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Primärwerke

Jutta Assel | Georg Jäger

Johann Wolfgang Goethe

Rede bey Eröffnung
des neuen Bergbaues zu Ilmenau
(1784)

Erstellt: Januar 2007
Stand: Januar 2015
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Vorlage: Johann Wolfgang Goethe: Rede bey Eröffnung des neuen Bergbaues zu Ilmenau. Den 24sten Februar 1784. Nachdruck eines zeitgenössischen Druckes für die Jahrestagung 1956 der Schweiz. Bibliophilen-Gesellschaft in Schaffhausen. Vgl. Impressum auf der letzten Seite.

 

Einführung

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Links: Carl August von Sachsen-Weimar. Jugendbild. Lavierte Tuschzeichnung aus Lavaters Sammlung. | Rechts: Goethe. Nach einer Bleistiftzeichnung von Jens Juel, 1779, aus Lavaters Sammlung. – Rudolf Payer-Thurn: Goethe. Ein Bilderbuch. Leipzig: Günther Schulz o.J., Nr. 66-67.

Für Goethes innere Ausreifung und die erziehliche Wirkung auf seinen fürstlichen Freund war Ilmenau mit all den Aufgaben verwaltungsrechtlicher und wirtschaftlicher Art, die es hier zu lösen galt, höchst bedeutungsvoll.

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Mundloch des Kammerbergstollens bei Ilmenau. Zeichnung Goethes vom 22. Juli 1776. Corpus der Goethezeichnungen, Bd. I, Bearbeitet von Gerhard Femmel. Leipzig: Seemann 1958, Nr. 143. Vgl. Nr. 275: Eingestürzte Schachtanlage, wie sie Goethe bei seinem Besuch der Sturmhaide bei Ilmenau vor Wiederaufnahme des Kupferschiefer-Bergbaus sah. – Willi Ehrlich: Ilmenau, Gabelbach, Stützerbach. Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar 1985.

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Den Bergbau, der hier seit dem 15. Jahrhundert auf silberhaltigen Kupferschiefer betrieben worden war, hatte 1739 eindringendes Wasser zerstört. Das bedeutete für die Stadt einen großen wirtschaftlichen Verlust. Mißwirtschaft im Steuerwesen führte weitere Verarmung herbei. Es gehörte mit zu Goethes ersten amtlichen Arbeiten, hier Ordnung zu schaffen. Der Herzog faßte gleich nach seinem Regierungsantritt den Plan, den Bergwerksbetrieb wieder aufzunehmen. Goethe wurde mit der Leitung der Arbeiten betraut und er widmete sich ihnen mit hingebendem Eifer; sein soziales wie namentlich auch sein mineralogisches und geologisches Interesse fanden hier ein fruchtbares Feld der Betätigung. Am 24. Februar 1784 erfolgte die feierliche Eröffnung des Bergbaues, wobei Goethe im Posthause eine Rede hielt. Arbeit und Kosten waren aber vergeblich aufgewendet worden; die Schwierigkeiten häuften sich, der Gewinn stand in keinem Verhältnis zu dem Aufwand, und so ließ man den Betrieb allmählich eingehen. Der letzte Schacht wurde 1812 stillgelegt.

Literaturhinweise:
* Kurt Steenbuck: Silber und Kupfer aus Ilmenau. Ein Bergwerk unter Goethes Leitung. Hintergründe, Erwartungen, Enttäuschungen (Schriften der Goethe Gesellschaft; 65) Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 1995. ISBN 3-7400-0967-5
* Georg Schwedt: Goethe als Chemiker. Berlin: Springer 1998. ISBN 3-540-64354-0. Darin: Goethe und der Ilmenauer Bergbau, S. 73-76.

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Das Innere des Ilmenauer Bergwerks. Aquarell von Carl Anton Graff. Sammlung William A. Speck in der Yale University, New Haven. – Hans Wahl, Anton Kippenberg: Goethe und seine Welt. Leipzig: Insel 1932, S. 97.

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Welchen Gewinn Goethe trotzdem aus dem mißlungenen Versuch davontrug, ist aus den Worten zu erkennen, die er 1824 zu dem Kanzler v. Müller sprach: "Ilmenau hat mir viel Zeit, Mühe und Geld gekostet; dafür habe ich aber auch etwas dabei gelernt und mir eine Anschauung der Natur erworben, die ich um keinen Preis umtauschen möchte." Seiner Vorliebe für Ilmenau, der Erinnerung an die kraftgenialischen Überschwenglichkeiten der Jugend, denen er sich hier mit dem Herzen hingegeben, namentlich aber die Würdigung der innern Veredlung, die beide in der für diese Gegend geleisteten gemeinschaftlichen Arbeit gewonnen hatten, gab Goethe poetischen Ausdruck in dem großen Gedicht "Ilmenau", das er dem Herzog 1783 zum Geburtstag widmete.

Karl Muthesius, , Artikel "Ilmenau". Goethe-Handbuch. Hg. von Julius Zeitler. Bd. II. Stuttgart: Metzler 1917, S. 242 f. Absätze eingefügt.

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Rede

Titel
Text
Impressum

 

Erläuterungen:

S. 9: Gewerkschaft. Die Wiederingangsetzung des ilmenauer Bergbaues erfolgte "in der Form einer unter staatlicher Leitung stehenden Gewerkschaft, die das zum Betrieb benötigte Kapital in Anteilen, Kuxen genannt, aufzubringen hatte." Bereits am 20. Juli 1776 erfolgte eine erste >Subskription auf die neue Gewerkschaft zu Ilmenau<. Die entscheidende Einladung ging im August 1783 heraus. "Jetzt wurden die Kosten auf 20 000 Rthlr. geschätzt, und dementsprechend sollten 1024 Kuxe, davon 24 Freikuxe, zu je 20 Rthlr. ausgegeben werden, für den einzelnen Inhaber nicht mehr als 10 Kuxe." Den Kux mit der Nr. 100 zeichnete Goethe persönlich. (Flach, Sp. 1061-63)

S. 9: Immediatkommission. Die Bergwerksangelegenheiten lagen in Händen der 1777 gegründeten Bergwerkskommission. Mit Reskript des Herzogs vom 14. November 1777 wurde Goethe die Leitung sämtlicher Bergwerksangelegenheiten übertragen. Zur Zeit der Wiedereröffnung waren Goethe und, auf seinen Vorschlag hin, Christian Gottlob Voigt Mitglieder der Kommission.

S. 10: neuanzugreifender Schacht / neuer Johannes: Die Feier gilt der Niederbringung des Neuen Johannesschachtes. Das Gutachten von Trebra (siehe Anmerkung zu S. 15) hatte ursprünglich die Niederbringung von zwei Schächten empfohlen, des Johannesschachts im Norden und des Neuhoffnungsschachts im Osten der Stadt. Am 26. August 1782 änderte Trebra sein Gutachten dahin, "dass nur ein Schacht, der Neue Johannesschacht niedergebracht werden sollte" (Flach, Sp. 1062)

S. 10: Keilhaue: "eine haue, deren eisen keilförmig, lang und etwas gekrümmt ist, zum aufhauen festen bodens" bzw., bergmännisch, "zum loshauen des gerolligen oder gebrächen, mürben gesteins" (Grimm, Deutsches Wörterbuch).

S. 14: Hindernisse: Es handelt sich um rechtliche und finanzielle Fragen, insbesondere um den "Anteil, den neben Weimar das kurfürstlich albertinische Haus Sachsen und die anderen sächsisch-ernestinischen Herzogslinien rezeßmäßig am ilmenauer Bergwerk hatten," und um die Schulden, die auf dem alten Bergwerk ruhten (Forderungen der Erben des Freiherrn von Gersdorff). Die Bergwerkskommission hatte es somit zunächst mit der Regelung juristischer Probleme und der Abfindung finanzieller Forderungen zu tun.

S. 15: Kunstverständige: Das entscheidende Gutachten, das die Wiederaufnahme des ilmenauer Bergbaus empfahl, wurde vom kursächsischen Berghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra am 11. Juli 1776 erstattet.

S. 16: Sturmheyder Werk: Das Werk an der Sturmheide unmittelbar westlich von Ilmenau und das rodaer Werk beim Dorfe Roda gehören zum älteren ilmenauer Bergbau. Das rodaer Werk wurde 1715 stillgelegt. "Schuld daran, daß auch der Bergbau im Werk an der Sturmheide unterging, waren die Wasserverhältnisse [...}. Am 9.V.1739 brach der Damm eines der großen und tiefen Schutzteiche im Freibachtal, die das Wasser für die Berggräben lieferten. Abgesehen davon, daß die Flut alles verwüstete und auch in die Bergwerke eindrang, fehlte damit den Grubenrädern das Aufschlagwasser, und daher ging überall infolge Ausfalls der Pumpen in den Schächten das Wasser auf, so daß der Bergwerksbetrieb zum Erliegen kam." (Flach, Sp. 1055)

Willy Flach, Artikel "Bergwerkskommission". In: Goethe Handbuch. Hg. von Alfred Zastrau. Bd. 1. Stuttgart: Metzler 1961, Sp. 1053-1079.

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