Jutta Assel | Georg Jäger
Johann Wolfgang Goethe
Hermann und Dorothea
Illustriert von Hans Looschen
Eingestellt: Juli 2020
Goethes idyllisches Epos "Hermann und Dorothea" (1797) wurde im 19. Jahrhundert als das mit Sympathie, aber auch Humor gezeichnete Hausbuch des deutschen (Klein)Bürgertums gelesen und gehörte zu den am häufigsten aufgelegten und illustrierten Werken Goethes. Den bereits vorgestellten Bildfolgen von Bosch, Ramberg und Vautier stellt das Goethezeitportal nun das Werk des Berliner Malers Hans Looschen (1859-1923) zur Seite, der neben Goethe weitere Werke jener Zeit (Chamisso, Eichendorff, Schiller) illustriert hat. Mit 45 Illustrationen in der hier verwendeten Ausgabe von 1890 im Verlags-Haus Bong handelt es sich um eine besonders intensive und reichhaltige Bebilderung von "Hermann und Dorothea". Sie ist darum besonders geeignet, den lockeren, häufig skizzenhaften Illustrationsstil von Looschen zu verdeutlichen.
*****
Vorlage:
Hermann und Dorothea von Goethe. Mit 45 Illustrationen von Hans Looschen. Berlin: Deutsches Verlagshaus Bong & Co. [1890]. Breite 15, Höhe 22,7 cm. Die Illustrationen sind teils mit vollem Namen "Hans Looschen") bezeichnet, teilweise aber auch mit Siegel (ligiertes HL).
Zu Goethes idyllischem Epos "Hermann und Dorothea" (1797) sowie zum Inhalt der neun Gesänge, die die Namen der griechischen Musen tragen, siehe den Eintrag in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_und_Dorothea
Der gesamte Text steht mehrfach im Netz, z.B. bei Xeno.org:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Versepen/Hermann+und+Dorothea
Siehe auch die umfängliche Erörterung aus der Entstehungszeit:
* Wilhelm von Humboldt's Aesthetische Versuche über Goethe's Hermann und Dorothea. Vierte Auflage. Mit einem Vorwort von Hermann Hettner. Braunschweig: Friedrich Vieweg und Sohn 1882. - Erstdruck 1799.
* Über die Behandlung in der Schule um 1900:
Aufgaben aus Deutschen Dramen und Epen zusammengestellt von H[ermann] Heinze und W[ilhelm] Schröder, am Gymnasium und Realgymnasium zu Minden. Sechstes Bändchen: Aufgaben aus "Hermann und Dorothea" zusammengestellt von [Hermann] Heinze. Leipzig: Wilhelm Engelmann 1896.
*****
Gliederung
1. Illustrationen
2. Kurzbiographie von Hans Looschen
3. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift
*****
1. Illustrationen
Es werden alle Illustrationen wiedergegeben, jedoch keine Vignetten. Die Größen der Illustrationen sind unterschiedlich. In den Wiedergaben werden sie in der Regel verkleinert, in einigen Fällen jedoch, um das Motiv besser zu erkennen, etwa in Originalgröße wiedergegeben. Den meisten Illustrationen sind Erklärungen beigegeben, die zum Verständnis der Motive und zum Bezug auf den Text beitragen. Teilweise nehmen die Illustrationen bis in Details den Text auf, teilweise variieren sie aber auch ein Thema bzw. Motiv (vgl. die Illustrationen zum Zug der Flüchtlinge).
Looschen wählt nicht immer die gängigen Motive (wie z. B. nicht Hermann und Dorothea am Brunnen oder das Stolpern Dorotheas auf der Treppe im Weinberg), sondern trifft eine andere Auswahl (z.B. den Zug der Flüchtlinge oder die Arbeit des Tischlers am Sarg). Die Verwendung von Putti, welche die Rolle der Personen übernehmen (vgl. zum Beispiel die Illustrationen zu "Schicksal und Anteil", "Die Bürger", "Mutter und Sohn", Die Weltbürger" ) verleihen dem idyllischen Epos einen spielerischen und humoristischen Ton. Mehrfach tritt Amor mit Pfeil und Bogen auf und weist damit auf das Liebesgeschehen hin.
Looschen hat einen eigenen lockeren, skizzenhaften Illustrationsstil entwickelt. Für seinen Illustrationsstil charakteristisch sind Sprengungen des Bildrahmens, der sich in unscharfe, zerfaserte Konturen auflöst. (vgl. Euterpe). Oder ein Motiv ragt über den Bildrand hinaus (vgl. Klio mit Amor). Typisch sind auch die extrem schmalen und hohen Bilder (z.B. Terpsichore).
Die Überschriften der neun Gesänge verbinden den Namen der Muse mit Hinweisen auf den jeweiligen Hauptinhalt des Gesanges. "Die Musen erscheinen wie eine Reihe von neun Statuen; sie werden gewissermaßen 'zitiert'. In der Verbindung mit der zweiten Überschrift markiert Goethe die Differenz zwischen Antike und Moderne." (Goethe. Sämtliche Werke. Münchner Ausgabe, Bd. 4.1, S. 1077) Looschens Gestaltung der doppelten Überschriften zeigen seinen freien Umgang mit der Vorlage. Der Neo-Rokoko-Einband in den Farben blau-gold-schwarz auf weißem Leinen entspricht nicht den ideal-realistischen Impressionen der Illustrationen.
Zu Goethes idyllischem Epos "Hermann und Dorothea" (1797) sowie zum Inhalt der neun Gesänge, die die Namen der griechischen Musen tragen, siehe den Eintrag in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_und_Dorothea
Der gesamte Text steht mehrfach im Netz, z.B. bei Xeno.org:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Versepen/Hermann+und+Dorothea
Siehe auch die umfängliche Erörterung aus der Entstehungszeit:
* Wilhelm von Humboldt's Aesthetische Versuche über Goethe's Hermann und Dorothea. Vierte Auflage. Mit einem Vorwort von Hermann Hettner. Braunschweig: Friedrich Vieweg und Sohn 1882. - Erstdruck 1799.
* Über die Behandlung in der Schule um 1900:
Aufgaben aus Deutschen Dramen und Epen zusammengestellt von H[ermann] Heinze und W[ilhelm] Schröder, am Gymnasium und Realgymnasium zu Minden. Sechstes Bändchen: Aufgaben aus "Hermann und Dorothea" zusammengestellt von [Hermann] Heinze. Leipzig: Wilhelm Engelmann 1896.
Kalliope
Schicksal und Antheil
Die Eltern Hermanns sitzen auf einer Bank
im Torweg ihres Anwesens.
Ein Beispiel des "mannigfaltigsten Elends" im Zug der Flüchtlinge. Die zwei Gestalten im Hintergrund sind der Apotheker und der Pfarrer, die das Geschehen beobachten und reflektieren und darüber dem Ehepaar berichten.
Der Zug der Flüchtlinge erreicht das Dorf.
"Tretet herein" in den hinteren Raum, das kühlere Sälchen" spricht der Wirt zum Apotheker und dem Pfarrer, "In dem Hinterstübchen pflegen sich die sogenannten Honorationen der Stadt abends zu versammeln und beim Glase Wein zu unterhalten." (Heinze: Aufgaben, S.32)
Terpsichore
Hermann
Dorothea kümmert sich um eine Wöchnerin und den Säugling, die auf ihrem Wagen im Stroh liegen. Für Mutter und Kind bittet sie Herrmann um Gaben, vor allem um "verschiedene Leinwand" für Windeln.
Die Gruppe stellt Hermann dar, auf den sich die verzweifelte Dorothea stützt.
Auf der andere Seite Hermanns ein Knabe.
Neben Dorothea das Bündel, das die Mutter für die Flüchtlinge zusammengestellt hat und das Hermann Dorothea zur "Verteilung mit Sinn" übergibt. Im Hintergrund Hermann, Apotheker und Pfarrer sowie das Dorf mit Flüchtlingen.
Thalia
Die Bürger
x
Euterpe
Mutter und Sohn
Auf der Suche nach dem Sohn schaut die Mutter in den Stall, wo Hermann die Pferde selber besorgt,
und geht in den Garten.
*****
Die Mutter durchschreitet den Garten, "Nahm gleich einige Raupen vom kräftig strotzenden Kohl weg; /
Denn ein geschäftiges Weib tut keine Schritte vergebens."
Die Mutter findet ihren Sohn unter dem alten Birnbaum, der die Grenze der Güter des Wirtes markiert und einen weiten Ausblick in die Landschaft erlaubt. Hermann, der das "vertriebene Mädchen" zur Braut sich gewählt hat, ist verzweifelt über die harschen Worte des Vaters. Es kommt zur Aussprache von Mutter und Sohn.
Polyhymnia
Die Weltbürger
Links der Wirt, in der Mitte der Apotheker, rechts der Pfarrer
in lebhaftem Gespräch.
*****
Hermann besorgt selber die "herrlichen Pferde, die Hengste," die er als Fohlen gekauft, und die er niemals vertraute." Er schirrt die Pferde für die Kutsche mit dem Apotheker und dem Pfarrer, die das Flüchtlingsmädchen, das sich Hermann gewählt, prüfen und sich über sie kundig machen sollen.
Im Hintergrund die Kutsche mit Herrmann, dem Apotheker und dem Pfarrer, in rascher Fahrt. Im Vordergrund ein Brunnen: "Flachgegraben befand sich unter den Bäumen ein Brunnen, / Stieg man die Stufen hinab, so zeigten sich steinerne Bänke, / Rings um die Quelle gesetzt, die immer lebendig hervorquoll, / Reinlich, mit niedriger Mauer gefasst, zu schöpfen bequemlich." Hier beschloss Hermann mit dem Wagen zu halten.
Dorothea
Der Zug der Flüchtlinge ist im Dorf angekommen, "Wo in Gärten und Scheunen und Häusern die Menge von Menschen / Wimmelte, Karrn an Karrn die breite Straße dahin stand. / Männer versorgten das brüllende Vieh und die Pferd' an den Wagen, / Wäsche trockneten emsig auf allen Hecken die Weiber". Nachdenklich verläßt Hermann die Szene.
"Und es ergötzten die Kinder sich plätschernd im Wasser des Baches".
Der "fremde Richter" begleitet den Flüchtlingszug mit Rat und Tat, er besänftigt die Menschen und schlichtet Streit. Bei ihm erkundigen sich der Apotheker und der Geistliche nach Dorothea.
Klio
Das Zeitalter
Der Richter schildert die Auflösung der Gesellschaft und die Entmenschlichung durch den Krieg. "Schnell verwandelte sich des Feldbau's friedliche Rüstung / Nun in Wehre; da troff von Blute Gabel und Sense. (...) Losgebunden erscheint, sobald die Schranken hinweg sind, / Alles Böse, das tief das Gesetz in die Winkel zurücktrieb."
Dorothea verteidigt den Hof, verhindert die Plünderung und rettet zwei Mädchen vor einem "Trupp verlauf'nen Gesindels:"sie riss dem einen sogleich von der Seite den Säbel, / Hieb ihn nieder gewaltig; er stürzt' ihr blutend zu Füßen. / Dann mit männlichen Streichen befreite sie tapfer die Mädchen, / Traf noch viere der Räuber; doch die entflohen dem Tode."
Der Apotheker und der Pfarrer haben ihre Erkundigungen über Dorothea abgeschlossen und eilen zurück zum Wagen "und kamen und fanden den Jüngling gelehnet / An den Wagen unter den Linden. Die Pferde zerstampften / Wild den Rasen; er hielt sie im Zaum, und stand in Gedanken."
Erato
Dorothea
Da im Dorfe alles Wasser "beschmutzt" und "alle Brunnen besudelt" wurden, geht Dorothea zum entfernten Brunnen, um in zwei Krügen reines Wasser zu schöpfen. Im Hintergrund versteckt die Beobachter.
Rückkehr von Hermann mit Dorothea in das heimische Anwesen.
Dorothea verabschiedet sich von den Flüchtlingen und ihren Kindern, für die sie gesorgt hatte. "Und sie kniete darauf zur guten Wöchnerin nieder, / Küsste die weinende Frau und vernahm des Segens Gelispel." Es "fielen die Kinde, mit Schrei'n und entsetzlichem Weinen, / Ihr in die Kleider und wollten die zweite Mutter nicht lassen."
Melpomene
Hermann und Dorothea
x
*****
Hermann und Dorothea gehen durch die Felder, dem Anwesen des Wirtes entgegen. "Wie gewinn' ich Vater und Mutter?" fragt Dorothea und lässt sich die Eltern und ihren "Sinn" charakterisieren - denn noch denkt sie, als Magd des Hauses angestellt zu werden.
Hermanns um seine Vertriebne gesehen." "Herrlich glänzte der Mond, der volle, vom Himmel herunter, / Nacht war's, völlig bedeckt das letzte Schimmern der Sonne." Sie setzten sich, Hermann zeigt Dorothea das Dorf, seine Häuser, die Wohnung seiner Eltern und sein Zimmer im Dache.
Urania
Aussicht
Anrufung der Musen. Bild des Vaters, mit Pfeife und Weinglas.
In ungeduldiger Erwartung von Hermann und Dorothea erzählt der Nachbar, wie sein Vater ihm die "Wurzel aller Ungeduld" ausriss. In der Tischlerei rühren sich von Morgen bis Abend Hobel und Säge, Der Morgen wird künftig erscheinen, / Da der Meister sich regt mit allen seinen Gesellen, / Dir den Sarg zu bereiten und schnell und geschickt zu vollenden." Der Kopf des Tischlers ist als Totenkopf gestaltet. Oben rechts wohl ein Beobachter, der die erbauliche Szene reflektiert.
Das mittlere Bild zeigt die Verlobung: Der Pfarrer steckt Dorothea den Ring an, die Nachbarn sind Zeugen. Falls es sich um zwei Ringe handelt - es ist nicht klar zu erkennen - so wird damit auf die frühere Verlobung Dorotheas mit einem edlen Freiheitskämpfers hingewiesen, der in Paris "Kerker und Tod" fand. Dorothea steckt die Ringe nebeneinander. - Das linke Bild zeigt, wie Dorothea auf der Treppe im Weinberg stolpert und von Hermann gestützt wird.
*****
Hermann, von Dorothea ritterlich gerüstet, streitet "für Gott und Gesetz, für Eltern, Weiber und Kinder".
Im Hintergrund friedliches ländliches Leben.
*****
2. Kurzbiographie von Hans Looschen
Looschen, Hans, Maler, * 23. 6. 1859 Berlin, † 12. 2. 1923 ebda. Schüler der Berliner Akademie (Malklasse Ernst Hildebrand). Malte Stilleben, Landschaften, Bildnisse, Märchenbilder und figürliche Kompositionen, "die sich durch kraftvollen Realismus, breite, wuchtige Pinselführung und koloristischen Reiz auszeichnen". Illustrationen zu Dichterwerken (Goethe, "Faust I", "Hermann und Dorothea", Balladen von Goethe und Schiller; Eichendorff, "Taugenichts" sowie Gedichte; Chamisso, "Schlemihl"), Märchen und Sagen. (Thieme / Becker, Ries)
Siehe den Eintrag "Hans Looschen" in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Looschen
Zu den von Hans Looschen illustrierten Gedichten Eichendorffs:
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6882
sowie zu den Illustrationen von Eichendorffs "Taugenichts"
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6933
*****
Seiten zu Goethes "Hermann und Dorothea"
im Goethezeitportal
*****
3. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift
Alle Bildvorlagen entstammen, sofern nicht anders vermerkt, einer privaten Sammlung. Soweit es Rechte des Goethezeitportals betrifft, gilt: Die private Nutzung und die nichtkommerzielle Nutzung zu bildenden, künstlerischen, kulturellen und wissenschaftlichen Zwecken ist gestattet, sofern Quelle (Goethezeitportal) und URL (http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6934 ) angegeben werden. Die kommerzielle Nutzung oder die Nutzung im Zusammenhang kommerzieller Zwecke (z.B. zur Illustration oder Werbung) ist nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der Verfasser gestattet.
Dem Goethezeitportal ist kein Urheberrechtsinhaber bekannt; ggf. bitten wir um Nachricht.
Für urheberrechtlich geschützte Bilder oder Texte, die Wikipedia entnommen sind, gilt abweichend von obiger Regelung die Creative Commons-Lizenz.
Kontaktanschrift:
Prof. Dr. Georg Jäger
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Deutsche Philologie
Schellingstr. 3
80799 München
E-Mail: georg.jaeger07@googlemail.com
*****