goethe


Jutta Assel | Georg Jäger

Die Weihnachtskrippe
Hirten, Drei Könige, Sternsingen

Eine Dokumentation zu Weihnachten 2011

Optimiert für Firefox
Stand: Oktober 2019

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Friedrich Olivier: Die heilige Familie im Stall in Bethlehem. Kupferstich auf dünnem Velin. 
Einzelblatt aus Oliviers Bilderbibel von 1834 ff. Höhe 16; Breite 11,5 cm (Platte).

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Gliederung

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1. Die biblischen Bezugstexte

Lukas-Evangelium, Kapitel 2
Jesu Geburt

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger von Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.

Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die ward schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. 

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe, des HERRN Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des HERRN leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der HERR, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens." Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der HERR kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott um alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Text nach Bibel-Online.NET. URL:
http://www.bibel-online.net/text/luther_1912/lukas/2/

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Verkündigung an die Hirten
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Bilder-Bibel in funfzig bildlichen Darstellungen von [Friedrich] Olivier. Nebst einem begleitenden Text von G. H. v. Schubert. Neue Ausgabe. Hamburg & Gotha. Friedrich und Andreas Perthes. 1848 [Erstauflage 1834 ff. in Lieferungen]. - Der Katholische Bücherverein in München kaufte tausend Exemplare.

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Matthäus-Evangelium, Kapitel 2
Die Weisen aus dem Morgenland

Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen die Weisen vom Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.

Da das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm das ganze Jerusalem. Und ließ versammeln alle Hohenpriester und Schriftgelehrten unter dem Volk und erforschte von ihnen, wo Christus sollte geboren werden. Und sie sagten ihm: Zu Bethlehem im jüdischen Lande; denn also steht geschrieben durch den Propheten: "Und du Bethlehem im jüdischen Lande bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Juda's; denn aus dir soll mir kommen der Herzog, der über mein Volk Israel ein HERR sei."

Da berief Herodes die Weisen heimlich und erlernte mit Fleiß von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und wies sie gen Bethlehem und sprach: Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein; wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, dass ich auch komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen hin, bis dass er kam und stand oben über, da das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. 

Und Gott befahl ihnen im Traum, dass sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken; und sie zogen durch einen anderen Weg wieder in ihr Land.

Text nach Bibel-Online.NET. URL:
http://www.bibel-online.net/text/luther_1912/matthaeus/2/

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Die heiligen drei Könige folgen dem Stern
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Bilder-Bibel in funfzig bildlichen Darstellungen von [Friedrich] Olivier. Nebst einem begleitenden Text von G. H. v. Schubert. Neue Ausgabe. Hamburg & Gotha. Friedrich und Andreas Perthes. 1848 [Erstauflage 1834 ff. in Lieferungen]. - Der Katholische Bücherverein in München kaufte tausend Exemplare.

Friedrich von Olivier, geb. 1791 in Dessau, Historienmaler, nahm als Lützowscher Jäger an dem Feldzug 1813 und 1814 teil; ging 1814 nach Wien und 1818 nach Rom, wo er in den Kreis der um Overbeck und Cornelius sich scharenden deutschen Künstler [Nazarener] trat; 1824 kehrte er nach Wien zurück und ging 1829 nach München, wo er Schnorr bei Ausführung der Fresken zum Nibelungenlied und zum Homer behilflich war. 1834 ff. gab er eine Volksbilderbibel in Kupferstich heraus. Seit dem Tode seines Bruders malt er meist Landschaften und lebt seit 1850 in Dessau [wo er 1859 verstorben ist]. (Pierer's Universal-Lexikon. 4. Auflage 1857–1865. DVD-ROM-Ausgabe Neusatz und Faksimile (Digitale Bibliothek; 115) Berlin 2005, S. 155,932 f. Redigiert)

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Zu Bilderbibeln siehe den Aufsatz von Jutta Assel:
Deutsche Bilderbibeln im 19. Jahrhundert
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=2734

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2. Bilder aus der Bilderbibel
und homiletische Textbeispiele


Ueber die Geburt Jesu Christi.
Lehren, die Jesus Christus den Christen in seiner niedrigen und armen Geburt giebt.

Warum hat sich Jesus Christus so erstaunlich in dem Geheimniß seiner Geburt erniedrigt? [...]

Sehet es, Mütter! die ihr Kinder habt: sehet es, sage ich, ihr, die ihr nichts in dem Staat und der Pracht eurer Kindbetten sparet, wann ihr Kinder auf die Welt bringt; wie dürft ihr euch so vieles eiteln Putzes bedienen, ohne die Gerichte Gottes zu fürchten? In der That, was ist diese tiefe Erniedrigung Jesu Christi anders, als eine Verdammung des Stolzes und des Ehrgeizes der Menschen? Was bedeutet die so erniedrigende Armuth seiner Krippe anders, als die Verdammung des Geizes und der Hoffart der Reichen? Endlich, seine Thränen, seine äußerliche Niedrigkeit, seine Dürftigkeit und seine Geduld in den Leiden, sind sie etwas anders als Verdammungsurtheile wider die eiteln Freuden und Belustigungen der Welt, wider die Unordnung der Unmäßigkeit, wider die Rasereyen des Zorns und wider die Begierden der Rache? Der Herr Jesus Christus fängt also schon in seiner Krippe an, eben das Urtheil wider die Leidenschaften und unsinnigen Begierden der Menschen auszusprechen, welches er am jüngsten Gericht aussprechen wird, nachdem er es vorher in seinem Leben durch die niedrige Armuth der Krippe, und durch die Erniedrigungen seines Kreuzes zu verstehen gegeben hat. Wenn ihr über ein so außerordentliches Schauspiel, welches den Himmel selbst in Erstaunen setzt, nicht gerührt seyd; wenn diese Sanftmuth und unaussprechliche Güte des menschgewordenen und aus Liebe zu euch erniedrigten Gottes eure Herzen nicht erweichet, so fürchtet euch wenigstens und zittert bey dem Anblick dieses schrecklichen Tages, an welchem er voll Herrlichkeit und Majestät mitten unter einem zahllosen Heer von Engeln zum Weltgericht kommen, euch eure Undankbarkeit vorwerfen und sie mit der äußersten Marter bestrafen wird. Mit welcher Entschuldigung werdet ihr sie bemänteln, und was zu eurer Vertheidigung zu antworten haben, wenn er euch allen diese so mühseligen, so geringen und so verächtlichen Umstände, wozu er sich aus Liebe zu euch erniedrigt hat, vor Augen stellen wird, und wenn ihr durch ein Verhalten voll Stolzes und voll Eitelkeit bewiesen, daß ihr diese seine Liebe nicht erkannt habt.

Die Kunst das Herz auf der Kanzel zu rühren. Von dem Verfasser der Kunst die Seelen in dem Beichtstuhl zu unterrichten und zu rühren [d.i. Alletz, Pons Augustin, 1705-1785]. Aus dem Französischen übersetzt. Bd. 1. Bamberg und Wirzburg, im Verlage bey Tobias Göbhardt 1785 (Digitalisierung durch Google), S. 50-53. Rechtschreibung und Zeichensetzung nach der Vorlage.

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[Anbetung der Hirten im Stall von Bethlehem.] Paul Rubens pinx. Jac. Adam sc. Viennae 1796. In Wien zufinden bei Jac. Adam an der Wien in der obern Pfarrgasse No. 55. Sie brachte ihren erstgebohrnen Sohn zur Welt, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe. Luk. 2,7.

In: Novum Jesu Christi Redemptoris nostri Testamentum XC aeri incisis imaginibus repraesentatum. Das neue Testament Jesu des Gesalbten unsers Erlösers in 90 Kupferbildern vorgestellet. Wien [Ende des 18. Jh.]. 

Adam, Jakob, Zeichner und Kupferstecher, geboren zu Wien 9.10.1748, gestorben daselbst 16.9.1811, studierte auf der Wiener Akademie. Er arbeitete viel für Druckwerke, hat sich aber namentlich bekannt gemacht durch eine große Anzahl meist kleiner Bildnisse (in Medaillon), welche besonders fürstliche Personen des österreichischen Hauses und österreichische Notabilitäten darstellen. Sie sind meistens in den zwei letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts bei Artaria & Co. erschienen. Nahm sich die Kunstweise französischer Stecher wie Etienne Ficquet (1719-1794) zum Vorbild und wurde manchmal der „Wiener Ficquet“ genannt. (Thieme-Becker, gekürzt)

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Ueber die Geburt des Sohnes Gottes in einer Krippe zu Bethlehem.
Moralische Gedanken darüber

Man sieht heute Hirten sich zur Krippe Jesu Christi begeben; denn sie kommen nicht eher dahin, als bis sie überzeugt sind, daß sie wahrhaftig Gott selbst dahin rufe: Quid Dominus ostendit nobis? Seyd ihr auf gleiche Weise überzeugt, meine Brüder, daß sich der Sohn Gottes selbst zu unsrer Rettung mit unserm eigenen Fleisch hat bekleiden wollen; und wenn ihr es wirklich seyd, warum sehen wir euch so kalt und so gleichgültig, wann es darauf ankömmt, diesen göttlichen Erlöser anzubethen und ihm zu dienen?

Es ist wahr, ein heute in einem Stall liegender und nur arme Hirten zu seiner Krippe einladender Gott muß die Reichen und die Weltleute erschrecklich verwirren. O, wenn sich diese Betrachtung dem Herzen tief eingrübe, würde man dann diese unmäßige Ueppigkeit sehen, welche unsere Sitten entehrt und sie verdirbt? Würde man diese ausschweifende Pracht sich bis auf unsere Mauern und unsere Kleider erstrecken sehen? Würde man diese unziemlichen Verschwendungen sehen, welche keine andere Absicht haben, als der Weichlichkeit zu schmeicheln und den Stolz zu nähren? würde man durch eine Pracht, die nicht mehr erlaubet, die Standesperson von dem blosen Bürger, und den Bürger von dem Handwerksmann zu unterscheiden, alle Stände in Verwirrung gesetzt sehen, und diese Verwirrung selbst unter den Weibern erblicken? Würde man das Erbtheil der Armen, ich meyne die Güter der Kirche, zur Eitelkeit, Zärtlichkeit und zum Ehrgeiz dienen sehen? würde man unsere Häuser sich zum Glanz fürstlicher Palläste erheben sehen? Großer Gott! wie groß ist das Verderben des menschlichen Herzens, da weder dein Beyspiel noch die Predigt deiner Diener im Stande sind, ihm die Verachtung der Reichthümer, und den Geist der Armuth einzuflößen! Die ganze Erde erblickt dich heute in einem Stall gelegt; die ganze Erde höret heute von diesem unaussprechlichen Wunder redende Prediger, und die ganze Erde bleibt in die Weichlichkeit und in die Liebe zu den Gütern und Ehrenstellen versenkt. Wisset meine Brüder, daß ihr nach diesem Leben die Wahrheit dessen, was euch jetzt Diener der Kirche verkündigen, anerkennen werdet: sie sagen uns, daß sich der Herr allen denen, die in seiner Liebe sterben, innig mittheilen; sie mit einem Strom von Freuden erfüllen, und im Gegentheil auf diejenigen, die in der Sünde sterben, alle seine Wuth auslassen wird: sie sagen uns, daß Jesus Christus für diejenigen , die ihn fürchten und ihn anbethen, ein Kind des Seegens und der Gnade sey; aber für diejenigen, die ihn verkennen und seine Gaben verwerfen, ein Fall und Untergang seyn werde. Denn wer ist das Kind, welches heute gebohren ist, ruft der heilige Bernhard aus? Es ist ein Gottes Kind, welches kommt, das Unglück unserer Geburt wieder gut zu machen, weil niemand unter uns ist, der nicht in der Sünde gebohren wäre, nach den Worten des Apostels: Omnes peccaverunt in Adam. Er kommt, unsere Vernunft durch den Glauben zu verbessern, und durch sein Beyspiel den Durst nach den falschen Gütern dieser Welt in uns zu ersticken; er kommt, den wahren Gottesdienst wieder einzuführen, und allen falschen Gottheiten, die bisher die Welt betrogen hatten, den Mund zu stopfen ... Beglückte Krippe, worauf mein Gott gebohren ist, kostbare Wiege, worauf er ruhte, kommet niemals aus meinem Gedächtniß und aus meinem Herzen; wenn ich euch betrachte, so müssen alle jene Palläste, jene eiteln Denkmäler des menschlichen Stolzes, vor meinen Augen verschwinden. O daß ich mich ohne Unterlaß mit dem süssen Vergnügen weidete, euch als die Orte zu betrachten, in welchen Gott seine größte Barmherzigkeit gegen uns an den Tag legte. Unterdessen, meine Brüder, soll der Glaube hier über die Natur triumphiren. Unsere Altäre vertreten die Stelle Bethlehems; ihr könnet da eben diesen neugebohrnen Gott anbethen, wie ihr ihn zu Bethlehem angebethet haben würdet. - Lasset uns denn weder das Glück der Hirten noch das Glück derjenigen, welche die heiligen Orte besuchen, beneiden, weil wir eben diesen Heiland, welcher zu Bethlehem gebohren ist, unter uns haben. Lasset uns, diese heilige Zeit über, oft denken, daß wir ohne Rettung verlohren wären, wenn der Sohn Gottes das Geheimniß der Menschwerdung nicht in seiner Person erfüllt hätte; und daß wir diesem Geheimniß alle unsere Glückseligkeit zu verdanken haben. Die Kirche, meine Brüder, ist der Engel, der uns zur Krippe des Heilandes einlädt, wie er die Hirten dahin einlud. Könnten wir so unglücklich seyn, daß wir uns weigerten, uns dahin zu begeben? Aber es ist nicht genug dahin zu kommen, es ist sogar nicht genug, sich bey der Krippe niederzuwerfen; die Seele muß ganz mit dieser Handlung beschäftiget seyn, und die Worte und Sitten müssen die Heiligkeit derselben ausdrücken.

Die Kunst das Herz auf der Kanzel zu rühren. Von dem Verfasser der Kunst die Seelen in dem Beichtstuhl zu unterrichten und zu rühren [d.i. Alletz, Pons Augustin, 1705-1785]. Aus dem Französischen übersetzt. Bd. 1. Bamberg und Wirzburg, im Verlage bey Tobias Göbhardt 1785 (Digitalisierung durch Google), S. 47f. Rechtschreibung und Zeichensetzung nach der Vorlage.

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Bilder-Bibel für die Jugend oder Geschichte des Alten und Neuen Testaments. Mit belehrenden und erbaulichen Anmerkungen. Eingeleitet von Albert Knapp, Archidiaconus in Stuttgart. Nürnberg, Verlag der C. H. Zeh'schen Buchhandlung. Tafel nach S. 80. -Einzelblätter ohne Bezeichnung der Künstler. Titelillustration: Stahlstich von Carl Mayer's Kunst-Anstalt in Nürnberg nach Zeichnung von P. C. Geissler, Schrift von J. A. Bühler. - Mittelbild: Anbetung der Hirten. Oben links: Zacharias. Oben, rechts: Mariae Verkündigung. Unten links: Die Hirten auf dem Felde. Unten, rechts: Die Weisen aus dem Morgenland.

Geißler, Peter Carl, Aquarellmaler und Kupferstecher, geboren Leipzig 2.1.1802, gestorben Nürnberg 27.2.1872. Schüler von A. Reindel in Nürnberg, gründete dort eine Verlagsbuchhandlung (1830) und Illuminieranstalt. Lieferte namentlich Titelzeichnungen und Taschenbuchblätter, auch Zeichnungen zu den Werken von Goethe, Schiller, Zschokke, zu einer Bilderbibel für die Jugend (in Stahl gestochen von Carl Mayer) usw. (Thieme-Becker, Auszug).

Mayer, Carl, Bildnismaler, Stahlstecher und Verleger, geboren Nürnberg 1798, gestorben ebda 5. 1. 1868, Schüler von Chr. Haller v. Hallerstein, F. Fleischmann, L. Desnoyers und J. Coiny, 1828 Gründer einer graphischen Kunstanstalt in Nürnberg. (Thieme-Becker)

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Johann Michael Sailer
Betrachtung: Jesus in der Krippe

(Auszug)

Wer hätte wohl in einer Krippe zu Bethlehem, in einem unmündigen Kinde, in Windeln eingewickelt, den Sohn Gottes und den Erlöser der Welt gesucht? Und doch war Jesus der Sohn Gottes, ward Erlöser der Welt. [...]

Denn (um bey den Ereignissen, die in die erste Zeit der Erscheinung Jesu fielen, stehen zu bleiben), ein Engel des Herrn verkündet das Geheimniß den Hirten bey Bethlehem, ein Licht am Himmel den Weisen aus dem Morgenlande, der Geist Gottes dem Propheten Simeon in Jerusalem. Laßt uns das erstere etwas genauer erwägen.

In der Gegend außer Bethlehem waren Hirten auf dem Felde, die bey ihren Heerden Nachtwache hielten. Zweifels ohne  wechselten sie so eben fromme Gespräche mit einander von der seligen Hoffnung Israels, oder waren im Gebete und Flehen versunken vor Jehova, daß er den Stern aus dem Hause Jakobs senden möchte. Und sieh! ein Engel des Herrn stand vor ihnen, die Herrlichkeit Gottes umstrahlte sie, und sie fürchteten sich sehr. Die Herrlichkeit Gottes ist furchtbar auch dann, wenn sie lauter Freude verkündet; aber der Engel wußte die Furcht in Jubel zu verwandeln; denn er sprach zu ihnen: "Fürchtet euch nicht, denn seht ich verkünde euch große Freunde, die allem Volke widerfahren wird."

Also: der Engel des Herrn ist für die Hirten ein Evangelist, er bringt Freudenbotschaft. Was für eine? die höchste; "denn" fährt er weiter, "es ist euch heute in der Stadt Davids der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr. Und dies sey euch das Zeichen: ihr werdet ein Kind finden, in Windeln eingewickelt, und in der Krippe liegend." Wahrhaftig, da sind alle Worte schwer von Segen und Heil - lauter Gottes Worte:

1. Der Heiland ist geboren; von dem Heilande könnet ihr doch nichts als Heil erwarten.

2. Der Heiland ist heute geboren: er ist nicht mehr bloß verheissen: er ist schon geboren, heute geboren.

3. Der Heiland ist euch geboren, auch für euch Hirten ist er geboren: nicht etwa bloß Gelehrte, Reiche, Große können in ihm Heil finden - wenn sie von ganzem Herzen wollen, sondern auch einfältigen Hirten ist er geboren, und euch wird er noch dazu - vor den Großen, Reichen, Gelehrten, euch wird er zuerst offenbar.

4. Und der Heiland, der euch heute geboren ist, ist nicht fern von euch, ist in der Stadt Davids geboren, die vor euren Augen da liegt.

5. Und der, den wir euch als Heiland verkünden, ist nicht ein schwaches, ohnmächtiges Wesen, das selber der Errettung bedürfte; er ist der verheissene Christus, der Gesalbte, ist kein Engel, wie wir, ist der Herr selber.

6. Und, damit ihr euch an der Person nicht verirret, damit ihr nicht fehl greifet, so sey euch das zum Zeichen: ihr werdet ein Kind finden, in Windeln eingewickelt und in der Krippe liegend.

Noch ehe sich die Hirten von dem ersten Staunen erhohlt hatten, sahen sie eine Menge himmlischer Heerschaaren, die sich um den Engel, der ihnen die frohe Botschaft gebracht hatte, versammelten, die Gott lobten und Sprachen: "Ehre Gott in der Höhe, und Friede auf Erde den Menschen, die eines guten Willens sind."

Die Krippe des Herrn. Von J[ohann] M[ichael] Sailer. Zweyte, verbesserte Ausgabe. München, bey Jakob Giel 1820 (Digitalisierung durch Google), S. 25-29. Rechtschreibung und Zeichensetzung nach der Vorlage.

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Die Geburt Jesu Christi [Anbetung der Hirten]. Entwurf von Carl Schönherr. Holzstich in der xylographischen Anstalt von Heinrich Naumann. In: Biblische Bilder für Schule und Haus. Holzschnitte, ausgeführt in Heinrich Naumanns xylographischem Atelier in Dresden. Mit beigefügtem biblischen Texte. Leipzig, Justus Naumanns Buchhandlung [1866].

Schönherr, Karl Gottlob, Maler, geboren 15. 8. 1824 Lengefeld im Erzgebirge, gestorben 9. 7. 1906 Dresden. Schüler der Dresdner Akademie, besonders Julius Hübners, weitergebildet in Italien (1852/54 in Rom). 1857/1900 Lehrer (seit 1864 Prof.) der Dresdner Akademie. (Thieme-Becker)

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Geistlicher Krippenbau

Zu dieser Vorbereitung gedenke, o Gottliebende Seele, mit wie großer Sorgfalt du dein Haus bereiten würdest, wenn eine große, weltliche Fürstin darin wohlen wollte, mit welchem Fleiße du es zieren, schmücken und Alles wegräumen würdest, was ihren Augen mißfallen könnte; wie viel größer muß unsere Sorgfalt seyn, die Königin aller Heiligen und Engel, die jungfräuliche unbefleckte Mutter unsers Erlösers in unserm Herzen aufzunehmen und würdig zu beherbergen! Darum, o Gottliebende Seele, reinige dein Herz mit allem Fleiße, und richte es ein nach der Herberge zu Bethlehem.

1. Der Stall - sei Demuth.
2. Das Kripplein - ein reines Herz.
3. Die Windeln - Armuth.
4. Heu und Stroh - Abtödtung des Leibes.
5. Der Zaun - Bewahrung der Sinne.
6. Das Kindlein - Liebe Gottes.
7. Die Mutter - Keuschheit.
8. Der heil. Joseph - Andacht.
9. Erster Engel - Liebe des Nächsten.
10. Zweiter Engel - Friede.
11. Erstes Lämmlein - Sanftmuth.
12. Zweites Lämmlein - Geduld.
13. Erster Hirt - Wachsamkeit.
14. Zweiter Hirt - Einfalt.
15. Dritter Hirt - guter Wille.
16. Oechslein - Stillschweigen.
17. Eselein - Fleiß im Gottesdienste.

Geistlicher Krippenbau. Nach einem alten Büchlein. München, J. G. Weiß, Universitätsbuchdrucker 1863 (Digitalisierung durch Google), S. 5-7. Rechtschreibung und Zeichensetzung nach der Vorlage.

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Christi Geburt den Hirten verkündigt. Holzstich in der xylographischen Anstalt von Heinrich Naumann. In: Biblische Bilder für Schule und Haus. Holzschnitte, ausgeführt in Heinrich Naumanns xylographischem Atelier in Dresden. Mit beigefügtem biblischen Texte. Leipzig, Justus Naumanns Buchhandlung [1866]. - Zu Schönherr siehe oben.

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Luise Hensel
Die Krippe

Was ist das doch ein holdes Kind,
Das man hier in der Krippe findt?
Ach, solch ein süßes Kindelein,
Das muß gewiß vom Himmel sein.

Die Frau, die bei der Krippe kniet,
Und selig auf das Kindlein sieht,
Das ist Maria fromm und rein;
Ihr mag recht froh im Herzen sein.

Der Mann, der zu der Seite steht,
Und still hinauf zum Himmel fleht,
Das muß der fromme Joseph sein,
Der thut sich auch des Kindleins freun.

Und was dort in der Ecke liegt,
Und nach dem Kindlein schaut vergnügt,
Ein Oechslein und ein Eselein.
Das mögen gute Thierlein sein!
Und die dort kommen fromm und gut
Mit langem Stab und rundem Hut,
Das ist der Hirten fromme Schaar,
Die bringen ihre Gaben dar.

Und was den Stall so helle macht,
Und was so lieblich singt und lacht,
Das sind die lieben Engelein,
Die schaun zu Thür und Fenster ein.

Und die dort kommen ganz von fern
Und gläubig schauen nach dem Stern,
Das sind der weisen Könge drei
Mit Weihrauch, Gold und Specerei.

Und ob dem Hüttlein flammt der Stern,
Der leuchtet nah und leuchtet fern;
Er leuchtet auch durch unsre Zeit
Und leuchtet bis in Ewigkeit.
Sei hochgelobt, du dunkle Zell!
Durch die die ganze Welt wird hell.
Klein Kindlein in Mariens Schooß
Wie bist du so unendlich groß!

Deutsche Weihnachtslieder. Eine Festgabe von Karl Simrock. Leipzig, T. O. Weigel 1859 (Digitalisierung durch Google), S. 259f. Rechtschreibung und Zeichensetzung nach der Vorlage. - Anonym in: Geistlicher Blumenstrauss aus christlichen Dichter-Gärten den Freunden heiliger Poesie dargeboten von Melchior v. Diepenbrock. Vierte, vermehrte Auflage. Sulzbach, Verlag der J. E. v. Seidel'schen Buchhandlung 1862 (Digitalisierung durch Google), S. 431f. - Anonym und gekürzt auf sechs Strophen auch in: Geistlicher Krippenbau. Nach einem alten Büchlein. München, J. G. Weiß, Universitätsbuchdrucker 1863 (Digitalisierung durch Google), S. 3f.

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3. Die Weihnachtskrippe im Brauchtum

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Papierkrippe zum Falten. Anbetung im Stall. Farbdruck auf Gold.
Rückseite italienischer Text. Inno a Gesù Bambino ...

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Christoph von Schmid: Erinnerungen 

Dieser Bruder unserer Mutter besuchte uns, besonders im Winter, alle Abende zwischen Licht. Er war immer heiter, im rosenfarbenen Humor, und voll witziger Einfälle. Wir Kinder alle waren immer hocherfreut, wenn der Herr Vetter Joseph kam, wie wir ihn nannten. 

Uns Kindern und den Kindern seiner andern Schwester, und auch einiger Nachbarn Freude zu machen, hatte er in einer Ecke seines Wohnzimmers, zwischen den zwei Fenstern, eine sogenannte Weihnachtskrippe angebracht. Man sah einen großen Berg, mit Felsen und Wäldchen, und zerstreut ländlichen Hütten. Ganz oben auf dem Berge befand sich die Stadt Bethlehem. Wenn er uns bei Tage die Krippe zeigte, rauchten alle Kamine der Stadt; bei Nacht waren alle Fenster erleuchtet. Dies wurde durch ein Glutpfännchen mit Weihrauch oder eine kleine Lampe bewirkt, die er in das Innere der Stadt hineinstellte, die aus Blech verfertigt und zierlich mit Ölfarben bemalt war. Unten im Tale befand sich auf einer Seite eine grüne Ebene mit vielen Schafen und Lämmchen, und mit dem Hirten, der auf einer Schalmei spielte. Zur andern Seite war ein kleiner See von wirklichem Wasser, in dessen Mitte, so zart wie das feinste Silberfädchen, ein Springbrunnen emporsprang. Auf dem See befanden sich zwei Schwanen; wenn man ihnen ein kleines rotes Stäbchen, das bereitlag und an dessen Spitze etwas Brot befestigt war, vorhielt, so kamen sie herbei; zeigte man ihnen aber den breiten Teil des Stäbchens, so wichen sie zurück. Dieses Wunder des uns noch unbekannten Magnets erfreute uns Kinder sehr. Die größte Freude aber machte uns das göttliche Kind, nebst Maria und Joseph; auch die anbetenden Hirten, und die heiligen drei Könige, die mit aller königlichen Pracht erschienen. Noch jetzt zur Stunde erinnere ich mich an alles sehr klar und deutlich; und ohne diese Erinnerung wäre wohl die Erzählung »Der Weihnachtsabend« nicht zustande gekommen. In Hinsicht der Kunst mochte dieses alles wohl keinen Wert haben. In Bezug auf die Chronologie war manches irrig und ganz verfehlt. Aus den Mauern Bethlehems schauten, zum Beispiel, Kanonen hervor; der ehrwürdige Greis Simeon hatte eine Brille auf; die heiligen drei Könige waren mit dem doppelten Adler oder einem Ordenskreuz geschmückt. Allein all dieses irrte uns Kinder nicht. Wir hatten dabei sehr andächtige Empfindungen, die wohl nicht ohne Gewinn waren für das ganze Leben.

Christoph von Schmid: Erinnerungen und Briefe. Hrsg. von Hans Pörnbacher. München: Kösel-Verlag 1068, S. 46-48.

"Der Weihnachtsabend. Eine Erzählung zum Weihnachtsgeschenke für Kinder" erschien erstmals 1825 in der Krüll'schen Buchhandlung in Landshut. Sie wurde bis in die Gegenwart vielfach neu aufgelegt und fand auch Aufnahme in "Reclams Universal-Bibliothek". Das erste Kapitel "Das Weihnachtslied" enthält die Beschreibung einer Weihnachtskrippe.

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Weihnachts-Abend. Im Bild signiert: A[ugust] [Kreling]. In: Alte und neue Kinderlieder, Fabeln, Sprüche und Räthsel. Hrsg. von Georg Scherer. Leipzig, Verlag von Gustav Mayer 1849 (Digitalisierung durch Google), S. 85. Mit folgendem Text:

Wir wollen ihm die Krippe schmücken
Und bei ihm bleiben die ganze Nacht;
Die Händ' ihm küssen und sie drücken,
Dieweil er uns so Gut's gebracht.

Und wollen nimmer von ihm gehen,
Und zu ihm beten zu jeder Frist;
Und immerdar von Herzen flehen:
Ach bleib' bei uns, Herr Jesu Christ!

Kreling, August von, Bildhauer, Maler, Kunstgewerbler, Illustrator und Radierer, geboren 23.5.1819 in Osnabrück, gestorben 23.4.1876 in Nürnberg, wo er seit 1853 als Direktor der Kunstschule wirkte. Ausgebildet als Bildhauer seit 1836 im Atelier Schwanthalers in München. Einige Jahre darauf wandte er sich unter Cornelius‘ Leitung der Malerei zu, schuf auch mannigfache Entwürfe für plastische und kunstgewerbliche Arbeiten. Als Direktor der Nürnberger Kunstschule hat Kreling eine ebenso reiche wie vielseitige künstlerische Produktion entfaltet; er malte Bildnisse, Genregemälde und Historienbilder, zeichnete Kartons für Glasgemälde, lieferte Entwürfe für Schmuck, Metallgeräte, Möbel, illustrierte eine Prachtausgabe des Goetheschen Faust u.v.m. (Thieme-Becker, Auszug).

Seine Faust-Illustrationen finden Sie im Goethezeitportal, URL:
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=703

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Christoph von Schmid
Die Kinder bei der Krippe

Ihr Kinderlein, kommet,
   o kommet doch all’!
Zur Krippe her kommet
   in Bethlehems Stall,
Und seht, was in dieser
   hochheiligen Nacht
Der Vater im Himmel
   für Freude uns macht.

O seht in der Krippe,
   im nächtlichen Stall,
Seht hier bei des Lichtleins
   hellglänzendem Strahl,
In reinlichen Windeln
   das himmlische Kind,
Viel schöner und holder
   als Engel es sind.

Da liegt es – ach, Kinder!
   auf Heu und auf Stroh;
Maria und Joseph
   betrachten es froh;
Die redlichen Hirten
   knien betend davor,
Hoch oben schwebt jubelnd
   der Engelein Chor.

Manch Hirtenkind trägt wohl
   mit freudigem Sinn,
Milch, Butter und Honig
   nach Bethlehem hin,
Ein Körblein voll Früchte,
   das purpurroth glänzt,
Ein schneeweißes Lämmlein,
   mit Blumen bekränzt.
O beugt wie die Hirten
   anbetend die Knie,
Erhebet die Händlein
   und danket wie sie!
Stimmt freudig, ihr Kinder,
   wer soll sich nicht freu'n?
Stimmt freudig zum Jubel
   der Engel mit ein!

O betet: "Du liebes,
   Du göttliches Kind,
Was leidest Du Alles
   für unsere Sünd'!
Ach, hier in der Krippe
   schon Armuth und Noth,
Am Kreuze dort gar noch
   den bitteren Tod.

Was geben wir Kinder,
   was schenken wir Dir,
Du Bestes und Liebstes
   der Kinder dafür?
Nichts willst Du von Schätzen
   und Freuden der Welt –
Ein Herz nur voll Unschuld
   allein Dir gefällt.

So nimm unsre Herzen 
   zum Opfer denn hin;
Wir geben sie gerne
   mit fröhlichem Sinn –
Und mache sie heilig
   und selig wie Dein’s,
Und mach' sie auf ewig
   mit Deinem nur Eins."

Text nach: Gesammelte Schriften des Verfassers der Ostereier, Christoph von Schmid. Originalausgabe von letzter Hand. Bd. 17. Augsburg, Verlag der J. Wolffischen Buchhandlung 1844 (Digitalisierung durch Google), S. 15-17.

Das zuerst 1811 erschienene Lied wurde mehrfach vertont und in das "Evangelische Gesangbuch" aufgenommen. Vgl. den Eintrag "Ihr Kinderlein kommet" in Wikipedia, URL:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ihr_Kinderlein,_kommet

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"'s Kripperl". Nach einer Original-Aquarelle von J. R. Wehle. Druck und Papier der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart. Kunstbeilage zu "Ueber Land und Meer".

Wehle, Johannes Raphael, Maler und Illustrator, geboren 4. 6. 1848 Radeburg in Sachsen, gestorben 16. 9. 1936 Helfenberg bei Dresden. Erhielt den ersten Zeichenunterricht bei seinem Vater, dem Dresdner Genremaler, Zeichner und Illustrator Robert Wehle. Dann Besuch der Zeichenschule der Porzellanmanufaktur Meißen, der Dresdner Akademie und der Kunstschule Weimar. 1869 nach Dresden zurück. 1872 nach München, bald darauf nach Wien und längere Zeit wohnhaft in Brunn bei Wien. Viel Erfolg mit Illustrationen, deren er in den Jahren 1873/88 etwa 1500-1600 schuf. Reisen durch Bayern und nach Italien. Unterrichtete 1894-1919 an der Dresdner Akademie. Landsitz auf der Stallberghöhe über dem Helfenberger Grund bei Pillnitz. (Thieme-Becker, gekürzt; Ries)

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Gustav Freytag: Erinnerungen

Viele Wochen vor Weihnachten sind die Knaben in emsiger Tätigkeit, denn als ein Hauptschmuck des Festes wird nach Landesbrauch das Krippel aufgestellt, Bilder der Krippe, in der das Kindlein liegt, mit Maria und Joseph, den heiligen drei Königen, den anbetenden Hirten mit ihren Schafen und darüber der glitzernde Stern und Engel, welche auf einem Papierstreifen die Worte halten: »Gloria in excelsis«. Die Figuren kauften die Kleinen auf Bilderbogen, schnitten sie mit der Schere aus und klebten ein flaches Hölzlein mit Spitze dahinter, damit die Bilder in weicher Unterlage hafteten. Der heiligen Familie aber, dem Ochsen und Eselein wurde ein Papphaus mit offener Vorderseite verfertigt, auf dem Dach Strohhalme in Reihen befestigt, der Stern war von Flittergold. Das Waldmoos zu dem Teppiche, in welchen die Figuren gesteckt wurden, durften wir aus dem Stadtwald holen, dorthin zog an einem hellen Wintertage die Mutter mit den Kindern, begleitet von einem Manne, der auf einer Radeber den Korb für das Moos fuhr. Es war zuweilen kalt und die Schneekristalle hingen am Moose, aber mit heißem Sammeleifer wurden die Polster an den Waldrändern abgelöst und im Korbe geschichtet, daheim auf einem großen Tisch zusammengefügt und an zwei Ecken zu kleinen Bergen erhöht. In der Mitte des Hintergrundes stand die Hütte, über ihr schwebte an seinem Drahte der Stern, auf den beiden Seiten hatten die Hirten und Herden mit den Engeln zu verweilen. Die ganze Figurenpracht wurde durch kleine Wachslichter erleuchtet, welche am Weihnachtsabend zum erstenmal angesteckt wurden.

Wenn die Lichter brannten und die Engel sich bei leichter Berührung wie lebendig bewegten, dann hatten die Kinder zum erstenmal das selige Gefühl, etwas Schönes verfertigt zu haben. Während des Festes wurden dann ähnliche Arbeiten kleiner und erwachsener Künstler besehen, denn fast in jedem Haushalt stand ein Krippel, und mancher wackere Bürger benutzte seine Werkstatt, um dasselbe durch mechanische Erfindungen zu verschönen; man sah auf den Bergen große Windmühlen, deren Flügel durch rollenden Sand eine Zeitlang getrieben wurden, oder ein Bergwerk mit Grubeneinfahrt, in welchem Eimer auf und ab gingen, und häufig stand ganz im Vordergrund ein schwarz und weiß gestrichenes Schilderhaus mit rotem Dach und davor die preußische Schildwache. Aber diese Zusätze waren dem Knaben niemals nach dem Herzen, er hatte die dunkle Empfindung, dass sie sich mit den Engeln und den heiligen drei Königen nicht recht vertragen wollten.

Gustav Freytag: Erinnerungen aus meinem Leben. Kap. 2: Kinderleben in Kreuzburg. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S. 148.879- 148.881.

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Oben: Als die Heiligen Drei Könige sich Jerusalem näherten, "da freuten sie sich und hofften, sie sollten den neuen König in der Hauptstadt finden." Illustration in: Die Legende von den heiligen drei Königen. Volksbuch, der Verehrung der heiligen drei Könige im Dom zu Köln gewidmet. Zum Besten des Dombau's neu herausgegeben von K. Simrock. Frankfurt a.M., Druck und Verlag von H. L. Brönner 1842 (Digitalisierung durch Google), S. 17.

Unten: Die Heiligen Drei Könige vor dem Jesuskind. Illustration in: Die Legende von den heiligen drei Königen. Volksbuch, der Verehrung der heiligen drei Könige im Dom zu Köln gewidmet. Zum Besten des Dombau's neu herausgegeben von K. Simrock. Frankfurt a.M., Druck und Verlag von H. L. Brönner 1842 (Digitalisierung durch Google), S. 21.

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4. Motivpostkarten und Gedichte

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Gesegnete Weihnachten! Verso: S.J.D. Nicht gelaufen. Texte: Der Herr hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich. Ps. 126,3. | Erd' und Himmel nehmt's zu Ohren! Jauchzend ruft alle Luft Christus ist geboren! [Paul Gerhard: Fröhlich soll mein Herze springen, erste Strophe].

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Max von Schenkendorf
Herberge

(1814)

In der Herberg ist kein Raum!
Zu dem Stall Maria gehet,
Und ihr naht ein Himmelstraum,
Wo das Thier voll Staunen stehet.

Den der Himmel selbst kaum faßt,
Wird im schlechten Stall geboren;
In der Krippe liegt ein Gast,
Dem das ew'ge Reich erkoren.

Merke das, du Menschenherz,
Denke das an jedem Morgen!
Auf, die Blicke himmelwärts!
Und vergiss die kleinen Sorgen.

Herz, im irdischen Gedräng
Find'st du nimmermehr Genüge:
Wird die Erde dir zu eng,
Denke nur an Jesu Wiege.

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[Die hl. drei Könige vor Jerusalem] Monogrammiert im Bild: B, eingeschrieben E. Signiert: E. Becker. Radierung. Nicht gelaufen. - E. Becker, nicht ermittelt.

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Johann Wolfgang von Goethe
Epiphaniasfest

Die heil'gen drei König' mit ihrem Stern,
Sie essen, sie trinken, und bezahlen nicht gern;
Sie essen gern, sie trinken gern,
Sie essen, trinken und bezahlen nicht gern.

Die heil'gen drei König' sind gekommen allhier,
Es sind ihrer drei und sind nicht ihrer vier;
Und wenn zu dreien der vierte wär',
So wär' ein hei'lger drei König mehr.

Ich erster bin der weiß' und auch der schön',
Bei Tage solltet ihr erst mich sehn!
Doch ach, mit allen Spezerein
Werd' ich sein Tag kein Mädchen mir erfrein.

Ich aber bin der braun' und bin der lang',
Bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang.
Ich bringe Gold statt Spezerein,
Da werd' ich überall willkommen sein.

Ich endlich bin der schwarz' und bin der klein'
Und mag auch wohl einmal recht lustig sein.
Ich esse gern, ich trinke gern,
Ich esse, trinke und bedanke mich gern.

Die heil'gen drei König' sind wohlgesinnt,
Sie suchen die Mutter und das Kind;
Der Joseph fromm sitzt auch dabei,
Der Ochs und Esel liegen auf der Streu.

Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
Dem Weihrauch sind die Damen hold;
Und haben wir Wein von gutem Gewächs,
So trinken wir drei so gut als ihrer sechs.

Da wir nun hier schöne Herrn und Fraun,
Aber keine Ochsen und Esel schaun;
So sind wir nicht am rechten Ort
Und ziehen unseres Weges weiter fort.

"Gedichtet für ein Maskenspiel am Hofe Anna Amalias am 6.1.1781, dem Dreikönigstag und Fest der Erscheinung (Epiphanie) Christi. Das an diesem Tage traditionell übliche 'Sternsingen' verkleideter Knaben war seit einigen Jahren in Weimar verboten." (Goethe: Sämtliche Werke. Münchner Ausgabe. Bd. 2.1, S. 582.)

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A Peaceful Christmas. Radierung, handkoloriert, mit Schleife und Goldrand. Text:

God's love in your household, His peace in your heart,
The gift of His blessings which never depart,
With all that they bring of the good und the true -
These are the wishes this card brings to you!


*****

August Wilhelm Schlegel
Die heiligen drei Könige

Aus fernen Landen kommen wir gezogen;
Nach Weisheit strebten wir seit langen Jahren,
Doch wandern wir in unsern Silberhaaren.
Ein schöner Stern ist vor uns hergeflogen.

Nun steht er winkend still am Himmelsbogen:
Den Fürsten Juda's muss dies Haus bewahren.
Was hast du, kleines Bethlehem, erfahren?
Dir ist der Herr vor allen hochgewogen.

Holdselig Kind, lass auf den Knie'n dich grüßen!
Womit die Sonne unsre Heimat segnet,
Das bringen wir, obschon geringe Gaben.

Gold, Weihrauch, Myrrhen, liegen dir zu Füßen;
Die Weisheit ist uns sichtbarlich begegnet,
Willst du uns nur mit Einem Blicke laben.
Aus fernen Landen kommen wir gezogen;
Nach Weisheit strebten wir seit langen Jahren,
Doch wandern wir in unsern Silberhaaren.
Ein schöner Stern ist vor uns hergeflogen.

Nun steht er winkend still am Himmelsbogen:
Den Fürsten Juda's muss dies Haus bewahren.
Was hast du, kleines Bethlehem, erfahren?
Dir ist der Herr vor allen hochgewogen.

Holdselig Kind, lass auf den Knie'n dich grüßen!
Womit die Sonne unsre Heimat segnet,
Das bringen wir, obschon geringe Gaben.

Gold, Weihrauch, Myrrhen, liegen dir zu Füßen;
Die Weisheit ist uns sichtbarlich begegnet,
Willst du uns nur mit Einem Blicke laben.

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S. 478.957.

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Buon Natale. Verso, Signet: STA. Beschrieben, aber nicht gelaufen.

*****

Annette von Droste-Hülshoff
Am Feste der h. drei Könige

Durch die Nacht drei Wandrer ziehn,
Um die Stirnen Purpurbinden,
Tiefgebräunt von heißen Winden
Und der langen Reise Mühn;
Durch der Palmen säuselnd Grün
Folgt der Diener Schar von Weiten;
Von der Dromedare Seiten
Goldene Kleinode glühn.
Wie sie klirrend vorwärts schreiten,
Süße Wohlgerüche fliehn.

Finsternis hüllt schwarz und dicht
Was die Gegend mag enthalten;
Riesig drohen die Gestalten:
Wandrer, fürchtet ihr euch nicht?
Doch ob tausend Schleier flicht
Los' und leicht die Wolkenaue:
Siegreich durch das zarte Graue
Sich ein funkelnd Sternlein bricht.
Langsam wallt es durch das Blaue,
Und der Zug folgt seinem Licht.

Horch, die Diener flüstern leis:
Will noch nicht die Stadt erscheinen,
Mit den Tempeln und den Hainen,
Sie, der schweren Mühe Preis?
Ob die Wüste brannte heiß,
Ob die Nattern uns umschlangen,
Uns die Tiger nachgegangen,
Ob der Glutwind dörrt den Schweiß:
Augen an den Gaben hangen
Für den König stark und weis (1).

Sonder Sorge, sonder Acht,
Wie drei stille Monde ziehen
Um des Sonnensternes Glühen,
Ziehn die Dreie durch die Nacht.
Wenn die Staublawine kracht,
Wenn mit grausig schönen Flecken
Sich der Wüste Blumen (2) strecken,
Schaun sie still auf jene Macht,
Die sie sicher wird bedecken,
Die den Stern hat angefacht.

O ihr hohen heilgen Drei!
In der Finsternis geboren
Hat euch kaum ein Strahl erkoren,
Und ihr folgt so fromm und treu!
Und du meine Seele, frei
Schwelgend in der Gnade Wogen,
Mit Gewalt ans Licht gezogen,
Suchst die Finsternis auf's Neu!
O wie hast du dich betrogen;
Tränen blieben dir und Reu!

Dennoch, Seele, fasse Mut!
Magst du nimmer gleich ergründen,
Wie du kannst Vergebung finden:
Gott ist über Alles gut!
Hast du in der Reue Flut
Dich gerettet aus der Menge,
Ob sie dir das Mark versenge
Siedend in geheimer Glut:
Läßt dich nimmer dem Gedränge,
Der dich warb mit seinem Blut.

Einen Strahl bin ich nicht wert,
Nicht den kleinsten Schein von oben.
Herr, ich will dich freudig loben,
Was dein Wille mir beschert!
Sei es Gram, der mich verzehrt,
Soll mein Liebstes ich verlieren,
Soll ich keine Tröstung spüren,
Sei mir kein Gebet erhört:
Kann es nur zu dir mich führen,
Dann willkommen Flamm' und Schwert!

Aus dem Liederzyklus "Geistliches Jahr". Das Gedicht "Am Feste der h. drei Könige" erschien erstmals in den "Gedichten" von 1838. Als geschlossener Zyklus wurde das "Geistliche Jahr" nach dem Tod der Autorin 1851 im Cotta-Verlag publiziert.

Erläuterungen:
Evangelienangabe: Mt 2,1-12.
(1) "Die Droste schreibt 'weiß'. Es kann hier nur 'sapiens' gemeint sein, denn Weisheit und Stärke, die dem zukünftigen Messias als Eigenschaften zugesprochen werden, sind biblische Topoi."
(2) "der Wüste Blumen" = Schlangen.
Annette von Droste-Hülshoff: Sämtliche Werke. Hrsg. von Bodo Plachta und Winfried Woesler. Bd. 1. Frankfurt a.M.: Insel 2004, S. 837.

*****

Heinrich Heine
Buch der Lieder
Die Heimkehr, 37

Die Heil'gen Drei Könige aus Morgenland,
Sie frugen in jedem Städtchen:
»Wo geht der Weg nach Bethlehem,
Ihr lieben Buben und Mädchen?«

Die Jungen und Alten, sie wussten es nicht,
Die Könige zogen weiter;
Sie folgten einem goldenen Stern,
Der leuchtete lieblich und heiter.

Der Stern blieb stehn über Josephs Haus,
Da sind sie hineingegangen;
Das Öchslein brüllte, das Kindlein schrie,
Die Heil'gen Drei Könige sangen.

*****

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Links: Fröhliche Weihnachten. Signet: EAS im Herz [E. A. Schwerdtfeger & Co. AG, Berlin]. Gelaufen. Poststempel unleserlich. - Karte beschnitten.
Rechts: [Ohne Titel] Verso: Dle originálu Ant. Lhoty. Radostné vánoce! [Gesegnete Weihnachten, tschechisch] Vydalo Vincentinum v Břevnovĕ ... .Nicht gelaufen.

Möglicherweise handelt es sich um Lhota, Antonin, Historien- und Kirchenmaler, geboren 2. 1. 1812 Kuttenberg, gestorben 10. 9. 1905 Volyné, seit 1828 Schüler der Prager Akademie, an der Ausführung des Führichschen Kreuzweges am Laurenziberg in Prag beteiligt, 1839 in München, 1842 einige Monate in Wien (im Atelier Joseph Führichs), 1842/53 Korrektor an der Prager Akademie, anschließend Studienreisen in Oberitalien und Deutschland, 1867/87 Professor an der Prager Akademie. (Thieme-Becker)

*****

Ludwig Thoma
Christmette

So wissen wir, dass Jesus Christ
In einem Stall geboren ist
Zu Bethlehem bei kalter Nacht.
Kein Reicher hat nicht aufgemacht.

Die lagen all im weichen Bett.
Dass auf der harten Liegerstätt'
Das Kindlein in der Krippe fror,
Kam ihnen nicht betrübsam vor.

Sie hielten es für gar gering,
Wie dass es kleinen Leuten ging.
Was geht sie heut' das Wunder an?
Nur Armen ward es kundgetan.

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S. 536.285.

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Links: Veselé Nánoce! 1421. Verso, Signet: SO ligiert auf Platte [Otto Schloss, Berlin]. "Import". Made in Germany. Nicht gelaufen. - Prägedruck mit Gold.
Rechts: [Anbetung des Jesusknaben im Stall] Kolorierte Fotopostkarte, mit collagiertem Chor der Engel. Verso: 3037. Im Briefmarkenfeld: Eichenkranz. Nicht gelaufen. Keine weiteren Angaben.

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Klabund (d.i. Alfred Henschke)
Die heiligen drei Könige
(Bettelsingen)

Wir sind die drei Weisen aus dem Morgenland,
Die Sonne, die hat uns so schwarz gebrannt.
Unsere Haut ist schwarz, unsere Seel ist klar,
Doch unser Hemd ist besch... ganz und gar.
Kyrieeleis.

Der erste, der trägt eine lederne Hos',
Der zweite ist gar am A... bloß,
Der dritte hat einen spitzen Hut,
Auf dem ein Stern sich drehen tut.
Kyrieeleis.

Der erste, der hat den Kopf voll Grind,
Der zweite ist ein unehlich' Kind.
Der dritte nicht Vater, nicht Mutter preist,
Ihn zeugte höchstselbst der heilige Geist.
Kyrieeleis.

Der erste hat einen Pfennig gespart,
Der zweite hat Läuse in seinem Bart,
Der dritte hat noch weniger als nichts,
Er steht im Strahl des göttlichen Lichts.
Kyrieeleis.

Wir sind die heiligen drei Könige,
Wir haben Wünsche nicht wenige.
Den ersten hungert, den zweiten dürst',
Der dritte wünscht sich gebratene Würst.
Kyrieeleis.

Ach, schenkt den armen drei Königen was.
Ein Schöpflöffel aus dem Heringsfass –
Verschimmelt Brot, verfaulter Fisch,
Da setzen sie sich noch fröhlich zu Tisch.
Kyrieeleis.

Wir singen einen süßen Gesang
Den Weibern auf der Ofenbank.
Wir lassen an einem jeglichen Ort
Einen kleinen heiligen König zum Andenken dort.
Kyrieeleis.

Wir geben euch unseren Segen drein,
Gemischt aus Kuhdreck und Rosmarein.
Wir danken für Schnaps, wir danken für Bier.
Anders Jahr um die Zeit sind wir wieder hier.
Kyrieeleis.

Aus: Die Harfenjule (1927). Vgl. die illustrierte Ausgabe: Klabund, Die Harfenjule. Gedichte, Lieder und Chansons. Mit Zeichnungen von Werner Klemke. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1978.

***

Gotteslästerung?
Offener Brief an die Nationalsozialistische Freiheitspartei Deutschlands

Meine Herren!

Sie erweisen mir die Ehre, sich in einem Antrag mit meiner bescheidenen Person zu beschäftigen. Ein Gedicht von mir: Die Heiligen Drei Könige hat, so erklären Sie, Ihr religiöses Gefühl verletzt, und Sie rufen gegen dieses Gedicht, Kanonen gegen einen Sperling, den Staatsanwalt auf. Ich bin, so darf ich wohl sagen: entzückt, dass es in dieser stumpfen, dumpfen Zeit noch Menschen gibt, die durch ein Gedicht, ein Kunstwerk also, im tiefsten Herzen erregt und erschüttert werden. Die Aufgabe der Kunst ist ja grade, die Seele zu bewegen und aufzuwühlen. Zu bewegen, wie der Wind die Blüte bewegt. Aufzuwühlen, wie der Sturm das Meer aufwühlt. Während der heutige Mensch allen möglichen mechanischen Reizen wie Radio, Rassenhass, Boxsport, Theosophie, Weltkrieg und Jazz leicht zugänglich ist, verhärtet und verkrustet sich sein Inneres immer mehr, und es muss schon allerlei geschehen, bis er vor einem Kunstwerk, positiv oder negativ eingestellt, sich elektrisch oder explosiv entlädt. Was also, meine Herren von der Reaktion, Ihre Reaktion auf mein Gedicht betrifft, so bin ich durch sie sehr beglückt. Was aber nun die Folgerungen angeht, die Sie aus Ihrem erregten Zustand zu ziehen belieben, so muss ich vor allem meiner höchsten Verwunderung darüber Ausdruck geben, dass Sie, meine Herren vom Hakenkreuz, in deren Reihen dem altgermanischen Wodanskult das Wort geredet wird, für die das Paradies in Mecklenburg liegt und die sich über den schlappen Christusglauben so oft offenkundig lustig gemacht haben – dass Sie, meine Herren Heiden, die allenfalls für Wodanslästerung zuständig wären, dass ausgerechnet Sie für den von Ihnen immer über die Achsel angesehenen Christengott eintreten und über Gotteslästerung wehklagen. Und was ist das für eine »Gotteslästerung«? Ich kann in dem fraglichen, inkriminierten Gedicht weit und breit keine Gotteslästerung finden – dagegen finde ich bei Ihnen, die sich so gern als Deutscheste der Deutschen bezeichnen, ein gradezu hanebüchene Unkenntnis deutscher Volksbräuche. Denn das Gedicht Die Heiligen Drei Könige bezieht sich gar nicht, wie von Ihnen wohl angenommen, auf die drei Weisen aus dem Morgenland, sondern auf einen am Heiligendreikönigstag in vielen Gegenden Deutschlands geübten Brauch: da ziehen nämlich, als Heilige Drei Könige karikaturistisch kostümiert, drei Burschen im Dorf herum, um mit mehr oder weniger ruppigen Versen bei den Bauern Bier und Schnaps zu schnorren. Diese Verse sind derb, frech, witzig – aber gotteslästerlich? Du lieber Gott! Ich glaube, du hast deine rechte, recht göttliche Freude an ihnen. Denn du bist ja kein nationalsozialistischer Abgeordneter. Du hast ja sogar den Teufel geschaffen, weil dir in deiner ewigen Güte gar nicht wohl war und du eine Art Gegengewicht brauchtest. Ja, ohne den Teufel wärst du eigentlich gar nicht denkbar, gar nicht vorstellbar. Gott und Teufel, Tag und Nacht, Mann und Weib – eines wird erst am andern, an seinem Gegensatz recht sichtbar. Wie ja auch die Nationalsozialistische Freiheitspartei notwendig ist, damit man sieht, dass es auch gescheite Leute auf der Welt gibt. Diese, wozu hoffentlich auch der Staatsanwalt gehört, mögen der Partei klarmachen, sofern man den Dunklen etwas klarmachen kann: dass, wenn ein zwar derbes, aber harmloses Gedicht wie Die Heiligen Drei Könige eine Gotteslästerung sein soll (was dem einen sein Gott, ist dem andern sein Teufel), Goethes Faust von Gotteslästerungen nur so strotzt, daß Goethe auch ein Gedicht von den Heiligen Drei Königen geschrieben hat, Epiphanias betitelt, das für den Antrag auf Gotteslästerung vielleicht noch in Betracht kommt.

Neben Goethe auf der Anklagebank zu sitzen, würde sich zu einer besonderen Ehre schätzen
Ihr ergebener Klabund

Nachschrift

Um Weiterungen vorzubeugen: ich bin kein Jude! Ich habe keine jüdische Großmutter! Ich bin auch kein Mischling! Ich heiße nicht Krakauer und bin auch nicht aus Lemberg. Ich heiße schlicht mit bürgerlichem Namen Alfred Henschke. Und mein Großvater hat als Erzieher des ehemaligen Kaisers sein Bestes dazu beigetragen, daß wir den Krieg verloren, aber statt dessen die Nationalsozialistische Freiheitspartei gewonnen haben. Das nächste Mal wird es uns hoffentlich umgekehrt gehen.

Erläuterung in Wikisource:
Die "Nationalsozialistische Freiheitspartei Deutschlands" war ein Wahlbündnis zwischen der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) und der "Nationalsozialistischen Freiheitsbewegung" (NSFB), das nach der Reichstagswahl 1924 eine eigene Fraktion im Deutschen Reichstag stellte.

Für den historischen Zusammenhang vgl.
* Klaus Petersen: Literatur und Justiz in der Weimarer Republik. Stuttgart: Metzler 1988.
* Hintergrund. Mit den Unzüchtigkeits- und Gotteslästerungsparagraphen des Strafgesetzbuches gegen Kunst und Künstler 1900-1933. Hrsg. von Wolfgang Hütt. Berlin: Henschelverlag 1990.

Digital: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S. 314.043-314.044.

Online:
Zeno.org, URL:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Klabund/Politische+Schriften/Gotteslästerung
Wikisource, URL:
http://de.wikisource.org/wiki/Gotteslästerung%3F

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Frohe Weihnacht u. Neujahr. Das Zelt. Handkolorierter Holzstich von Hermann Huffert. In: Das Zelt / Blätter für gestaltendes Schaffen / Zeitschrift des Ehmckekreises. München 1932. 7. Jg. 65.-66. Heft. Gelegeheitsgraphik / Otto Scheiner zum 50. Geburtstag. S. 36.

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Links: Frohe Weinachten [sic!]. Kinderzeichnung: Heilige Familie im Stall von Bethlehem, mit Stern. Nicht gelaufen.
Rechts: Frohe Weinachten [sic!]. Kinderzeichnung mit den heiligen drei Königen und aufgeklebtem Stern. Nicht gelaufen.

Zum Motiv auf Postkarten, Adventskalendern u.a.m. siehe: Krippen. Unterzeichnet: G. L. In: AkExpress. Nummer 173, 2019, S.18-27.

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