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Jutta Assel | Georg Jäger

Sagen und Legenden

Adelheid von Stolterfoth: Rheinischer Sagen-Kreis

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Ritter Conrad Bayer von Boppard


"Warum, o wilder Ungetreuer,
Verliessest du Maria, sprich!
Du warst ihr doch vor Allen theuer,
Sie liebte doch vor allem dich.
Steh Conrad, steh! auf Tod und Leben
Sollst du im Kampf mir Antwort geben,
Erhebe rasch dein treulos Schwert."
  
"Wer bist du?" ruft der stolze Ritter,
"Der keck in meinen Weg sich legt?
Frei will ich seyn, wie ein Gewitter,
Das fortzieht oder niederschlägt.
Auf dein Visir, und lass mich sehen,
Wer's wagt mit mir in Kampf zu gehen,
Wer fallen will von meiner Hand."
  
"Blick auf mein Schild, kennst du den Leuen?
Ich bin der Bruder deiner Braut,
Dein Abfall soll dich schwer bereuen,
Eh' noch der Abend niederthaut.
Aus Palästina kehrt' ich wieder -
Schnell lasse dein Visir hernieder,
Zu lang schon hab' ich dich erschaut."
  
Da stürmt zum Kampf heran der Wilde
Und schnell erlahmt des Jünglings Arm.
Er seufzt - er sinkt auf das Gefilde,
In Strömen quillt sein Herzblut warm.
Doch Conrad - wunderbar erschüttert,
Von niegefühlter Angst durchzittert,
Nimmt zögernd ihm den Helm vom Haupt.
  
Weh ihm! er sieht zwei Augen brechen,
Die liebend einst auf ihm geruht,
Er hört zwei Lippen "Conrad" sprechen,
Die einst geblüht in Rosenglut. -
Maria hat sein Schwert erschlagen; -
So rächt sie ihren Schmerz und Klagen
Durch raschen Tod von seiner Hand.
  
Da nimmt er all' sein Gut und Habe,
Um seiner Reu' genug zu thun,
Und über dem geliebten Grabe,
Wo ihre theuren Glieder ruh'n,
Lässt er ein Kloster herrlich bauen
Wie keins am Rheinstrom mehr zu schauen,
Und nennt es Sanct Marienberg.
  
Doch ruhelos flieht er von dannen,
Als Templer zieht er mit dem Heer.
Nichts kann den wilden Schmerz verbannen,
Der ihn begleitet über's Meer.
Doch endlich, endlich schlägt die Stunde,
Wo die willkomm'ne Todeswunde
Sein lang gequältes Herz empfängt.
  
Sein Schwert, die Feinde niederschlagend,
Glänzt in der Schlachtenwolke weit,
Beauseant, das Tempelbanner, tragend,
Stürmt er voran im wild'sten Streit.
Er schwingt's von Ptolemais Mauern,
Dann sinkt er, stumm von Todesschauern.
Ein Pfeilschuss hat sein Herz durchbohrt.   

 

 

Die Bayer von Boppard waren ein altes und berühmtes rheinisches Geschlecht, welches im Mannesstamm 1598 erlosch. Ritter Conrad Bayer von Boppard hat als ein kühner Held bei der Belagerung von Ptolemais gefochten und trug das Banner des Templerordens, Beauseant. - Das auf einem Berg bei Boppard liegende ehemalige Frauenkloster Marienberg, wurde 1123 von dieser Familie gestiftet und reich begabt.

 

 

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