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Jutta Assel | Georg Jäger
Sagen und Legenden
Adelheid von Stolterfoth: Rheinischer Sagen-Kreis
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Die Sage von der Lurley Hoch ob des Lurleys steilen Höhen Jagt Pfalzgraf Albrechts kühner Sohn; Der schönste Hirsch, den er gesehen, Ist, nah schon seinem Speer, entfloh'n. Er folgt ihm weiter, immer weiter Bis an des Abgrunds starren Rand, Und endlich wirft der wilde Reiter Das Eisen glücklich und gewandt. Getroffen sinkt von seinen Händen Zur Erde hin das edle Wild. Sieh - da entsteigt den Felsenwänden Ein schilfbekränztes Frauenbild. Hat er im Traume denn gesehen Dies Antlitz, dieser Augen Blau? Nein, ihre Locken sah er wehen Vom Lurley oft durch's Nebelgrau. Oft hört er auch ein Lied erklingen, Das süss um Lieb' ihn angefleht, Bald schien es aus der Fluth zu dringen, Ward bald vom Fels ihm zugeweht. Und oftmals dann im Mondenscheine, Wenn leise der Gesang verhallt, Taucht aus dem mild beglänzten Rheine Empor die winkende Gestalt. Wer wollt auf Männerschwur nicht bauen? Stets flieht er treu zu seiner Braut, Weil ihm vor Fee'n und Nebelfrauen Und bleichen Wassernixen graut. Doch endlich ist es ihr gelungen, Er ward verlockt in ihren Bann, Wo nun, vom Zauber rasch umschlungen, Er nimmermehr entfliehen kann. "Halt!" ruft sie jetzt mit sanftem Beben, "Du jagtest auf verpöntem Land, Und mir verfallen ist dein Leben, Giebst du mir nicht ein hohes Pfand, Tief unten in kristallner Helle Steht mein uraltes Felsenhaus, Leis' rauscht darüber hin die Welle, Und Fischlein ziehen ein und aus. Viel schöne Frau'n und Recken wohnen Bei mir in Frieden, still und gut, Sie tragen schilfgeflochtne Kronen, Und suchten Ruh' einst in der Fluth. Sie singen wunderbare Lieder Und Sagen aus vergangner Zeit, Die rauschen auf und rauschen nieder, Mit Well' und Wind in Ewigkeit. Und willst du mein Gemahl nicht werden, Und willst du nicht ihr König seyn? Wir steigen fröhlich auf zur Erden, Wir sinken seelig in den Rhein. So gieb mir denn dein Herz zum Pfande, Verfallen ist mir schon dein Leib, Und nieder führ' ich dich zum Strande Als dein beglücktes, treues Weib." "Entfleuch du bleiches Bild von hinnen!" Ruft Hugo jetzt voll Grau'n und Schmerz. "Ich will kein Zauberweib gewinnen, Und and'rer Liebe schlägt mein Herz. Doch ob verfallen ist mein Leben, Weil ich gejagt in deinem Bann, D'rauf soll mein Schwert dir Antwort geben, Wenn sie dein Kämpfer fordern kann." So spricht der Held mit strenger Stimme. Doch weh' ihm, dass er sie verschmäht, Rasch fährt empor im wilden Grimme, Die noch vor kurzem sanft gefleht. Aus ihren Augen sprühet Feuer, Aus ihren Locken brauset Sturm, Zur Wetterwolke wird ihr Schleier Und riesig wächst er wie ein Thurm. "Schick Vater mir die weissen Rosse," So ruft sie laut hinab zum Strand, Da brausen auf aus ihrem Schlosse Zwei Wellen bis zum Felsenrand. Sie schwingt ihn auf, sie fährt hernieder, Vom hohen Lurley in die Fluth. - Doch bald entsteigen sanfte Lieder Der Tiefe, wo der Ritter ruht: Er schläft auf weichem Lager, Der kühne Heldensohn. Ich hab ihn sanft gebettet, Weh mir - - er liebt ja schon. Gern setzt ich eine Krone Ihm auf das Lockenhaar, Von tausend Diamanten, Schön, wie noch keine war. Gern gäb' ich einen Scepter Ihm in die starke Hand, Vom Meere sollt' er herrschen Bis hoch in's Schweizerland. Wir lebten still in Frieden, So lang der Rhein noch fliesst, So lang den Lurleyfelsen, Noch Mondenschein begrüsst. Singt, Nixen, singt ihm leise In's Ohr mit Schmeichellaut. Doch ach! er träumt vom Vater, Er träumt von seiner Braut. Am Ufer steht sie traurig Und weint hinab zur Fluth, Und auch sein greiser Vater Klagt mit gebrochnem Muth. Er zuckt im Schlaf zusammen, Er fährt empor im Schmerz. - - Schwer sind die Thränenperlen Gefallen auf sein Herz. Und tiefer, immer tiefer, Neigt sich herab die Maid. Weh mir! sie will ihm folgen, In ihrem tiefen Leid. Dann müsst ich ewig sehen, Wie sie so glücklich sind. Steigt auf, ihr weissen Rosse, Tragt ihn an's Land geschwind. O Lurley, arme Lurley! Dein Vater ist der Rhein, Du fliehst mit deiner Liebe, Mit deinem Schmerz allein.
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Mancherlei Mähren und Sagen erzählt sich das phantasiereiche rheinische Volk aus der schauerlich erhabenen Bergschlucht, deren Hintergrund der Lurley bildet. Heilige, Gespenster und selbst der Teufel treten darin auf. Am lieblichsten aber ist die Sage von der Lurley, einer Undine, die hier in den Tiefen des Rheines wohnen soll. Der Felsenkoloß, welcher denselben Namen trägt, thürmt sich in seltsamen Formen und Zerklüftungen himmelan, und der Schall von Schüssen oder Waldhornklängen, in der Mitte des Rheines, oder gegenüber am rechten Ufer gegeben, tönt in vielfachem Echo zurück. Der Rhein, in ein enges Bett gedrängt, scheint sich mühsam einen Ausweg in freundlichere Gegenden zu suchen. - Rechts und links sind Salmenfänge, die vortreffliche Ausbeute liefern.
Schon im 13. Jahrhundert war der Lurleyberg von dem deutschen Minnesänger Murner, einem Zeitgenossen Frauenlobs, genannt.
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