goethe


Jutta Assel | Georg Jäger

Goethe-Motive auf Postkarten
Eine Dokumentation

Walpurgishalle
Gemälde von Hermann Hendrich

Stand: Januar 2015
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Gliederung

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 1. Postkarten

Sofern nicht anders vermerkt, handelt es sich um eine Postkartenserie des Verlages Meisenbach Riffarth & Co., Berlin. Die nicht gelaufenen Karten haben auf der Rückseite den Stempel: Walpurgishalle Hexentanzplatz. Die Reihung folgt dem Text, nicht der Nummerierung der Karten.

Zur Beachtung:
Um sie zu vergrößern, klicken Sie auf die Abbildungen.

Links: Nr. 1. "Walpurgishalle" Hexentanzplatz. | Rechts: No. 1. Walpurgishalle "Hexentanzplatz". Druck: A. Seydel & Cie. G.m.b.H., Berlin S.W. 61. Signet im Bild: M R & C über Stern. Verso: Postkarte. Weltpostverein. Nicht gelaufen.

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Nr. 2 Wandgemälde in der Walpurgishalle "Irrlichtertanz"

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Wandgemälde aus der Walpurgishalle: "Mammonshöhle" V. Hermann Hendrich gem. Druck: A. Seydel & Cie. G.m.b.H., Berlin S.W. 61. Signet im Bild: M R & C über Stern. Verso: Postkarte. Weltpostverein. Stempel: Walpurgishalle Hexentanzplatz. Nicht gelaufen.

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Nr. 4 Wandgemälde in der Walpurgishalle "Windsbraut".

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Links: No. 12. Wandgemälde aus der Walpurgishalle "Hexentanz". Herm. Hendrich gem. A. Frisch, Berlin W. 35, repr. Verso: Carte postale. Stempel: Walpurgishalle Hexentanzplatz. Nicht gelaufen. | Rechts: Wandgemälde aus der Walpurgishalle "Hexentanz". VI. – Wegen der Unterschiede in der Reproduktion werden beide Karten abgebildet.

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No. 3 Wandgemälde aus der Walpurgishalle "Gretchenerscheinung".

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2. Bezugsstellen aus Goethes Faust, Walpurgisnacht

[…]

FAUST, MEPHISTOPHELES, IRRLICHT
(im Wechselgesang)

In die Traum- und Zaubersphäre
Sind wir, scheint es, eingegangen.
Führ' uns gut und mach' dir Ehre
Daß wir vorwärts bald gelangen
In den weiten, öden Räumen!
 
Seh' die Bäume hinter Bäumen,
Wie sie schnell vorüberrücken,
Und die Klippen, die sich bücken,
Und die langen Felsennasen,
Wie sie schnarchen, wie sie blasen!
 
Durch die Steine, durch den Rasen
Eilet Bach und Bächlein nieder.
Hör' ich Rauschen? hör' ich Lieder?
Hör' ich holde Liebesklage,
Stimmen jener Himmelstage?
Was wir hoffen, was wir lieben!
Und das Echo, wie die Sage
Alter Zeiten, hallet wider.
 
Uhu! Schuhu! tönt es näher,
Kauz und Kiebitz und der Häher,
Sind sie alle wach geblieben?
Sind das Molche durchs Gesträuche?
Lange Beine, dicke Bäuche!
Und die Wurzeln, wie die Schlangen,
Winden sich aus Fels und Sande,
Strecken wunderliche Bande,
Uns zu schrecken, uns zu fangen;
Aus belebten derben Masern
Strecken sie Polypenfasern
Nach dem Wandrer. Und die Mäuse
Tausendfärbig, scharenweise,
Durch das Moos und durch die Heide!
Und die Funkenwürmer fliegen
Mit gedrängten Schwärmezügen
Zum verwirrenden Geleite.
 
Aber sag' mir, ob wir stehen
Oder ob wir weitergehen?
Alles, alles scheint zu drehen,
Fels und Bäume, die Gesichter
Schneiden, und die irren Lichter,
Die sich mehren, die sich blähen.
 
MEPHISTOPHELES
 
Fasse wacker meinen Zipfel!
Hier ist so ein Mittelgipfel,
Wo man mit Erstaunen sieht,
Wie im Berg der Mammon glüht.
 
FAUST
 
Wie seltsam glimmert durch die Gründe
Ein morgenrötlich trüber Schein!
Und selbst bis in die tiefen Schlünde
Des Abgrunds wittert er hinein.
Da steigt ein Dampf, dort ziehen Schwaden,
Hier leuchtet Glut aus Dunst und Flor,
Dann schleicht sie wie ein zarter Faden,
Dann bricht sie wie ein Quell hervor.
Hier schlingt sie eine ganze Strecke
Mit hundert Adern sich durchs Tal,
Und hier in der gedrängten Ecke
Vereinzelt sie sich auf einmal.
Da sprühen Funken in der Nähe,
Wie ausgestreuter goldner Sand.
Doch schau! in ihrer ganzen Höhe
Entzündet sich die Felsenwand.
 
MEPHISTOPHELES
 
Erleuchtet nicht zu diesem Feste
Herr Mammon prächtig den Palast?
Ein Glück, daß du's gesehen hast,
Ich spüre schon die ungestümen Gäste.
 
FAUST
 
Wie rast die Windsbraut durch die Luft!
Mit welchen Schlägen trifft sie meinen Nacken!
 
MEPHISTOPHELES
 
Du mußt des Felsens alte Rippen packen,
Sonst stürzt sie dich hinab in dieser Schlünde Gruft.
Ein Nebel verdichtet die Nacht.
Höre, wie's durch die Wälder kracht!
Aufgescheucht fliegen die Eulen.
Hör', es splittern die Säulen
Ewig grüner Paläste.
Girren und Brechen der Aste!
Der Stämme mächtiges Dröhnen!
Der Wurzeln Knarren und Gähnen!
Im fürchterlich verworrenen Falle
Übereinander krachen sie alle,
Und durch die übertrümmerten Klüfte
Zischen und heulen die Lüfte.
Hörst du Stimmen in der Höhe?
In der Ferne, in der Nähe?
Ja, den ganzen Berg entlang
Strömt ein wütender Zaubergesang!
 
[…]
 
MEPHISTOPHELES
 
Da sieh nur, welche bunten Flammen!
Es ist ein muntrer Klub beisammen.
Im Kleinen ist man nicht allein.
 
FAUST
 
Doch droben möchte' ich lieber sein!
Schon seh' ich Glut und Wirbelrauch.
Dort strömt die Menge zu dem Bösen;
Da muß sich manches Rätsel lösen.
 
MEPHISTOPHELES
 
Doch manches Rätsel knüpft sich auch.
Laß du die große Welt nur sausen,
Wir wollen hier im Stillen hausen.
Es ist doch lange hergebracht,
Daß in der großen Welt man kleine Welten macht.
Da seh' ich junge Hexchen, nackt und bloß,
Und alte, die sich klug verhüllen.
Seid freundlich, nur um meinetwillen;
Die Müh ist klein, der Spaß ist groß.
Ich höre was von Instrumenten tönen!
Verflucht Geschnarr! Man muß sich dran gewohnen.
Komm mit! Komm mit! Es kann nicht anders sein,
Ich tret' heran und führe dich herein,
Und ich verbinde dich aufs neue.
Was sagst du, Freund? das ist kein kleiner Raum.
Da sieh nur hin! du siehst das Ende kaum.
Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe;
Man tanzt, man schwatzt, man kocht, man trinkt, man liebt;
Nun sage mir, wo es was Bessers gibt?
 
[…]
 
FAUST
 
Da sitzen zwei, die Alte mit der Jungen;
Die haben schon was Rechts gesprungen!
 
MEPHISTOPHELES
 
Das hat nun heute keine Ruh.
Es geht zum neuen Tanz; nun komm! wir greifen zu.
 
FAUST (mit der Jungen tanzend)
 
Einst hatt' ich einen schönen Traum:
Da sah ich einen Apfelbaum,
Zwei schöne Äpfel glänzten dran,
Sie reizten mich, ich stieg hinan.
 
DIE SCHÖNE
 
Der Äpfelchen begehrt ihr sehr,
Und schon vom Paradiese her.
Von Freuden fühl' ich mich bewegt,
Daß auch mein Garten solche trägt.
 
MEPHISTOPHELES (mit der Alten)
 
Einst hatt' ich einen wüsten Traum;
Da sah ich einen gespaltnen Baum,
Der hatt' ein ungeheures Loch;
So groß es war, gefiel mir's doch.
 
DIE ALTE
 
Ich biete meinen besten Gruß
Dem Ritter mit dem Pferdefuß!
Halt' Er einen rechten Pfropf bereit,
Wenn Er das große Loch nicht scheut.
 
[…]
 
FAUST
 
Mephisto, siehst du dort
Ein blasses, schönes Kind allein und ferne stehen?
Sie schiebt sich langsam nur vom Ort,
Sie scheint mit geschloßnen Füßen zu gehen.
Ich muß bekennen, daß mir deucht,
Daß sie dem guten Gretchen gleicht.
 
MEPHISTOPHELES
 
Laß das nur stehn! dabei wird's niemand wohl.
Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.
Ihm zu begegnen, ist nicht gut;
Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,
Und er wird fast in Stein verkehrt,
Von der Meduse hast du ja gehört.
 
FAUST
 
Fürwahr, es sind die Augen einer Toten,
Die eine liebende Hand nicht schloß.
Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten,
Das ist der süße Leib, den ich genoß.
 
MEPHISTOPHELES
 
Das ist die Zauberei, du leicht verführter Tor!
Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor.
 
FAUST
 
Welch eine Wonne! welch ein Leiden!
Ich kann von diesem Blick nicht scheiden.
Wie sonderbar muß diesen schönen Hals
Ein einzig rotes Schnürchen schmücken,
Nicht breiter als ein Messerrücken!

[…]

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3. Erläuterungen, Weblinks und Literatur

Die Walpurgishalle wurde auf dem Hexentanzplatz in Thale / Harz errichtet und ist heute ein Museum. Sie wurde von dem Berliner Architekten Bernhard Sehring als Blockhaus im altgermanischen Stil 1901 erbaut. "Das Haupt des einäugigen Wodan krönt den Giebel, flankiert von den Raben Hudin und Munin, die Gedanken und Gedächtnis Wodans symbolisieren, und den Wölfen Gari und Freki, sie sind Bewacher und Vermittler. Um allwissend zu werden, trank Wodan aus der Quelle der Erkenntnis. Diese Quelle wurde von dem Riesen >Yimir< bewacht und Wodan musste für den Trank der Allwissenheit ein Auge opfern." (Homepage Thale, Walpurgishalle) Die Idee zu der Halle stammt von dem Maler Hermann Hendrich, der für den Innenraum fünf große Gemälde schuf. Der >Förderverein des Malers Hermann Hendrich e.V.< unterhält eine umfangreiche Homepage www.nibelungen-hort.de mit Seiten zur Biographie des Künstlers und zur Walpurgishalle. Ihnen sind die folgenden Angaben entnommen:

Hermann Hendrich, geb. 1854 in Heringen / Kyffhäuser Kreis, gest. 1931 in Schreiberhau, absolvierte eine Lehre als Lithograph und studierte später bei Prof. Wenglein in München und Prof. Bracht in Berlin. Studienreisen nach Norwegen. Nach der Walpurgishalle 1901 werden von ihm ausgestaltet: die Sagenhalle in Schreiberhau im Riesengebirge 1903 (zerstört), die Nibelungenhalle, ein Gedächtnistempel für Richard Wagner, am Drachenfels in Königswinter am Rhein 1913 (Museum, URL: http://www.nibelungenhalle.de/index.html) und die Halle Deutscher Sagenring in Burg an der Wupper 1926 (zerstört). Seinen Freund Ernst Wachler regte Hondrich an, ein Freilichttheater auf dem Hexentanzplatz in Thale zu bauen; das Harzer Bergtheater wurde 1903 eröffnet. Neben der Sagenhalle errichtete Hendrich den Gralstempel, "in dem er Wagners >Parzifal< das dramatische Gegenstück in Farben gab". (Deutsche Zeitung, 20.07.1931) Vgl. Elke Rohling (Hg.): Hermann Hendrich. Leben und Werk. Billerbeck: E. Rohling 2001. ISBN 3-00-008228-X. Zum 75. Todestag erschien die DVD Hermann Hendrich, gleichfalls von E. Rohling.

Die Homepage zur Roseburg, dem >Märchenschloss< im Ostharz, enthält Seiten zum Architekten Bernhard Sehring (1855-1941), zu seiner Biographie und seinem Werk, URL: www.roseburg-harz.de/roseburg/index.php – Der Dramaturg und Journalist Ernst Wachler (1871-1945), der das Harzer Bergtheater ins Leben rief, war Mitglied der 1912/13 gegründeten Germanischen Glaubensgemeinschaft, die ein germanisches Heidentum propagierte. Dazu vgl. den Artikel in der Wikipedia, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Germanische_Glaubens-Gemeinschaft_(Ludwig_Fahrenkrog).

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Bodetal im Harz mit Hotel Hexentanzplatz, Bergtheater und Walpurgishalle. 25028 Louis Glaser, Leipzig. Nicht gelaufen. – Zum Vergrößern klicken Sie bitte auf die Abbildung.

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Für den ideologischen Hintergrund der Walpurgishalle ist der Werdandi-Bund aufschlußreich (abgeleitet von "Verdhandi", der gemanischen Norne der Gegenwart). Den auf Initiative von Friedrich Seeßelberg, Prof. für Baukunst an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, 1907 gegründeten Bund hat Hendrich mitgetragen. "Ziel des Bundes war es, >den Künstlern, deren Kunst auf gesunder deutscher Gemütsgrundlage beruht, größeren und unmittelbareren Einfluß auf die Kultur< zu verschaffen und zugleich >das Besondere und die Seelenkraft des deutschen Volkes durch das Mittel der Kunst zu erhalten und zu stärken<. (Seeßelberg; Handbuch, S. 485). Der bis zum Ersten Weltkrieg aktive Bund erhoffte sich von seinem kulturpolitischen Programm eine Erneuerung des >Deutschtums<. In Parallele zum Bayreuther Gesamtkunstwerk Richard Wagners sollten Religion, Weltauffassung und Kunst in einer deutschen Volkskultur integriert werden, "wobei der Architektur tendenziell die Stellung der führenden Disziplin zugesprochen wurde". (Handbuch, S. 486) Vgl. Handbuch literarisch-kultureller Vereine, Gruppen und Bünde 1825-1933. Hg. von Wulf Wülfing, Karin Bruns und Rolf Parr. Stuttgart, Weimar: Metzler 1998, S. 485-495, mit Spezialliteratur.

Über die Hexen im Harz und die Walpurgisnacht unterrichtet eine Seite von  Frank Mikolajczyk, URL: http://www.harzlife.de/intern/harzlife-kurios.html : "In der Nacht zum ersten Mai versammeln sich jedes Jahr die Hexen auf dem Hexentanzplatz, um zum Blocksberg ( Brocken) zu fliegen und sich dort mit dem Teufel zu vermählen."

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Das Goethezeitportal
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zu Faust und Gretchen
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=625

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 4. Rechtlicher Hinweis und Kontaktadresse

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Kontaktanschrift:

Prof. Dr. Georg Jäger
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Deutsche Philologie
Schellingstr. 3
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E-Mail: georg.jaeger07@googlemail.com

 

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