goethe


Künstler- und Denkerenzyklopädie

Gottfried August Bürger
(1747 - 1794)

Vertonungen seiner Lieder durch Carl Christian Agthe und Friedrich Wilhelm Weis

 

Ballade -Des armen Suschens Traum

Ich träumte, wie um Mitternacht
Mein Falscher mir erschien.
Fast schwür’ ich, daß ich hell gewacht,
So hell erblickt’ ich ihn.

Er zog den Treuring von der Hand,
Und ach! Zerbrach ihn mir,
Ein wasserhelles Perlenband
Warf er mir hin dafür.

Drauf ging ich wohl ans Gartenbeet,
Zu schaun mein Myrtenreis,

Das ich zum Kränzchen pflanzen thät,
Und pflegen thät mit Fleiß.

Da riß entzwei mein Perlenband,
Und eh’ ich ’s mich versah,
Entrollten all’ in Erd, und Sand,
Und keine mehr war da.

Ich sucht’ und sucht’ in Angst und
Schweiß,
Umsonst, umsonst! Da schien
Verwandelt mein geliebtes Reis
In dunklen Rosmarin.

Erfüllt ist längs das Nachtgesicht,
Ach! Längst erfüllt genau.
Das Traumbuch frag’ ich weiter nicht,
Und keine weise Frau.

Nun brich, o Herz, der Ring ist hin!
Die Perlen sind geweint!
Statt Myrt’ erwuchs dir Rosmarin!
Der Traum hat Tod gemeint.

Brich, armes Herz! Zur Totenkron’
Erwuchs dir Rosmarin.
Verweint sind deine Perlen schon,
Der Ring, der Ring ist hin!


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