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Franz Pforr
Zeichnungen zu Goethes
"Götz von Berlichingen"

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Götz im Rathaus Heilbronn. 

Götz im Rathaus Heilbronn. (Wien 1810) Bleistift-Umriss. Höhe: 16; Breite: 20,7 cm.

 

Akt IV.
Rathaus.
Götz. Kaiserliche Räte. Hauptmann. Ratsherrn von Heilbronn.

 

GÖTZ. Gott grüß Euch, Ihr Herrn, was wollt Ihr von mir?
RAT. Zuerst, daß ihr bedenkt: wo Ihr seid? und vor wem?
GÖTZ. Bei meinem Eid, ich verkenn Euch nicht, meine Herrn.
RAT. Ihr tut Eure Schuldigkeit.
GÖTZ. Von ganzem Herzen.
RAT. Setzt Euch.
GÖTZ. Da unten hin? Ich kann stehn. Das Stühlchen riecht so nach armen Sündern, wie überhaupt die ganze Stube.
RAT. So steht!
GÖTZ. Zur Sache, wenn's gefällig ist.
RAT. Wir werden in der Ordnung verfahren.
GÖTZ. Bin's wohl zufrieden, wollt, es wär von jeher geschehen.
RAT. Ihr wißt, wie Ihr auf Gnad und Ungnad in unsere Hände kamt.
GÖTZ. Was gebt Ihr mir, wenn ich's vergesse?
RAT. Wenn ich Euch Bescheidenheit geben könnte, würd ich Eure Sache gut machen.
GÖTZ. Gut machen! Wenn Ihr das könntet! Dazu gehört freilich mehr als zum Verderben.
SCHREIBER. Soll ich das alles protokollieren?
RAT. Was zur Handlung gehört.
GÖTZ. Meinetwegen dürft Ihrs' drucken lassen.
RAT. Ihr wart in der Gewalt des Kaisers, dessen väterliche Gnade an den Platz der majestätischen Gerechtigkeit trat, Euch anstatt eines Kerkers Heilbronn, eine seiner geliebten Städte, zum Aufenthalt anwies. Ihr verspracht mit einem Eid, Euch, wie es einem Ritter geziemt, zu stellen und das Weitere demütig zu erwarten.
GÖTZ. Wohl, und ich bin hier und warte.
RAT. Und wir sind hier, Euch Ihro Kaiserlichen Majestät Gnade und Huld zu verkündigen. Sie verzeiht Euch Eure Übertretungen, spricht Euch von der Acht und aller wohlverdienten Strafe los, welches Ihr mit untertänigem Dank erkennen und dagegen die Urfehde abschwören werdet, welche Euch hiermit vorgelesen werden soll.
GÖTZ. Ich bin Ihro Majestät treuer Knecht wie immer. Noch ein Wort, eh Ihr weiter geht: Meine Leute, wo sind die? Was soll mit ihnen werden?
RAT. Das geht Euch nichts an.
GÖTZ. So wende der Kaiser sein Angesicht von Euch, wenn ihr in Not steckt! Sie waren meine Gesellen, und sind's. Wo habt ihr sie hingebracht?
RAT. Wir sind Euch davon keine Rechnung schuldig.
GÖTZ. Ah! Ich dachte nicht, daß ihr nicht einmal zu dem verbunden seid, was ihr versprecht, geschweige -
RAT. Unsere Kommission ist, Euch die Urfehde vorzulegen. Unterwerft Euch dem Kaiser, und Ihr werdet einen Weg finden, um Eurer Gesellen Leben und Freiheit zu flehen.
GÖTZ. Euren Zettel!
RAT. Schreiber, leset!
SCHREIBER. "Ich Götz von Berlichingen bekenne öffentlich durch diesen Brief: daß, da ich mich neulich gegen Kaiser und Reich rebellischer Weise aufgelehnt" -
GÖTZ. Das ist nicht wahr. Ich bin kein Rebell, habe gegen Ihro Kaiserliche Majestät nichts verbrochen, und das Reich geht mich nichts an.
RAT. Mäßigt Euch und hört weiter!
GÖTZ. Ich will nichts weiter hören. Tret einer auf und zeuge! Hab ich wider den Kaiser, wider das Haus Österreich nur einen Schritt getan? Hab ich nicht von jeher durch alle Handlungen gewiesen, daß ich besser als einer fühle, was Deutschland seinem Regenten schuldig ist? und besonders, was die Kleinen, die Ritter und Freien, ihrem Kaiser schuldig sind? Ich müßte ein Schurke sein, wenn ich mich könnte bereden lassen, das zu unterschreiben.
RAT. Und doch haben wir gemessene Ordre, Euch in der Güte zu überreden, oder im Entstehungsfall Euch in den Turn zu werfen.
GÖTZ. In Turn! Mich!
RAT. Und daselbst könnt Ihr Euer Schicksal von der Gerechtigkeit erwarten, wenn Ihr es nicht aus den Händen der Gnade empfangen wollt.
GÖTZ. In Turn! Ihr mißbraucht die Kaiserliche Gewalt. In Turn! Das ist sein Befehl nicht. Was! mir erst, die Verräter! eine Falle zu stellen, und ihren Eid, ihr ritterlich Wort zum Speck drin aufzuhängen! Mir dann ritterlich Gefängnis zusagen, und die Zusage wieder brechen.
RAT. Einem Räuber sind wir keine Treue schuldig.
GÖTZ. Trügst du nicht das Ebenbild des Kaisers, das ich in dem gesudeltsten Konterfei verehre, du solltest mir den Räuber fressen oder dran erwürgen! Ich bin in einer ehrlichen Fehd begriffen. Du könntest Gott danken und dich vor der Welt groß machen, wenn du in deinem Leben eine so edle Tat getan hättest, wie die ist, um welcher willen ich gefangen sitze.

Rat winkt dem Ratsherrn, der zieht die Schelle.

GÖTZ. Nicht um des leidigen Gewinsts willen, nicht um Land und Leute unbewehrten Kleinen wegzukapern, bin ich ausgezogen. Meinen Jungen zu befreien, und mich meiner Haut zu wehren! Seht ihr was Unrechtes dran? Kaiser und Reich hätten unsere Not nicht in ihrem Kopfkissen gefühlt. Ich habe Gott sei Dank noch eine Hand, und habe wohlgetan, sie zu brauchen.

Bürger treten herein, Stangen in der Hand, Wehren an der Seite.

GÖTZ. Was soll das? RAT. Ihr wollt nicht hören. Fangt ihn! GÖTZ. Ist das die Meinung? Wer kein ungrischer Ochs ist, komm mir nicht zu nah! Er soll von dieser meiner rechten eisernen Hand eine solche Ohrfeige kriegen, die ihm Kopfweh, Zahnweh und alles Weh der Erden aus dem Grund kurieren soll.

Sie machen sich an ihn, er schlägt den einen zu Boden und reißt einem andern die Wehre von der Seite, sie weichen.

Kommt! Kommt! Es wäre mir angenehm, den Tapfersten unter euch kennen zu lernen.

 

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