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Jutta Assel | Georg Jäger

Sagen und Legenden

Adelheid von Stolterfoth: Rheinischer Sagen-Kreis

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Ritter Brömser von Rüdesheim


Ritter Brömser kommt gezogen
Aus dem heil'gen Morgenland,
Fern war er seit sieben Jahren
Von dem theuern Heimathstrand.
  
Hundert Sarazenenkrieger
Hat sein Schwert dem Tod geweiht,
Und der Ruhm des frommen Ritters
Ist verkündet weit und breit.
  
Narben zieren seine Stirne
Aus so mancher heissen Schlacht,
Aus dem Kampfe mit dem Drachen,
Den der Held einst kühn vollbracht.
  
Aber wilde Christenfeinde
Stürzten aus dem Hinterhalt,
Und der edle deutsche Ritter
Ward besiegt, gefangen bald.
  
Ketten hatten ihn gefesselt,
Kerkernacht hatt' ihn umhüllt -
Da erschien ihm Nachts im Träume
Seiner Tochter holdes Bild.
  
Ihre Blicke hob sie betend,
Ihre Hände himmelan,
Und erwachend hatte Brömser
Ein Gelübde schnell gethan.
  
Er beschwört's mit heil'gem Schwure,
Er gelobt's dem Himmel treu,
Seine liebliche Gisella
Gott zu weihen, würd' er frei.
  
Und er ward's - er kommt gezogen
Aus dem heil'gen Morgenland,
Kommt nach sieben langen Jahren
Wieder an den Heimathstrand.
  
"Rüdesheim und Rhein und Auen,
Rebenberge seyd gegrüsst!
Du auch, Veste meiner Väter,
Die mein einz'ges Kind umschliesst."
  
Und er hebt empor die Blicke -
Und vom hohen Söller schaut
Eine hold erblühte Jungfrau
Stolz und froh, gleich einer Braut.
  
Ihr zur Seite, waffenglänzend,
Blickt ein Ritter hoch und kühn,
Traulich hält er sie umfangen,
Und Gisella's Wangen glüh'n.
  
Ritter Brömser's Zug kommt näher,
Und sein Lilienbanner wallt -
"Kind, mein Kind!" - "o Vater, Vater!"
Tönt's mit liebender Gewalt.
  
Und sie fliegt in seine Arme,
An die theure Vaterbrust;
Aber wie? - sein strenges Antlitz,
Zeigt nur Ernst und keine Lust!
  
"Vater, Vater! bist du's wirklich?
Und der Himmel hat erhört,
Was ich ihn so heiss gebeten,
Hoffnungslos von Angst bethört!"
  
"Kind mein Kind! du hast mich wieder
Frei von Kerkernacht und Leid,
Darum hab' ich auch dem Himmel
Dich als reine Braut geweiht."
  
Ach! erbleichend sinkt Gisella
Stumm an ihres Otto's Herz,
Und auf seinem Angesichte
Leben Liebe, Zorn und Schmerz.
  
"Wag's, Gisella mit zu rauben,
Morgen wird sie mir getraut,
Mir gehört sie, mir verbunden
Ist die heiss geliebte Braut!"
  
Schwerter rasseln aus der Scheide.
Rauhe Worte tönen wild -
Doch Gisella schlingt die Arme
Um den theuern Otto's Schild.
  
"Meine Brust durchbohr' erst Vater,
Nimm mein Leben, es ist dein,
Aber Geist und Herz und Liebe
Sind noch selbst im Tode sein.
  
Keines andern will ich werden
Keines - selbst des Himmels nicht." -
Wehe! dunkle Wolken hüllen
Plötzlich ein der Sonne Licht.
  
" Nun so sey verflucht auf Erden!"
Rufet Brömser wutherfüllt,
Und Gisella stürzet nieder,
Von des Schreckens Nacht umhüllt.
  
Und das Volk ruft Wehe! Wehe!
Ueber der Verfluchten laut,
Und die rauhen Knechte treiben
Den Geliebten von der Braut.
  
Doch sein Auge sprühet Flammen,
Todesflammen wild und schön
Und Gisella sieht ihn fallen,
Hört ihn rufen "Wiedersehn!"
  
Und sie flieht in wildem Wahnsinn
Schnell am Rheinesstrand hinab;
Traurig hört's der fromme Brömser,
Wo sie sank in's Flutengrab.


 

 


Gisella

Hat ein Schiffer, grau und alt,
Spät sich noch vertraut den Wogen;
Wetternacht kommt rasch gezogen
Und ein ferner Donner hallt.
  
Berg und Thal sind schwarz verhüllt;
Horch! - - - die Wasser rauschen leise
Und empor, nach Geisterweise,
Taucht Gisella's bleiches Bild.
  
Warnend hebt's die weisse Hand,
Und um die verhüllten Glieder
Wallen feuchte Locken nieder,
Weit umher fließt das Gewand.
  
Und den Schiffer fasst ein Grau'n;
Eilig naht er den Gestaden;
Denn ein Sturm wird sich entladen
Ueber Berge, Strom und Au'n.

 

Aus der Geschichte des einst berühmten rheinischen Geschlechtes der Brömser, und seiner noch zum Theil, als Ruinen, in Rüdesheim am Rhein liegenden fünf Burgen, haben mehrere Schriftsteller (x) interessante Nachrichten mitgetheilt.

Die sogenannte Brömserburg, von ihrer niedern Lage am Rhein auch Niederburg genannt, wird von einigen Alterthumsforschern für ein ursprünglich römisches Kastrum gehalten. In einem ihrer Gewölbe wurden vor einigen Jahren römische Aschenkrüge, Urnen, Lampen u.a. aufgefunden, welches allerdings für diese Meinung sprechen mag.

Jetziger Besitzer der Burg ist Graf Ingelheim, und das Innere derselben wurde auf eine sehr sinnige und ansprechende Weise mit Benutzung der vorhandenen Räume zum Bewohnen eingerichtet. Die viereckige, mit ungeheuer dicken Mauern versehene Burg, liegt am nordwestlichen Ende von Rüdesheim, dicht am Ufer, und der Anblick von oben, wo ein lieblicher kleiner Garten blüht, ist wunderschön.

Rheinaufwärts sind die Rebengeländer des Rheingaus, und in dem stolz vorbei fluthenden Strom mehrere buschige Auen sichtbar, gegenüber der Rochusberg mit seiner Kapelle, und vor dem Eingang in die Bergschlucht, Bingen mit seiner uralten grauen Burg Klopp.

Der höher im Städtchen gelegene und aus neuern Jahrhunderten stammende Brömserhof ist seit einigen Jahren in Privathände übergegangen. In der Kapelle und einigen Gemächern dieses Hauses wurden sonst mehrere interessante Familienbilder, Hausgeräthe, die Kette, welche Johann Brömser als Gefangener in Palästina tragen musste u.a.m. gezeigt. Nun sind diese Gegenstände im Schloß Johannisberg, dem herrlichen Besitzthum des Fürsten Metternich, aufbewahrt.

x Bodmann, Vogt, Braun in seiner Rheinfahrt, Geming, Kahl, Schreiber u.a.m.

 

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