goethe


Jutta Assel | Georg Jäger
Peter Cornelius:
Illustrationen zu Goethes Faust

Stand: März 2018

 

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Peter Cornelius: Faust und Gretchen im Garten
Vorzeichnung zu seiner 1816 herausgegebenen Kupferstichserie "Bilder zu Goethes Faust" 
Goethe-Museum Düsseldorf. Anton und Katharina Kippenberg-Stiftung

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Peter Cornelius, Mephisto und Frau Marthe, Zeichnung

Peter Cornelius: Mephisto und Frau Marthe. Um 1810/11.
Feder über Bleistift. Höhe 30,1; Breite 20,5 cm.
In: Die Handzeichnungen des 19. Jahrhunderts. Düsseldorfer Malerschule.
Teil 1. Die erste Jahrhunderthälfte. Text und Tafeln
(Kataloge des Kunstmuseums Düsseldorf. III, 3/1 und III, 3/2)
Düsseldorf 1978. Text, S. 80f., Abb. 355.

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bietet eine reiche Auswahl von Illustrationen
zu Faust und Gretchen
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 Gliederung 

          1. Einführung
          2. Zeichnungen
          3. Goethes Schreiben an Cornelius
          4. Cornelius Schreiben an den Verleger
          5. Auszüge aus Försters Gedenkbuch
          6. Kurzbiographie von Peter Cornelius
          7. Kurzbiographie der Kupferstecher

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 1. Einführung

Goethes "Faust", dessen erster Teil unter dem Titel "Faust. Eine Tragödie" zur Ostermesse 1808 erschien, regte bald Illustratoren an. Der junge Peter Cornelius zeichnete ab 1809 Illustrationen zu diesem Werk und ließ sechs Blätter durch Sulpiz Boisserée (1783-1854) – einem der frühesten Sammler altdeutscher Malerei und Verfechter der Vollendung des Kölner Domes – Goethe zukommen. Dieser würdigte die glückliche Verschmelzung von Stoff und Form und anerkannte die künstlerische Leistung von Cornelius, der ihm von seinen Einsendungen zu einigen Preisaufgaben der Weimarischen Kunstfreunde bereits bekannt war. An Carl Friedrich von Reinhard schrieb Goethe am 8. Mai 1811:

     Boisserée hat mir ein halb Dutzend Federzeichnungen von einem jungen Mann Namens Cornelius, der sonst in Düsseldorf lebte, und sich jetzt in Frankfurt aufhält, und mit dem ich früher durch unsere Ausstellungen bekannt geworden, mitgebracht, die wirklich verwundersam sind. Es sind Scenen nach meinem Faust gebildet. Nun hat sich dieser junge Mann ganz in die alte deutsche Art und Weise vertieft, die denn zu den Faustischen Zuständen ganz gut passt, und hat sehr geistreiche gutgedachte, ja oft unübertrefflich glückliche Einfälle zu Tage gefördert, und es ist sehr wahrscheinlich, daß er es noch weiter bringen wird, wenn er nur erst die Stufen gewahr werden kann, die noch über ihm liegen.

 

Wie dieser Brief und das Antwortschreiben an Cornelius (Kap. 3) zeigen, war Goethe in einer schwierigen Lage: In seiner Sturm-und-Drang-Zeit hatte er an der Aufwertung altdeutscher Kunst und Kultur – darunter verstand man sowohl die gotische Baukunst als auch die Kultur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit (Albrecht Dürer, Hans Sachs etc.) – aktiv mitgewirkt. Die romantische Richtung christlicher und >vaterländischer< Kunst lehnte der Weimarer Klassiker jedoch entschieden ab. So ist sein Antwortschreiben an Cornelius als diplomatisches und pädagogisches Schriftstück zu lesen: Goethe lobt die künstlerische Leistung, warnt vor der Überschätzung der altdeutschen Kunst und sucht den jungen Künstler für die Ideale einer an der Antike orientierten klassischen Kunst zu gewinnen.

In Rom, wohin sich Cornelius 1811 begeben hatte, ergänzte er die gezeichnete Folge zum "Faust". Mit einer Widmung an Goethe erschienen die von Ferdinand Ruscheweyh (s. Kap. 7) gestochenen Zeichnungen unter dem Titel "Bilder zu Goethe's Faust" im Verlag von Friedrich Wenner in Frankfurt. Die Veröffentlichung begann 1816 mit zwei Heften zu je vier Blatt; Ende 1817 folgten "Auerbachs Keller", "Mater dolorosa" und "Faust bei Gretchen im Kerker"; erst 1826 folgte als 12. Blatt der von Julius Thaeter (s. Kap. 7) gestochene "Osterspaziergang". Nach Wenners Tod erwarb Georg Reimer in Berlin die Platten und publizierte 1845 eine Neuauflage; er fügte dabei dem Titelblatt die Angabe "Berlin bey G. Reimer" hinzu. 1916 veranstaltete der Nachfolger Dietrich Reimer von den wiederentdeckten Platten eine Jubiläumsausgabe (Stephan Seeliger: Zur Editionsgeschichte der Faust-Bilder). Der Faust-Zyklus machte Cornelius erstmals einem breiteren Publikum bekannt.

 

Literaturhinweise:

* Herman Riegel: Cornelius der Meister der deutschen Malerei. Hannover: Carl Rümpler 1866. "Faust", S. 28 ff.
* Ernst Förster: Peter von Cornelius. Ein Gedenkbuch aus seinem Leben und Wirken, mit Benutzung seines künstlerischen, wie handschriftlichen Nachlasses, nach mündlichen und schriftlichen Mittheilungen seiner Freunde und eigenen Erinnerungen und Aufzeichnungen. 2 Tle. Berlin: Georg Reimer 1874. Auszüge in Kap. 
5.
* David Koch: Peter Cornelius. Ein deutscher Maler. Stuttgart: J. F. Steinkopf 1905. "Die Faustbilder. 1810-1815", S. 31-46.
* Christian Eckert: Peter Cornelius. Bielefeld u. Leipzig: Velhagen & Klasing 1906 (Künstler-Monographien; LXXXII). "Faust", S. 16 ff.
* Goethes Faust. Der Tragödie erster Teil mit Zeichnungen von Peter Cornelius. Eingeleitet von Alfred Kuhn. Verlegt bei Dietrich Reimer / Ernst Vohsen / A. G. Berlin 1920.
* Franz Neubert: Vom Doctor Faustus zu Goethes Faust. Mit 595 Abbildungen. Leipzig: J. J. Weber 1932. Reproduktion der Illustrationen S. 96-102.
* Stephan Seeliger: Zur Editionsgeschichte der Faust-Bilder von Peter Cornelius. In: Aus dem Antiquariat 7, 1988, S. A 277 ff.
* Deutsche Graphik des Klassizismus und der Romantik. Katalog des Von der Heydt-Museums Wuppertal. Hrsg. von Sabine Fehlemann. Wuppertal 1989. Zu den Illustrationen von Peter von Cornelius zum "Faust" S. 53 ff.
* "Ganz deutsch sein". Peter Cornelius' Faustillustrationen . In: Welten der Romantik. Hrsg. von Cornelia Reiter und Klaus Albrecht Schröder.  Ostfildern: Hatje Cantz 2016, S. 242-255.  ISBN 978-3-7757-4057-9

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2. Zeichnungen

Die Bilder sind folgender Publikation entnommen: 

  • Goethes Faust. Der Tragödie erster Teil mit Zeichnungen von Peter Cornelius. Eingeleitet von Alfred Kuhn. Verlegt bei Dietrich Reimer / Ernst Vohsen / A. G. Berlin 1920. – Die Abbildungen geben die Handzeichnungen wieder. Nur Blatt 3, Faust und Wagner unter den Spaziergängern vor dem Tore, und der Ausschnitt daraus sind nicht der Handzeichnung, sondern dem von Julius Thaeter (1804-1870) ausgeführten Kupferstich nachgebildet. (S. VI).

 

Den Titeln der Blätter sind Höhe und Breite der Handzeichnungen in Millimetern beigegeben.

 


3. Goethes Schreiben an Cornelius

Auf die Übergabe der Handzeichnungen durch Sulpiz Boisserée reagierte Goethe mit dem Brief an Peter Cornelius vom 8. Mai 1811:

 Die von Herrn Boisserée mir überbrachten Zeichnungen haben mir auf eine sehr angenehme Weise dargethan, welche Fortschritte Sie, mein werther Herr Cornelius, gemacht, seitdem ich nichts von Ihren Arbeiten gesehen. Die Momente sind gut gewählt, und die Darstellung derselben glücklich gedacht, und die geistreiche Behandlung sowohl im Ganzen als Einzelnen muß Bewunderung erregen.
      Da Sie sich in einer Welt versetzt haben, die Sie nie mit Augen gesehen, sondern mit der Sie nur durch Nachbildungen aus früherer Zeit bekannt geworden, so ist es sehr merkwürdig, wie Sie sich darin so einheimisch finden, nicht allein was das Costüm und sonstige Äußerlichkeiten betrifft, sondern auch der Denkweise nach; und es ist keine Frage, daß Sie, je länger Sie auf diesem Wege fortfahren, sich in diesem Elemente immer freyer bewegen werden.
      Nur vor einem Nachtheile nehmen Sie sich in Acht: die deutsche Kunstwelt des 16. Jahrhunderts, die Ihren Arbeiten als eine zweyte Naturwelt zum Grunde liegt, kann in sich nicht vollkommen gehalten werden. Sie ging ihrer Entwicklung entgegen, die sie aber niemals, so wie es der transalpinischen glückte, völlig erreicht hat. Indem Sie also Ihren Wahrheitsinn immer gewähren lassen; so üben Sie zugleich an den vollkommensten Dingen der alten und neuen Kunst den Sinn für Großheit und Schönheit, für welchen die trefflichsten Anlagen sich in Ihren gegenwärtigen Zeichnungen schon deutlich zeigen. Zunächst würde ich Ihnen rathen, die Ihnen gewiß schon bekannten Steinabdrücke des in München befindlichen Erbauungsbuches [Randzeichnungen Albrecht Dürers zum Gebetbuch Maximilians] so fleißig als möglich zu studiren, weil, nach meiner Überzeugung, Albrecht Dürer sich nirgends so frey, so geistreich, groß und schön bewiesen, als in diesen gleichsam extemporirten Blättern. Lassen Sie ja die gleichzeitigen Italiäner, nach welchen Sie die trefflichsten Kupferstiche in jeder einigermaßen bedeutenden Sammlung finden, sich empfohlen seyn; und so werden sich Sinn und Gefühl immer glücklicher entwickeln, und Sie werden im Großen und Schönen das Bedeutende und Natürliche mit Bequemlichkeit auflösen und darstellen.
      Daß die Reinlichkeit und Leichtigkeit Ihrer Feder und die große Gewandtheit im Technischen die Bewunderung aller derer erregt, welche Blätter sehen, darf ich wohl kaum erwähnen. Fahren Sie fort auf diesem Wege alle Liebhaber zu erfreuen, mich aber besonders, der ich durch meine Dichtung Sie angeregt, Ihre Einbildungskraft in diese Regionen hinzuwenden und darin so musterhaft zu verharren.
      Herrn Boisserées Neigung, die Gebäude jener würdigen Zeit herzustellen und uns vor Augen zu bringen, trifft so schön mit Ihrer Sinnesart zusammen, daß es mich höchlich freuen muß, die Bemühungen dieses verdienten jungen Mannes zugleich mit den Ihrigen in meinem Hause zu besitzen. Wie Ihnen Ihr Blätter wieder zukommen sollen, werde ich mit Herrn Boisserée abreden.
      Leben Sie recht wohl und lassen, nach einer so langen Pause, bälder wieder etwas von sich hören.
      Weimar den 8. May 1811.

 


4. Cornelius Schreiben an den Verleger

Cornelius schreibt unter dem 29. Juni 1811 an den Verleger Friedrich Wenner in Frankfurt am Main: 

Wohlgeborner, insonders hochzuehrender Herr!

Herr Boisserée von Cöln benachrichtigte mich am 8. Juni, daß er Ihnen meine Zeichnungen zu Goethes Faust gezeigt, und daß Sie dabei den Wunsch geäußert hätten, die Bedingungen zu kennen, unter welchen ich sie einem Verleger abtreten würde. Bevor ich Ihrem Wunsche Genüge leiste, habe ich das Vergnügen, Ihnen die sehr gute Aufnahme meiner Zeichnungen von Goethe mitzuteilen, dessen Stimme für oder gegen einen Gegenstand der Art einem Verleger keineswegs gleichgültig sein kann. Nebst beiliegender Kopie seines Schreibens an mich habe ich Ihnen auch noch seine gegen Herrn Boisserée getane Erklärung, meiner Unternehmung öffentlich ein gutes Wort zu reden, mitzuteilen.
      Hier folgen nun die Bedingungen, unter welchen ich Ihnen mit Vergnügen meine Zeichnungen abtreten werde.
      Erstens wünsche ich, daß das Werk Herrn von Goethe dediziert werde.
      Zweitens, daß mit dem Kupferstecher desselben eine solche Übereinkunft getroffen würde, die mich in den Stand setzte, über die Behandlung der zu stechenden Blätter frei mit ihm zu reden.
      Drittens verlange ich für diesen Cyklus, der aus 12 Blättern bestehen wird, ein Honorar von 100 Louisd'or, den Louisd'or zu 11 Fl.rhein. Auch erbiete ich mich, (wenn Sie darauf bestehen) einen Text zu meinen Blättern zu liefern; wovon ich aber im ganzen abrate, weil das Gedicht die Zeichnungen am besten kommentiert.
      Viertens wünsche ich bis Ende August, wo ich zum wenigsten 9 Blätter fertig haben werde, das Honorar fürs Ganze zu erhalten; indem ich gesonnen bin, den drei letzten, wozu ich die bedeutendsten Situationen wählen werde, in Rom die höchst mögliche Vollendung zu geben, weil die dortigen Umgebungen am besten geeignet sind, einen Künstler zu begeistern.
      Finden Sie diese Bedingungen annehmlich, so wird es mir großes Vergnügen gewähren, mit Ihnen zu einem Unternehmen in Verbindung zu treten, daß uns durch unseren beiderseitigen Anteil auf die angenehmste Art näher bringen könnte.
      Übrigens habe ich noch zu bemerken, daß die Ehre und der gute Fortgang dieses Werkes mir näher am Herzen liegen, als jeder äußere Vorteil. Und jeder Kenner wird finden, daß meine Bedingungen mich nur dürftig schadlos halten, nicht aber meine große Mühe und meine Studien bei diesem Werk belohnen. Die befriedigendste Belohnung werde ich nur in dem Beifall meines Vaterlandes und der guten Wirkung meines Strebens finden.
     In der sichern Erwartung, aufs Baldigste eine bestimmte Antwort zu erhalten, empfiehlt sich Ew. Ergebenster Diener
                Cornelius 

 

[Wenner nahm diese Bedingungen an und verlegte das Werk.]

Quelle: Goethes Faust. Der Tragödie erster Teil mit Zeichnungen von Peter Cornelius. Eingeleitet von Alfred Kuhn. Verlegt bei Dietrich Reimer / Ernst Vohsen / A. G. Berlin 1920, S. XIII.


5. Auszüge aus Försters Gedenkbuch

Cornelius erkannte als Mittel des Verständnisses den Anschluß der Kunst an das, was auf einem andern Gebiet, aber in gleicher Richtung bereits lebendiges geistiges Eigenthum der Zeitgenossen war. Das Gebiet war die Dichtkunst und auf diesem entsprachen der künstlerischen Sinnesweise vor allen Andern: Shakespeare, der durch A. W. Schlegels Übersetzung gewissermaßen zum deutschen Dichter geworden, und Göthe, in dessen "Faust" das religiös-philosophische Bewußtsein der Zeit seinen Sprecher gefunden. Nach kurzem Schwanken entschied sich Cornelius (wie er mir gesagt), Shakespeare auf spätere Zeit verschiebend, für Göthe, und zwar für den "Faust", weil das erste größere Werk, mit dem er vor die Nation treten wollte, rein "deutschen Usprungs" sein sollte, nicht gerechnet, daß er sich damit an des größten deutschen Dichters größte und zum geistigen Volkseigenthum gewordene Schöpfung anschloß. 
      In Bezug auf die Wahl des "Faust" erhalte ich eine Mittheilung von Herrn H. Mosler, dem Sohne des Freundes von Cornelius, die von der meinigen abweicht, ohne geradezu im Widerspruch mit dem zu stehen, was Cornelius mir darüber geäußert. H. Mosler schreibt: "Cornelius hatte die Absicht, sich in einer seinem Genius entsprechenden Weise einem größern Publikum bekannt zu machen. Es sollte ein Cyclus von Zeichnungen sein, für die er einen Verleger schon zu finden hoffte. Er schwankte anfangs zwischen Herders Uebersetzung des "Cid" und Göthes "Faust", als zwei damals Aufsehen erregenden Werken. Mein Vater rieth ihm, den Gedanken mit Faust festzuhalten und jedenfalls in den Vordergrund zu drängen. Zwar schien der "Cid" mehr Stoff zu malerischen Darstellungen zu gewähren, als "Faust"; indeß die Gründe für diesen waren doch überwiegend; wobei denn auch eine vorläufige Stoffauswahl gemeinsam besprochen wurde, sowie die Schwierigkeit des Zeitcostümes. Daß es Federzeichnungen werden sollten, hatte Cornelius schon vorher beschlossen und sich dabei auf eine bei einer andern Gelegenheit erworbene Uebung darin verlassen. Nun ging's an's Entwerfen. Zuerst der Spaziergang im Garten mit Mephisto und Martha. Während Faust und Gretchen anfangs noch etwas im antikisierenden Geschmack der Zeit waren, nöthigten Mephisto und Martha energischer zu dem so glücklich getroffenen alt-deutschen Typus und das Mißverhältniß mußte ausgeglichen werden. Sodann die Szene in Auerbachs Keller, die – nach meinem Vater – anfangs noch eine Wirthshausscene im niederländischen Geschmacke war, und ihm mißfiel. Cornelius, zwar ungehalten, billigte schließlich die Kritik und entwarf die jetzt bekannte Composition. Damit war für 2 Darstellungen der Typus getroffen und nun gings mit größerer Sicherheit in diesem Sinne weiter." 
      […]
      Bei Cornelius bedurfte es keines Nachdenkens, daß für bildliche Darstellungen zu Goethes "Faust" der für allegorische und mythologische Gegenstände anzuwendende Styl so wenig passe, als für diesen die poetische Form eines Aeschylus oder Sophokles gepaßt haben würde; selbst die ihm von frühester Jugend an wohlbekannten raphaelischen Zeichnungen konnten ihm nicht als Vorbild dienen. Als einzige richtige Wegweiser boten sich ihm die mit der Faustsage gleichzeitigen Kunstwerke ganz ungesucht dar, wie sie in den von den Brüdern Boisserée gesammelten alt-flandrischen Bildern aus dem 15. Jahrhundert, vornehmlich aber in dem eben um die Zeit 1810 im Steindruck veröffentlichten Randzeichnungen Alb. Dürers zu dem Gebetbuch Kaiser Maximilians [...] vor ihm standen. Der Umstand, daß die deutschen Meister im 15. und noch im 16. Jahrhundert bei ihren biblischen und Legenden-Darstellungen Trachten, Waffen und Geräthschaften ihrer Zeit anwandten, ja selbst die Charaktere bildnißartig aus dem Leben schöpften, mußte ihre Bedeutung für den vorgezeichneten Zweck wesentlich verstärken, wenn auch Cornelius durch seinen reichen schöpferischen Formensinn vor bloßer Nachahmung vollkommen geschützt war. 
      Wenn wir diese mit fester Hand und höchst sorgfältig in Kupferstecher-Strichmanier und in blasser Tinte ausgeführten Federzeichnungen (die im Städel[s]chen Kunst-Institut in Frankfurt a.M. aufgewahrt werden) betrachten, so ist es verzeihlich, wenn das Auge zunächst auf dem bewundernswürdigen Fleiß der Ausführung haftet. Ueberraschend aber mußte der große, strenge, fast herbe Styl der Zeichnung in Verbindung mit der lebendigen ausdrucksvollen Darstellung, den aus der Phantasie geschöpften, nach der Natur, aber nicht nach dem Modell geformten Charakteren wirken, wenn man auch nicht übersehen konnte, daß Formen und Verhältnisse nicht immer richtig seien, daß namentlich der Faltenwurf, obwohl schön und bezeichnend in den Motiven, unauflöslich erscheine; daß die Charaktere von Faust wie von Gretchen schwankend, von Mephisto, Martha und den Studenten in Auerbachs Keller Karrikaturen und fern vom Humor des dichterischen Urbildes seien. Aus Allem aber leuchtet die Kraft einer ursprünglichen Natur, des aufgehenden Gestirns einer neuen Kunst. 
      […]
      In Frankfurt war der Buchhändler Friedrich Wenner einer der Ersten, welche in Cornelius das aufgehende Gestirn einer neuen Kunstepoche erblickten. Er war ein Mann von feinster Bildung, gutem, gesundem Kunsturtheil, freigebig und großartig in seinen Unternehmungen; wie er denn Cornelius auf das uneigennützigste unterstützte, so daß Cornelius in einem Briefe aus Rom einmal selbst sagt: "Wenner und Niebuhr [preußischer Gesandter in Rom] waren die einzigen Menschen, die mir in der Noth beisprangen." […]
      Während der Ausarbeitung seines "Faust" war in Cornelius sehr naturgemäß der Wunsch entstanden seine Zeichnungen vor die Augen Göthes gebracht zu sehen. Die Gelegenheit bot sich ihm im Frühjahr 1811 dar, als Sulpice Boisserée, mit dem er stets in freundschaftlichem Verhältnis geblieben, von seiner Absicht nach Weimar zu reisen, ihm benachrichtigte. Boisserée war seit dem 8. Mai 1810 mit Göthe in brieflichen Verkehr getreten, um ihn für seine architektonischen und architekturgeschichtlichen Unternehmungen, ganz besonders in Bezug auf den Dom von Cöln zu interessiren, von dem er bereits mehrere, sehr ausführliche, geometrische wie perspectivische, Zeichnungen hatte machen lassen. Auf Übersendung derselben an Göthe hatte ihn dieser mit vieler Freundlichkeit auf den Herbst nach Weimar eingeladen, welche Einladung auf Boisserées Wunsch auf das Frühjahr 1811 übertragen worden. 
      Boisserée, auf das lebhafteste dafür eingenommen, Göthes Theilnahme für einen Künstler zu gewinnen, der auf seinen Wegen gleiche oder verwandte Ziele mit ihm erstrebte, war sogleich bereit, die fertigen Blätter von Cornelius zum "Faust" mit nach Weimar zu nehmen, zu denen dieser einen Begleitbrief nachzusenden versprochen. 
      […]
      Aus Weimar schreibt Sulpice Boisserée an seinen Bruder Melchior am 3. Mai 1811 nach der ersten Unterredung mit Göthe: "Ich kündigte ihm Cornelius Zeichnungen an. Das gefiel ihm. Ich schickte sie ihm nach Tische; ich wollte ihm nur mit ein Paar Worten sagen, daß sie im altdeutschen Styl seien; aber er wurde abgerufen."
      Am 5. Mai. Derselbe an Denselben. "Vorgestern, als ich eintrat, hatte er die Zeichnungen von Cornelius vor sich. >Da sehen sie mal, Meyer! [Johann Heinrich Meyer, Künstler, Kunstkritiker und Mitglied der Weimarischen Kunstfreunde] sagte er zu diesem, der auch herein kam, die alten Zeiten stehen leibhaftig wieder auf!< Der alte kritische Fuchs murmelte; er mußte der Arbeit Beifall geben, konnte aber den Tadel über das auch angenommene Fehlerhafte in der altdeutschen Zeichnung nicht verbeißen. Göthe gab das zu, ließ es aber als ganz unbedeutend liegen und lobte mehr, als ich erwartet hatte. Sogar der Blocksberg gefiel ihm. Die Bewegung des Arms, wo Faust ihn dem Gretchen bietet, und die Scene in Auerbach's Keller nannte er besonders gute Einfälle. Vor der Technik hatte Meyer alle Achtung und freute sich, daß der junge Mann sich so heraufgearbeitet habe. Ich gab zu verstehen, daß Cornelius sich über seinen Beifall doppelt freuen würde, weil er bei dem schlechten Licht, worein sich manche Nachahmer des Altdeutschen gesetzt, gefürchtet, diese Art allein würde ihm schon nachtheilig sein. Er solle nun auch, (sagte ich) sein Urtheil öffentlich aussprechen." 
      Sodann am 8. Mai. Derselbe an Denselben: "Am Mittwoch fand ich Göthe Morgens im Garten. Wir sprachen über Cornelius. Er hatte ihm geschrieben und ihn recht gelobt; ihm aber zu verstehen gegeben, daß er bei altdeutschem Geist, Tracht u.s.w. mehr Freiheit in der Behandlung selber wünsche und hatte ihn an Dürer's Gebetbuch verwiesen. Er fragte, ob ich dem nicht Beifall gäbe? was ich willig that; doch aber meine Bemerkungen über manche Widerwärtigkeiten bei unserm handfesten Meister Albrecht nicht unterdrückte." 
      Durch Göthes Vermittelung war eine Ausstellung der Zeichnungen nach dem Cölner Dom, sowie derjenigen zum "Faust" für den Weimarschen Hof veranstaltet worden. Göthe selbst machte in Gemeinschaft mit Boisserée den Führer; und dieser schreibt darüber seinem Bruder: "Cornelius Zeichnungen, die den Beschluß gemacht, hatten allgemein gefallen. Ich benutzte dies, um den Alten wegen eines öffentlichen Urtheils anzugehen, welches mir doch der Hauptzweck war, worauf Cornelius es angelegt; – wie er dadurch den jungen Mann, der nach Italien gehen wolle, unterstützen könne. "Ja, warum nicht?" war die Antwort. "Zeigen Sie nur erst einmal die Blätter in Leipzig; vielleicht findet sich da ein Verleger, und ich will meinerseits auch gern etwas dafür thun."

Ernst Förster: Peter von Cornelius. Ein Gedenkbuch aus seinem Leben und Wirken, mit Benutzung seines künstlerischen, wie handschriftlichen Nachlasses, nach mündlichen und schriftlichen Mittheilungen seiner Freunde und eigenen Erinnerungen und Aufzeichnungen. 2 Tle. Berlin: Georg Reimer 1874. Hier Tl. 1, S. 67-79.



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6. Kurzbiographie von Peter Cornelius

 

Peter Cornelius. Bleistiftzeichnung von Theodor Rehbenitz, Rom 1819. Höhe: 19; Breite: 17 cm. In: Paul Ortwin Rave: Das geistige Deutschland im Bildnis. Das Jahrhundert Goethes. Berlin: Verlag des Druckhauses Tempelhof 1949, S. 295.

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Cornelius, Peter von, Maler, geb. 23.9.1783 Düsseldorf, gest. 6.3.1867 Berlin. Cornelius wuchs in Düsseldorf auf und wurde an der dortigen Akademie seit 1795 hauptsächlich von Peter Langer unterrichtet. 1809 siedelte er nach Frankfurt a.M. über, wo er mit den Illustrationen zu Goethes "Faust" begann. 1811 ging er nach Rom, wo er den Faustzyklus abschloß und an Illustrationen zu den Nibelungen arbeitete. Er schloß sich dem sogenannten Lukasbund der Nazarener um Friedrich Overbeck an. Von dem preußischen Konsul Bartholdy erhielten Cornelius und seine Künstlerfreunde den Auftrag, ein Zimmer seines Hauses mit Bildern aus der Geschichte Josephs in Ägypten zu schmücken. Die Freskomalerei wurde für diesen Zweck wiederbelebt. Cornelius übernahm die Darstellung der Traumdeutung Josephs und der Erkennungsszene der Brüder. Die allgemeine Bewunderung, welche diese Werke erregten, verschaffte den Künstlern den Auftrag des Marchese Massimi, dessen Villa mit Bildern aus Dante, Ariost und Tasso zu schmücken. Während der Vorarbeiten erhielt Cornelius 1818 die Aufforderung Kronprinz Ludwigs von Bayern, die im Bau befindliche Glyptothek in München mit Fresken auszumalen. Gegen Ende 1819 kehrte Cornelius nach Deutschland zurück und übernahm das Direktorium der Akademie in Düsseldorf, erhielt aber die Erlaubnis, die Sommermonate in München behufs der Ausführung der Freskomalereien in der Glyptothek zuzubringen. Seit 1825 Direktor der Akademie in München, im gleichen Jahr geadelt. Seine Arbeiten an der Glyptothek beendete Cornelius 1830, um sich im Anschluß daran Arbeiten in der Alten Pinakothek und der Ludwigskirche zu widmen. Nach Unstimmigkeiten mit König Ludwig I. legte Cornelius seine Ämter nieder und wurde 1841 von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen nach Berlin berufen, um das im Bau begriffene Camposanto, die Ruhestätte der königlichen Familie, mit Malereien zu schmücken, die allerdings nie realisiert wurden.

Unter Verwendung der Artikel zu Peter Cornelius in der 4. Auflage von Meyers Konversationslexikon und der Deutschen Biographischen Enzyklopädie (DBE).

 



7. Kurzbiographie der Kupferstecher

 

Ferdinand Ruscheweyh

Das Leben des Kupferstechers Ferdinand Ruscheweyh ist wenig erforscht. Geboren 1785 in Neustrelitz / Mecklenburg und dort am 21. 12. 1846 gestorben. Er studierte in Berlin und Wien, verbrachte den größten Teil seines Berufslebens von 1808 bis 1832 in Rom und wurde dort zu einem der führenden Vertreter des an Albrecht Dürer, Marc Anton, doch auch an John Flaxman orientierten nazarenischen Reproduktionsstiches. Er stach u.a. nach Raffael, Michelangelo, A. J. Carstens, F. Overbeck, P. Cornelius u.a. Nach dem Italienaufenthalt ging er über München und Frankfurt nach Düsseldorf, um E. Bendemanns "Trauernde Juden" für den dortigen Kunstverein zu stechen. Seit Anfang 1833 lebte er in Neustrelitz, vollendete zunächst die in Frankfurt bestellte Platte der "Legende" nach F. Pforr für das Kunstvereinsheft von 1834 und stach als Eigenunternehmer "Ruth und Boas" sowie das "Tugendsame Weib" nach F. Overbeck, wie immer nach den Originalen. Seit 1838 war er fast blind und konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben.

Quellen: Nagler; Thieme-Becker; Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Hg. vom Landesmuseum Mainz, 1993.

 


  

Julius Thaeter

Julius Thaeter, Reproduktionsstecher, geb. 7. Januar 1804 in Dresden, gestorben 14. November 1870 in München. Er studierte in Dresden und Nürnberg (Stecherklasse Reindel) und bildete sich hauptsächlich autodidaktisch weiter. 1825 lernte er in München Peter Cornelius kennen (Stich nach dessen "Osterspaziergang"), den er als Schöpfer einer neuen, heroischen deutschen Malerei bewunderte. In Stichen nach Cornelius, J. Schnorr von Carolsfeld, W. Kaulbach u.a. entwickelte er den >Kartonstich< (Umrißstich mit leichten Schattierungen). 1849 wurde er als Professor an die Akademie nach München berufen; 1868 übernahm er die Leitung des dortigen Kupferstichkabinetts. Thaeter war einer der führenden Stecher seiner Zeit, insbesondere der Nazarener.

Quellen: Thieme/Becker; Julius Thaeter der Kupferstecher großer deutscher Künstler. Nach Thaeters Nachlaß bearbeitet von Karl Josef Friedrich. Leipzig u. Hamburg: Gustav Schloeßmanns Verlagsbuchhandlung 1942.



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