goethe


Jutta Assel | Georg Jäger

Ferdinand Freiligrath
in St. Goar und Assmannshausen

Ein Glaubensbekenntnis


Ferdinand Freiligrath (1810-1876), ausgebildet für den kaufmännischen Beruf, lebte nach dem Erfolg seiner ersten Gedichtsammlung 1838 zeitweilig als freier Schriftsteller. Er schloss sich der politischen Opposition an und wurde politisch verfolgt. Mit seinem am geliebten Rhein, in St. Goar und Assmannshausen verfassten Manifest "Ein Glaubensbekenntnis" (1840), mit eigenen und übersetzten Freiheitsliedern, trat er für Freiheit und Recht ein. Da nach ihm gefahndet wurde, emigrierte er nach Ostende und Brüssel, wo er mit Karl Marx Bekanntschaft schloss und später in die Redaktion der »Neuen Rheinischen Zeitung« aufgenommen wurde. 1845 siedelte er in die Schweiz über und nahm mit anderen deutschen Emigranten Kontakt auf. Als er stellungs- und mittellos wurde, riefen seine deutschen Freunde in der »Gartenlaube« 1867 zu einer Dotation auf, die fast 60.000 Taler einbrachte. Eine allgemeine Amnestie für politische Vergehen ermöglichte ihm, nach Deutschland zurückzukehren. Freiligrath widmete sich nun an ganz der Dichtung. Die folgende Seite konzentriert sich auf das politische Manifest "Ein Glaubensbekenntnis" und die Verbindung Freiligraths mit der Rheinromantik. Freiligrath wohnte längere Zeit im "Dichter- und Künstlerheim" des Gasthofs  Krone in Assmannshausen, wo er "Ein Glaubensbekenntnis " abschloss. Dieser damals berühmte, vielbesuchte und -besungene "Poetenwinkel am Rhein," widmete das "Freiligrathzimmer" seinem Andenken.

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Gliederung

1. Ferdinand Freiligrath. Kurzbiographie
2. Ferdinand Freiligrath in St. Goar und Assmannshausen
3. Ein Glaubensbekenntnis. Zeitgedichte, 1844
4. Emil Rittershaus: Zu Assmannshausen
(Ein Gedenkblatt zu Freiligrath)
5. Literaturhinweise und Weblinks
6. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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1. Ferdinand Freiligrath
Kurzbiographie

 

Ferdinand Freiligrath, deutscher Dichter, geb. 17. Juni 1810 in Detmold, gest. 18. März 1876 in Canstatt. Bis 1838 Kaufmann, dann gänzlich der Dichtkunst ergeben; bilderreiche, farbenprächtige Schilderungen, freiheitliche Gesinnung; lange im Auslande, seit 1865 wieder in Deutschland, durch Nationalsammlung unterstützt.

Collection DAS GROSSE JAHRHUNDERT gesetzlich geschützt. Serie D, No. 127. Esser's Seifenpulver mit dem Löwen. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.

Das "Seifenpulver mit dem Löwen" wirbt um 1900 mit der "Collection Das grosse Jahrhundert" auf gleich gestalteten Postkarten mit Bildnissen zahlreicher Schriftsteller (Charles (Dickens, Paul Heyse, Victor Hugo, Conrad Ferdinand Meyer, Fritz Reuter, Peter Rosegger u.a.m.), Musiker und bekannter Persönlichkeiten. Für Werbung auf Postkarten siehe Peter Weiss, Karl Stehle: Reklamepostkarten. Basel: Birkhäuser 1988. ISBN 3-7643-1937-2

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Ferdinand Freiligrath, Dichter und Übersetzer, geb. am 17. Juni 1810 in Detmold, gest. am 18. März 1876 in Cannstatt, besuchte bis zu seinem 16. Lebensjahr das Gymnasium, konnte aber mangels Geld nicht studieren, sondern wurde von einem Onkel als Kaufmann ausgebildet.

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Das "Freiligrath-Haus" in Soest erhielt diesen Namen, weil Freiligrath hier bei seinem Onkel von 1825 bis 1832 das kaufmännische Gewerbe erlernte.

Oben links: Soest. Freiligrath-Haus. Adressseite, Signet: Hermann Lorch Kunstanstalt Dortmund, in Palette eingeschrieben. Nr. 35763. Nicht gelaufen.
Oben rechts: Soest. Freiligrath-Haus. Adressseite: Soest, alte, interessante Stadt der deutschen Hansa. Stadtumwallung, sehenswerte Kirchen und Häuser. Ausgangspunkt für Ausflüge zur Möhnetalsperre. Verlag: Carl Hochherz, Soest. L . 3645. Nicht gelaufen.
Unten: Soest. Markt mit Freiligrath-Denkmal. Adressseite, Verlag: P. G. Capell, Soest. Gelaufen. Poststempel unleserlich.

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Nach dem Tod des Vaters nahm Freiligrath 1832 eine Kontoristenstelle in Amsterdam an; 1837 wurde er Buchhalter in Barmen. Er verkehrte mit zahlreichen rheinischen Schriftstellern (u.a. Karl Immermann, Gottfried Kinkel, Simrock, Matzerath, Wolfgang Müller). Einer Aufforderung Cottas folgend veröffentlichte er 1838 eine erste Sammlung seiner Gedichte; der außergewöhnliche Erfolg veranlasste ihn, 1839 seine Barmer Stelle zu kündigen und als freier Schriftsteller zu leben. Er zog nach Unkel / Rhein und führte ein 'Künstlerleben'.
Nach seiner Heirat (1841) ließ er sich in Darmstadt nieder und erhielt auf Empfehlung Alexander von Humboldts 1842 eine Pension vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. Die folgenden beiden Jahre verbrachte er in St. Goar, wo er u.a. mit Henry Longfellow verkehrte; Emanuel Geibel, Berthold Auerbach, Justinus Kerner und Hoffmann von Fallersleben besuchten ihn hier.

In dieser Zeit begann er sich vermehrt aktuell-politischen Themen zuzuwenden, ab 1844 trat er literarisch für die Opposition ein. Er verzichtete auf die Pension des Königs und auf eine mögliche Anstellung am Hof von Weimar; da er sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlte, emigrierte er nach Ostende und Brüssel, wo er mit Karl Marx Bekanntschaft schloss. 1845 siedelte er in die Schweiz über und nahm in Rapperswil und Zürich mit anderen deutschen Emigranten Kontakt auf. Aus finanziellen Gründen nahm er wieder eine kaufmännische Stellung an - als Korrespondent in London. 1848 kehrte er nach Deutschland zurück; wegen des offenen Appells zum Umsturz wurde er verhaftet, aber bald wieder freigesprochen und auf Einladung von Marx in die Redaktion der »Neuen Rheinischen Zeitung« in Köln aufgenommen. Nach dem Verbot des kommunistischen Blattes 1849 und nach wechselnden Aufenthalten in Köln und Düsseldorf, steckbrieflich gesucht wegen neuer Gedichtbände, ging er 1851 wieder als kaufmännischer Angestellter nach London; 1856 wurde er dort Filialleiter der Schweizer Generalbank.

1865 wurde die Bankfiliale geschlossen, Freiligrath war wieder stellungslos. 1867 riefen seine deutschen Freunde in der »Gartenlaube« zu einer Dotation auf, die fast 60.000 Taler einbrachte; dies ermöglichte ihm, nach Deutschland zurückzukehren (inzwischen war eine allgemeine Amnestie für politische Vergehen erlassen worden) und sich hier ganz der Dichtung zu widmen. Er ließ sich in Stuttgart nieder, 1874 zog er nach Cannstatt, wo er verstarb.

Quelle:
Freiligrath im Projekt Gutenberg.Spiegel.De
Biographie redigiert und gekürzt.

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2. Ferdinand Freiligrath
in St. Goar und Assmannshausen

[...] Freiligrath verließ im Frühling 1842 Darmstadt, um wieder am geliebten Rheine gegenüber der Lurlei zu wohnen, in St. Goar, wo er sein einem verehrten Todten geweihtes Buch: "Karl Immermann, Blätter der Erinnerung an ihn" (Stuttgart 1842) vollendete. Daselbst in dem kleinen Felsenstädtchen, führte Freiligrath ein heiteres, der Muse, der schönen Natur und den Freunden gewidmetes Leben. Von nah und fern kamen ausgezeichnete Freunde, den berühmten Sänger persönlich kennen zu lernen. Besondere Erwähnung verdient sein freundschaftlicher Verkehr mit Emanuel Geibel, welcher den Sommer 1843 daselbst verweilte. Levin Schücking und Louise von Fall (dessen nachmalige Gattin) gehörten mit zum Freundeskreise. Ganz besonders aber fühlte er sich zu dem in Marienberg bei Boppard wohnenden, gefeierten Amerikaner Longfellow hingezogen, dem nunmehr populärsten Dichter in der Welt, die englisch spricht diesseits und jenseits des Meeres. Auch mit Hoffmann von Fallersleben und andern freien Geistern und Dichtern, welche mit ihren Versen mahnend in die Zeitverhältnisse eingriffen, kam er mehrfach in Verkehr. Und schon nahm er den regsten und lebhaftesten Antheil an den politischen Zuständen des deutschen Vaterlandes, er nahm Partei für seines Volkes Zukunft.

Im letzten Winter, den er hier verlebte, sah er sich in die politischen Strömungen hineingerathen, die seinen Zeitgedichten, betitelt "Ein Glaubensbekenntniß" (März 1844) Entstehung gaben. "Ich kann nicht anders!" rief er aus, "und kein Leben mehr für mich ohne Freiheit! Mein Gesicht ist der Zukunft zugewandt!" Und der Würfel war geworfen. 'Er legte, der Ueberzeugung um jeden Preis folgend, die er in Zeiten des Kampfes auch um jeden Preis bethätigte, die kleine Pension, die immerhin als fürstliche Auszeichnung eine entschiedene Bedeutung hatte, in die Hände des Königs zurück. [1] Er war jetzt politischer Lyriker geworden, dessen Herz inmitten des Volkes liegt und in dem alle Weisen des Volkes nachzucken und prophetisch vorzucken.

Er ist noch besonders dadurch zum politischen Lyriker geworden, daß der Zustand des Volkes und der sociale Druck desselben ihn tief und ganz ergriffen, wie denn auch viele seiner Uebersetzungen, z.B. des Korngesetzdichters Elliot "Proletarierfamilie", Tennyson's "Lady Klara, Vere de Vere", Longfellow's "Warnung", Thomas Hood's "Lied vom Hemde", "Die Seufzerbrücke" u. A. hauptsächlich mit den gesellschaftlichen Zuständen es zu thun haben. Und wie in seinen früheren Gedichten, so zeigt sich auch in diesen ein Schacht voll reicher Goldadern.

Er hatte den Band zum "Glaubensbekenntniß"im Manuscript fertig im Pulte liegen, als er vom Erbgroßherzog von Weimar, der sich ihm, wie auch die Großherzogin, freundlich und theilnehmend bewiesen hatte, die Einladung erhielt, eine Beschäftigung, wie er sie schon lange gewünscht, an der Bibliothek in Weimar anzunehmen, mit selbst zu bestimmendem Gehalte. Er schwankte einen Augenblick in Rücksicht auf seine leidende Gattin, der er jetzt ein erwünschtes Loos bereiten konnte, doch nur einen Augenblick schwankte er und er sang das Lied "Hohes Wasser", und lehnte den Antrag ab. Er machte das "Glaubensbekenntniß" zu Assmannshausen druckfertig, brachte den Sommer im Bade Kronthal bei Frankfurt zu, und befand sich im Herbste, als das Buch erschien, in Ostende. Den Winter blieb er in Brüssel. Als er aber einsah, daß er auf ein längeres Exil gefaßt sein müsse, da die strengsten Maßregeln gegen das Werk ergriffen und ein Verhaftsbefehl gegen ihn erlassen worden, so begab er sich im Frühling 1845 nach der Schweiz. Er hatte Brüssel kaum zwei Tage verlassen, als man nach ihm fahndete.

Anmerkungen
(1) Auf Alexander v. Humboldt's Verwendung beim König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., war Freiligrath 1842 "mit einem Jahresgehalte von 300 Thalern überrascht worden; diese Verleihung geschah ohne sein Vorwissen.." (S. XXIV)

Quelle:
Ignaz Hub: Ferdinand Freiligrath's Biographie. In: Deutsche Dichter-Gaben. Album für Ferdinand Freiligrath. Eine Sammlung bisher ungedruckter Gedichte der namhaftesten deutschen Dichter. Hrsg. von Christian Schad und Ignaz Hub. Leipzig: Verlag von Duncker & Humblot 1868, S.XV-XXXV. Zitat S. XXIV-XXVI (Digitalisierung durch Google).

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3. Ein Glaubensbekenntniß
Zeitgedichte, 1844

Im Vorwort, unterzeichnet "Aßmannshausen, Mai 1844", heißt es: "Fest und unerschüttert trete ich auf die Seite derer, die mit Stirn und Brust der Reaktion sich entgegenstemmen! Kein Leben mehr für mich ohne Freiheit! Wie die Lose dieses Büchleins und meine eigenen auch fallen mögen: ─ solange der Druck währt, unter dem ich mein Vaterland seufzen sehe, wird mein Herz bluten und sich empören, sollen mein Mund und mein Arm nicht müde werden, zur Erinnerung besserer Tage nach Kräften das Ihrige mitzuwirken! Dazu helfe mir, nächst Gott, das Vertrauen meines Volkes! Mein Gesicht ist der Zukunft zugewandt!"

Zwei Beispiele der Zeitgedichte:

Trotz alledem!
Nach Robert Burns (1759-1796)
(St. Goar, Dezember 1843)

Ob Armut euer Los auch sei,
hebt hoch die Stirn, trotz alledem!
Geht kühn dem feigen Knecht vorbei;
wagt's arm zu sein, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
trotz niederm Plack und alledem,
der Rang ist das Gepräge nur,
der Mann das Gold trotz alledem!

Und sitzt ihr auch beim kargen Mahl
in Zwilch und Lein und alledem,
gönnt Schurken Samt und Goldpokal –
ein Mann ist Mann trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
trotz Prunk und Pracht und alledem!
Der brave Mann, wie dürftig auch,
ist König doch trotz alledem!

Heißt »Gnäd'ger Herr« das Bürschchen dort,
man sieht's am Stolz und alledem;
doch lenkt auch Hunderte sein Wort,
's ist nur ein Tropf trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
trotz Band und Stern und alledem!
Der Mann von unabhängigem Sinn
sieht zu, und lacht zu alledem!

Ein Fürst macht Ritter, wenn er spricht,
mit Sporn und Schild und alledem:
den braven Mann kreiert er nicht,
der steht zu hoch trotz alledem:
Trotz alledem und alledem!
Trotz Würdenschnack und alledem –
Des innern Wertes stolz Gefühl
Läuft doch den Rang ab alledem!

Drum jeder fleh, daß es gescheh,
wie es geschieht trotz alledem,
daß Wert und Kern, so nah wie fern,
den Sieg erringt trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
es kommt dazu trotz alledem,
daß rings der Mensch die Bruderhand
dem Menschen reicht trotz alledem!

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Die Freiheit! Das Recht!
(St. Goar, Dezember 1843)

O, glaubt nicht, sie ruhe fortan bei den Toten,
o, glaubt nicht, sie meide fortan dies Geschlecht,
weil mutigen Sprechern das Wort man verboten
und Nichtdelatoren verweigert das Recht!
Nein, ob ins Exil auch die Eidfesten schritten;
ob, müde der Willkür, die endlos sie litten,
sich andre im Kerker die Adern zerschnitten –
doch lebt noch die Freiheit, und mit ihr das Recht!
– Die Freiheit! Das Recht!

Nicht mach uns die einzelne Schlappe verlegen!
Die fördert die Siege des Ganzen erst recht;
die wirkt, daß wir doppelt uns rühren und regen,
noch lauter es rufen: die Freiheit! das Recht!
Denn ewig sind eins diese heiligen Zweie!
Sie halten zusammen in Trutz und in Treue;
wo das Recht ist, da wohnen von selber schon Freie,
und immer, wo Freie sind, waltet das Recht!
– Die Freiheit! Das Recht!

Und auch das sei ein Trost uns: nie flogen, wie heuer,
die freudigen zwei von Gefecht zu Gefecht!
Nie flutete voller ihr Odem und freier,
durch die Seele selbst brausend dem niedrigsten Knecht!
Sie machen die Runde der Welt und der Lande,
sie wecken und werben von Strande zu Strande,
schon sprengten sie kühn des Leibeigenen Bande,
und sagten zu denen des Negers: Zerbrecht!
– Die Freiheit! Das Recht!

Ja, ihr Banner entflattert und weht allerorten,
daß die Unbill gesühnt sei, die Schande gerächt!
Ja, und siegen sie hier nicht, so siegen sie dorten,
und am Ende doch siegen sie gründlich und echt!
O Gott, welch ein Kranz wird sie glorreich dann zieren!
All' die Läuber, die Völker im Fahnentuch führen!
Die Olive des Griechen, das Kleeblatt des Iren,
und vor allem germanisches Eichengeflecht!
– Die Freiheit! das Recht!

Wohl ruhn dann schon manche, die jetzo noch leiden –
doch ihr Schlummer ist süß, und ihr Ruhn ist gerecht!
Und licht an den Gräbern stehen die beiden,
die wir ihnen auch danken – die Freiheit! das Recht!
Unterdes hebt die Gläser! Ihr Wohl, die da stritten!
Die da stritten, und mutig ins Elend drum schritten!
Die das Recht uns verfochten, und Unrecht drum litten!
Hoch ewig das Recht – und die Freiheit durchs Recht!
– Die Freiheit durchs Recht!

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Oben: Gruss vom Rhein. Assmannshausen, "Dichter- u. Künstlerheim zur Krone" mit Freiligrathbüste. Adressseite: Signet: Kleeblatt mit C vd B. Carl v. d. Boogaart, Wiesbaden. No. 1185. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
Unten: Assmannshausen a. Rhein. "Hotel Krone". Adressseite: F. & K., E. Rhein. Kunstdruckerei Fischer & Krämer G.m.b.H. Eltville. Filiale Brüssel. Gelaufen. Poststempel unleserlich.

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Freiligrath-Büste im Gasthof "Zur Krone"

Die von Cauer geschaffene Freiligrathbüste im Mansardengiebel der Krone wurde am 19. Mai 1894, dem Gedenktag der Volledung des "Bekenntnisses" in der Krone, geweiht. Emil Rittershaus hielt die Weihrede in Versen. Quelle: Die Krone am Rhein, ca. 1933, S.10-18.
Foto: Jörg Nunnenmacher.

Inschrift: Zum Andenken an den Freiheitsdichter Ferdinand Freiligrath, der in diesem Hause im Mai 1844 sein politisches Glaubensbekenntnis vollendete.

Zu Assmannshausen und der "Krone" siehe die Seite im Goethezeitportal:
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6907

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Vorläufig zum Schluss
(Aßmannshausen, Mai 1844)

Zu Aßmannshausen in der Kron,
wo mancher Durst'ge schon gezecht,
da macht ich gegen eine Kron
dies Büchlein für den Druck zurecht!

Ich schrieb es ab bei Rebenschein,
Weinlaub ums Haus und saft'ge Reiser;
drum, wollt ihr rechte Täufer sein,
tauft's: Vierundvierz'ger Aßmannshäuser!

"Das Büchlein schlug ein wie eine Bombe. Die Auflage von 8000 Exemplaren war trotz der Verbote noch im selben Jahre vergriffen, obschon z.B. im Großherzogtum Hessen jeder Buchhändler, der sich erwischen ließ, ein Exemplar verkauft zu haben, mit zehn Gulden bestraft wurde. Der Dichter selbst schrieb darüber am 9. November 1844 an Wilh. Ganzhorn aus Brüssel: "Ich bin mit dem Erfolge des Buches und dessen, was daran hängt, vollkommen zufrieden: die reaktionäre Presse schreit sich heiser dagegen, die Regierungen verbieten es, Preußen will mich bei etwaiger Rückkehr fangen und mir wegen Majestätsbeleidigung den Prozeß machen lassen - aber die ehrlichen Leute drücken mir die Hand, die Bestellungen auf das Buch (trotz der Verbote!) können kaum befriedigt werden, und in meiner Brust ist eine Ruhe und eine Heiterkeit eingezogen, wie ich sie früher in dieser Weise nicht kannte." (Hölscher: Das Buch vom Rhein, S. 244.; über die Zensur siehe Roessler / Hufnagel: 1844er Assmannshäuser, S. 160 ff.)

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Oben: Zu Aßmannshausen in der "Kron" [Gedicht wie oben]. Mai 1844. Ferd. Freiligrath. Gruss aus dem Dichter- und Künstlerheim zur Krone. Adressseite: Wilh. Fülle, G.m.b.H., Barmen. No. 33858-59. Stempel: Joseph Hufnagel. Weingutbesitzer. Assmannshausen a.Rh. Nicht gelaufen.
Mitte: Assmannshausen a. Rhein. Gruss aus dem Dichter- und Künstlerheim zur "Krone". Assmannshausen. Freiligrathzimmer. Adressseite: W. Fülle G.m.b.H., Barmen. Nr. 47102/103. Gelaufen. Poststempel unleserlich.
Unten: Assmannshausen a. Rhein. Gasthof Krone, Freiligrathzimmer. Adressseite: Wilh. Fülle, Barmen. Nr. 53660/61. Nicht gelaufen.

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4. Emil Rittershaus
Zu Assmannshausen
(Ein Gedenkblatt zu Freiligrath)

Vom Niederwalde kam in's Thal
Der Duft des Laubs geflossen;
Es war der Strom vom Mondenstrahl
Mit Silber übergossen.
Nicht zog vorbei mehr auf der Fluth
Der Dampfer Schaar mit Brausen ─
In solcher Stunde zecht sich gut
Mit Wein von Aßmannshausen!

Hei, wie man doch den Becher schwang
Mit funkelndem Rubine!
Des edlen Weines Spender sang
Ein Lied zur Mandoline.
Wir saßen an des Rheines Bord
In heit'rer Tafelrunde,
Doch fand auch Raum ein ernstes Wort
In jener trauten Stunde.

Wir sprachen von der alten Zeit,
Da hier geweilt ein Sänger,
Der eintrat in des Tages Streit,
Ein Stürmer und ein Dränger,
Der Wort gelieh'n der Männer Zorn,
Zum Volkstribun erlesen,
Und der auch stets in Schrot und Korn
Ein deutscher Mann gewesen!

Sein Wohl! Und als das Hoch erklang,
Da fing in grünen Blättern
Die Nachtigall am Bergeshang,
Hell an ihr Lied zu schmettern,
Und aus den Wellen tönte sacht
Ein Flüstern, Murmeln, Brausen ─
Das war in einer schönen Nacht
Beim Wein zu Aßmannshausen.

Quelle:
Am Rhein und beim Wein. Gedichte von Emil Rittershaus. Leipzig: Ernst Keil's Nachfolger 1884, S. 61f.

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5. Literaturhinweise und Weblinks

Literaturhinweise
* Das Rheintal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz. Eine europäische Kulturlandschaft. 2 Bde. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz. Mainz: Philipp von Zabern 2001. ISBN 3-8053-2753-6. Darin: Abschied von der Romantik - Ferdinand Freiligrath am Mittelrhein, S. 385-386. Assmannshausen, S. 809.
* Georg Hölscher: Das Buch vom Rhein. 2. Aufl. Köln: Hoursch & Bechstedt 1925. Hier S. 243f.
* Die Krone am Rhein. Ein Dichter- u. Künstlerheim zu Aßmannshausen. Ein Gedenkbuch [Aßmannshausen: Gasthaus "Zur Krone" ca.  [1933].
* Die "Krone" von Assmannshausen. Bearbeitet von Sofie Charlotte Bauer. Mainz: Philipp von Zabern [1981]. ISBN 3-8053-0545-1
* Hans Dieter Schreeb: Die Krone am Rhein. Geschichte und Geschichten eines weltberühmten Hotels. 2. Aufl. Innsbruck: Edition Koch 2008. ISBN 978-3-85445-503-5

* Freiligraths Werke in einem Band. Ausgewählt und eingeleitet von Werner Ilberg (Bibliothek deutscher Klassiker) Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag 1967. - Nach dieser Ausgabe werden die Gedichte zitiert.
* Moriz Carriere: Eintrag "Freiligrath" in der ADB (Bd. 7, 1878, S. 343-347)
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Freiligrath,_Ferdinand
* Kurt Roessler, Irene Hufnagel: 1844er Assmannshäuser. Kommentarband zu "Ein Glaubensbekenntniß. Zeitgedichte" von Ferdinand Freiligrath. Mainz: Philipp von Zabern 1994. ISBN 3-8053-1687-9

Weblinks:
* Eintrag "Assmannshausen" in Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Assmannshausen
* Eintrag "Freiligrath" in Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Freiligrath
* Ansgar S. Klein: Ferdinand Freiligrath, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen am 15.01.2020 unter:
http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ferdinand-freiligrath/DE-2086/lido/57c6bf3887a909.06971757

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6. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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