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Jutta Assel | Georg Jäger
Sagen und Legenden
Adelheid von Stolterfoth: Rheinischer Sagen-Kreis
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Kaiser Heinrich IV. auf der Flucht in Hammerstein Auf seiner hohen Veste Sitzt Wolf von Hammerstein. So ruht auf seinem Neste Der Aar im Abendschein, So ruht in seiner Höhle Der alte Löwe still, Der nimmer in die Thäler Zum Kampfe ziehen will. Einst trug er stolz im Streite Des deutschen Reichs Panier, Und trotzte seinen Feinden Mit offnem Helmvisir. Und zog mit Kaiser Heinrich Getreu von Land zu Land, Als Sieger und Besiegter, Als Rächer und gebannt. Oft denkt er noch mit Grauen An jenen Wintertag, Wo Heinrich in Canossa Beinah' der Schmach erlag. Dann aber denkt er wieder Mit alter Jugendglut, Wie sie zusammen siegten Ob aller Feinde Wuth. Und oftmals vor die Seele Schwebt ihm ein sanftes Bild. - Des Kaisers hohe Herrin, So treu, so gut und mild. Nach manchem bittren Schmerze, Den ihr einst Heinrich gab, Liegt sie in seel'gen Frieden Lang schon im stillen Grab. Noch aber kämpft der Kaiser Mit Zeit, Geschick und Welt. - Doch längst auf seiner Veste Ruht Wolf, der greise Held. Weiss ist sein Haar geworden Und schwach die tapfre Hand, Drum sieht er oft mit Trauer Weit über Strom und Land. Denn ach! vergebens schauet Sein trüber Blick hinaus; Kein Adlerknabe schwingt sich, Gleich ihm, durch Sturmesgraus, Kein junger Löwe streitet Nun mit der Feinde Schaar, Und zeigt den Preiss des Sieges Dem alten Löwen dar. O Gram des stolzen Herzens, Nur Töchter nennt er sein, Die schönsten Schwesterrosen, Erblüht am weiten Rhein. Nur selten mag ihn freuen Ihr anmuthsvolles Bild, Und wieder hören Beide Die Rede rauh und wild: "Hinweg, hinweg den Rocken, Die Spindel aus der Hand. Willst du von dannen ziehen Und spinnst dein Brautgewand?" "Ich spinn' dir einen Mantel, Mein Vater, lieb und traut, So lang du mich noch liebest, Mag ich nicht werden Braut." "Fort mit der Weberspule, Webst du mein Todtenkleid?" "Ich web' dir, lieber Vater, Ein schönes Feierkleid. O sprich nicht mehr vom Sterben, Sonst muss ich weinen gleich; Du sollst nicht von uns gehen Und wär's in's Himmelreich." "Ja wär't ihr tapfre Söhne, Blieb ich bei euch mit Lust, Drückt' euch mit Stolz und Freude An die getreue Brust. Doch schwache Weiber seyd ihr, Gebannt in engen Kreis, Und mein Geschlecht verblühet, Ich bin sein letztes Reis." Er sagt's und schaut vom Söller Mit einem finstern Blick. In unmuthsvoller Seele Beklagend sein Geschick. Schon sinket Nacht hernieder Und hüllt die Fernen ein, Der Sturm durchheult die Lüfte, Und d'runten brausst der Rhein. "Horcht! an der hohen Pforte, Wer kopft so spät noch an?" "Macht auf, macht auf! Herr Ritter, Eh' die Verfolger nah'n." Da thun sich auf die Hallen, Zwei Pilger treten ein; Am Eingang bleibt der Eine, Wer mag der And're seyn? Er sinkt erschöpft zusammen, Und seufzt und klaget laut, Dass es den holden Mägdlein Vor solchem Gaste graut. - Doch als er endlich wieder Das greise Haupt erhebt, Da beugt der alte Ritter Vor ihm das Knie und bebt. Er ruft: "mein Herr und Kaiser, Was ist mit Dir gescheh'n! Ich seh' nicht mehr den Purpur Von deinen Schultern weh'n, Ich seh' nicht mehr die Krone Auf deinem theuern Haupt, Hat dich der Feind geschlagen Und frevelhaft beraubt?" - "Ach! treuer Waffenbruder, Mich hielt ein grimmer Feind In Kerkernacht gefangen, Wo nie die Sonne scheint. Dann raubt' er mir den Pupur, Stiess mich hinab vom Thron; Und - weisst du seinen Namen? Der Räuber - ist mein Sohn!" Er deckt mit beiden Händen Das bleiche Angesicht. - Doch Wolf erhebt sich schweigend, Vor seinem Aug' wird's Licht. Er fühlt sich sanft umschlungen Von seiner Töchter Arm, Er fühlt auf seinen Händen Auch eine Thräne warm. "Wohl dir!" sagt Kaiser Heinrich Mit sanfter Stimme nun, "Du wirst an treuen Herzen Zur letzten Stunde ruh'n. Kein Sohn ersehnt dein Erbe Mit wilder Ungeduld, Und fügt zum stillen Wunsche Vielleicht die off'ne Schuld." "Doch auf! - und ohne Säumen Entsende Boten aus. Noch stehet Cöln in Treue Zum alten Kaiserhaus. Und morgen, mit der Sonne, Zieh' ich hinab am Rhein, Und bald zum wilden Kampfe Will ich gerüstet seyn." Er schweigt und sinkt auf's Lager Zur lang entbehrten Ruh, Bald schliesst ein sanfter Schlummer Die müden Augen zu. Und Wolf drückt seine Töchter An's Herz, zur guten Nacht. - Dann hält er bei dem Schläfer Getreue Ritterwacht.
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Die Ruinen der Burg Hammerstein, ausgezeichnet durch ihre höchst romantische Lage auf einem hohen schwarzen Felsenkoloß, liegen zwischen Coblenz und Bonn, auf dem rechten Ufer des Rheins. Die Burg gehörte im 11. Jahrhundert einem Grafen Otto, welcher für den Stammvater der Grafen von Nüringen und Hammerstein gehalten wird.
Der unglückliche Kaiser Heinrich IV. weilte einst kurze Zeit daselbst, nachdem er der Haft entflohen war, in welcher ihn erst zu Bingen auf Burg Klopp, und dann zu Ingelheim, sein Sohn gehalten hatte.
Er ging von da nach Cöln, welches noch treu an ihm hing, und starb nach einigen fruchtlosen Versuchen, wieder die Herrschaft zu erringen, in Lüttich 1166.
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