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Jutta Assel | Georg Jäger

Franz Graf von Pocci
Frühlings-Laube für gute Kinder

Eingestellt: April 2018

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Franz Graf von Pocci, der unter König Ludwig I. von Bayern, mit dem er befreundet war, und dessen Nachfolger König Ludwig II. mehrere Hofämter bekleidete, war ein produktiver Schriftsteller, Illustrator und Komponist. Er wandte sich nicht nur an die Gebildeten, sondern sprach das breite Volk und insbesondere Kinder an. So auch in der "Frühlings-Laube für gute Kinder" (1852), aus der wir eine Auswahl von Texten und deren ganzseitige Illustrationen publizieren. Darunter finden sich religiöse Themen, Sagen und "Mährlein" (Blaubart, Hubertus), Gedichte auf die Jahreszeiten und die ihnen angepassten Kinderspiele. So erzählt der "Wintermann", der den Weihnachtsbaum bei sich hat, einigen Kindern Märchen, während andere ein Schattenspiel anschauen. Es fehlen nicht Texte zur christlichen Erbauung und Ermahnungen zur Mildtätigkeit ("Der Blinde", "Das Waisenkind") – also ein bunter Strauß von Motiven und Stoffen. Wie aber kam Pocci zu dem kleinen Frankfurter Verlag C. B. Lizius? Carl Bernhard Lizius war ein revolutionärer Burschenschaftler, bevor er als Geheimagent im Dienste der Reaktion liberale und sozialistische Oppositionelle ausspionierte. Dass seine in München ansässige Schwester eine Schönheit im Geschmack von König Ludwig I. war und für dessen "Schönheitengalerie" Portrait saß, könnte die Verbindung des Hofmannes Pocci zum Verlag ihres Bruders erklären.

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Gliederung

1. Texte mit Illustrationen
2. Kurzbiographie Franz Graf von Pocci
3. Notizen zu Carl Bernhard Lizius
4. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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Frühlings-Laube für gute Kinder von Franz Pocci. Zweite, durch siebenzehn Bilder vermehrte Auflage. Frankfurt a. M.: C[arl] B[ernhard] Lizius Verlag (1852). Lithographische Anstalt von H. Leuchtweis Frankfurt a. M. Druck von C. Krebs-Schmitt. 40, 27 Blätter einschließlich Titel mit 17 ganzseitigen Bildern. Von den Federlithographien sind zwölf verschieden getönt (zum Teil mittels zweitem Stein für die Farbe, teils handkoloriert). - Die erste Auflage erschien ohne Illustrationen.

* H[yazinth] Holland: Franz Graf Pocci als Dichter und Künstler. München, Kgl Hof- und Universitäts-Buchdruckerei von Dr. C. Wolf & Sohn 1877. Hier Nr. 117.
* Verzeichnis der Werke Franz von Poccis 1821-2006. Hrsg von Gisela Tegeler (Franz von Pocci, Werkausgabe, Abt. X, Bd. 1) München: Allitera 2007. Hier Nr. 284. ISBN 978-3-86520-400-4x

Die Sammlung enthält 54 Texte, darunter 9 Sprüche. Von ihnen sind 17 ganzseitig illustriert. Wiedergegeben werden hier 15 Lithographien. 

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1. Texte mit Illustrationen

An die Kinder.
Als Vorwort. 

Zur Frühlingslaub' aus jungem Grün
   Mit Blättern dicht umranket,
Ruf' ich euch mit dem Vögelein,
   Das auf den Zweigen schwanket!

Sitzt ihr denn nicht beim Sonnenschein
   In einer duft'gen Klause
Wohl lieber doch als angebaut
   Im kalten Mauerhause?

Schaut ihr nicht lieber himmelwärts
   Durch Blüthenglanz und Düfte,
Als durch der Scheiben starres Glas
   Hinaus in's Blau der Lüfte?

So kommt zur Frühlingslaube denn,
   Wo hell manch' Vöglein singet,
Und wo der Hauch der Knospen süß
   Den luft'gen Raum durchdringet!

Dann blättert durch die Blätter gern,
   Pflückt euch von jeder Blüthe,
Wie auch die Vöglein all' es thun,
   Mit fröhlichem Gemüthe.
Und der die Laube euch gebaut,
   Verzweigend die Gedanken,
Und euch manch' Bild als Blüthe gab,
   Zum Ganzen sie zu ranken,

Der All' euch hat von Herzen lieb,
   Saß selbst in Laubesstille
Gar oft, um euch zu wecken froh
   Des Laubdachs bunte Hülle.

Oft sums't so manche Wespe gern,
   Um irgendwo zu stechen;
Jagt sie aus eurer Laube dann,
   Und wehret euch der Frechen!

Ein kindlich Herz haus't frisch und frei
   In grünumrankter Laube,
Und hat nicht bang vor Wespenstich,
   Der ihm die Ruhe raube.

Wie sei's gedankt! die Freudigkeit,
   Die hat uns Gott gegeben!
Der Frühlingslaube duft'ges Haus
   Taugt für ein Kinderleben.

So sei die grüne Laube dann
   Im Herzen auch erbauet,
Daraus der ew'ge Frühlings stets
   Mit seiner Wonne schauet!

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Der Herbst

Es hallt ein Klang durch Flur und Hain,
Und tönet her so weit;
Wer stößt ins Horn so mit Gewalt?
Der Herbst und sein Geleit!

Er jaget durch den Wald herein
Auf seinem munter'n Roß;
Durch fahler Blätter gold'nen Schein
Stürzt nach der Jäger Troß.

Halloh, hallo! die Hunde los!
Tobt Herbst und sein Gejaid,
Das Wild liegt auf dem grünen Moos,
Die Wunde klaffet weit!

Dann zieht der Herbst, des Jagens satt,
Den Becher in der Hand,
Auf Berge, wo er Trauben hat,
In's üpp'ge Rebenland!

Da schreien auch die Kinder gleich:
Uns gebet Trauben auch! -
Herr Herbst, Ihr seid an Früchten reich -
Im Weinberg ist's der Brauch!
Greift zu - ruft Herbst - ich spare nicht!
Was Gott mir reifen läßt,
Gehört auch jedem armen Wicht,
Eh' man's zum Weine preßt!

Nun nimmt und pflückt, was Hände hat,
Und jeder Mund ist voll;
Die Schnitter fehlen nicht der Saat;
Halt, halt! seid nur nicht toll!

Laßt mir zum Wein auch Trauben doch,
Der Winter wartet d'rauf!
Euch schmeckt zur Zeit der Wein wohl noch!
Da flieh'n sie all zu Hauf!

Der Winter, ach! der kalte Gast
Verdirbt uns alle Freud'!
Wohl dir, wenn du noch Trauben hast,
Die gern Freund Herbst dir beut!

Der Wein ist für den Winter gut;
Ein Trunk vom Wasserquell
Ist besser für das junge Blut;
Dann bleibt das Auge hell!

Ein helles Aug', ein froher Sinn,
Die zieren Jung und Alt; -
Bald wieder ist der Herbst dahin -
Der Winter naht, 's wird kalt!

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Ein Wintersprüchlein.

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Der Winter ist ein harter Mann,
Er sperrt ins Zimmer Jung und Alt,
Am warmen Ofen sitzt man gern,
Denn draußen ist es rauh und kalt.
Gestorben ist der Bäume Laub,
Erbleichet ist der grüne Klee,
Die Blumenbeete liegen todt
Und Alles decket weißer Schnee.

Da nimmt man wohl ein Büchlein gern
Und blättert fleißig hin und her;
Doch in dem Büchlein steht gedruckt:
"Ach! wenn der Winter doch nicht wär!"

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Gründung des Klosters Ettal.
Durch Ludwig den Bayer (im Jahr 1330).

Aus Rom kehrt der Kaiser
Zurück in's Bayerland,
Geschmückt mit gold'ner Krone,
Den Scepter in der Hand.

Er ziehet durch die Wälder,
Er reitet durch die Au'n,
Und grüßet deutschen Boden
Mit frommem Gottvertrau'n.

Du gabst, o Herr, die Krone
Und kaiserliche Macht,
Verleih mir auch den Segen
Zu meines Reiches Wacht."

Und da er also betet
In gläub'gem Christensinn,
Da fällt sein Rößlein dreimal
Vor einer Tanne hin.

Er schauet im Gesichte
Ein Kloster dort ersteh'n,
In dem der Mönche Schaaren
Für seine Wohlfahrt fleh'n.

Ein Engel hält in Händen
Das Bild der Jungfrau hold,
Die unsern Herrn geboren,
Weil Gott es so gewollt.
So will ich denn erbauen,
Hier, wo der Bergstrom fließt,
Ein Kloster, weit und prächtig,
Wie mir's erschienen ist.

Es sollen zu den Mönchen
Zu Frommen und Erbau'n
Zwölf Ritter sich gesellen
Mit ihren lieben Frau'n.

Sie sollen täglich beten,
Wenn Glockenklang erschallt,
Sie dürfen fröhlich jagen
Im grünen Tannenwald."

Und wie er es gelobet,
So hat er's auch vollbracht:
Gezimmert und gemauert
Ward emsig Tag und Nacht.

Und als der Bau vollendet,
Schmückt bald den Hochaltar
Der Mutter Gottes Bildniß,
Wie es erschienen war.

Nun ruht im Grab der Kaiser
Nach mancher Müh und Noth,
Die Ritter und die Frauen,
Die Mönche - sie sind todt.

Die Kunde aber lebet
Von Ludwig's Frömmigkeit,
Erzählt, was er gestiftet
In längst vergang'ner Zeit.

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Die heiligen drei Könige.

Es zieh'n aus weiter Ferne
Drei Könige einher,
Sie kamen von drei Bergen
Und fuhren über's Meer.

Unzählig sind die Schaaren,
Geschmückt ist das Geleit,
Die Speere glänzen helle
Im Sonnenlichte weit.

Noch heller aber leuchtet
Ein Stern am Himmel dort,
Der schwebt, ein lichter Führer,
Vor ihnen fort und fort.

Die Könige, sie wandern,
Sie reiten ohne Rast,
Sie fühlen nicht der Reise,
Nicht der Ermüdung Last.

Sie bringen viel Geschenke
An Myrrhen, Weihrauch, Gold;
Wem wollen sie die bieten,
Wem sind sie denn so hold?
Der Stern er stehet stille,
Und senket nieder sich
Auf eine arme Hütte,
Die einem Stalle glich.

Ein Kind liegt in der Krippe,
So wunderlieb und klein,
Das schönste Kind auf Erden
In gold'nem Himmelsschein.

Da halten nun die Kön'ge
Mit ihrer ganzen Macht,
Mit ihren Dienern allen,
Mit ihrer Gaben Pracht.

Sie rufen: Heil dem Kinde,
Das hier in Windeln liegt,
Der Stern hat uns bedeutet,
Daß es die Welt besiegt.

Und da sie angebetet
Und Opfer dargebracht,
Zieh'n wieder sie von dannen
Noch in derselben Nacht.

Woher sie sind gekommen,
Wohin sie wieder geh'n, -
Kein Mensch hat es erfahren,
Kein Mensch hat es geseh'n.

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Der Baum in der Wüste.

Als Maria mit dem Kinde
Nach Egypten auf der Flucht,
Von des Tages Wand'rung müde,
In dem Schatten Ruhe sucht;

Da sie zu des heil'gen Kindleins
Labung bang nach Früchten späht,
Schaut sie endlich in der Wüste
Einen Baum, der einsam steht.

Seine Zweige, schwer belastet,
Sind mit Früchten reich geschmückt,
Was die liebevolle Mutter
Ob des Kindleins hoch entzückt.
Wie sie sich dem Baume nahet,
Von den Früchten pflücken will,
Sieht sie, daß zu hoch sie hangen,
Und sie weint betrübet still.

Doch es senkt zur Erde nieder
Sich der Zweige schwere Wucht,
Gleich als ob's aus ihnen rauschte:
Heil'ge Mutter nimm die Frucht,

Nimm die Früchte, die wir bieten,
Dir und dem geliebten Kind,
Dem wir, gleich wie des Erschaffnen
Alles, unterthänig sind.

Und Maria brach die Früchte
Und pries Gottes Allmacht laut,
Niederknieend sich in Demuth
Als das Wunder sie geschaut.

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Der Regen

"Was Gott schickt, das ist wohlgemeint,
Und wenn es auch oft anders scheint."
Das hat der Kaufmann nicht bedacht,
Der heim vom Markte ritt bei Nacht.

Vom Sturm und Regen litt er Noth,
Und da kein Obdach auch sich bot,
Schmäht er in Unmuth nicht gelind
Auf Regenströme und auf Wind.

Ein Räuber harrt im dichten Wald,
Mit seinem Rohr zielt er alsbald
Auf jenen Reiter, bösen Sinn
Im Herzen, daß er Gold gewinn',

Ihn zu berauben, den er schoß;
Doch seine Büchse geht nicht los,
Vergebens drückt er ab den Hahn -
Der böse Regen hat's gethan -
Denn, wie die Blätter und das Gras,
War auch der Pfanne Pulver naß.

Der Kaufmann jaget schnell vorbei,
Getroffen nicht vom Mörderblei,
Und in der Heimath angelangt,
Ob seines Unmuths er erbangt:

"Was du schickst, Gott, ist wohlgemeint,
Und wenn es gleich auch anders scheint;
Der Regen, dem ich so gegrollt,
Hat meines Lebens Glück gewollt!"

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Der Spielmann.

Spielmann, laß es lustig klingen,
Möchten gerne mit dir singen,
    Spielmann mach ein Tänzlein auf!

Spielmann, wollen dein gedenken,
Gern dir einen Groschen schenken,
    Stimme deine Fidel an.

Kratz ich hin und kratz ich her,
Weiß kein and'res Tänzlein mehr,
    Als den alten Hopsasa.

Hopsasa! ja, der ist recht,
Spielmann machst es gar nicht schlecht,
    Spiel den alten Hopsasa!

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Nachtwächterlied

Ihr Herrn und Frauen laßt euch sagen,
Die Stunde hat acht Uhr geschlagen!
Zu Bette bringt die Kinder nun
Und laßt in Gottes Hand sie ruh'n!
Ihr lieben Kinder laßt euch sagen,
Laßt nun das Tollen und das Jagen;
Der Tag ist jetzt für euch zu Ende,
Drum faltet dankbar eure Hände!

Es künden euch die goldnen Sterne
Den Segen Gottes nächtlich gerne,
Und liebe Engel halten Wacht,
Zu schützen euch in stiller Nacht!

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Hanswurst.

     Hört Kinder die Geschichte von euerm alten Freunde Hanswurst.
     Man weiß nicht, wo Käsperle geboren wurde; soviel aber ist bekannt, daß er aus einem Ei kroch, das ein lustiger Vogel gelegt hatte. Nachdem er das Licht der Welt erblickte, machte er einen fröhlichen Sprung, stellte sich auf den Kopf und sagte: "Ich will lustig sein mein Lebenlang!" Da zog er eine rothe Jacke an, nahm gelbe Höslein und malte sich ein großes Herz auf seinen Brustlatz, damit die Leute gleich von vorne herein wüßten, daß er ein herzhafter Bursche sei. Aber die Courage war nicht weit her, denn als er das erste Mal einen Hasen erblickte, lief er gleich über Hals und Kopf davon. Ein Vogelsteller, der eben seines Weges ging, sah ihn laufen und dachte sich: "der Vogel gefällt mir, den kann ich brauchen." Er packte ihn und nahm ihn mit. Zu Hause sperrte er ihn in den Käfig zu seinen Vögeln, und Hanswurst pfiff eben sein Stücklein mit den Amseln, Gimpeln und Zeisigen. Er nahm aber nicht mit dem Vogelfutter vorlieb, denn der Hanf wollte ihm nicht gefallen. Als eines Tags der Vogelsteller ein Bratwürstlein auf dem Teller hatte, da griff Käsperle durch das Gitter heraus und kam so zur ersten Wurst, die ihm königlich schmeckte. Nun ward alle Tage was gekripst, bis der Vogelsteller ihn freiließ, denn er dachte sich: "das ist kein rechter Vogel, der Fleisch frißt und nicht mit Vogelfutter vorlieb nimmt." Da sprang Hanswurst zum Fenster hinaus und gerieth in einen Kramladen zu Kinderspielzeug. Potztausend, wie fand er da lustige Gesellschaft! Bleierne Soldaten, Kaminfeger, alle Thiere der Arche Noah, Wiegenpferde und dergleichen ohne Ende! Der Spaß aber dauerte nicht lange. Unter andern Gegenständen ward auch Freund Hanswurst verkauft und mußte in einem Puppenspiel die Hausknechtsrollen übernehmen. Da ward er sehr verdrießlich und ging zu den Soldaten, wo er ganze Nächte lang Schildwache stehen mußte und tüchtig Prügel bekam. Endlich haben ihn gar die Franzosen gefangen genommen. Als er eines Tages davon lief und nach Deutschland desertirte, war die Welt ganz anders geworden. Er legte seine rothe Jacke ab und seine gelben Höslein, und kehrte sein großes Herz nach innen.
     Bisweilen läßt er sich bei guten Kindern noch blicken und macht ein Späßlein vor, die bösen aber meidet er.

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Das Herz

An die Pforte deines Herzens
Klopft das Jesuskindlein an,
Lauschend still, geduldig harrend,
Ob ihm nicht wird aufgethan.

Gern wird sich die Thüre öffnen,
Ist gefegt das Kämmerlein,
Ist es sauber ausgeschmücket
Wie ein Spiegel klar und rein.

Aber dann bleibt sie geschlossen
Und das Kind tritt nicht hinein,
Wenn die Sünde eingezogen
Und getrübt der helle Schein.
Oeffnet euch, ihr Pfortenriegel,
Oeffne dich, du festes Schloß!
Komm, mein Jesu, einzuziehen
In des Herzens engen Schoos.

Komme, komme, einzukehren,
Da ein Sehnender dich ruft,
Fülle ganz die Herzenskammer
Aus mit wonnigem Himmelsduft.

Ziere sie mit schönen Blumen
Von des Paradieses Au,
Und bemale ihre Wände
Mit dem schönsten Himmelsblau.

Komm, o komm, ich harre deiner,
Würdige mich deiner Rast,
Bleib', o bleibe, scheide nimmer,
Sei mein immer treuer Gast.

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Der Blinde.

Den blinden Mann, o Kinder, seht,
Wie er mit Stab und Hündlein geht.
O armer Mensch! des Himmels Blau,
Der Blümlein Pracht auf grüner Au,
Der Morgensonne golden Roth -
Nichts siehst du! - denn dein Aug ist todt!

O sei getrost! Einst wirst du seh'n,
Wenn Alles wieder soll ersteh'n,
Wenn Alles in erneuter Pracht
Im Jenseits wieder ist erwacht!
Dann glänzt auch deines Auges Licht,
Schau'st du in Gottes Angesicht!

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Das Waisenkind.

Ich bin ein armes Waisenkind,
Denn Vater und Mutter sind todt;
Durch meine Kleider bläst der Wind,
Ich hab kein Stücklein Brod.

Ihr, die ihr reich und glücklich seid,
Noch Vater und Mutter habt,
O gebt mir doch ein warmes Kleid,
Ein Stücklein das mich labt!

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Der Winter.

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Nun zieht mit seiner ganzen Macht
Herr Winter wieder ein,
Vergangen ist der Fluren Pracht,
Erbleicht der Sonne Schein.

Weh uns, schon naht der kalte Mann
Mit seinem weißen Bart! -
Wer Arm' und Beine rühren kann,
Kommt, hemmet seine Fahrt.

Schließt Thür und Thor und Fenster zu,
Und laßt ihn nicht herein,
Daß er uns Nichts zu leide thu';
Es friert ja Groß und Klein.

Bewaffnet ist der Kinder Schaar,
Die ihm entgegentritt;
Was hilft's, er kommt, wie alle Jahr,
Bringt Schnee und Eis uns mit.

Bringt eine lange, lange Nacht
Und einen kurzen Tag,
Des Schneegestöbers Flockenjagd
Und noch so manche Plag'.
Doch beut er viele Freuden auch,
Bringt neuer Mährchen Traum,
Und hat - es ist ein alter Brauch -
Bei sich den Weihnachtsbaum.

Eisblumen malt ans Fenstr er
In weißem Blüthenkranz,
Die freuten uns noch immer sehr
Mit ihrem Zauberglanz.

Schneemänner gar und Blindemaus
Und Schattenspiel bei Licht,
Das bringt der Winter auch ins Haus,
Drum schmäht den Alten nicht.

Herein, herein denn Wintermann,
Komm, setz' dich zum Kamin,
Wärm' deine kalten Hände dran
Und auf ein Mährchen sinn!

Erzähl' es dann - wir hören zu
Und haben sorgsam Acht,
Und ist es aus, geh'n wir zur Ruh,
Und wünschen gute Nacht.

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Ritter Blaubart

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Siehe dazu die Seite:

Franz Graf von Pocci
Blaubart
Ein Märchen

http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6861

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Hubertus

Zum Vergrößern klicken Sie bitte hier.

Siehe dazu die Seite:

Franz Graf von Pocci
Das Mährlein von Hubertus und seinem Horn.

http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6863

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2. Kurzbiographie zu Franz Graf von Pocci

Franz Graf von Pocci (1807-1876), der verschiedene Ämter am bayerischen Königshof bekleidete (Zeremonienmeister, Hofmusikintendant, Oberstkämmerer), war ein vielseitiger, produktiver und fantasievoller Zeichner, Dichter, Karikaturist und Komponist (über 600 Musikstücke). Am volkstümlichsten wurde er als Schöpfer der Figur des "Kasperl Larifari" und seinen über 40 Stücken für das Marionettentheater (daher "Kasperlgraf") sowie seinen Beiträgen für die "Fliegenden Blätter" und die "Münchener Bilderbogen". Zahlreiche Werke wenden sich an Kinder: Lieder, Gedichte, Illustrationen und Nachdichtungen von Märchen wie "Blaubart," "Fundevogel," "Hänsel und Gretel," "Schneeweißchen und Rosenroth" oder "Schneewittchen."

Literaturhinweise und Weblinks zu Pocci
finden Sie auf der Seite zu Poccis "Blaubart"
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6861

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3. Notizen zu Carl Bernhard Lizius

Carl Bernhard Lizius (1812-1870), der Verleger der "Frühlings-Laube", wurde während seines Studiums am Aschaffenburger Lyceum zum Revolutionär, nahm 1833 am Frankfurter Wachensturm teil, wurde verhaftet und entfloh aus dem Gefängnis. Von dieser Flucht handelt das populäre "Lizius-Lied", das nach der Melodie "Ich bin der Doktor Eisenbarth" gesungen wurde. 1836 ließ sich Lizius als Geheimagent für das Mainzer Informationsbüro, also für die Reaktion, anwerben und bespitzelte liberale und sozialistische Oppositionelle. Nach der März-Revolution gründete er in Frankfurt a.M. den nach ihm genannten Verlag, der von 1849 bis 1853 tätig war. Ein Verlagsprogramm ist nicht zu erkennen. 

Wie Lizius Kontakt zu Pocci bekam, ist nicht bekannt, doch könnte seine in München ansässige Schwester Caroline Lizius, verehelichte Stobäus (1825-1908) eine Rolle spielen. König Ludwig I. von Bayern schrieb ihr Liebesbriefe und vermachte ihr in seinem Testament 24.000 Gulden, sofern sie unverheiratet bliebe. 1842 wurde sie vom Hofmaler Joseph Karl Stieler für die Münchner "Schönheitengalerie" König Ludwigs I. porträtiert. Das "Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Bayern", 1845, und das "Universal-Handbuch von München", 1845, führen Caroline Lizius als Sopranistin der Hofmusik auf. 1849 heiratete sie den Legationsrat Karl Albert von Stobäus.

Siehe die Einträge in Wikipedia:
* https://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Lizius
* https://de.wikipedia.org/wiki/Schönheitengalerie

Literaturhinweise:
* Heinz Gebhardt: Die Lola-Montez-Story. Wie Bayerns König Ludwig I. von einer Tänzerin aus Irland gestürzt wurde. Grünwald: Stiebner [2017]. ISBN 978-3-8307-1062-2
* Carolin Philipps: Therese von Bayern. Eine Königin zwischen Liebe, Pflicht und Widerstand. München: Piper 2015. ISBN 978-3-492-30444-3

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Siehe die weiteren Pocci-Seiten im Goethezeitportal

Sechs Lieder gedichtet von Fr. Beck
als Weihnachtsgabe den Kindern gewidmet
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6860

Weihnachtslieder
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6851

Blaubart.
Ein Märchen
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6861

Das Märlein
von Schneeweisschen und Rosenroth
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6862

Das Mährlein von Hubertus
und seinem Horn
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6863

Minnelieder
(1855)
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6876

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4. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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Ludwig-Maximilians-Universität München
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