goethe


Dieter Borchmeyer
»DuMont Schnellkurs Goethe«

Goethe nach der Italienischen Reise
(1788-1794)

Büste von Martin Gottlob Klauer: Goethe (um 1790)

 Oftmals hab’ ich auch schon
in ihren Armen gedichtet
Und des Hexameters Maß
leise mit fingernder Hand
Ihr auf den Rücken gezählt.
Sie atmet in lieblichem Schlummer,
Und es durchglühet ihr Hauch
mir bis ins Tiefste die Brust.

Römische Elegien

 

Erotische Dichtungen

Goethe hat Tasso im Sommer 1789: im welterschütternden Moment des Ausbruchs der Französischen Revolution gerade noch abgeschlossen - "glücklicherweise", denn alsdann, so schreibt er später in der Campagne in Frankreich, "nahm die weltgeschichtliche Gegenwart meinen Geist völlig ein". Nach der Rückkehr aus Italien hat er bis in die Zeit der Freundschaft mit Schiller außer lyrischer Poesie und den um die Französische Revolution kreisenden Tendenzdramen keine neue Originaldichtung geschrieben. Was neben der >weltgeschichtlichen Gegenwart< - als Gegenwelt zu ihr - seinen Geist und seine Zeit ganz ausfüllt, sind die Naturforschung sowie die Traktate, welche die Italienische Reise und die aus ihr gezogenen Lehren zum Gegenstand haben. Er, der sich in Italien als Dichter wiedergefunden zu haben glaubte, hört in fast noch größerem Maße als im ersten Weimarer Jahrzehnt auf, Poet zu sein. 

Auch die bedeutendste Dichtung der ersten nachitalienischen Jahre ist erst 1795 in Schillers "Horen" der Öffentlichkeit bekannt geworden: seine "Erotica Romana" in Distichen, die später von ihm so betitelten Römischen Elegien (1788/90). Dieser erste Gedichtzyklus Goethes steht zusammen mit Einzelgedichten, welche an den deskriptiv-erzählenden Stil des in Italien entstandenen Gedichts Amor als Landschaftsmaler anknüpfen (Der Besuch; Morgenklagen, 1788) in Verbindung mit seiner Liebesbeziehung zu Christiane Vulpius, der Schwester des Romanschriftstellers Christian August Vulpius, der als Verfasser des Räuberromans Rinaldo Rinaldini (1799) europäische Berühmtheit erlangen sollte.

Die unstandesgemäße freie Ehe mit der anfänglich recht hübschen, braungelockten, auf ihn „italiänisch“ wirkenden dreiundzwanzigjährigen Christiane, die bis zu ihrer Begegnung mit Goethe in Bertuchs Fabrik Stoffblumen herstellte, ließ ihn die Entfremdung von Frau von Stein und das Gefühl zunehmender Vereinsamung in Weimar - deren Schatten auch den Tasso noch gestreift haben mögen - zu einem guten Teil verschmerzen. Freilich brachte ihn diese Beziehung nach einem zeitgenössischen Urteil in einen "Mißstand mit der ganzen Sozietät" - der adligen wie bürgerlichen. Über eine kleine Affäre hätte die Weimarer Klatschgesellschaft hinweggesehen, aber daß er einer derart einfältigen Person die Treue hielt, war der eigentliche Skandal. Vor allem die sich für bedeutend haltenden Damen vom Weimarer Hofzirkel bis zu den späteren romantischen Dichterfrauen konnten nicht begreifen und verzeihen, daß Goethe nicht ihnen, sondern jener unbedeutenden und zudem immer mehr in die Breite gehenden >Kreatur< vor ihnen den erotischen Vorzug gab.

Wie jene Liaison, so hat die Gesellschaft Goethe auch die Freizügigkeit seiner "Erotica" verübelt, ganz besonders natürlich Charlotte von Stein, die das platonische Liebesideal der ersten Weimarer Jahre Goethes hier verraten sehen mußte. "Alle ehrbaren Frauen sind empört über die bordellmäßige Nacktheit", die sich in den Elegien zeige, und Herder habe geäußert, Schiller müßte seine "Horen" nun Huren nennen, berichtet Carl August Böttiger (an Schulz, 27. Juli 1795).

Gegenstand der Elegien, in denen das Christiane-Erlebnis in das Gewand römischer Erinnerungen und Allusionen an die antike Mythologie gekleidet wird, ist die sinnlich erfüllte Liebe zu einer jungen Römerin namens Faustina, deren Züge mit dem seiner Weimarer Geliebten unverkennbar verschmelzen. Durch die bewußte Anknüpfung an die erotische Elegie der Spätantike, den Wetteifer mit den "triumviri amoris" Catull, Tibull und Properz - hinzu kommt Ovid - wird das erotische Erlebnis über alle faktische Realität in eine fiktive Kunstsphäre erhoben, die den Eindruck des Lasziven vor allem in den veröffentlichten Teilen niemals aufkommen läßt. August Wilhelm Schlegel hat diese Einbettung des Individuellen in Formen und motivische Modelle der antiken erotischen Dichtung treffend mit den Worten gekennzeichnet, die Elegien seien "originell und dennoch echt antik. Der Genius, der in ihnen waltet, begrüßt die Alten mit freier Huldigung."

Radierung von Wilhelm BuschKonnte Goethe in den Römischen Elegien das Italienerlebnis noch einmal in einer für ihn sich mehr und mehr verdüsternden gesellschaftlichen Umwelt freudig nachklingen lassen, so wird in den ersten 1795 publizierten Venetianischen Epigrammen, dem Produkt einer unfreiwilligen zweiten Italien (Venedig)-Reise im Jahre 1790 (er hatte der von ihrer Italienreise zurückkehrenden Herzogin Anna Amalia entgegenzureisen), auch die Erinnerung an jenes schöpferische Erlebnis empfindlich getrübt. ("Das ist Italien nicht mehr, das ich mit Schmerzen verließ.") Die politisch-sozialen Mißstände Italiens, die Schattenseiten seiner Zivilisation, die Goethe bei der ersten Reise gern in ein idealisierendes Licht getaucht hatte, werden nun von einem z.T. bitter satirischen Blick entlarvt. Zudem läßt die >weltgeschichtliche Gegenwart< den ruhigen Genuß des Schönen kaum zu: die Epigramme enthalten die frühesten und gleich polemisch verwerfenden Äußerungen über die Französische Revolution, nicht minder scharfe Seitenhiebe aber auch auf die Repräsentanten des Ancien Régime in Deutschland und Frankreich. 

Freilich enthalten die Epigramme auch Stücke, in denen der unbeschwerte Ton der Römischen Elegien noch einmal wiederkehrt. Noch mehr als diese haben sie die ästhetisch-moralische Toleranzgrenze der Zeit überschritten. Hier wie dort ließ Goethe sich bereden, die anstößigsten Stücke geheimzuhalten. Dazu gehören zwei Gedichte auf den "letzten der Götter", den hellenistischen Vegetationsdämon Priapos, welche die Römischen Elegien ursprünglich einleiten und abschließen sollten, deren Abdruck Goethe aber schließlich für undenkbar hielt.

Goethe hat im Alter die Geheimhaltung seiner zahlreichen Erotica und Priapea - bis hin zu der späten Verserzählung Das Tagebuch (1810), die das in der Literatur weitverbreitete Motiv der vorübergehenden Impotenz zum Gegenstand hat - Eckermann gegenüber am 25. Februar 1824 folgendermaßen begründet: "Könnten Geist und höhere Bildung ein Gemeingut werden, so hätte der Dichter ein gutes Spiel; er könnte immer durchaus wahr sein und brauchte sich nicht zu scheuen, das Beste zu sagen." In einer "gemischten Welt" aus Gebildeten und Ungebildeten aber sei er an Rücksichten gebunden. Überdies: "Was den alten Griechen zu sagen erlaubt war, will uns zu sagen nicht mehr anstehen, und was Shakespeares kräftigen Mitmenschen durchaus anmutete, kann der Engländer von 1820 nicht mehr ertragen, so daß in der neuesten Zeit ein Family-Shakespeare ein gefühltes Bedürfnis wird." Wenn Goethe mit dieser Begründung an seinen eigenen Werken Selbstzensur übt, könnte man ihm freilich vorhalten, daß er sich selbst zum Family-Goethe gemacht hat. Kein Zweifel aber, daß er auf eine Zeit hofft, in der, mit Schiller zu reden, nur noch die Norm der "wahren und natürlichen Dezenz" gilt und keine "konventionelle Dezenz" dem Künstler mehr die offene Darstellung eines Bereichs verwehrt, ohne welche dem dichterischen Bild des Menschen eine wesentliche Dimension fehlt.

Goethe und Christiane

 Handzeichnung Goethes

Christiane schlafend

 

 Ich bin verheiratet, nur nicht mit Zeremonie.

 

Nachitalienische Naturforschung

Wird Goethes Italienische Reise ihre dichterischen Früchte zum größten Teil erst wesentlich später zeitigen, so schlägt sich die Erweiterung seines naturwissenschaftlichen Horizonts sofort in einer Reihe von Schriften sowohl grundsätzlich-methodischer Art (z.B. Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt, 1792) als auch zu Einzeldisziplinen - Morphologie und Optik - nieder. Daß Goethe, "unwiederbringlich aus dem herrlichen Kunstelement" Italiens verstoßen und "der Verzweiflung übergeben", im "Naturelement" die Heilung des verletzten Gemüts sucht, erklärt seine eminente naturwissenschaftliche Produktivität in den folgenden Jahren.

Aus der Fülle seiner botanischen und zoologischen Untersuchungen zur Morphologie ragt der Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären (1790) als die bedeutendste naturwissenschaftliche Leistung Goethes hervor. Bereits während der Italienischen Reise hat er sich intensiv mit der Morphologie der Pflanze befaßt. Seine Überlegungen kreisen lange um die "Grille" der realen Existenz einer "Urpflanze"; denn wie wäre ohne die Annahme einer solchen erkennbar, "daß dieses oder jenes Gebilde eine Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären?" Der Urpflanze entspricht in der Osteologie der "Typus", das "Urtier" (Versuch über die Gestalt der Tiere, 1790).

In der Metamorphose der Pflanzen ist der Gedanke der Umbildung der Urpflanze zu den mannigfaltigen Pflanzengestalten abgelöst worden von einem anderen, der Goethe ebenfalls schon in Italien gekommen ist: "daß in demjenigen Organ der Pflanze, welches wir als Blatt gewöhnlich anzusprechen pflegen, der wahre Proteus verborgen liege, der sich in allen Gestaltungen verstecken und offenbaren könne" (Rom, 17. Mai 1787). Es geht in der Metamorphose also um die in jeder Pflanze sich vollziehende Umgestaltung des als "Blatt" bezeichneten Urorgans, als des Identischen aller Teile der Pflanze, in Stengel, Kelch, Blüte, Frucht und Samen. (Im gleichen Sinne hat Goethe den Schädel durch die Umgestaltung eines einzigen Urorgans, des Wirbels, zu erklären versucht.) Goethe sucht in der Natur überall im Mannigfaltigen das Eine - ob er es "Urbild", "Typus", "Idee" oder "Urphänomen" nennt - und das Eine im Mannigfaltigen, im "Symbol" des einzelnen Phänomens. Diese >symbolische< Anschauung prägt nicht nur Goethes Denken, sondern auch seine poetische Bildwelt. 

Das "Urphänomen" im Bereich der optischen Phänomene - denen Goethe seit 1791 seine unter dem Titel Beiträge zur Optik zusammengefaßten chromatischen Untersuchungen widmet, die schließlich in dem monumentalen dreibändigen Opus Zur Farbenlehre (1810) gipfeln - ist der "uranfängliche ungeheure Gegensatz von Licht und Finsternis" sowie das "Trübe" als "Vermittlung" zwischen diesen Elementen. Die Initialzündung der Farbenlehre war 1790 der Blick durch die Prismen des Hofrats Büttner: irrigerweise glaubte Goethe, er müßte nun nach Newtons Theorie das weiße Licht in Farben zerlegt sehen; da diese sich aber nur an Rändern, beim Übergang vom Hellen zum Dunklen zeigten (was der Newtonschen Lehre durchaus nicht widerspricht, da sich auf einer völlig weißen Fläche die durch Brechung entstandenen Farben wieder zu reinem Weiß überdecken), glaubte Goethe, "die Newtonsche Hypothese sei falsch und nicht zu halten" (Tag- und Jahreshefte zu 1790.). 

Damit beginnt die in Goethes Leben beispiellose Reihe von abwegigen, sich immer mehr in eine fixe Idee hineinsteigernden polemischen Attacken auf Werk und Person Newtons. Seine Farbenlehre gewinnt - da für ihn das Licht das Göttlich-Eine ist - förmlich den Charakter einer Religionslehre. "Es geht mir mit meiner Farbenlehre", bemerkt er am 19. Februar 1829 ironisch Eckermann gegenüber, der sich einen kritischen Einwand erlaubt hatte, "wie mit der christlichen Religion. Man glaubt eine Weile treue Schüler zu haben, und ehe man es sich versieht, weichen sie ab und bilden eine Sekte. Sie sind ein Ketzer wie die anderen auch, denn Sie sind der erste nicht, der von mir abgewichen ist." Derartige Parallelen kehren in seinen Äußerungen zur Farbenlehre immer wieder. Schon Eckermann hat sich darüber gewundert, daß Goethe, der sich, was die Kritik an seinen poetischen Werken betraf, durch große Konzilianz auszeichnete, "in seiner Farbenlehre nicht gut Widersprüche vertragen konnte", wie Eckermann selber in seinem Gespräch am 19. Februar 1829 erfahren mußte. Und er zitiert Goethes Äußerung, er gebe wenig auf seine Rolle in der Geschichte der Poesie; daß er aber in der Farbenlehre "der Einzige" sei, der "das Rechte" wisse, darauf gründe sich das Bewußtsein der "Superiorität" über seine Zeit. 

Die Grundthese Goethes ist, daß die Farben nicht Bestandteil des Lichts sind, sondern durch Gegensatz und Zusammenwirken von Licht und Finsternis, durch die Mischung von Hell und Dunkel entstehen. Die unmittelbare Mischung dieser Grundelemente würde freilich nur Grau ergeben, die Farben entstehen mithin erst im Durchgang des Lichts durch ein "trübes" Medium (z.B. der Sonnenstrahlen durch die dunstige Atmosphäre). Auch die Farbenlehre ist bestimmt von den beiden Grundbegriffen der Goetheschen Natur- und Lebensanschauung; den "zwei großen Triebrädern aller Natur: dem Begriff von Polarität und Steigerung" (an Kanzler von Müller, 24. Mai 1828) - jene zu verstehen als Gegensätzlichkeit mit der Tendenz der Vereinigung, als Prozeß "immerwährenden Anziehens und Abstoßens" (Magnetismus), diese als Fortschreiten nach dem Vollkommenen hin.

Ist Newtons Optik gewissermaßen eine Farbenlehre für Blinde, da die Farben ja eine vom Auge unabhängige, objektiv dem Licht zugehörende Realität sind, so ist die Farbe für Goethe in erster Linie eine gesehene! Die Farben im Zusammenspiel von Subjekt und Objekt sind der Gegenstand seiner Farbenlehre. Deshalb beginnt ihr erster Teil, der "didaktische" - dem ein gegen die Newtonsche Schule gerichteter "polemischer" und ein "historischer": die "Materialien zur Geschichte der Farbenlehre" folgen -, in betontem Gegensatz zu Newton, aber auch in deutlicher Anlehnung an Kants Verankerung der Gesetze der Gegenständlichkeit im Subjekt, mit den "subjektiven" Farben, d.h. den "physiologischen, welche dem Organ des Auges vorzüglich zugehören". Für Goethe, der von Meßinstrumenten und physikalischen Versuchsapparaturen nichts wissen will, da sie den unmittelbaren Sinneseindruck verfälschen, ist der Mensch, sind seine "gesunden Sinne" der geeignetste "physikalische Apparat". Im Sinne einer an Kant anknüpfendenden Wissenschaftsmethodik sucht Goethe das Physisch-Reale mittels einer Kritik der subjektiven Farbwahrnehmung zu erfassen. Eben dies will die Analyse der "physiologischen" Farben leisten. Ihr folgt die Untersuchung der "physischen" Farben, die sich "objektiv wie subjektiv" zeigen, indem sie sowohl "Gegenstände" als auch "dem Auge zugehörig" sind, schließlich die Untersuchung der "chemischen" Farben, welche "wir uns nun objektiv als den Gegenständen angehörig denken" (zitiert nach Goethes Selbstanzeige der Farbenlehre in Cottas "Morgenblatt", 1810).

Ist Goethes Analyse der physischen und chemischen Farben aufgrund ihrer verfehlten Prämissen nicht mehr diskutabel, so stellt die Bestimmung der subjektiven Farben eine gültige wissenschaftliche Leistung dar, welche die Physiologie des Sehens bis in unsere Gegenwart befruchtet hat. Haben mit Ausnahme der Physiologen (Johannes Müller) die Naturwissenschaftler Goethes Farbenlehre von vornherein verworfen, so ist sie bezeichnenderweise von den naturmystisch inspirierten romantischen Poeten (Novalis nennt Goethe im Hinblick auf seine Beiträge zur Optik den "ersten Physiker seiner Zeit"), aber auch von den idealistischen Philosophen (Schiller, Schelling, Hegel) überwiegend positiv gewürdigt worden. Ihren wesentlichsten Einfluß - abgesehen von ihrer ungeheuren Bedeutung für das Goethesche Alterswerk, namentlich die Lyrik - hat die Farbenlehre jedoch auf die Maler der Zeit ausgeübt, zumal auf Philipp Otto Runge.

Goethe hat sich bis zum "Bund" mit Schiller in einem Maße auf die Naturforschung zurückgezogen, daß die dichterische Produktion dadurch in Gefahr geriet. Daß die von Schiller vor Beginn der Freundschaft so heftig kritisierte "Vorstellungsart" Goethes - sie sei "zu sinnlich und betastet mir zu viel" (an Körner, 1. November 1790) - dem Naturforscher von Vorteil, dem Dichter aber nachteilig sei, hat Goethe selbst später zugegeben. In seinem Brief an Schiller vom 6. Januar 1798 schreibt er, der Freund habe ihn "von der allzu strengen Beobachtung der äußern Dinge und ihrer Verhältnisse auf mich selbst zurückgeführt", und es folgt das bewegende Bekenntnis: "Sie haben mir eine zweite Jugend verschafft und mich wieder zum Dichter gemacht, welches zu sein ich so gut wie aufgehört hatte." Ein angesichts des nüchternen Grundtons, den Goethe in seinem Briefwechsel ansonsten anschlägt, erstaunlich emphatisches Bekenntnis.

Die Metamorphose der Pflanzen

 Es mag nun die Pflanze sprossen blühen oder Früchte bringen, so sind es doch nur immer dieselbigen Organe, welche, in vielfältigen Bestimmungen und unter oft veränderten Gestalten, die Vorschrift der Natur erfüllen. Dasselbe Organ, welches am Stengel als Blatt sich ausgedehnt und eine höchst mannigfaltige Gestalt angenommen hat, zieht sich nun im Kelche zusammen, dehnt sich im Blumenblatte wieder aus, zieht sich in den Geschlechtswerkzeugen zusammen, um sich als Frucht zum letztenmal auszudehnen.

 

 

Der Groß-Cophta

Frühestes dichterisches Zeugnis der Auseinandersetzung Goethes mit der Revolution sind die auf der zweiten Italienreise geschriebenen Venetianischen Epigramme. In den nächsten Jahren entstand eine Reihe weiterer satirischer Dichtungen über die französischen Ereignisse und ihre Folgen. Vor allem ist es die Gattung der Komödie, die Goethe zum Instrument seiner antirevolutionären, aber auch antiabsolutistischen Polemik macht. In dem Lustspiel Der Groß Cophta (1791), das an die Stelle einer in Italien geplanten Oper über den Scharlatan Cagliostro (Die Mystifizierten) getreten ist, dessen Familie Goethe gar in Palermo aufgesucht und später an den Einkünften aus seinem Groß-Cophta beteiligt hat, wirft die Revolution erst ihre Schatten voraus. 

Goethe hat schon lange vor der Revolution das Auftreten von Spiritisten und Magiern, die sich durch ihre obskuren Machenschaften Zugang zu den höchsten Gesellschaftskreisen, ja zu den Fürsten zu verschaffen wußten (noch die Anfälligkeit des Kaisers in Faust II für die Zauberei Mephistos spielt darauf an), als gefährliches Krisensymptom des Ancien Régime, als Vorzeichen eines Umsturzes der ganzen politischen Ordnung empfunden. In einem Brief an den Cagliostro Anhänger Lavater vom 22. Juni 1781 warnt Goethe vor der "großen Masse Lügen, die im Finstern schleicht" und durch die "unsere moralische und politische Welt ... mit unterirdischen Gängen, Kellern und Kloaken minieret" ist. 

Als sich 1785 die Verwicklung Cagliostros in die Halsbandaffäre herausstellte, welche eine Staatskrise in Frankreich auslöste, durfte Goethe sich in seinen Ahnungen bestätigt fühlen. Jene Betrugsaffäre um ein unermeßlich teueres Collier, in deren Mittelpunkt - ohne echtes Verschulden von ihrer Seite - Königin Marie Antoinette geriet, war für Goethe "düstere Vorbedeutung", die in der Revolution "gräßlichste Erfüllung" fand; sie erschütterte "die Grundfesten des Staates, vernichtete die Achtung gegen die Königin und gegen die obern Stände überhaupt", denn sie machte "das greuliche Verderben deutlich, worin der Hof und die Vornehmern befangen lagen" (Campagne in Frankreich).  

Im Groß-Cophta verlegt Goethe den Schauplatz der Halsbandaffäre in ein deutsches Duodezfürstentum, verkleinert damit freilich die politischen Dimensionen des Falls. Im Bilde eines demoralisierten Gesellschaftskreises am Rande des Staates wird gleichwohl eine schonungslose Kritik an den höheren Ständen geübt, an einem Adel, der sich durch die innere Aushöhlung seines traditionellen Wertsystems längst selbst zugrundegerichtet hat, ehe er durch aufgeklärte Zyniker ruiniert wird, die sich seine Schwächen und seine Anfälligkeit für okkultistische Manipulationen virtuos zunutze machen.

 

Die Aufgeregten

Erscheint die Französische Revolution im Groß Cophta erst als >düstere Vorbedeutung< so werden in dem einaktigen Lustspiel Der Bürgergeneral und dem Fragment Die Aufgeregten (1793) bereits ihre Folgen dargestellt. Goethe geht es hier weniger um die Französische Revolution selber als um ihre voreilige und provinzielle Nachahmung in Deutschland. Er habe "nicht gleichgültig dabei sein" können, gesteht er später Eckermann am 4. Januar 1824, "daß man in Deutschland künstlicherweise ähnliche Szenen herbeizuführen trachtete, die in Frankreich Folge einer großen Notwendigkeit waren". 

In den Aufgeregten zetteln ein Barbier und ein Hofmeister, das typische Gespann von "Pfuscher" und "Schwärmer", das Goethe in allen revolutionären Umtrieben am Werke sieht, wegen eines nicht eingehaltenen Vertrags einen Aufstand der Bauern gegen ihre Gutsherrin an. Entlarvt Goethe die Wortführer des Aufstandes und ihre pathetischen politischen Phrasen fast nur durch ihre Charaktermängel, so hat er sich bemüht, den Aufstand selber - zu dessen Darstellung er zumal durch Bauernunruhen auf sachsen-weimarischem Gebiet angeregt wurde - objektiver zu begründen. Prozesse von Gemeinden gegen Gutsherrschaften und die Verschleppung dieser Prozesse beim Reichskammergericht in Wetzlar über Jahrzehnte hinweg - derlei war Goethe aufgrund seiner Tätigkeit an dem personell hoffnungslos unterbesetzten obersten Gericht im Jahre 1772 nur allzu geläufig. 

Den rebellierenden Bauern und Kleinbürgern stehen als vernünftiger Widerpart auf der Herrschaftsseite die Gräfin und ein Hofrat gegenüber. Sie haben aus der Französischen Revolution die Konsequenzen gezogen, welche auch Goethes eigene sind. Die Gräfin kommt soeben mit ihrer Tochter von einer Reise nach Paris zurück, wo sie sich an Ort und Stelle ein Bild von der Revolution zu machen versucht hat. Sie gehört also zu den vielen politisch Engagierten oder Neugierigen aus allen Ständen, die sich während der ersten Phase der Revolution auf die Reise nach Paris machten - von regelrechtem Revolutionstourismus hat man gesprochen - und den erstaunten Lesern zu Hause Augenzeugenberichte lieferten. 

Aus ihren Revolutionseindrücken folgert die Gräfin, daß man sozialer Unzufriedenheit durch zeitige gerechte Maßnahmen zuvorkommen muß. Mit dieser Einstellung kann sie auch die "aufgeregte Schar" am Ende beruhigen. Der von Goethe nur skizzierte Höhepunkt des Stücks sollte eine Szene auf dem Schloß werden, in der alle Personen die französische Nationalversammlung spielen, wobei Theater und Wirklichkeit, Sein und Schein sich vermischen. In der Gräfin seines Stücks hat Goethe eine ideale Repräsentantin ihres Standes, wie in dem Hofrat eine vorbildliche Verkörperung des Bürgertums darzustellen versucht.

Die Gräfin bekennt sich als Schülerin der Aufklärungsphilosophen, "die uns durch ihre Schriften in Freiheit gesetzt haben" und verkündet: "Zu keiner Ungerechtigkeit will ich mehr schweigen, keine Kleinheit unter einem großen Scheine ertragen, und wenn ich auch unter dem verhaßten Namen einer Demokratin verschrieen werden sollte." Die Gräfin artikuliert durchaus die Gesinnung eines Teils der deutschen Aristokratie, des aufgeklärten Reformadels, den Goethe einige Jahre später in der Turmgesellschaft des Wilhelm Meister porträtieren wird. Auf der anderen Seite wehrt sich der Hofrat gegen die egalisierenden und nivellierenden Tendenzen seines Standes, gegen den Neid gegenüber ererbten "Vorzügen" und erkennt "das große Gewicht des höheren Standes im Staate" an, „und wenn man mir auch den verhaßten Namen eines Aristokraten zueignete“. Die Selbstkritik des Adels wie des Bürgertums zielt auf eine ständische und politische Allianz, die man als Goethes "Idee von Weimar" bezeichnen könnte.

In seinem Gespräch mit Eckermann am 4. Januar 1824, seiner wichtigsten und umfassendsten Äußerung über die Revolution, hat Goethe die Aufgeregten als sein "politisches Glaubensbekenntnis" bezeichnet und namentlich die Gesinnung der Gräfin als die seinige ausgegeben. Für ihn sind Revolutionen "ganz unmöglich, sobald die Regierungen ... ihnen durch zeitgemäße Verbesserungen entgegenkommen und sich nicht so lange sträuben, bis das Notwendige von unten her erzwungen wird."

 

Hermann und Dorothea

Von der >Notwendigkeit< der Französischen Revolution aufgrund der uneinsichtigen Politik der Regierung, ihren positiven Folgen trotz ihres abstoßenden Verlaufs hat Goethe sich im Alter immer mehr überzeugen lassen. Bereits in seinem bürgerlichen Epos Hermann und Dorothea (1797) scheint sein Urteil zumindest über die erste Phase der Revolution gemildert. So läßt er in den Worten des Richters im 6. Gesang die Begeisterung von 1789, sogar den Jubel über den Einmarsch der französischen Truppen in den linksrheinischen Gebieten als Ausdruck einer begreiflichen, freilich bald entlarvten Illusion erscheinen. 

Den Umschlag von Begeisterung in Enttäuschung über den Verlauf der Revolution hat Goethe in Hermann und Dorothea im Schicksal der linksrheinischen Deutschen gespiegelt, die zunächst die Freiheitsbäume umtanzen, dann aber, als der missionarische Eifer der Franzosen in Eigennutz und Erobererallüre umschlägt, zur Flucht über den Rhein gezwungen sind. Das Schicksal der deutschen Emigranten hat Goethe bereits in der Rahmenerzählung seiner Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten (1795) dargestellt. Sie handelt von einer „edlen Familie“, die sich vor der französischen Revolutionsarmee auf eines ihrer rechtsrheinischen Güter geflüchtet hat. Spielen die Unterhaltungen im adligen Milieu, so Hermann und Dorothea im bürgerlichen. Am Beispiel von Dorotheas erstem Bräutigam stellt Goethe den Stimmungsumschlag der Liberalen angesichts der Erfahrungen mit der Französischen Revolution in den linksrheinischen Gebieten dar. Um dem Schauplatz der Revolution näher zu sein, geht jener nach Paris und erleidet, durch den Despotismus ihrer Führer zu ihrem Gegner geworden, den Tod auf dem Schafott. Dorothea ist durch die revolutionären Ereignisse ein Bräutigam geraubt und ein Bräutigam geschenkt worden: der Protagonist Hermann. Der Tote und der Lebende verkörpern zwei gegensätzliche Haltungen des deutschen Bürgertums angesichts der Revolution: jener eine als tragische Illusion enthüllte politische Begeisterung, dieser eine im Kreis des Hauses und der Familie sich vollendende Bürgerlichkeit.

Goethe greift in Hermann und Dorothea auf die Form des idyllischen Hexameter Epos zurück, wie sie schon der klassische Homer-Übersetzer Johann Heinrich Voß in seiner Luise (1781) erprobt hat. Der Hexameter war Goethe bereits seit dem Reineke Fuchs (1794) vertraut, einer Übertragung des niederdeutschen Reinke de vos (1498), die er unter dem Eindruck des kläglich beendeten Frankreichfeldzuges begonnen und im Heerlager vor Mainz durchgefeilt hat, ein Zeichen, daß er hinter dem spätmittelalterlichen Kostüm dieses "Hof- und Regentenspiegels" Analogien zu zeitgenössischen Verhältnissen, namentlich in der absolutistischen Hofhaltung und Staatsführung entdeckte. Die Übertragung in das antike Versmaß sollte solche Analogien verdeutlichen, die mittelalterlichen Vorgänge ins überzeitlich Typische verwandeln. 

Nach einer derartigen Typisierung des Geschehens strebt Goethe auch in Hermann und Dorothea durch die Anknüpfung an die homerische Epopöe: Verwendung des Hexameters, Einteilung des Werks in neun, nach den antiken Musen benannte Gesänge, ornamentale Stilfiguren, typisierende Kennzeichnungen der Personen und Dinge (die "kluge, verständige Hausfrau", der "treffliche Pfarrer", das "reichliche Obst") usw. Auf diese Weise sollten die Grundverhältnisse der häuslich bürgerlichen Welt ins Allgemeingültige erhoben werden. Man solle, so meinte Goethe selber, "unter dem modernen Kostüm die wahren, echten Menschenproportionen und Gliederformen" erkennen (an Meyer, 28. April 1797). Freilich geht das Bürgerliche in solcher Idealisierung nicht auf, sondern Goethe weist immer wieder mit liebenswürdiger Ironie gerade durch den Kontrast der antiken Form, auch auf seine Grenzen, seine Beschränktheit und Flachheit hin.

 

Die natürliche Tochter

Der "heilge Kreis", die Friedenssphäre des Hauses, das "Glück ..., das im Kreise / Des Bürgerstandes hold genügsam weilt" erscheint auch - wenngleich nur vorübergehend - in Goethes Trauerspiel Die natürliche Tochter (1803) als ungefährdeter Bezirk reiner Menschlichkeit vor dem dunklen Hintergrund einer auf das Chaos zutreibenden Welt. Dieses Trauerspiel ist der einzig abgeschlossenen Teil einer Trilogie, die Goethe Ende 1799 auf der Quellenbasis der Mémoires historiques von Stéphanie-Louise de Bourbon-Conti (1798) plante. "In dem Plane bereitete ich mir ein Gefäß", schreibt Goethe in den Tag- und Jahresheften zu 1799, "worin ich alles, was ich so manches Jahr über die Französische Revolution und deren Folgen geschrieben und gedacht, mit geziemendem Ernste niederzulegen hoffte." 

In Goethes Quelle beschreibt die vermeintliche außereheliche Tochter des mit dem Königshaus verwandten Prinzen von Bourbon-Conti ihr trostloses Schicksal. Angeblich wurde sie - unmittelbar vor dem Fest ihrer Legitimation durch Ludwig XV. - auf Betreiben ihrer Mutter und ihres Halbbruders, der um sein Erbe fürchtete, entführt, doch gelang ihr nach mehreren gescheiterten Fluchtversuchen schließlich die Rückkehr nach Paris. Doch die Revolution machte ihre aufblühenden Hoffnungen auf eine Legitimierung zunichte. In Goethes Trauerspiel zeichnet sich die Revolution erst als Folge korrupter Staatsverhältnisse am Horizont der Handlung ab. Dem Aufstand der Massen geht die Fronde der Aristokratie gegen einen schwachen und dem Intrigenspiel der feindlichen Adelsparteien charakterlos ausgelieferten König voraus. 

Die drei großen politischen Mächten des Handlungskomplexes: Ancien Régime, Adelsfronde und drohende Revolution der Massen sind durch den Ungeist verbunden, der Rechtlosigkeit, Willkür, Gewalt, Parteilichkeit heißt. Der "Bürgerstand", das besitzende Bürgertum, dessen Haltung Goethe weithin teilt, findet zwar in der Person des Gerichtsrats, der Eugenie, der „natürlichen Tochter“ die Ehe anbietet, eine Stimme, aber er grenzt sich noch rein moralisch von der adlig geistlichen Oberschicht wie vom >Pöbel< ab   als rechtliche Mitte zwischen der rechtlosen Gewalt von oben und unten. In der geplanten Fortsetzung sollte dann freilich der Gerichtsrat zum Führer eines revolutionären Bundes werden, Moral in Politik umschlagen. 

Zwischen die Gewalt der Großen und die Gewalt der Massen hat Goethe in der geplanten Trilogie das exemplarische tragische Schicksal Eugenies gestellt. Am Ende des ausgeführten ersten Dramas vergönnt Goethe Eugenie noch Ruhe auf einer Insel der Entsagung zwischen jenen Elementen der Gewalt, doch bald wird diese Insel von den über ihr zusammenschlagenden Elementen hinweggespült werden. Eugenie erfährt zu ihrer Bestürzung, daß der Gerichtsrat der revolutionären Partei angehört und trennt sich von ihm, um nach Paris zu eilen und dem König beizustehen. Im weiteren Verlauf wären vermutlich sowohl Eugenie als auch der Gerichtsrat zu Opfern der sich radikalisierenden Revolution geworden. Goethe hat den Gang der Ereignisse in einem Schema der Fortsetzung mit fast nihilistisch anmutender Resignation beschrieben: "Die Masse wird absolut. Vertreibt die Schwankenden. Erdrückt die Widerstrebenden. Erniedrigt das Hohe. Erhöhet das Niedrige. Um es wieder zu erniedrigen."

 

Campagne in Frankreich und Belagerung von Mainz

Im Alter hat Goethe die Revolution mit größerer Gelassenheit beurteilt als ihm das unter dem unmittelbaren Druck der Zeitereignisse möglich war. Das demonstrieren die beiden autobiographischen Berichte Campagne in Frankreich zum gescheiterten gegenrevolutionären Feldzug der preußisch österreichischen Koalitionsarmee 1792 und die Belagerung von Mainz um das Ende der revolutionären Mainzer Republik. An beiden Ereignissen nahm Goethe im Auftrag seines Herzogs teil. Obwohl Goethe aus seiner antirevolutionären Überzeugung kein Hehl macht, schildert und wertet er doch nie parteiisch. So manches Beispiel revolutionären Heldenmuts und revolutionärer Tragik führt Goethe dem Leser vor Augen, während das Invasionsheer, in dem er selber mitzieht, alles andere als schmeichelhaft geschildert wird. „Der Dichter“, so schreibt Goethe am Schluß der Campagne, „der seiner Natur nach unparteiisch sein und bleiben muß, sucht sich von den Zuständen beider kämpfender Teile zu durchdringen, wo er denn, wenn Vermittlung unmöglich wird, sich entschließen muß, tragisch zu endigen.“ Genau das aber ist auch die Grundtendenz der Campagne und der Belagerung.

Einmal rettet Goethe gar im Namen des Herzogs von Weimar einen Mainzer Revolutionär vor der Lynchjustiz. Sein Eingreifen verteidigt er durch eine Maxime, die immer wieder, aus dem Zusammenhang herausgelöst, als Beispiel für sein konservatives Ordnungsdenken angeführt wird: "ich will lieber eine Ungerechtigkeit begehen als Unordnung ertragen". Damit will er indessen nichts anderes zum Ausdruck bringen als einen Grundsatz des modernen Rechtsstaats: die Monopolisierung der Gewalt - und immerhin hat er mit dieser >konservativen< Maxime und seiner Verhinderung der Selbstjustiz einem aktiven Revolutionär das Leben gerettet!

Zeitereignisse

1789: Beginn der Französischen Revolution: Versammlung der Generalstände, Verfassungsgebende Versammlung (bis 1791), Bastillesturm, Beseitigung der Feudalrechte, Erklärung der Menschenrechte.
1790: Frankreich: Einziehung des kirchlichen Besitzes, Zivilverfassung des Klerus, Abschaffung des Adels, Nivellierung der historischen Provinzen durch Departements, Zensuswahlrecht.
1791/1792: Frankreich: Gesetzgebende Verfassung, Erstürmung der Tuilerien, Septembermorde, Nationalkonvent mit jakobinischer Mehrheit (bis 1795), Absetzung des Königs (Erste Republik). Erster Koalitionskrieg Österreich und Preußens gegen Frankreich, Kanonade von Valmy, Besetzung des linken Rheinufers und Belgiens durch Revolutionsheere.
1793: Frankreich: Terror des Wohlfahrtsausschusses unter Robespierre, Hinrichtung Ludwigs XVI. und Marie Antoinettes; England, Holland und Spanien treten in Koalition gegen Frankreich ein.
1794: Frankreich: Ende der Schreckensherrschaft, Hinrichtung Robespierres.

Erotica

Priap als »Wächter des Gartens«

 

Herme mit erigiertem Phallus

 

Illustration von Yngve Berg
zur IV. Elegie

 

Christian August Vulpius

Zeichnung von J. Schmeller
(ca. 1825)
 

Christiane und August

Gemälde von Heinrich Meyer (1792)

Nachitalienische Naturforschung

Denkmal für die Naturwissenschaft

Harro Magnusen

 

»Ginkgo Biloba«

Goethes handschriftliche Fassung des Gedichts »Ginkgo Biloba«

 

 Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als eines kennt?
Solche Fragen zu erwidern
Fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst Du nicht an meinen Liedern,
Daß ich eins und doppelt bin?

 

Zur Naturwissenschaft im Allgemeinen

Kupferstich von Moritz Retzsch

 

Goethes Farbkreis

Johann Peter Eckermann

 

Johann Joseph Schmeller
(ca. 1825)

 

 Um Epoche in der Welt zu machen [...], dazu gehören bekanntlich zwei Dinge: erstens daß man ein guter Kopf sei, und zweitens daß man eine große Erbschaft thue. Napoleon erbte die französische Revolution, Friedrich der Große den schlesischen Krieg, Luther die Finsterniß der Pfaffen, und mir ist der Irrthum der Newton’schen Lehre zutheil geworden. Die gegenwärtige Generation hat zwar keine Ahnung, was hierin von mir geleistet worden; doch künftige Zeiten werden gestehen, daß mir keineswegs eine schlechte Erbschaft zugefallen.

Gespräch mit Eckermann, 2.5.1824

 

 

Der Groß-Cophta

Die Aufgregten

Théodore Gericault:
»Auffahrende Artillerie«
(1814)

 Öl auf Leinwand, 89,3 x 143,8 cm, Neue Pinakothek München
 


 Auch war ich vollkommen überzeugt, daß irgend eine große Revolution nie Schuld des Volkes ist, sondern der Regierung. Revolutionen sind ganz unmöglich, sobald die Regierungen fortwährend gerecht und fortwährend wach sind, so daß sie ihnen durch zeitgemäße Verbesserung entgegenkommen, und sich nicht so lange sträuben, bis das Notwendige von unten her erzwungen wird.

Gespräch mit Eckermann, 4.1.1824

Hermann und Dorothea

 

 

Hermann und Dorothea
auf dem Heimweg

 

Hermann und seine Mutter unterm Birnbaum


    


Hermann und Dorothea

Reineke Fuchs

Lovis Corinth

 

 

Holzschnitt von Jost Amman (um 1720)

 

Campagne in Frankreich

Antoine-Jean Gros:
»Napoleon auf dem Schlachtfeld von Preußisch-Eylau«

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