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Jutta Assel | Georg Jäger

Genua
Teil I: Der Hafen

Optimiert für Firefox
Eingestellt: Oktober 2016

Mit ca. 50 alten Ansichten und über 10 Textauszügen aus Reiseberichten, Reiseführern und Lexika wird der Hafen von Genua vorgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf "Genua im Urteil von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg" (1750-1819), der sich in seiner "Reise in Deutschland, der Schweiz, Italien und Sicilien in den Jahren 1791-92" längere Zeit in Genua aufhielt.

"Genua führt den Beynamen la Superba mit Recht. Sie verdient ihn so wohl wegen der prächtigen Lage, als wegen der herrlichen Paläste" (Volkmann). Berühmt ist der Blick vom Meer aus, der den halbkreisförmigen amphitheatralischen Aufbau der unmittelbar am Meer gelegenen See- und Handelsstadt zeigt. "Ihre Lage ist prächtig, und nach der von Neapel unstreitig die schönste in Europa," liest man in Volkmanns Reiseführer, und bei Guy de Maupassant: "Einer der schönsten Anblicke, die einem diese Welt zu bieten hat: Genua vom hohen Meer aus." In den verschiedensten Perspektiven und zu allen Tages- und Jahreszeiten wird der Hafen mit seinen Schiffen, dem bunten Menschengewühl und geschäftigen Treiben vorgestellt.

Genuas Paläste gelten für die prächtigsten in Italien, weltberühmt ist der Palast der Doria, der von seinem Garten aus "die schönste Aussicht über den Hafen und in's Meer" bietet. Touristenattraktionen wie der Leuchtturm mit seiner "Schneckentreppe von 312 Stufen" werden ausführlich in Bild und Text vorgestellt. Zur Sprache kommen das Arsenal mit seinen Galeerensklaven, berichtet wird von Festivitäten wie der "Erleuchtung" mit Feuerwerk (Girandola) und Kanonade oder der Eröffnung von "Ponte Federico Guglielmo" in Gegenwart des deutschen Kaisers 1905. Berichtet wird aber auch von den engen und verdreckten Gassen, der Armut des Volkes wie dem Niedergang der einst mächtigen Republik, die mit Venedig um die Beherrschung des Mittelmeers konkurrierte, abzulesen am Verfall ihrer Paläste. Weitere Seiten sollen dies ausführlicher behandeln.

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Gliederung

1. Bilder und Texte
2. Genua im Urteil von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg
3. Rechtlicher Hinweis und Kontaktanschrift

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1. Bilder und Texte

Die Sammlung der Bilder und Texte wird durch Zwischenüberschriften lose gegliedert. Rechtschreibung und Zeichensetzung nach Vorlage.

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Oben: Genova. Adressseite: Istituto Geografico. Del. Dott. G. De Agostini & C. Roma. Alte Postkarte, nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
Unten: Genova. Alte Postkarte, ohne weitere Angaben. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.

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Genua (ital. Genova), Hauptstadt des zu Sardinien gehörigen Herzogthums gleichen Namens, an einem nach ihr benannten Meerbusen des mittelländ. Meeres, gewährt namentlich von der Meeresseite einen herrlichen Anblick. Die Stadt liegt dicht am Meere, in einem Halbkreise von beinahe 2000 Klaftern Länge und erhebt sich amphitheatralisch auf mehren Hügeln; zwei gewaltige Hafendämme (Molo) reichen ins Meer hinein, und ein hoher Leuchtthurm zeigt den Schiffern des Nachts den Weg nach dem Hafen. Bis zu einem Umkreise von vier Stunden ist die Stadt mit Festungswerken umgeben. Die Straßen sind, mit Ausnahme dreier: der Straße Balbi, der Strada nuova und Strada novissima, eng, winklich und steil, sodaß man sich weniger der Kutschen und Pferde als der Sänften bedient. Die flachen Dächer der Häuser sind, wie auch anderwärts in Italien, mit Blumen und Orangenbäumen besetzt.

G.'s Paläste gelten für die prächtigsten in Italien und sind zum Theil sehr geräumig. Die Außenseite mancher unter ihnen ist mit Frescomalerei, zum Theil von ausgezeichneten Meistern, geschmückt, die sich unter dem herrlichen Klima Jahrhunderte lang erhalten hat. Glanz und Prunksucht scheinen jedoch im Allgemeinen den Genuesern bei ihren Bauwerken mehr gegolten zu haben als großartige Einfachheit. Jetzt stehen die meisten Paläste verödet da. Im weltberühmten berühmten Palaste der Doria wächst auf dem Hofe Gras. Die Gemälde, Vergoldungen, Arabesken, voll Staub, Motten und Schmuz zeigen zugleich G.'s vormaligen Glanz und wie tief es herabgesunken ist. Unter den Palästen sind der Durazzo, Carrego, Spinola, Doria, Balbi, Brignole die bedeutendsten; im alten Palaste der Dogen hält jetzt der Senat seine Sitzungen.

Unter den Kirchen gehört die des heil. Lorenz, mit dem bekannten Abendmahlgefäße, das, der Sage zufolge, von der Königin von Saba dem König Salomo geschenkt worden sein soll, zu den schönsten Kathedralen Italiens. Von den zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten kann das Panuanatore-Hospital 700 Kranke aufnehmen, und das Militairkrankenhaus nicht weniger als 1000. Das Carlo-Felice-Theater ist nächst dem San-Carlo in Neapel und Della Scala in Mailand das größte in Italien. Die Börse ist ein Prachtgebäude und war die erste in Europa gegründete. G. hat ein Universitätsgebäude, das ganz einem oriental. Palaste gleicht; die Hörsäle sind mit Gemälden ausgezeichneter genues. Meister geschmückt, doch steht diese wissenschaftliche Anstalt keineswegs in Blüte; dagegen ist die Marine- und Navigationsschule stark besucht, und auch die Akademie der Tonkünste hat zahlreiche Schüler. – Noch ist der Bagno zu erwähnen, der sich in dem alten Arsenale befindet. Da, wo die Galeeren ausgerüstet wurden, welche den Venetianern die Herrschaft über das Meer streitig machten, rasseln im 19. Jahrh. 700 Verbrecher mit ihren Ketten.

G. hat jetzt noch zwischen 80–90,000 Einw., die sich durch Kunstliebe, Freisinnigkeit und Liebe zu den Wissenschaften vor der Mehrzahl der übrigen Italiener auszeichnen; die im Allgemeinen schönen Frauen wissen den ihnen eigenthümlichen weißen Schleier, Mezzaro genannt, der Gesicht, Schultern und Arme nur leicht bedeckt, während der Spaziergänge auf den weit ins Meer hinausragenden Hafendämmen, auf den langen Quais, dem Acqua verde u.s.w. mit so vieler Grazie zu tragen, wie die Spanierinnen ihre Mantilla.

G. ist ein Freihafen und hat noch immer bedeutenden Handel, besonders nach der Levante; es laufen jährlich zwischen 2–3000 Schiffe in den Freihafen ein, die theils fremde Waaren bringen, theils die Producte der Umgegend, Wein, Oliven, Feigen u.s.w., theils Producte genues. Gewerbthätigkeit ausführen, welche die bedeutenden Seiden- und Sammtfabriken liefern. Auch golddurchwirkte Stoffe, Goldschmiedearbeiten, Parfumerien, künstliche Blumen u.s.w. werden in großer Anzahl verfertigt.

Nur wenige Städte sind so sehr den Launen des Schicksals unterworfen gewesen als G., diese uralte Stadt der Ligurer, welche im Mittelalter mit Recht den Beinamen der stolzen (la superba) erhielt. Schon im hohen Alterthume eine blühende Handelsstadt, wurde sie von den Karthagern, die von ihr benachtheiligt zu werden fürchteten, während des zweiten punischen Krieges gänzlich zerstört, wegen ihrer vortheilhaften Handelslage jedoch von den Römern wieder aufgebaut, unter deren Schutze sie wuchs, gedieh und reich ward, bis sie, als das abendländische Reich zertrümmert und eine Beute der einstürmenden Barbaren wurde, den jedesmaligen Herren Oberitaliens zufiel. Karl der Große nahm sie endlich den Longobarden ab. Allmälig hob sie sich wieder, aber nur, um in der Mitte des 10. Jahrh. von den Arabern beinahe ebenso wie früher von den Karthagern ihrem gänzlichen Ruin nahe gebracht zu werden. Durch die Thätigkeit und Umsicht seiner Bewohner blühte aber G. nochmals empor, sodaß es von den deutschen Kaisern, den damaligen Oberherren Italiens, unabhängig wurde und eine eigne Republik (1099) grade zu derselben Zeit bildete, als die Kreuzzüge Abendland und Morgenland in Bewegung und in einen so regen Verkehr brachten, wie die Welt ihn seit Jahrhunderten nicht gesehen hatte.

Die Genueser wurden, gleich Venetianern und Pisanern, reich durch die Schiffahrt nach dem Oriente, wohin sie die Kreuzfahrer auf ihren Fahrzeugen führten; sie trieben Rhederei im ganzen Mittelmeere; allmälig kam der größte Theil des levant. Handels in ihre Hände und sie wurden so mächtig und reich, daß sie nicht nur auf dem ital. Festlande Landschaften wie Montserrat, Nizza, einen Theil der Provence, Monaco eroberten und behaupteten, sondern auch Inseln, wie Elba und Malta, selbst Corsica, Sardinien und Syrakus [und] selbst Sicilien besetzten, glückliche Kriege gegen ihre Nebenbuhlerin Pisa führten und im 13. Jahrh. Niederlassungen am schwarzen und asowschen Meere gründen konnten, wo Kaffa oder Feodosia ihr Hauptstapelplatz war. Damals, als G. Zoll- und Handelsfreiheit im byzantin. Reiche hatte, als eine der Vorstädte Konstantinopels, Pera, ihm abgetreten worden war und sein Gesetz dort galt, als es den Welthandel zwischen Orient und Occident vermittelte, als seine Flagge das mittelländ. und schwarze Meer beherrschte und genuesische Handelscomptoire in allen Häfen die bedeutendsten Geschäfte machten, damals stand es auf dem höchsten Gipfel seiner Macht.

Aber schon begann der Verfall; denn ein mit längern oder kürzern Unterbrechungen mehr als 100 Jahre dauernder Krieg (von 1250–1381), den es mit Venedig um die Oberherrschaft des Meeres führte, schwächte seine Macht; die Streitigkeiten zwischen Guelfen und Ghibellinen, welche Italien Jahrhunderte lang zerrütteten, hatten auch auf G. nachtheiligen Einfluß. Obgleich G. den langen Kampf gegen die Venetianer bestand, ohne zu unterliegen und sogar die blühende Insel Cypern eroberte, so ward es doch durch die steten Anstrengungen und Fehden allmälig schwächer, und es mußte ihm daher um so empfindlicher sein, daß es seit der Mitte des 15. Jahrh. seine Besitzungen am schwarzen und asowschen Meere an die Türken verlor. Zugleich erloschen auch die bisherigen Privilegien im byzantin. Reiche, das um dieselbe Zeit eine Beute jener Asiaten ward, und zu Ende des 15. Jahrh. ward der Seeweg nach Ostindien gefunden, wodurch der Welthandel, dessen Vermittler bisher die Italiener gewesen waren, in die Hände der Portugiesen kam. Amerika ward entdeckt und lenkte die Blicke von ganz Europa auf sich; der Handel nach der unruhigen Levante ward immer schwächer. Zu alledem kamen nun noch zwischen den großen Familien der Stadt die innern Streitigkeiten um die Herrschaft, sodaß es an Einigkeit fehlte, die doch allein Macht gibt. Diesen Zwiespalt benutzten die Fremden; G. ward ein Spielball in den Händen Frankreichs und der Mailänder, denen es Ludwig XI. als Lehen zu übertragen wagen durfte. Wenn es auch durch den großen Andreas Doria 1528 wieder frei und seine alte Verfassung wiederhergestellt wurde, so gewann es doch nie sein früheres Ansehen wieder. Es trat in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. Corsica an Frankreich für Geld ab. Als die Truppen der franz. Republik sich G. näherten, erhob sich die demokratische Partei gegen die Aristokraten und ward von den Franzosen unterstützt; die Verfassung ward demokratisch und G. zur Hauptstadt der ligurischen Republik erklärt. Eine Zeit lang von den Östreichern, 1799, besetzt, nach der Schlacht von Marengo wieder verlassen, ward es 1804 Frankreich einverleibt, 1814 von den Engländern besetzt und durch den wiener Congreß dem Könige von Sardinien zugesprochen. Der freie Transit durch die sardin. Staaten, der Freihafen und ein Schatten von repräsentativer Regierung sind die Überreste der alten Unabhängigkeit, welcher G. Glanz, Reichthum und Macht verdankte.

Quelle:
Bilder-Conversations-Lexikon. 1. Auflage Leipzig: F. A. Brockhaus 1837 – 1841. Neusatz und Faksimile. (Digitale Bibliothek; 146) Berlin: Directmedia 2006, S. 4997-5003.

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1. Karte von oben: Ricordo di Genova. Carlo Ottavo Hayd, Monaco (Baviera) No 1016 dep. Rappresentante Fratelli Micotti, Milano. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
2. Karte von oben: Ricordo di Genova. La Lanterna. Genova Teatro Carlo Felice. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
3. Karte von oben: Lanterna di Genova. Stab. FLLI Tensi. Milano. Gelaufen. Adressseite ungeteilt.
4. Karte von oben: Un Saluto da Genova. Adressseite, Signet: Löwe mit Schild, Inschrift: BB. Darunter: Barberis & Blundo Genova. 113. Gelaufen, Stempel: Esposizione Internationale - Genova 1914 - Igiene Marina Colonie. Poststempel 1914.

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Genua liegt an einem Berge in der Form eines Amphitheaters, welches sich nach der Krümmung des Meeres richtet. Ihre Lage ist prächtig, und nach der von Neapel unstreitig die schönste in Europa. Wenn man in Genua von der Seite der Vorstadt S. Pietro d'Arena anlangt, so scheint die Stadt gleichsam aus dem Meere hervor zu steigen, und sich immer mehr zu erheben, je näher man dem Hafen kommt.

Es verlohnt sich der Mühe, um diese herrliche Lage der Stadt recht zu beurtheilen, daß man solche aus drey verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet, nämlich einmal von der Seeseite, indem man mit einer Barke eine oder zwo Meilen weit in die See fährt, zum andern von der Höhe des Leuchtthurms oder des Pharus, und zum dritten, von der Spitze des Berges, an dessen Fuß Genua liegt. An dem Orte, wo sich dieser Berg, welcher von Scrivia an bis auf zwo Meilen gegen das Meer geht, gleichsam in zween Theile oder Arme theilet, liegen die Schanzen, der Diamant, die beyden Brüder, und der Sporn, die letztere liegt an der Spitze, und von dieser hat man über die Stadt, über die schöne umliegende Gegend, und über das grenzenlose Meer die reizendste Aussicht.

Genua führt den Beynamen la Superba mit Recht. Sie verdient ihn so wohl wegen der prächtigen Lage, als wegen der herrlichen Palläste, womit die Straße Balbi und Strada nuova prangen, die platten Dächer mit Gallerien geben ihr ein artiges Ansehen. Die ungleiche Lage hat die Besitzer oft genöthiget, zur Befestigung des Grundes ihrer Häuser große gewölbte Bogen aufzuführen, welche oben vor ihren Häusern eine platte Terrasse formiren, diese sind mit Pomeranzen- und andern Bäumen besetzt, und haben das Ansehen kleiner Gärten. Wenn man sie in der Entfernung aus der See siehet, geben sie der Stadt einen theatralischen Prospekt, und man kann sich gleichsam die schwebenden Gärten der Königinn Semiramis dabey vorstellen. [...]

Der Hafen von Genua macht einen halben Circul, welcher tausend Klaftern im Durchmesser hat. Um denselben ist die Stadt gebauet, welches einen Umkreis von achtzehnhundert Klaftern ausmacht. Der Hafen wird durch zween starke Dämme (moli) gedeckt. Einer liegt gegen Morgen, und heißt Molo vecchio. Der andere, Molo nuovo, erstreckt sich gegen Abend, oder auf der Seite von S. Pietro d'Arena. Schiffe von achtzig Kanonen können hier einlaufen, und sich in den Winkel des Molo legen. Die Oeffnung des Hafens zwischen diesen beyden Dämmen beträgt dreyhundert und funfzig Klaftern. Sie ist für den Südostwind (Libeccio) nicht sicher. Bey großen Stürmen aus dieser Gegend werden die Schiffe gewaltig hin und her geworfen, und zuweilen von ihren Ankern losgerissen, woraus vieler Schaden entsteht. Die Handlung wird dadurch unsicher gemacht, ja sie würde vielleicht weit ansehnlicher seyn, wenn der Hafen an sich für alle Winde gedeckt, und das Einlaufen nicht so unsicher wäre.

Die Einfahrt ist zwar groß genug, den Schiffern aber gleichwohl sehr gefährlich, wenn sie nicht wohl auf ihrer Hut sind, und die Richtung des Schiffes vom Morgen gegen Abend nehmen. Man hat schon viele Projecte gemacht, um wenigstens dem größten Theile des Uebels abzuhelfen, und den Schiffen im Hafen selbst Sicherheit zu verschaffen. Zu dem Ende soll der neue Molo noch um hundert Klaftern in die See hinein geführt werden, weil dieses aber große Kosten erfordert, so ist es bisher unterblieben, und dürfte auch wohl so bald nicht geschehen. [...]

Die Laterne oder der Pharus ist ein hoher Thurm, dessen Fundament ein altes Kastell ist, welches Ludwig XII von Frankreich bereits anlegen lassen. Er ist dreyhundert und sechs und sechzig Stufen hoch. Es brennen alle Nächte sechs und dreyßig Lampen in einer großen Laterne darauf, welche von weitem als ein großes Licht aussehen, und den Schiffen zum Wahrzeichen dienen. Wenn die Wächter am Tage von der Höhe des Thurms ein Schiff in der See entdecken, hängen sie eine Kugel, sehen sie zween, so hängen sie zwo aus. Zeigen sich mehr als fünfe, so wird ein Pavillon ausgesteckt, zum Zeichen, daß eine Escadre in der Nähe ist. Auf diese Weise wissen die Genueser alle Mal, ob bald Schiffe ankommen werden, oder nicht. So bald Nachricht einläuft, daß sich eine Escadre von Kriegsschiffen im mittelländischen Meere befindet, werden alle Batterien mit Kanon bepflanzt.

Man hat von dem Pharus eine herrliche Aussicht. Der Wärter desselben verfertigt Fernröhre zum Verkauf, deren man sich hier bedienen kann.

Quelle:
Historisch-kritische Nachrichten von Italien, welche eine Beschreibung dieses Landes, der Sitten, Regierungsform, Handlung, des Zustandes der Wissenschaften und insonderheit der Werke der Kunst enthalten, von J[ohann] J[acob] Volkmann. Dritter und letzter Band. 2. Aufl. Leipzig, bey Caspar Fritsch 1772. S. 852-856, 886 f. Digitalisiert durch Google.

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Panoramakarten

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Genova. Stengel & Co., Dresda. Ser. III. 11495 - Dreiteilige Panoramakarte. Nicht gelaufen, Adressseite ungeteilt.

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1. Karte von oben: Genova - Panorama dal mare. Adressseite: Stampato dalla Ditta. Stengel & Co., G.m.b.H., Dresden. No. 58. Gelaufen, Stempel: Esposizione Internationale - Genova 1914 - Igiene Marina Colonie. Poststempel 1914
2. Karte von oben: Genova. Panorama del Porto. Gelaufen. Datiert und Poststempel 1902. Adressseite ungeteilt.
3. Karte von oben: Genova. Panorama dal Porto (E. Ferro) 228. Nicht gelaufen.
4. Karte von oben: Genova. Panorama (E Ferro) 120. Nicht gelaufen.

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Alter Leuchtturm und Molo Vecchio
mit Blick auf Hafen und Küste

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1. Karte von oben: Genova - Panorama. Adressseite, Signet AP im Kreis. 073246 Ediz. A.P. Zürich. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: 7. Faro vecchio - Genova. Signet: MS St auf Schild [M. Seeger, Druck und Verlag, Stuttgart] Signiert im Bild: P. Schmohl. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
3. Karte von oben: Genova. Antica Porta del Molo Vecchio. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
4. Karte von oben: Genova - Veduta dal Molo Vecchio. Adressseite: B. & C., Zürich. Nicht gelaufen.

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Der herrliche Prospekt, den Genua von der Seeseite gewährt, und womit die Einwohner groß thun, ist viel zu theuer durch die große Unbequemlichkeit ihrer engen und stinkenden Gassen erkauft, welche aus der Lage ihrer Stadt entsteht. Der Raum, den sie einnimmt, ist ein schmaler Erdstrich, der sich zwischen den Gebirgen und dem Seeufer befindet. Er formirt einen halben Zirkel um den Hafen, und ist so schmal, daß ein großer Theil der Stadt an den Abhang dieser Berge selbst gebaut ist, welches denn den amphitheatralischen Anblick verursacht. Es sind nur einige wenige Straßen, wo man reiten oder fahren kann; in allen andern ist kein Fuhrwerk zu gebrauchen. Selbst die prächtige Straße, Strada nuova, welche aus vierzehn Palästen besteht, hat diese Unbequemlichkeit, ob sie gleich eine der breitesten der Stadt ist. Die Visiten des Adels werden daher in Portechaisen gemacht, mit dem Unterschiede, daß man sich blos bey schlechtem Wetter hineinsezt, sonst aber beständig sie ledig hinter sich hertragen läßt. Die Damen haben dabey den Vortheil, daß sie immer von Cavalieren begleitet sind. So wie diese, sind sie schwarz gekleidet, wodurch sie sich von dem bürgerlichen Frauenzimmer auszeichnen, das diese Erlaubniß nicht hat, auch nicht haben mag, da sie den Putz so sehr einschränkt; obgleich jedermann, der nicht zum Pöbel gehört, oder gehören will, sowohl wie der Adel, schwarz gekleidet ist, wie ich bereits gesagt habe.

Quelle:
England und Italien von J[ohann] W[ilhelm] von Archenholtz. Tl. 4. Leipzig, im Verlage der Dykischen Buchhandlung 1787, S. 178f. Digitalisiert durch Google.

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Genua liegt hart am Fusse des Gebirgs, das hier zwei niedrige Vorsprünge in's Meer treten lässt. Zwischen diesen Vorsprüngen wogt das Meer und um dasselbe her in einem Halbmond steigt die prächtige Stadt am Abhang hinauf. Wo die Stadt aufhört, beginnen die grünenden Gärten mit den Landhäusern der reichen Genueser. Die Hauptmasse der Häuser liegt am östlichen Rande der Bucht  und dort am Abhang des Hügel-Vorsprungs hinauf, auf dessen Spitze die Kirche Carignano sich erhebt. Auf der äussersten Spitze des Hügels am westlichen Rande der Bucht gegen das Meer zu steht der hohe runde scharfgespitze Leuchtthurm auf Felsengrund, die kommenden Schiffer auf hoher See in finsteren Nächten zurecht zu weisen; und zwischen dem Leuchtthurm und jenem östlichen Hügel wird die ganze grosse Bucht vom Hafen eingenommen, der mit unzähligen Masten prangt. Der Hafen ist rund wie ein Kessel und außerordentlich gross. Hunderte der grössten Kriegsschiffe hätten in seinem Innern Raum. Doch ist seine Südseite, wenn gleich durch zwei in's Wasser gebaute Dämme etwas geschützt, immer noch zu sehr offen gegen das Meer, um bei Südstürmen den Schiffen hinlängliche Sicherheit zu gewähren. Hohe Wogen schlagen dann oft herein, werfen die Fahrzeuge, die beisammen liegen, an einander, und zerschmettern sie wüthender als auf der offnen See. Man verlängerte und verstärkte seit 1829 den einen Damm, um den Hafen besser vom Meere abzuschliessen. Gelingt dieses Werk, wie man erwartet, so wird der Hafen von Genua einer der besten von Europa werden, wie er einer der schönsten und prächtigsten ist.

Quelle:
Christian Kapp: Italien. Schilderungen für Freunde der Natur und Kunst. Berlin, bei G. Reimer 1837. S. 22f. Digitalisiert durch Google.

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Der Hafen
mit dem neuen Leuchtturm

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1. Karte von oben: Un saluto da Genova. Panorama del Porto. Adressseite: Varietas Genova. Keine weiteren Angaben. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: Genova. Panorama. Studio. Artist. Atelier H. Guggenheim & Co., Editeurs, Zürich No. 1466 a Dép. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt. - Zum Lithografen Hermann Guggenheim (1864-1912) siehe den Eintrag in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Guggenheim_(Lithograf)
3. Karte von oben: Ohne Titel. Adressseite: Genova - Studio. 63458. Signet. "Grafia" - Sezione Edizioni d'Arte - Roma. Nicht gelaufen.
4. Karte von oben: Genova - Il porto. Signet (Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf). 8707 Edit. Brunner & C., Como. Signet im Briefmarkenfeld. Nicht gelaufen.
5. Karte von oben: Genova - Il Porto da Castelletto. Stampato dalla Ditta. Stengel & Co., G.m.b.H., Dresden. No. 17. Nicht gelaufen.

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Herrlich ist die Aussicht von den Balconen der Wirthshäuser am Hafen, dessen außerordentliche Regsamkeit uns jeden Augenblick mit neuen Scenen unterhielt, während freilich das immerwährende Pochen und Hämmern, Schreien und Klopfen uns Tag und Nacht keine Ruhe gönnte; indeß der Anblick des endlosen Meeres, des langgestreckten Küstensaumes nach Frankreich hin und der beiden vorragenden grünen Gebirgsspitzen, die mit dem Mole den Hafen bilden, vom reinsten Glanze der Sonne erleuchtet, erfüllte unsere Seele mit steter Heiterkeit und Bewunderung. [...]

Den Abend vor unserer Abreise aber wandte sich alles nach dem Hafen; schon seit zwei bis drei Tagen hatte man große Vorbereitungen zu einer Erleuchtung getroffen, und das Verdeck einer alten ungeheuern Galeere der ehemaligen Republik zu einem dreifachen Prunksaale eingerichtet, und wir hofften, es sollte wirklich etwas Außerordentliches geben. Auch war der Abend wunderschön, der Himmel breitete sein dunkelblaues Gewölbe in reiner Klarheit über die ruhige Spiegelfläche des Meeres, Heiterkeit und Stille schwebten über ganz Genua. Gegen die Zeit des Avemaria verfügte sich der König in Begleitung eines glänzenden Gefolges, und die Königin, umgeben von einer Menge seltsam ausgeschmückter Hofdamen, nach dem Hafen. Das Gedränge des Volkes war ungeheuer, Soldaten standen überall am Hafen in Ordnung aufgestellt und riefen nach dem Commando: "eh viva il re", worauf das andere Lumpengesindel auch an zu quäken fing, ein kräftiges Volksgeschrei hörten wir nirgends.

Wir standen auf dem Dache des Albergo della Villa und überschauten das Ganze aufs Beste. Im Hafen sahe man die gewaltigen Dreimaster in der größten Parade vor Anker liegen; alle Flaggen waren aufgezogen, alle Wimpel weheten und die Matrosen hingen an den Tauen. Sobald die Majestäten ausgestiegen waren, sich an Bord der Galeere verfügt hatten und anfingen vom Lande zu stoßen, wurden sie von den Kriegsschiffen, und was sonst Geschütz am Bord hatte, mit einer gewaltigen Kanonade begrüßt, und der Rauch wälzte sich erst weit hin auf der See und stieg dann hoch in die Lüfte.

Nachdem es Nacht geworden war, schlang sich um den Saum des Hafens ein strahlender Lichtkranz, der Palast des Andrea Doria brach in hellen Flammen aus und die Galeere des Königs blitzte wie lauter Edelsteine; man musicirte, tanzte und speisete unter dem luftigen Baldachin auf den stillen Fluten. Hierauf stieg in der Nähe des Palastes des Doria, über dem Meere, eine Girandola oder Feuergarbe, dergleichen sich zweimal im Jahre von Castell Sant Angelo in Rom erhebt, mit unglaublicher Majestät in die Luft, und goß über den Nachthimmel einen brennenden Glutstrom aus; die See aber fing an im Wiederschein wie entzündeter Weingeist zu leuchten und die mächtige Hellung eröffnete einen bläulichen Schlund voll mannigfaltiger Lichter auf der Oberfläche des Meeres, und mit doppelter Pracht drang Feuer, Rauch, Glanz und Flamme zum Himmel hinauf, und durch die grünen Wogen in den Abgrund der See hinunter. Die Kriegsschiffe hatten ihr Takelwerk mit unzählig vielen Leuchtkugeln behangen, und, durch Hülfe eines unsichtbaren Lauffeuers entzündet, sah man plötzlich , mit feenhaftem Zauber, auf den dunklen Beherrschern des Oceans hohe Mastbäume von Opal, Smaragd und Rubin riesenhaft emporwachsen, ihre mit tausend blitzenden Edelsteinen leuchtenden Aeste ausbreiten und sich mit diamantenen Tauen umwinden. Wahrlich man konnte sich des Gedankens kaum enthalten, daß uns Ariost, auf den Flügeln seiner Phantasie, nach dem Eilande der Alcina entrückt habe. Ueberdieß lag beim Eingang des Hafens am Molo eine Fregatte, die aus finsterem Rachen Congrevsche Brandraketen auswarf; sie flogen, wie Cometen, zugleich über und unter der See mit strahlenden Schweifen, auf eine wilde Weise heulend über Hafen, Stadt und Berg hinweg, und gewiß man konnte nichts erstaunenswürdigeres sehen.

Quelle:
August Wilhelm Kephalides: Reise durch Italien und Sicilien. Zweiter und letzter Theil. Leipzig, bey Gerhard Fleischer d. Jüng. 1818. S. 271f., 276f. Digitalisiert durch Google.

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Oben links: Genova - La Laterna. Adressseite: L. Grassi & C. Milano. 10. Signet LGM im Briefmarkenfeld.
Oben rechts: Genova. Edit. J. Velten Karlsruhe. Lit. E. Nister Nürnberg. Im Bild signiert: Manuel Wielandt. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt. - Zum Maler Manuel Wielandt (1863-1922) siehe den Eintrag im Künstlerverzeichnis von Antiquitäten Heller Bayreuth.
http://www.antikbayreuth.de/kuenstlerverzeichnis/Kunstler_T-Z/Wielandt__Manuel_1863/wielandt__manuel_1863.html
Mitte links: Genova. La Lanterna. G. Mondiano & C. - Milano. 444. Gelaufen. Datiert 1898. Poststempel unleserlich. Adressseite ungeteilt.
Mitte rechts: Genova - La Lanterna. Un Saluto da Genova. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.
Unten: Genova. Panorama della Lanterna. Signet. Dr. Trenkler & Co., Lipsia. 16740. Nicht gelaufen. Adressseite ungeteilt.

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Man fährt in das wunderbar geschützte, geräumige Becken des Außenhafens ein, wo eine ganze Flotte arbeitsuchender Schlepper kreuzt.  Nachdem man den östlichen Damm umfahren hat, befindet man sich im eigentlichen Hafen, der von zahllosen Schiffen bevölkert ist, diesen hübschen Schiffen des Südens und des Orients in ihrer reizvollen Mannigfaltigkeit - Tartanen, Mahonnen und Balancellen, deren Bemalung, Takelage und Masten von ungeahnter Phantasie zeugen. Blaugoldene Madonnenstatuen, Heilige, bizarre Figuren von Tieren, die auch als heilige Schutzpatrone angesehen werden, bilden die abwechslungsreiche Zier.

Diese ganze Flotte der heiligen Jungfrauen und Talismane ist längs der Kais aneinandergereiht, ihre ungleichen, spitzen Nasen sind der Mitte des Beckens zugekehrt. Dann erscheinen in Reih und Glied mächtige Dampfschiffe aus Eisen, schlank und hoch, mit riesenhaften und doch feinen Formen. Unter diesen Pilgern des Meeres gibt es auch noch ganz weiße Segelschiffe, große Dreimaster oder Briggs, gleich Arabern in leuchtendes Weiß gehüllt, über das die Sonne gleitet.

Wenn es nichts Schöneres geben kann als die Zufahrt zu diesem Hafen, so auch nichts Schmutzigeres als den Zugang zu dieser Stadt. Der Boulevard am Kai ist ein Morast von Unrat, und die engen, originellen Gassen, die sich wie eingequetschte Korridore durch die überhohen Häuserzeilen winden, strömen einen so pestilenzialischen Gestank aus, daß man ständig mit aufsteigender Übelkeit zu kämpfen hat. [...]

Einer der schönsten Anblicke, die einem diese Welt zu bieten hat: Genua vom hohen Meer aus.

In der Tiefe der Bucht erhebt sich die Stadt, wie aus den Fluten steigend, am Fuß des Gebirges. Längs der beiden Küstenstreifen, die sich um sie runden - als wollten sie sie einschließen, sie behüten und liebkosen, möchte man sagen -, spiegeln fünfzehn kleine Städte wie nachbarliche Dienerinnen ihre hellen Häuser im Wasser. Es sind - links von ihrer großen Schutzherrin - Cogoleto, Arenzano, Voltri, Pra, Pegli, Sestri-Levante, San-Pier d'Arena; und rechts: Sturla, Quarto, Quinto, Nervi, Bogliasco, Sori, Recco und Camogli - letzter weißer Fleck am Cap von Portofino, das die Bucht im Südosten abschließt.

Quelle:
Guy de Maupassant: Die Irrfahrten des Herrn de Maupassant (La Vie Errante) mit einem Essay von Friedrich Sieburg (Bibliothek klassischer Reiseberichte) Stuttgart: Steingrüben 1967, S. 56, 55.

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Der Hafen

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1. Karte von oben: Genova - Nel Porto. Adressseite: 43008. Nicht gelaufen. Keine weiteren Angaben.
2. Karte von oben: Genova - Navi in porto. Adressseite: Signet AP im Kreis. Ediz. A.P. Zürich 076790. Nicht gelaufen.
3. Karte von oben: Genova - Il Porto. Adressseite: 7708 VAT. Gelaufen. Poststempel 1913.
4. Karte von oben: Genova - Il Porto. Adressseite: 29099 - G.P.M. - E.B.G. - 31. Nicht gelaufen.
5. Karte von oben: Genova - Il Porto. Adressseite, Signet: Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf. 30 B. & C., Zürich [Brunner & Co., Zürich] Nicht gelaufen.
6. Karte von oben: Genova - Porto. Adressseite: 4867. Gelaufen. Datiert und Poststempel 1911.
7. Karte von oben: Genova - Il Porto. Adressseite: 4877. Gelaufen. Datiert und Poststempel 1911.
8. Karte von oben: Genova - Porto. Adressseite, Signet: Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf. 30-29 Edit. Brunner & Co., Como. Signet auch im Briefmarkenfeld. Nicht gelaufen.
9. Karte von oben: Genova. Il Porto. Adressseite, Signet PEM 1039. Nicht gelaufen.

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Man war eben beschäftigt, eine große Ladung Früchte nach der Stadt zu Wasser zu schaffen, und ich benützte die Gelegenheit um so mehr, da niemand, der Genua besucht, versäumen darf, wenigstens eine Strecke über den Hafen hinaus in die freye See zu fahren, um den großen Totaleindruck des Ganzen aufzufassen. Ein frischer Hauch der Lüfte schwellte bald unser Segel und trieb uns über die leichtgefurchte Fläche hin; die Stadt enthüllte unvermerkt ihre Reize; schon sahen wir die Einfahrt des Hafens zwischen den beiden Schloßthürmen, welche ihn decken; die ganze mächtige Ringmauer der Küste erschien in ihrer Pracht, und an ihrem Fuß die über einander hinlaufenden Linien der Palläste und Häuser, die weitausgedehnten doppelten Fortifikationen, der dunkle Saum der Gärten, und das braunfarbige versengte Gebirg.

Endlich erschienen auch wieder die Schiffe im Innern des Hafens sammt ihren wehenden Wimpeln von allen Formen und Farben, man sah wieder in das bunte Menschengewühl hinein, wo das seltsame Volk der Matrosen, deren nackte braungebrannte Körper meistens nur in blaugestreiften Pluderhosen mit Weste und rothen Sackmüzzen stacken, sein Wesen trieb; man hörte wieder das Gewirr fremder Sprachen. Ladungen zum Theil seltener ausländischer Produkte und Waaren wanderten von Bord zu Bord - es war mir in diesen Augenblicken zu Muthe, als ob ich in den Hafen eines andern Welttheils einliefe. Aus dem Hafen führen mehrere Thore in die Stadt, und von diesen Treppen auf die Mauern und Wallgänge des Molo, welche nach vielen rechtwinklichten Brechungen zur Mündung und dem Wachthurm des Hafens hinausführen. [...]

Ich weilte noch so lange, bis der Custode die Oellampen angezündet hatte, deren 25 mit Blenden versehen und de 5 über einander an eisernen Stäben wie ein glänzender Schild ihre Strahlen gegen die vordere Hälfte der Kuppel werfen, und erreichte hierauf die harrende Barke wieder, als eben der Kauffahrer wie eine Lufterscheinung, bei schlaffen Seegeln aus dem Hafen bougsirt wurde. Ihm voran bemerkte man, wie einen schwärzern Punkt, das bemannte Boot, welches am langen Schleppthau ihn nachzog. Unter dem gleichzeitigen Schlage der beiden Ruder, welche mein Barkarole mit kräftigen Händen führte, hatten wir ihn bald erreicht, und waren nun dem hohen Reisenden fast muthwillig bald rechts bald links zur Seite. Nur ein Lichtpunkt bewegte sich auf dem Schiffe hin und her, auf welchem sonst kein Leben zu athmen schien. Endlich aber kam doch jemand, der uns bemerkt hatte, und rief uns einige unverständliche Worte zu, welche wir mit einem Glückwunsch zur Reise erwiederten. Der Kauffahrer hatte eine Ladung Reis, welcher zur Zeit stark nach Portugall ausgeführt wurde.

Unterdessen waren die Pulse des Elementes fühlbarer geworden, denn schon hatten wir uns ein Paar Miglien aus dem Hafen entfernt, und das Auf- und Niedertauchen der aus der hohen See daher ziehenden Furchen bewegte unscheinbar und in langsamen Wallungen allmählich unser Boot. Es war die Mahnung zur Rückkehr. Wenige Minuten brachten unsren Gefährten aus unsrem Gesichtskreis, die Wachthürme an der Mündung schwebten an uns vorüber, wir ruderten wieder im Angesichte der Stadt, an den Reihen der ausruhenden Schiffe fremder Länder und Welttheile vorüber, die lieblich schwermüthigen Molltöne des Schiffers aber begleiteten tacktmässig seine Doppelruderschläge, bis endlich die düster überschattenden Dämme und Wälle wieder über uns auftauchten.

Quelle:
Ludwig Würth: Spaziergang an das Mittelmeer. Mit malerischen Ansichten, und einem Reiseplan in zwei Blättern, I. durch die Schweiz nach Genua, II. von Venedig über Triest durch die Steyermark, das Salzkammergut und Salzburg. Nürnberg: Riegel und Wießner 1829, S. 245-247, 250f. Digitalisierung durch Google.

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Die Besteigung des Leuchtthurmes ist so wenig eine Annehmlichkeit, als das Hinaufklettern zur Peterskuppel; ich habe die Stufen nicht gezählt, will es aber gerne glauben, daß es ihrer dreihundertfünfundsiebenzig seien. Die Fernsicht von der Laterne des Thurmes entschädigt freilich hundertfach die Mühe des Steigens. Ich meinerseits war so entzückt über die herrliche Aussicht auf das stolze Genua, daß ich ausrief: "Das ist ja noch schöner, als in Neapel!" In der That hat die amphitheatralische Lage der Stadt mit ihren übereinander gethürmten Palästen und Kirchen, der großartige, fast eine Stunde lang im Halbkreis sich dehnende Seehafen mit seinen weitläufigen Arsenalen etwas so Bestechendes, daß man den Vergleich mit Neapel wohl wagen darf. Letzteres ist wohl anmuthiger und reizender durch den Schmelz der lichten Farbentöne, durch die Bläue der Fluth und den darin sich badenden Villenkranz, Genua dagegen hat den Vorzug einer imponirenden Majestät, und zwar gewinnt dieser Totaleindruck ganz wesentlich durch die altersgrauen Paläste, durch die trotzigen, zinnengekrönten Mauern und zerstreuten Forts auf den umliegenden Bergeskuppen. Diese Festungswerke, mit den Fortificationen des Hafens und dem doppelten Mauerwall, der die Stadt umgürtet, machen die einstige Nebenbuhlerin von Florenz und Pisa auch heute noch zu einer der stärksten Festungen Italiens. Uns gerade gegenüber liegt die Darsena reale, der königliche Hafen, wo einst Fiesko ertrank oder "ertränkt" wurde, "wenn das hübscher lautet".

Wir hatten einst auf unserer primitiven Gymnasialbühne das bekannte Schiller'sche Drama nach einer Umarbeitung von P. Gall Morel aufgeführt; man wird es darum begreiflich finden, wenn mich die Gestalten des Grafen von Lavagna, des Andreas Doria und der genuesischen Nobili während unsers Aufenthaltes in der Stadt, wie alte Bekannte, überall hinbegleiteten, nicht zu vergessen den Mohren - den ich selber gespielt hatte.

Die Laterne des Leuchtthurmes, deren Licht hundertneunundfünfzig Meilen weit über das Meer erglänzen soll, ist in ihrer Art ein wahres Meisterwerk. Das ganze Lampensystem wird durch ein Uhrwerk in einer Minute einmal um seine Axe gedreht, um durch die hiebei erzielte Verschiedenheit in der Intensität des Lichtes dasselbe vor allen andern Feuern der Küste oder Schiffslaternen genau zu kennzeichnen. Die prismatisch geschliffenen Krystallgläser bilden in ihrer complicirten, dachziegelförmigen Anordnung ein gewaltiges Linsensystem um die Lampen, deren Brenner sich ebenfalls selbst reguliren.

Die Besichtigung einiger Festungswerke, des großen Freihafens und der angrenzenden Magazine, der Dogana etc. füllten in eben so belehrender, als angenehmer Weise den Rest des Vormittags aus.

Quelle:
J[oseph] Müller: Aus Italien. Reise-Skizzen. Einsiedeln, New York u.a.: Gebr. Karl und Nikolaus Benziger 1879, S. 210-212.

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Ponte Federico Guglielmo
(Eröffnung in Gegenwart des deutschen Kaisers 1905)

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1. Karte von oben: Genova - Ponte Federico Guglielmo - Stazione marittima. Handschriftlich: 26 VII 1908. Adressseite, Signet: Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf. 20 B. & C., Zürich [Brunner & Co., Zürich]. Nicht gelaufen.
2. Karte von oben: Genova. Stazione marittima e Ponte Fred. Guglielmo. Adressseite: Theodore Rosenberger, Nervi. H.G. & Co. Z. 64329. Zwei Stempel: Graph. Kunstanstalt Paul Bender Zürich-Zollikon. | Welt-Ausstellung Brüssel 1910 Goldene Medaille. Nicht gelaufen.
3. Karte von oben: I Sovrani [?] d'Italia a Genova. 27 Ottobre 1905. Adressseite: Signet. N.P.G. [Neue Photographische Gesellschaft, Berlin] Nicht gelaufen.
4. Karte von oben:  L'Arrivo a Genova dei Sovrani di Germania. Adressseite beschrieben, aber postalisch nicht gelaufen. Schreiber und Empfänger unbekannt. Text:

Hier schicke ich Dir eine Karte von der Ankunft des Deutschen Kaisers . Du wirst mich auch drauf finden, die Dame neben mir ist Frau Fischer, deren Mutter eine geborene Augsburgerin. So eine echte bayrische Militär "Freiherrliche", Du kannst dir denken. Sehr spassig sind auf diesem Bild die diensteifrige Mine [!] des deutschen Konsuls und die blöd wichtigen Gfrisser der scheusslichen preussischen Hofdamen.

5. Karte von oben: Genova. Al Ponte Federico Guglielmo. Adressseite: D.T. Ediz. Luxus No. 347. Nicht gelaufen.
6. Karte von oben: Piroscafo "Umbria" N. G. I. al Ponte "Federico Guglielmo" - Genova. Adressseite, Signet: Brunnen mit wasserspeiendem Mädchenkopf. 129 B. & C., Zürich [Brunner & Co., Zürich] Nicht gelaufen.
7. Karte von oben: Genova. Arriva di un Piroscafo. Adressseite: Edizione Artistica: ELIOS: Genova. Nicht gelaufen.

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In dem innern Winkel des schönen nach der Hauptstadt benannten Golfes liegt [...] das prächtige Genua gleich einer weiten ringförmigen Terrasse um das ungefähr eine halbe Stunde im Durchmesser haltende Hafenbecken sich erhebend, umgeben von reizenden Landsitzen, die neben und über der Stadt emporsteigen, deren Hintergrund der kahle Apennin formirt - eben so ausgezeichnet durch diese weltberühmte schöne Lage, die in Europa vielleicht nur durch jene von Konstantinopel und Neapel übertroffen werden möchte, und seine orientalische Bauart, wie durch den Reichthum an herrlichen Kirchen und marmornen Palästen.

Eine doppelte Mauer läuft um die Stadt. Die innere Ringmauer, welche die eigentliche Stadt umschließt, hat einen Umfang von etwa 6 Miglien und bildet einen Halbkreis, an dessen beiden Enden der Molo sich anschließt, welcher mit seinen Batterien den Eingang des Hafens vertheidigt, die äußere weit ausgedehntere Mauer zieht sich dagegen über die umliegenden Berge fast 14 Miglien lang und schließt die weitläufigen Festungswerke ein, welche die Stadt umgeben, aus Mauern, Bollwerken und Bastionen bestehen, die sich gegenseitig durch ihre natürliche und unangreifbare Lage vertheidigen und hoch auf dem rauhen Felsengebirge in einen spitzen Winkel endigen, welcher der Sporn - il Sperone - genannt wird.

Um einen Totaleindruck des großartigen Ganzen aufzufassen, muß man eine Strecke über den Hafen hinaus in das Meer rudern. Hier entfaltet die wundervolle Lage von Genua ihre ganzen Reize und mit einem Blick überschaut man den Hafen mit seinem Leuchtthurm und Mastenwald zwischen den beiden Schloßthürmen, die ihn decken, den schönen mit Quadern belegten Quai, die Stadt mit ihren Domen und über einander hinlaufenden Linien von Palästen und Häusern, die weit ausgedehnten doppelten Festungswerke, den dunkeln Saum der Gärten, das ganze ringförmige Küstengestade mit seiner Pracht und darüber das kahle braungefärbte Felsengebirge des Apennin und links in der Ferne die Alpen mit ihren schneebedeckten Häuptern. [...]

Eine der größten Merkwürdigkeiten von Genua ist der Hafen, seit 1751 ein Freihafen, in welchem 1825 ohne die Küstenfahrer 2716 Schiffe ankamen. Er wird durch 2 Mulien - Hafendämme - beschützt, aber nur in dem innern Hafen, Darsena genannt, finden die Schiffe hinlängliche Sicherheit bei jedem Winde. Von dem Hafen aus führen mehre Thore in die Stadt und von diesen Treppen auf die Mauern und Wallgänge des Molo, welche nach vielen rechtwinklichen Brechungen zur Mündung und zu dem Wachtthurm hinausführen. Von diesem schmalen mit einer Brüstung versehenen unbedeckten Gange übersieht man am besten die Schiffe im Innern des Hafens mit ihren wehenden Wimpeln von allen Formen und Farben.

Das bunte Menschengewühl auf und neben denselben, das seltsame Volk der Matrosen, das Gewirr fremder Sprachen, die zum Theil aus den seltsamsten ausländischen Produkten bestehenden Ladungen, alles dieses bringt einen Eindruck hervor, den keine Feder beschreiben kann. Auf einem [...] über den Spiegel des Meeres sich erhebenden Felsen liegt der Leuchtthurm und in einer engen Schneckentreppe von 312 Stufen steigt man zur eigentlichen Laterne der Kuppel hinauf, die ringsum mit Glasfenstern verschlossen ist. Hier werfen 25 mit Blenden versehene Öllampen, - je 5 übereinander an eisernen Stäben befestigt, ihre Strahlen gegen die vordere Hälfte der Kuppel. Die Aussicht von dieser Laterne ist wahrhaft majestätisch und reicht bis zu den Gebirgen von Korsika. Unter den Felsen des Leuchtthurms liegen die Quarantaineschiffe und vor diesen das Wachtschiff des Hafens.

Quelle:
Johann Daniel Fedinand Neigebaur: Neuestes Gemälde Italiens, der jonischen Inseln und Malta's, oder Beschreibung der Lage, des Klimas, der Naturprodukte, Landeskultur, merkwürdigsten Städte, Gegenden, Kunstwerke, Ruinen und Denkmäler, dann die Einwohner, deren Lebensart, Kleidung, Handel, Künste, Wissenschaften, Religion und Staatsverfassung. Wien: Zu haben bei Rudolph Sommer, 1834. S. 172-175, 179f. Digitalisierung durch Google.

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Die Promenade auf den Quais
an Meer und Hafen

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1. Bild von oben: Genova. Circonvallazione a mare. Adressseite: Varietas - Genova. Nicht gelaufen.
2. Bild von oben: Genova - Circonvallazione a mare - Villa Mylius. Adressseite: Stampato dalla Ditta. Stengel & Co., G.m.b.H., Dresden. No. 50. Nicht gelaufen.
3. Bild von oben: Genova - Circonvallazione a mare e Villa Figari. Adressseite: 65 E. B. G. - G. P. M. Gelaufen. Poststempel: Ventimiglia 1912. - In Frankreich wurden Briefmarke und Poststempel auf der Bildseite angebracht.
4. Bild von oben: Genova. Circonvallazione a Mare. Adressseite, Signet. Dr. Trenkler Co., Lipsia 1908 Gen. 155. Rechts unten: 41395. Beschrieben und datiert 1909, doch nicht postalisch gelaufen.
5. Bild von oben: Genova (30) Circonvallazione a mare. Adressseite, Signet. Edizioni - A. Traldi - Milano. Stempel: Righi Genova 1923. Nicht gelaufen.

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Eine schriftliche Genehmigung der Admiralität öffnete uns das Arsenal, wo die Galeerensklaven, damals sechshundert an der Zahl, wohnten und arbeiteten. Wir besichtigten die inneren Gefängnisse, den Schlafsaal mit den Pritschen an den Wänden, wir sahen an Ketten die eisernen Bügel, an die die Gefangenen angeschlossen wurden, wenn sie abends schlafen gingen. Selbst in den Krankenzimmern lagen einige in Ketten. Drei Sterbende mit gelbbraunen Gesichtern und brechenden Augen machten auf mich einen erschütternden Eindruck. Einer der Gefangenen mochte es von meinem Gesicht ablesen, er betrachtete mich mit einem bösen Blick. Ich verstand ihn sehr gut, war ich doch nur aus Neugier, um seine Leiden zu sehen, gekommen; er stieß ein abscheuliches Gelächter aus, erhob sich halb von seinem Lager und heftete seine bösen Augen teuflisch auf mich. Neben ihm lag, ganz in Ketten gefesselt, ein blinder Greis mit silberweißem Haar. Unten im Hof befanden sich verschiedene Arbeitssäle. Mehrere Galeerensklaven waren dort, vielleicht fürs ganze Leben zwei und zwei zusammengekettet, beschäftigt. Ich sah einen der Gefangenen, der zwar wie die anderen in weiße Hosen und rotes Wams gekleidet war, jedoch war der Stoff besonders fein. Er war jung und ohne Ketten, man sagte, daß er ein Mann aus dieser Stadt sei, der ein großes Haus geführt, aber ungeheure Summen gestohlen und die Stadt betrogen habe und nun zu zwei Jahren auf den Galeeren verurteilt war. Zwar arbeitete er nicht, auch am Tage ging er nicht in Eisen, aber nachts wurde er mit den anderen zusammen eingesperrt und wie sie an die Pritsche gekettet. Von seiner Frau erhielt er regelmäßig große Summen, er lebte hier üppig, aber was bedeutete das schon gegen die Tatsache, daß er immer mit Verbrechern zusammen sein mußte, daß er nachts mit ihnen angekettet war und sich ihren Hohn und ihre Bosheit anhören mußte?

Quelle:
Hans Christian Andersen: Meines Lebens Märchen. Hanau/Main: Müller & Kiepenheuer 1990, S. 163f.

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2. Genua
im Urteil von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg

Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, geb. 7. November 1750 in Bramstedt bei Altona, gest. 5. Dezember 1819 bei Osnabrück. "Dichter und Schriftsteller. Bruder von Christian Graf Stolberg, mit dem er studierte und reiste. In verschiedenen Staats- und Gesandtenstellen tätig, seit 1800 in Münster, wo er aus gefühlvoller Abneigung gegen den unreligiösen Geist der Aufklärung zur katholischen Kirche übertrat. Seine Gedichte, kühner in Gedanken und Bildern als die seines Bruders, sind voll wärmsten Gefühls für Natur, Freundschaft und Freiheit."

Text: Paul Ortwin Rave, Das geistige Deutschland im Bildnis. Das Jahrhundert Goethes. Berlin: Verlag des Druckhauses Tempelhof 1949, S. 144.

Bildnis: Friedrich Leopold Graf zu Stolberg. Lithographie von Christian Espagne in Münster nach dem Ölgemälde von Johann Christoph Rincklage. In Westfalen. Hefte für Geschichte, Kunst und Volkskunde. Bd. 33, 1955, Heft 1, Abb. 21.

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Das Gebiet der Republik enthält neunzig deutsche Quadratmeilen, funfzehn Meilen auf einen Grad gerechnet, und seine Bevölkerung wird auf vierhundert tausend Menschen gerechnet. Das Land ist bergig und dürr, die Bewohner arbeitsam und hart. Dieses Zeugniß giebt ihnen schon Diodor von Sicilien. Ihre Staaten vermögen nicht sie zu nähren, sie ersetzen aber diesen Abgang reichlich durch den Weinbau und die Pflanzungen edles Obstes. Geschützt gegen den Nordwind durch die Apenninen, genießen sie eines sanften Himmels, welcher ihnen Früchte gewährt, die nicht in Toscana und nur in südlichen Provinzen des Kirchenstaats gedeihen. Citronen, Pomeranzen und Granatäpfel reifen auf Bäumen, welche im freien Lande stehen bleiben. An Feigen und Mandeln haben sie Ueberfluß, Maulbeerbäume und Oelbäume werden in großer Menge gezogen. Dennoch sind der Seidenmanufacturen in der Stadt so viel, daß ihnen die Seide des Landes nicht genüget. Sie holen daher viele rohe Seide aus beiden Sicilien und aus Piemont. Das Oel, welches bei St. Remo gepreßt wird, hält man für das beste in ganz Europa.

Die Stadt verdient, wegen der Menge und Schönheit ihrer Palläste, den Zunamen die Prächtige (la superba). Die Straße Balbi und die neue Straße wären wohl die schönsten in der Welt, wenn sie nicht so schmal wären. Es fehlt an einem Standpuncte, um die hohen Palläste bequem anzusehen. Das Pflaster ist von Ziegeln und drei Reihen Fliesen, deren eine in der Mitte breit, die beiden längs den Häusern schmal sind. Die Straßen werden mit der äußersten Sorgfalt rein erhalten. Viele sind unglaublich eng, und da die Stadt sehr bewohnt ist, wird das Gedränge beschwerlich. Die Häuser haben fünf bis sechs Stockwerke, ja ich habe an einigen sieben und acht Stockwerke gezählt. Die großen Palläste, deren im französischen Büchlein "Description des beautés de Génes" 1781 außer dem Pallast des Dogen, drei und vierzig angezeigt und beschrieben worden, sind mehrentheils in edlem Styl gebauet, doch werden viele durch gemalte Säulen und andre Zierathen verunstaltet.

Die Lage nach dem Meere zu ist gewiß eine der größten und schönsten in der Welt. In einem halben Monde erhebt sich vom sichelförmigen Ufer die Stadt auf den Hügeln des Gestades, dessen Felsen über ihr emporragen. Der Hafen ist von ungeheurer Größe, rund und von einer hohen steinernen Mauer, auf welcher man gehen kann, umgeben.

Zwei Leuchtthürme stehen vor den beiden Seiten an der Oeffnung des Hafens, durch welche sich der Blick in's Meer verliert. Noch ein viel höherer Leuchtthurm ist auf einem kegelförmigen Felsen erbauet. [...] Genua ist ein Freihafen, wird aber weniger von Fremden besucht als Livorno, theils weil der Hafen nicht ganz sicher ist, theils weil die Freiheit der Fremden nicht so groß ist, als in jener Stadt. Sie schränkt sich auf das Recht ein, daß jeder fremde Kaufmann ein Magazin haben kann, aus welchem und in welches er ein Jahr lang alle Waaren ohne Abgaben über's Meer führen darf. Verkauft er aber in der Stadt oder im Gebiet, so muß er starken Zoll erlegen. [...]

Die schönste Aussicht über den Hafen und in's Meer sieht man aus dem Garten des großen Pallastes der Doria, welcher dicht vor dem Thor an der östlichen Seite der Stadt liegt. In der Mitte des Gartens erhebt sich aus einem großen Springbrunnen die Bildsäule des Andreas Doria, als Neptun auf einem Muschelwagen stehend, welcher von drei Rossen gezogen wird. In der Rechten hält er den Dreizack mit herrschender Stellung und Miene, als spräche er das virgilische quos ego! Rund umher stehn in elendem Geschmack beschnittene Cypressen und Buchsbaumstauden, gleich unwerth der großen Gegend und des großen Mannes.

Auf der einen Seite steht eine schöne Allee von großen und dichten immer grünen Eichen (Stecheichen), deren Laub an Gestalt und dunkler Farbe den Lorbeerblättern, oder den glatten Blättern, welche wir dann und wann zwischen den stachlichten des Stechpalms finden, ähnlich ist. Die Frucht ist aber unsrer Eichel ganz gleich, nur etwas kleiner. Auf der andern Seite ist ein Pomeranzengarten, dessen Bäume im kalten Winter 1788-89 fast alle bis dicht an der Wurzel erfroren, aber seitdem so stark wieder getrieben haben und so voll von Früchten sind, daß man ihnen ihr Unglück kaum mehr ansehen kann. Einige süße Pomeranzenbäume, welche wenig gelitten haben, stehen von ansehnlicher Größe in natürlichem Wuchs und lieblicher Schönheit, reich geschmückt mit goldnen Aepfeln der Hesperiden da. Jetzt im November glühen Nelken und Rosen, welche den ganzen Winter nicht aufhören zu blühen. Man glaubt in die phäakischen Gärten des Alkinous, oder in die Insel der Kalypso versetzt zu seyn. Ich halte dafür, daß in Ansehung der Himmelsmilde ein größerer Unterschied zwischen Genua und Turin sei, als zwischen Turin und Frankfurt. [...]

Als wir diesen Mittag zu Tische saßen, trat ein wohl angezogener Mensch in's Zimmer und warf einige kleine geheftete Büchlein auf den Tisch. Es waren Gedichte, die er gemacht hatte. Zugleich kündigte er sich als Improvisatore an, und bat mich, ihm einen Gegenstand zu bestimmen. Ich gab ihm den Fall des Phaeton. Kaum hatte ich es ausgesprochen, als er mit unglaublicher Schnelligkeit und mit Lebhaftigkeit der Geberden zu singen anfing. Es entging uns manches [...]. Doch verstand ich genug, um die Leichtigkeit der Verse, das Feuer der Darstellung und wahre Begeisterung zu bewundern. Ich gestehe dir, daß ich bisher für diese Art von genialischem Seiltanz eben keine große Achtung hatte. Ich bin auch weit entfernt, diese Fertigkeit mit jener Begeisterung zu vergleichen, welche in Stunden der Weihe unwillkührlich den Dichter ergreift und mit Blitzen, die er nicht rufen kann, entflammet. Aber angeboren ist doch auch jene Fertigkeit und auf ein Volk eingeschränkt, dessen Lebhaftigkeit allgemein, dessen productive Kraft groß ist und auch in unsterblichen Werken jeder Art sich geäußert hat. [...]

Wir haben auch den Galeerenhafen besucht. Auf der Seite stehen Kramladen, in welchen die gefangenen Türken allerhand Waaren feil haben, Kaffee, Zucker, Chocolade, gebrannte Wasser, Pfeifen, Tobak, Pantoffeln, geflochtne Strohmatten etc. Im Hafen gehen sie frei umher, in die Stadt dürfen sie nicht anders als zwei an einer Kette unter Begleitung eines Aufsehers gehen. Auf diese Weise bieten sie in der Stadt Waaren feil, insonderheit rothe oder gelbe Pantoffeln. Des Nachts müssen alle auf den Galeeren schlafen. Die Gefangenen, welche wegen einer Uebelthat zu den Galeeren verdammt sind, werden härter gehalten als die Türken, welche man mit Recht nur als Kriegsgefangene ansieht; daher auch nur sie sich loskaufen dürfen. Die andern müssen die nach Größe des Verbrechens bestimmten Jahre abwarten. Nur große Verbrecher sind beständig in der Galeere gefesselt.

Die Gefangenen fahren sechs Monate lang des Jahres auf die See. Sie werden ohne Vergleichung milder gehalten als die Galeerensclaven der Franzosen. Ich sprach mit verschiednen. Sie klagten nur über das kalte Nachtlager im Winter auf der Galeere und über die Nahrung. Man reicht ihnen täglich zwei Pfund Brod und drei Unzen großer Bohnen.

Die sechs Wintermonate haben sie frei und können in der Stadt manchesmal etwas verdienen. Selten und auf kurze Zeit werden sie zu öffentlichen Arbeiten gebraucht. Die Türken werden nicht leicht von den Ihrigen losgekauft, vermuthlich weil es diesen an Nachrichten von ihnen und an Verbindungen mit Genua fehlt. Sie kaufen sich selber los mit dem Gelde, welches sie während der Gefangenschaft erwerben. Einige sind seit dreißig bis vierzig Jahren hier, diese müssen wohl zu träge oder zu ungeschickt zum Erwerb gewesen seyn.

Die Menge der Bettler ist in Genua so groß, wie ich sie nirgends gefunden. Sonderbar ist's, daß sie fast nie die Genueser, sondern nur die Fremden ansprechen. Auffallend groß die Zahl der Krüppel und Blinden. In jeder Straße folgen Bettler den Fremden nach, man findet ihrer viel in den Kirchen und auf den Treppen vor den Kirchen. Es ist nicht selten, einen zerlumpten Bettler in einer Kirche zu finden, welcher den Meister jedes Gemäldes zu nennen, den vortheilhaften Standort, es zu betrachten, manchesmal den Inhalt des Gemäldes zu erklären und seine Geschichte zu erzählen weiß.

Quelle:
Reise in Deutschland, der Schweiz, Italien und Sicilien in den Jahren 1791-92 von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg. Bd. 1 (Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Bd. 6 ) Hamburg 1822, bei Perthes und Besser. S. 349-353, 355, 370f., 373. Digitalisiert durch Google.

 

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