Rheinisches Leben
Am Rhein blüht schönres Leben
Aus der Vernichtung Staub,
Der Ahnen Geister schweben,
Die längst des Grabes Raub;
Und neue Lieder dort erklingen
Mit wunderbarem Gruss,
Die leis' ich wieder singen
Und wieder träumen muss.
Seh' ich den Vogel ziehen
Hoch durch der Lüfte Blau,
Und seh' ich Schiffe fliehen
In fernes Nebelgrau,
Ist mir's, als ob im Fluge
Der Vogel Worte singt,
Als ob, im schnellen Zuge,
Vom Schiff ein and'res klingt.
Hier flüstern Geisterworte
Aus leichtbewegter Flut;
Dort um die Klosterpforte,
Wo Pilger einst geruht -
Und aus den Efeuranken,
Die hoch und traurigwild
Sich um die Gräber ranken
Tönt Elfensang so mild.
Doch schau' ich an der Mauer
Verfallner Burg hinauf,
So steigt ein leiser Schauer
In meinem Busen auf;
Denn in den öden Trümmern
Tönt's bald wie Kampf und Sturm,
Bald hör' ich's leise wimmern
Aus dem Verliess im Thurm.
Bald reden Erz und Steine
Von der Vergangenheit,
Bald sagt das Volk am Rheine
Die Mären alter Zeit.
Wir erbten manche Sage
Und glauben sie getreu,
Wer wagt die schnöde Frage
Ob sie wohl Wahrheit sey?
Treu meld' auch ich den Andern,
Was ich einst hört' und fand,
Wer es nicht glaubt, mag wandern
In unser schönes Land.
Und auf den Höh'n und Gründen
Lausch' er am Abend still -
Das Herz kann immer finden,
Wenn es nur suchen will.