachten und ausführten, hatten sicherlich eine ganz andere Vorstellung von religiösen Dingen als die Erbauer der deutschen und französischen Kathedralen, und ihre besondere Begabung richtete sich vor allem auf die Möglichkeiten, das Tageslicht so in diese herrlich geschmückten Kirchenschiffe eindringen zu lassen, dass man es nicht unmittelbar bemerkt, dass man es nicht eigentlich sieht, dass es sich gleichsam einschleicht, die Wände nur ganz sanft berührt und dadurch unbeschreibliche, geheimnisvolle und bezaubernde Wirkungen hervorruft. Das Licht scheint dann unmittelbar aus den Mauern, aus den mit Aposteln bevölkerten goldenen Himmelsgewölben hervorzuleuchten.

Die im Jahre 1132 von König Roger II. im gotischen Stil normannischer Prägung erbaute Cappella Palatina ist eine kleine, dreischiffige Basilika. Sie misst nur dreiunddreißig Meter in der Länge und dreizehn Meter in der Breite - ein Spielzeug also, ein kleines Juwel von einer Basilika.

Zwei Reihen wunderbarer, verschiedenfarbiger Marmorsäulen führen aufwärts in die Kuppel, von wo aus ein riesenhafter, von Engeln mit ausgebreiteten Flügeln umringter Christus einen anblickt. Das Mosaik, welches den Hintergrund der linken Seitenkapelle bildet, ist ein ergreifendes Bild. Es stellt den heiligen Johannes als Prediger in der Wüste dar. [...] Der Apostel spricht zu einer kleinen Gruppe. Hinter ihm die Wüste und ganz im Hintergrund bläuliche Bergrücken, wie sie - mit ihren sanften, sich im Dunst verlierenden Linien - allen jenen bekannt sind, die den Orient bereist haben. Der Heilige ist wie eingehüllt in einen goldenen Himmel, einen wahren Wunderhimmel, wo Gott gegenwärtig zu sein scheint.

Wenn man sich wieder dem Ausgang zuwendet, verweilt man unter der Kanzel, einem einfachen, viereckigen Gebilde aus rötlichem Marmor, eingefasst von einem Fries aus weißem Marmor mit kleinen eingelegten Mosaiken und getragen von vier feingearbeiteten Säulen. Und man verwundert sich, was der Geschmack, der unverfälschte Geschmack eines Künstlers mit so geringem Aufwand bewirken kann.

Die ganze wundersame Wirkung dieser Kirchen beruht im übrigen auf der Mischung und der Gegensätzlichkeit der Marmorsorten und der Mosaiken. Das ist ihre Besonderheit. Der ganze untere Teil der Wände, der weiß gehalten und nur mit kleinen Mustern, spitzenartigen Gebilden aus Stein, verziert ist, lässt gerade durch diese freiwillige Einfachheit die farbige Üppigkeit der großen Darstellungen in den oberen Partien besonders machtvoll hervortreten.

Aber sogar in diesen kleinen steinernen Borten, die wie zartgetönte Spitzen am unteren Teil der Wände entlanglaufen, entdeckt man Köstlichkeiten, nicht größer als eine Handfläche: so etwa zwei Pfauen, die ihre Schnäbel kreuzen und darein verschränkt ein Kreuz tragen.

Quelle:
Guy de Maupassant: Die Irrfahrten des Herrn de Maupassant (La Vie Errante) (Bibliothek klassischer Reiseberichte) Stuttgart: Steingrüben 1967, S. 90-94. - Über den französischen Dichter Guy de Maupassant (1850-1893) siehe den Eintrag in Wikipedia.

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Cappella Palatina in Palermo. Aus Springers KunstgeschichtePalermo - Palazzo Reale. Cappella Palatina. L'ambone e candelabro. Ed. Alinari
Palermo - Cappella Palatina - Mosaici dell' ingresso. Giovanni Bucaro PalermoPalermo - Cappella Palatina - Porta Araba in ferro battuto. Giovanni Bucaro Palermo

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Obere Reihe, links: Cappella Palatina in Palermo. Aus Springers Kunstgeschichte. Nicht gelaufen.
Obere Reihe, rechts: (Edne Alinari) N. 19598. Palermo - Palazzo Reale. Cappella Palatina. L'ambone e candelabro. (XII sec.). Nicht gelaufen.
Untere Reihe, links: Palermo - Cappella Palatina - Mosaici dell' Ingresso (Sec. XII). Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere Torino. Nicht gelaufen.
Untere Reihe, rechts: Palermo - Cappella Palatina - Porta Araba in ferro battuto. Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere Torino. Nicht gelaufen.

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Vollkommener Synkretismus [byzantinischer, arabischer und normannischer Elemente] zeigt erst, zeigt allein die Cappella palatina (1140) im Schlosse von Palermo. In diesem kleinen aber kostbaren Baue, den wir uns ursprünglich auf drei Seiten von einem Säulenportikus umschlossen zu denken haben, treten uns antike Säulen, antikisierende Kapitäle, sarazenische Spitzbogen, eine byzantinisch konstruierte Kuppel, eine arabische mit stalaktitenartigen Zellen geschmückte Decke und ein der abendländischen Basilika entsprechender Grundplan entgegen. Schon diese bunte Mannigfaltigkeit, auf beschränktem Raume gehäuft, verwirrt und blendet das Auge und bewirkt in Verbindung mit der unendlich reichen, gediegenen Dekoration den magischen Eindruck, welchem sich kein Beschauer entziehen kann, und welcher diese Schlosskapelle zu einem ebenso einzigen Kleinode der frühmittelalterlichen Kunst stempelt, wie ein solches für das gotische Zeitalter die Sainte Chapelle in Paris, für die Renaissance die Sixtina bildet.

Quelle:
Anton Springer: Die mittelalterliche Kunst in Palermo. Bonn: Adolph Marcus 1869, S. 12 f. Rechtschreibung und Zeichensetzung dem heutigen Stand angeglichen. - Über den Kunsthistoriker Anton Springer (1825-1891) siehe die Einträge in der ADB und NDB sowie in Wikipedia.

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Arabische Architektur:
Die Cuba und die Zisa

Palermo - Zisa. Devaux Paris

Palermo - La Zisa. Verlag Dr. Trenkler Co., Leipzig

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Oben: Palermo - Zisa. 13483 Devaux Paris. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Unten: Palermo. La Zisa. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 16 765. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.

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Indem nun die Architektur der Sarazenen sich mit der byzantinisch-romanischen verschmolz, erzeugte sich der gemischte Stil, den man den arabisch-normannischen nennt. An ihm allein oder an dem bleibenden Einfluss des arabischen Charakters kann man erkennen, wie viele und prächtige Gebäude die Mauren in Sizilien müssen aufgeführt haben. Aber alle jene Schlösser der Emire, über deren Pracht der Normannenfürst Roger in Erstaunen geriet, hat die Zeit zerstört, und von den arabischen Architekturen zweier Jahrhunderte steht heute wenig mehr aufrecht, als die Cuba und die Zisa, zwei Lustschlösser bei Palermo, die sich mit Sicherheit als Sarazenenbauten erkennen lassen, wenn sie auch spätere Restaurationen und selbst teilweise Erweiterungen erfuhren.

Beide Schlösser liegen außerhalb der Porta nuova auf dem Weg nach Monreale. Die Cuba (das heißt Bogen oder Wölbung) dient schon seit Jahren zur Reiterkaserne und ist sehr in Ruinen gegangen, so dass von der innern Anlage wenig übrig blieb. Das Äußere ist ein regelmäßiges Viereck von wohlgefügten Quadern, in schönen Verhältnissen, durch Bogen und Fenster gegliedert, die zum Teil blind nach arabischer Weise nur zum Ornamente dienen. Auf der Kranzspitze des Gebäudes sieht man noch eine arabische Inschrift, die nicht mehr entziffert werden kann. Das Innere ist vollkommen wüst, und zum Teil schon in späterer Zeit umgestaltet; nur in dem Mittelraum, der einst von einer Kuppel überwölbt gewesen, sieht man noch malerische Überreste von Bogenwölbungen und prächtige Arabesken in Stuck.

Boccaccio verlegte in diesen herrlichen Palast die Szene seiner fünften Novelle des sechsten Tags (1), und der Geschichtschreiber Fazello (2) schildert seine Pracht. Er entnahm die Beschreibung der Cuba aus älteren Schriftstellern, denn schon im sechzehnten Jahrhundert war das Schloss verfallen. "Mit dem Palast", so sagt er, "hing außerhalb der Stadtmauern gegen Westen ein Pomarium von ungefähr 2000 Schritten Umfang zusammen, Park genannt, das heißt königlicher Zirkus. Hier prangten die lieblichsten Gärten von allerlei Bäumen, und immerdar von Wassern benetzt. Hier und dort gab es Gebüsche, die von Lorbeer und Myrte dufteten. Drinnen erstreckte sich vom Eingang bis zum Ausgang ein sehr langer Portikus mit vielen offenen runden Pavillons zur Ergötzung des Königs, von denen einer noch heute unversehrt geblieben ist. In der Mitte befand sich ein großer Fischteich, aus antiken großen Quadersteinen von bewundernswürdiger Dicke aufgebaut, worin lebendige Fische eingeschlossen waren. Er ist bis heute unzerstört, nur fehlen die Fische und das Wasser. Darüber erhob sich, wie auch noch heute, der prachtvolle Lustpalast der Könige mit sarazenischer Schrift auf dem Gipfel, für die ich bis jetzt keinen Erklärer habe finden können. Auf der einen Seite dieses Gartens wurden wilde Tiere fast jeder Gattung zur Lust und Ergötzung des Palasts gehalten. Aber all' das ist heute zerfallen, und von Wein- und Gemüsegärten der Privatleute eingenommen. Nur lässt sich der Umfang des Pomariums genau erkennen, weil der größte Teil der Mauern beinahe unversehrt geblieben ist. Wie ehemals nennen die Palermitaner auch heute diesen Ort auf Sarazenisch Cuba."

Wie zur Zeit Fazello's besteht also auch jetzt noch der Palast in seinen Grundbestandteilen, und im Garten lassen sich noch die Umfangsmauer und die Reste des Fischteichs erkennen. Aber dies ist alles, was von der Cuba sich erhielt.

Die Zisa war ein noch größeres und prächtigeres Lustschloss sarazenischer Emire. Eine spanische Familie, Sandoval, welche in den Besitz des Gebäudes kam, hat es durch Umbauten vielfach verändert, aber dadurch eben vor dem gänzlichen Verfall geschützt, so dass sich von seiner ursprünglichen Anlage mehr erhalten hat als in der Cuba. Auch hier derselbe Stil: ein großer Würfel von einfachen, schönen Verhältnissen, aus Kalksteinquadern aufgeführt, durch Gesimse, Bogen und Fenster in drei Teile gegliedert. [...]

Ihr ganz modernisiertes Innere enthält viele Säle und Gemächer, die nichts mehr von sarazenischem Charakter zeigen. Nur die Vorhalle hat noch zum Teil die altertümliche Weise bewahrt. Hier zeigen sich Nischen und von Säulen getragene Bogen in der Wand, in deren einem ein Springbrunnen über Marmorstufen  fließt, von Moos und Schlingpflanzen schön umgrünt. Der sarazenische Bogen über dem Quell ist durch Ornamente von ineinander gezogenen und durchknoteten Spitzbogen phantastisch geschmückt. Bunte Freskomalereien und Mosaiken, Palmen und Olivenzweige, Bogenschützen und Pfauen, sind Zusätze der Normannen. Ebenso ist die kufische Inschrift an der Wand normannischen Ursprungs [...] und nur die nicht mehr leserliche Schrift auf dem Gipfel des Palasts rührt von den Arabern her.

Die Quelle floss aus der Vorhalle in einen prächtigen Fischteich, der noch im Jahr 1626 erhalten war [...]. Er lag nahe vor dem großen Portal, ein Viereck von 50 Fuß in der Länge, umgeben von netzförmigem Gemäuer. In der Mitte stand ein schönes Gebäude, in welches man über eine kleine Brücke von Stein gelangte; hier befand sich ein kleiner Saal von 12 Fuß Länge und 6 Fuß Breite, im Kreuz gewölbt, mit zwei Fenstern, aus denen man die Fische im Wasser schwimmen sah. Von dort [...] kam man in ein schönes Frauen-Gemach mit drei Fenstern, in deren Mitte je eine kleine Säule vom feinsten Marmor zwei Bogen trug.

Mehrere Treppen führten zu den Obergeschossen des Palasts, wo viele gewölbte Säle mit arabischen Bogenfenstern und Säulen, und innen ein offener Raum mit Pavillons lag. Der ganze Bau war mit Zinnen versehen. Die Pracht der Säle, ihrer von Mosaik glänzenden Wände, die Arbeit der in buntem Marmor und Porphyr ausgelegten Fußböden, muss schön und reich gewesen sein. [...] Welche schwelgerische Gartenlust muss dort zur Zeit der Emire, der Normannen und Friedrichs geherrscht haben, unter diesem seligen Himmel, in diesen rosigen Nächten, in einer wahrhaft paradiesischen Natur, die bis an's Meer und an den Fuß der Berge ihre blüten- und goldfruchtbedeckten Gärten rings verbreitet!

Ich habe wohl nie einen so hinreißenden Anblick genossen, als den von dem platten Dach dieses Sarazenenschlosses auf das Rundgemälde von Palermo, seine Ebene, seine Küsten und Berge. Es ist eine Schönheit, die alles übertrifft, was man sich vorstellen mag, und die ausschweifendste Phantasie reicht nicht an die Zauber dieser Feenwelt. Es ist hier alles in einem mäßigen Rahmen überschaulich zusammengefasst; denn um die ganze Conca d'Oro, die goldene Muschel von Palermo (3), stehen diese flimmernden Berge, braun und ernst, köstlich gefaltet, wie von dorischem Meißel ausgeschlagen; zu ihren bronzenen Füßen grüne Orangenhaine und Lusthäuser in Gärten; die hochgetürmte und gekuppelte Stadt am Meere hin; das Meer in die Ferne hinein, silberbläulich und lichtausatmend, und dort mächtig hingelagert der zackige, dunkelhäuptige Pellegrino, jenseits aber das funkelnde Cap Zaffarana mit seinen Türmen und schön ausgeschnittenen Vorsprüngen, und silberweiße Bergspitzen darüber hinaus durch die Lichtnebel blinkend, ein feiner, ätherischer Duftschleier über der ganzen stillen Natur wonnig verbreitet. Es ist Land, Licht, Luft und Meer des Orients, und blickt man von der Zisa in die Gärten hinunter, so möchte man wähnen, es sollten nun daraus hervorkommen schöne, arabische Mädchen mit Mandolinenschall, und langbärtige Emire im roten Kaftan, mit gelben Schuhen. Man könnte hier wahrlich zum Leben ausreichen mit der Weisheit des Koran und der des Hafis.

Anmerkungen:
(1) Giovanni Boccaccio: Das Dekameron. 5. [!] Tag, 6.[!] Geschichte. Die schöne Restituta aus Ischia wird entführt und in Palermo König Friedrich von Sizilien zum Geschenk gemacht. Gianni von der Nachbarinsel Procida, der sie heiß liebt, spürt das noch jungfräuliche Mädchen in der Cuba auf, findet einen Weg in ihr Gemach und wird ihr Geliebter. Der Königr überrascht sie, wie sie "nackt und schlafend in Giannis Armen" lag. Er ließ die Liebenden fesseln und nach Palermo bringen. "Dort solle man sie dann auf dem großen Platz, die Rücken gegeneinander gekehrt, an einen Pfahl binden und, nachdem sie bis zur dritten Stunde den Augen aller in diesem Zustande bloßgestellt worden wären, verbrennen, wie sie es verdient hätten." "Binnen kurzem zog die Neugier, die beiden Liebenden zu sehen, alle Männer und Frauen Palermos auf jenen Platz. Die Männer strömten herbei, um den Anblick des Mädchens zu genießen, und ebenso wie sie ihre vollkommene und in allen Teilen gleiche Schönheit priesen, versicherten die Frauen, die alle herbeikamen, um den Jüngling zu sehen, einstimmig, dass auch er durchaus schön und wohlgebaut sei." Der Admiral des Königs, der den Jüngling erkennt, bewirkt beim König die Freilassung und ehrenvolle Aufnahme der Liebenden. (Zitiert nach Zeno.org, wo die Novellensammlung online verfügbar ist.)
(2) Über den Dominikanermönch und Historiker Tommaso Fazello (1498-1570) siehe den Eintrag in der italienischen Wikipedia. Hauptwerk: "De Rebus Siculis Decades Duae".
(3) "Die Ebene zwischen den Bergen wird italienisch Conca d’oro („Goldenes Becken“) genannt, vermutlich wegen der Orangenhaine, die Palermo zur Zeit der arabischen Herrschaft umgaben." Siehe den Eintrag Palermo in Wikipedia.

Quelle:
Ferdinand Gregorovius: Siciliana. Wanderungen in Neapel und Sicilien (Wanderjahre in Italien; 3) 2. Aufl. Leipzig: F. A. Brockhaus 1865, S. 100-106. Siehe insgesamt: Die arabische Periode, S. 99 ff. - Über den Historiker und Italienforscher Ferdinand Gregorovius (1821-1891) siehe die Einträge in der ADB und NDB sowie in Wikipedia.

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Palermo - Palazzo della Zisa. Castello Saraceno

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Palermo. Palazzo della Zisa. Castello Saraceno. Gelaufen. Datiert u. Poststempel 1906.

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Adolf Friedrich Schack
La Zisa bei Palermo

Hinab vom Schloss arabischer Emire,
Das aus dem Garten aufragt hochgezinnt,
Lass ich die Blicke gleiten und verliere
    Mich in ein Blütenlabyrinth.

Fern über Pinien mit dem breiten Schirme
Und über Gärten voll der Aloe,
Bleikuppeln, Dome und Normannentürme
    Am Klippenstrand der blauen See!

Noch gießt, wie zu der Zeit der Sarazenen,
Das Schöpfrad Wasserfülle durch das Thal;
Zum Regenbogen bricht auf den Fontänen
    Noch blitzend sich der Sonnenstrahl;

Und aus der Schlucht herab, wo Indiens Feige
Auf sonnverbrannten Zackenfelsen glüht,
Schwebt müden Fittichs durch die Mandelzweige
    Das Wüstenkind, der heiße Süd.

Gleich einer Sultanin, die nach dem Bade
Im Palmenhaine, märchenlauschend, liegt,
Ruht wollustvoll Palermo am Gestade,
    Vom Wellenschlag in Traum gewiegt.

Doch nachts, so sagt man, oft geht durch die Wogen
Ein dumpfes Murmeln; schäumend wallt die Flut;
Schwarz türmen Wolken sich am Himmelsbogen,
    Durchflammt von roter Nordscheinglut.

Und Blitze zucken; Donner rollt; Walküren
Mit goldnem Helm ziehn durch die Nacht hindurch;
Mit Krachen öffnen sich die eh'rnen Thüren
    Zu Odins hoher Götterburg;

Und Schiffe sieht man schwanken; Waffendröhnen
Und Kriegerruf, vom Sturme halb gedämpft,
Hallt auf dem Meer, wo mit den Wüstensöhnen
    Des Nordmanns Heere lang gekämpft.

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek) Berlin: Directmedia Publishing 2005, S. 468.441 f. - Über den Dichter, Kunst- und Literarhistoriker Adolph Friedrich von Schack (1815-1894) siehe die Einträge in ADB und NDB sowie in Wikipedia.

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Palazzina Cinese
oder Casina Cinese

Zu den herausragenden Sehenswürdigkeiten in Palermo zählt auch die Palazzina (oder Casina) Cinese im Parco della Favorita am Hang des Monte Pellegrino, um 1790 von Guiseppe Venanzio Marvuglia erbaut und prächtig ausgestattet mit chinesischen Stilelementen und Wandgestaltungen.

Zu Giuseppe Venanzio Marvuglia (1729-1814) siehe den Eintrag in Wikipedia.

Palermo. La Favorita, palazzina di stile chinese

Palermo - Real Favorita - Casina Cinese. Fotogravure, Cesare Capello, Milano

Palermo - Palazzina Cinese - Dettaglio Stanza da Pranzo. Giovanni Bucaro Palermo. Fotocelere Torino. Di A. Campassi

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Oben: Palermo. La Favorita, palazzina di stile chinese. Nicht gelaufen.
Mitte: Palermo - Real Favorita - Casina Cinese. Adressseite: L. S. B. Palermo. 1936 - "Fotogravure", Cesare Capello - Milano. Nicht gelaufen.
Unten: 91 - Palermo - Palazzina Cinese - Dettaglio Stanza da Pranzo. Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Fotocelere Torino. Di A. Campassi - Via Marochetti 41 - 1938 XI. Vera Fotografia.  Nicht gelaufen.

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Weitere Bauwerke in Palermo
Kirchen, Straßen, Plätze etc.

Palermo - Piazza S. Domenico con la Chiesa omonima. Giovanni Bucaro Palermo. Cesare Capello Milano

Palermo - Piazza S. Domenico con la Chiesa Omonima

Palermo. Chiesa e piazza di S. Giacomo alla Marina. Verlag Dr. Trenkler Co., Leipzig

Palermo. Chiesa di S. Giuseppe dei Teatini, construita dal 1612 al 1645 dall' architetto Giacomo Besio. Verlag Dr. Trenkler Co., LeipzigPalermo - Chiesa della Catena. Francesco Verderosa, Palermo

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1. Karte von oben: Palermo - Piazza S. Domenico con la Chiesa omonima. Adressseite: G. B. P. [Giovanni Bucaro Palermo] Signet: Cesare Capello Milano. Im Briefmarkenfeld: 17. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: Palermo - Piazza S. Domenico con la Chiesa Omonima. Adressseite: Fotocelere im Briefmarkenfeld. Nicht gelaufen.
3. Karte von oben: Palermo. Chiesa e piazza di S. Giacomo alla Marina. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 3754. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Unten links: Palermo. Chiesa di S. Giuseppe dei Teatini, construita dal 1612 al 1645 dall' architetto G[iacomo] Besio. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 21 669. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Unten rechts: 8. Palermo - Chiesa della Catena. F[rancesco] Verderosa - Palermo. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.

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Palermo - Piazza Marina. Verlag Stengel & co., Dresden

Palermo - Piazza Bologni Statua di Carlo V. Verlag Dr. Trenkler Co., Leipzig

Palermo - Quattro Cantoni con via Macqueda. A. Scrocchi, MilanoPalermo - Quattro Cantoni con Via Macqueda. Ed. Francesco Verderosa, Palermo

Palermo - Quattro Canti. Edit. Brunner & C., Como

Palermo - Via Roma e Teatro Biondo

Palermo. Il nuovo Teatro Massimo. Verlag Dr. Trenkler Co., Leipzig

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1. Karte von oben: Palermo. Piazza Marina. Stengel & Co., Dresda 13955. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: Palermo. Piazza Bologni Statua di Carlo V. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. Pal. 3. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Reihe, links: Palermo - Quattro Cantoni con via Macqueda. Im Bild signiert. Adressseite, Signet: A. Scrocchi - Milano.2802-2. Nicht gelaufen.
Reihe, rechts: Palermo - Quattro Cantoni con Via Macqueda. 2003. Ed. F[rancesco] Verderosa - Palermo. Nicht gelaufen.
3. Karte von unten: Palermo - Quattro Canti. Adressseite; Signet: Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf. 9040 Edit. Brunner & C., Como. Nicht gelaufen.
2. Karte von unten: Palermo - Via Roma e Teatro Biondo. Adressseite: Fotocelere. Nicht gelaufen.
Unten: Palermo. Il nuovo Teatro Massimo. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 11 690. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.

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In der Tagebuch-Eintragung vom 7. April 1787 berichtet Goethe ausführlich über den botanischen "Wundergarten" bei der Villa Giulia unmittelbar an der Reede, 1777/78 angelegt durch den spanischen Vizekönig.

Palermo - Villa Giulia. Edit. Brunner & C., Como e Zürich

Palermo. Villa Giulia. Due degli Emicicli Pompeiani nella grano piazza centrale. Verlag Dr. Trenkler Co., Leipzig

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Oben: Palermo - Villa Giulia. Adressseite, Signet: Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf. 9062 Edit. Brunner & C., Como e Zürich. Nicht gelaufen.
Unten: Palermo. Villa Giulia. Due degli Emicicli Pompeiani nella grano piazza centrale. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 3770.

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Palermo. Museo Nazionale. Interno del Secondo Cortile. Verlag Dr. Trenkler Co., Leipzig

Palermo - Museo - Primo Cortile. Francesco Verderosa, Palermo

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Oben: Palermo. Museo Nazionale . Interno del Secondo Cortile. Signet: Dr. Trenkler Co., Lipsia. 21 449. Adressseite ungeteilt. Nicht gelaufen.
Unten: 13. Palermo - Museo - Primo Cortile. F[rancesco] Verderosa - Palermo. Adressseite ungeteilt. nicht gelaufen.

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Zu Palermo siehe auch die Seiten:

Palermo
Folge I: Land und Leute
(mit Literaturhinweisen)
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6687

Monreale
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6689

Sizilianische Karren
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6690

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