goethe


Jutta Assel | Georg Jäger

Legenden-Motive auf Postkarten

Joseph Ritter von Führich
Genoveva 

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Genoveva, von der alten Gertrud auf den Altan geführt, hört Golos schwermütigen Gesang.

 

Kap. 4. Golos falsche Anklage:

      Genoveva stand auf und trat mit Gertrud hinaus auf den breiten Schloßaltan. "Ich höre nichts," sagte sie, "aber wunderbar herrlich ist die Nacht. Wie die Sterne leuchten durch die hohen Wipfel der alten Bäume, wie schimmert so geheimnisvoll der Mondglanz auf dem stillen Teich! Wie süß duften die dunklen Rosen, und horch! das ist die Nachtigall! Sie singt so sehnsuchtsvoll in den dunklen Büschen!"
      Gertrud lauschte mit ihr. Jetzt aber klang wieder noch ein anderer Ton herauf. Eine leise, süße Weise zog durch die Nacht und mischte sich mit dem Nachtigallenschlage.
      "Das ist Golo! Er singt und spielt wieder. Jetzt kommt er den Laubengang herauf," sprach Gertrud.
      Genoveva lehnte am Geländer und neigte sich jetzt auch ein wenig vor. Da sah auch sie den, der da unten stand und wie träumend, selbstvergessen spielte. Er sang dazu schwermütige Verse von Lieb' und Sehnsucht und heißem Schmerz, weil die Geliebte sein Leid nicht sehen und seine Liebe nicht verstehen wolle.

 

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