Federzeichnungen von Hans Bender
zu Heinrich Pestalozzis Volksbuch
"Lienhard und Gertrud"
Fünfundneunzigstes Kapitel:
Der Junker bittet einen armen Mann, dem sein Großvater Unrecht gethan hatte, um Verzeihung.
Auszug:
Indessen kam der Hübelrudi, und der Junker streckte dem armen Mann die Hand dar, und sagte: Rudi! mein Großvater hat dir Unrecht gethan, und dir deine Matte abgesprochen. Das war ein Unglück, und der gute Herr ist betrogen worden. Du mußt ihm das verzeihen und nicht nachtragen.
Rudi. Ach Gott, Junker! ich wußte wohl, daß er nicht Schuld war.
Junker. Warst du nicht böse auf ihn?
Rudi. Es that mir freilich bei meiner Armuth und insonderheit im Anfange oft schmerzlich weh, daß ich die Matte nicht mehr hatte; aber gegen meinen gnädigen Herrn habe ich gewiß nie gezürnt.
Junker. Ist das auch aufrichtig wahr, Rudi?
Rudi. Ja gewiß, gnädiger Herr! Gott weiß, daß es wahr ist, und daß ich nie gegen ihn hätte zürnen können; ich wußte in meiner Seele wohl, daß er nicht Schuld war. Was wollte er machen, da der Vogt falsche Zeugen fand, die einen Eid gegen mich thaten? Der gute, alte, gnädige Herr hat mir hernach, wo er mich sah, Almosen gegeben, und auf alle Feste sandte er mir in meinem Elende allemal Fleisch, Wein und Brot. Daß es ihm Gott lohne, dem alten, lieben, gnädigen Herrn! Wie oft er meine arme Haushaltung erquickt hat! (mit Thränen in den Augen) Ach Gott, Junker! wenn er nur auch so allein mit uns geredt hätte wie Sie, es wäre Vieles, Vieles nicht begegnet; aber die Blutsauger waren immer, immer, wo man ihn sah, um ihn her, und verdrehten Alles.
Junker. Du mußt jetzt das vergessen, Rudi. Die Matte ist wieder dein. Ich habe den Vogt in dem Protokoll durchstreichen lassen, und ich wünsche dir von Herzen Glück dazu, Rudi!